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Archäologie im Wald - Landesbetrieb Hessen-Forst

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Bodendenkmäler und Zeugnisse der Kulturgeschichte <strong>im</strong> <strong>Wald</strong><br />

Kalköfen Andere Hütten und Ofenanlagen<br />

In den Wäldern liegen oft auch Ofenhügel von<br />

mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Kalköfen,<br />

meist auf Muschelkalkuntergrund und in der<br />

Nähe von Kalksteingruben, in denen das Gestein<br />

gebrochen wurde. Diese runden Hügel, die einen<br />

Durchmesser von bis zu 17 m und eine Höhe von<br />

bis zu 1,70 m haben können, werden häufig mit<br />

Grabhügeln verwechselt. Be<strong>im</strong> genauen Hinsehen<br />

erkennt man aber oft auf dem Hügel, dessen<br />

Kuppe eingesunken sein kann, Brandspuren und<br />

gebrannten roten Lehm, manchmal auch große<br />

gebrannte Lehmbrocken, die auf einer Seite<br />

grünlich verglast sind und von der Innenseite der<br />

Ofenwandung stammen. Unter dem Hügel war<br />

der Brennraum oft weit in den Untergrund eingetieft.<br />

Manchmal werden solche <strong>im</strong> Untergrund<br />

sitzenden Ofenräume an den Abbauwänden von<br />

Kalksteinbrüchen sichtbar.<br />

Jüngere Kalköfen besitzen <strong>im</strong> Innern des Hügels,<br />

der gegen einen Hang gelehnt sein kann, oft<br />

gemauerte Ofenräume. Die jüngsten sind obertägige<br />

gemauerte Öfen und nicht selten Industriedenkmäler,<br />

also Baudenkmäler.<br />

Ofenhügel von einem Kalkofen am Heerberg in der Gemarkung<br />

Zierenberg-Escheberg (Kreis Kassel). – Der große runde Hügel von<br />

etwa 15 m Durchmesser und 1,20 m Höhe ist früher irrig als Grabhügel<br />

angesehen worden. Auf der Oberfläche liegen aber durch<br />

Hitze gerötete Kalksteine und gebrannter Kalk. Danach und nach<br />

einer kleinen Ausgrabung 1932 handelt es sich um den Ofenhügel<br />

von einem Kalkofen. Er wird aus dem späten Mittelalter, der frühen<br />

Neuzeit oder Neuzeit stammen. In der Nähe befinden sich Kalksteingruben,<br />

in denen Muschelkalkstein für den Ofen gebrochen worden<br />

ist. – Aufnahme: K. Sippel, 10.11.1991.<br />

Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts<br />

wurde in einem neu entwickelten Verfahren von<br />

Pottaschesiedern in Pottasche(n)hütten durch<br />

Auslaugen von Holzasche, Einsieden und Kalzinieren<br />

Pottasche hergestellt, die seither als sauberer<br />

und daher kontrollierbarer Zuschlag in der<br />

Glasherstellung als Flussmittel Verwendung fand,<br />

während in früherer Zeit Asche nur irrtümlich als<br />

Pottasche bezeichnet wurde. Die Produktionsstätten,<br />

an denen also Eindampf- und Kalzinieröfen<br />

standen, lagen oft innerorts, manchmal aber auch<br />

<strong>im</strong> <strong>Wald</strong>, so ab 1675 mehrere Pottaschehütten<br />

des Hochstifts Würzburg <strong>im</strong> Büdinger <strong>Wald</strong>. Ob<br />

dort noch die Produktionsstellen bekannt und<br />

Relikte erhalten sind, ist bislang unbekannt.<br />

Es gab in den Wäldern auch Aschenbrennplätze,<br />

die manchmal als Asche(n)hütten überliefert<br />

sind. Dort haben <strong>im</strong> Mittelalter und in der frühen<br />

Neuzeit die Gläsner oder von ihnen beauftragte<br />

Personen, seit dem 17. Jahrhundert selbständige<br />

Aschenbrenner oder Äscherer, durch offenes Verbrennen<br />

von Holz die für die Glasherstellung notwendige<br />

Holzasche gewonnen. An diesen Stellen,<br />

wo das Holz in Gruben oder in Haufen zu Asche<br />

verbrannt wurde, dürfte sich noch vor allem eine<br />

dicke und fette Ascheschicht zeigen, womöglich<br />

auch andere Spuren. Bislang ist aber keine<br />

Beschreibung eines solchen Platzes bekannt.<br />

Eher selten waren <strong>im</strong> <strong>Wald</strong> liegende Salmiakbrennereien<br />

oder Salmiakhütten, in denen hierzulande<br />

seit dem späten 18. Jahrhundert auf einem Ofen<br />

in einer Retorte aus Ammoniak und Salzsäure das<br />

bitter schmeckende weiße Salmiak gewonnen<br />

wurde. Dieses Salz diente als Grundstoff für viele<br />

Medikamente, meist Hals- und Hustenmittel, später<br />

auch als Düngemittel. Stets produzierte der<br />

Salmiakbrenner auch Hirschhornsalz, das besonders<br />

als Back- und Treibmittel verwendet wurde.<br />

Ausgangsprodukt waren stickstoffhaltige tierische<br />

Abfälle wie Horn, Knochen, Klauen und Leder,<br />

die unter Luftabschluss trocken erhitzt wurden.<br />

Besonders das Horn aus dem Geweih der Hirsche<br />

fand Verwendung. Deswegen, aber auch wegen<br />

des scharfen Geruchs, den die Herstellung mit<br />

sich brachte, wurde die Gewinnung von Salmiak<br />

und Hirschhorn als <strong>Wald</strong>gewerbe betrieben, so<br />

zu Beginn des 19. Jahrhunderts in einem einsamen<br />

<strong>Wald</strong>tal bei Neckarz<strong>im</strong>mern <strong>im</strong> badenwürttembergischen<br />

Teil des Odenwaldes. Vor Ort<br />

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