Archäologie im Wald - Landesbetrieb Hessen-Forst
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wie die Schwedenschanze an der hessisch-bayerischen<br />
Landesgrenze bei Gersfeld (Rhön) – Rodenbach<br />
(Kreis Fulda). Alle Schanzen sollen ungeachtet<br />
ihres Alters als Kulturdenkmäler gegen Veränderungen<br />
und Zerstörungen geschützt werden.<br />
Auch Flak-Stellungen aus dem Zweiten Weltkrieg<br />
sind grundsätzlich Schanzen.<br />
Wüstungen und ältere Siedlungsplätze<br />
Überaus zahlreich sind in den Wäldern, besonders<br />
denen Nord- und Mittelhessens, die Stellen<br />
aufgelassener mittelalterlicher und ganz selten<br />
auch neuzeitlicher Dörfer und Höfe, die man<br />
als Wüstungen bezeichnet, genau eigentlich als<br />
Ortswüstungen (<strong>im</strong> Gegensatz zu Flurwüstungen,<br />
das sind die unten zu besprechenden Altfluren).<br />
Die Zahl der Wüstungen in <strong>Hessen</strong> einschließlich<br />
derer <strong>im</strong> Offenland geht in die Tausende.<br />
Wüstungen, die schon <strong>im</strong> Mittelalter so bezeichnet<br />
wurden (z. B. wustenunge), entstanden in allen<br />
Jahrhunderten des Mittelalters und teilweise auch<br />
noch in der Neuzeit. Vermehrt wurden Dorfstellen<br />
<strong>im</strong> 13. Jahrhundert in der Folge der Gründung<br />
zahlreicher Städte aufgegeben, die die Bewohner<br />
der umliegenden Dörfer aufgesogen haben. Die<br />
so entstandenen Wüstungen, die diese neuen<br />
Städte oft wie ein Kranz umgeben, liegen aber<br />
so gut wie <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Offenland, denn ihre einstigen<br />
Bewohner und deren Nachkommen haben<br />
die Feldfluren ihrer alten Dörfer in der Regel von<br />
ihrem neuen Wohnsitz in der Stadt aus weiterbewirtschaftet.<br />
Die eigentliche spätmittelalterliche Wüstungsperiode<br />
kam dann <strong>im</strong> 14. Jahrhundert. Beginnend<br />
mit schweren Hungersnöten ab 1309 und<br />
sich massiv verstärkend durch die ab 1348/49<br />
wütende Pest, wurden landauf, landab Tausende<br />
von Siedlungen aufgegeben und verlassen, sei<br />
es, dass die Bewohner in rascher Folge und großer<br />
Zahl an der Seuche gestorben, sei es, dass<br />
die Überlebenden in günstiger gelegene Dörfer<br />
zusammengezogen oder in die Städte abgewandert<br />
sind. Diese einschneidenden Umbrüche <strong>im</strong><br />
Siedlungsgefüge Deutschlands und ganz Mitteleuropas<br />
gingen einher mit gewaltigen Umbrüchen<br />
<strong>im</strong> Wirtschafts- und Sozialgefüge. Besonders<br />
betroffen war von den Entwicklungen in<br />
jenem dramatischen 14. Jahrhundert die ländli-<br />
Bodendenkmäler und Zeugnisse der Kulturgeschichte <strong>im</strong> <strong>Wald</strong><br />
che Gesellschaft, denn die Krise war auch und<br />
vor allem eine Krise der Agrarwirtschaft. Dabei<br />
wurden hauptsächlich die auf ungünstigen Standorten<br />
gegründeten jüngeren Ausbausiedlungen<br />
verlassen, deren Wohnplätze und Fluren oft wieder<br />
vollständig verwaldet sind.<br />
Manche dieser verlassenen Orte sind nie aus<br />
dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden,<br />
vor allem jene, die noch einen baulichen<br />
Rest bewahrt haben, meist eine Kirchenruine. Die<br />
meisten aber können nur durch gezielte Bemühungen<br />
wieder aufgefunden werden, etwa durch<br />
das Studium der älteren und jüngeren Schrift-<br />
Suche nach Keramikscherben von einer mittelalterlichen Wüstung<br />
in einem <strong>Wald</strong>tal. – Scherbenfunde sind oft die einzige Möglichkeit<br />
zum Nachweis einer mittelalterlichen Wüstung oder anderen Siedlung.<br />
Im <strong>Wald</strong> finden sich Scherben wegen des Bewuchses und der<br />
dichten Bodenstreuauflage oft nur in kleinen Bächen, wo sie vom<br />
Wasser freigespült und manchmal auch vom eigentlichen Siedlungsplatz<br />
ein Stück weit abgespült worden sind. Die am weitesten<br />
oben <strong>im</strong> Bach liegenden Scherben zeigen in der Regel die Lage<br />
der Wüstung an. Unser Bild entstand <strong>im</strong> Bereich einer namentlich<br />
nicht zu identifizierenden Wüstung <strong>im</strong> Kirschgrund, einem Seitental<br />
des Ohetals, in der Gemarkung Melsungen-Günsterode (Schwalm-<br />
Eder-Kreis). – Aufnahme: K. Sippel, 8.3.1997.<br />
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