Wissenschaft FISCHEREI Trawler an der Kette Scholle, Dorsch und Hering der Ostsee geht es wieder erstaunlich gut. Auch in der Nordsee erholen sich manche Bestände. Sanfte Fischerei soll den Raubbau in den Meeren nun europaweit stoppen. Fischtrawler auf der Nordsee 142 DER SPIEGEL 50/2013
Als die Männer das Netz über dem Schiffsdeck öffnen, klatschen fette Dorsche in die Fischkörbe aus Plastik. Glitschige Schollen und Flundern, rau wie Sandpapier, schnappen nach Luft. Steinbutte, so groß wie zwei kräftige Fischerhände, winden sich zwischen silbrigen Heringen und platten Klieschen. Gleich obenauf liegt ein besonders großer Dorsch mit weit aufgerissenem Maul. „Sicher über sechs Kilo schwer“, schätzt Martina Bleil und blickt hinunter auf das Flossentier, „der ist topfit.“ Etwa acht Jahre alt sei das Weibchen, sagt die Fischereibiologin, „das hätte bald wieder abgelaicht“. Bleil arbeitet am Thünen-Institut für Ostseefischerei (Thünen-OF) in Rostock, einer dem Landwirtschaftsministerium unterstellten Bundeseinrichtung. Reiche Beute haben die Forscherin und ihre Kollegen an diesem klaren Novembertag in der Mecklenburger Bucht gemacht. „Wir sind in der Ostsee mit den Fischbeständen auf einem sehr guten Weg“, sagt Bleil. „Wer Schollen oder Heringe isst, muss kein schlechtes Gewissen mehr haben.“ In den Meeren vor den deutschen Küsten geschieht Verblüffendes. Lange galten die meisten Arten als überfischt. Nun erholen sich einige Bestände erstaunlich schnell. Teilweise in der Nordsee, vor allem aber in der Ostsee beobachten Experten einen deutlichen Aufwärtstrend. „Wir gehen davon aus, dass die Ostsee das erste europäische Meer sein wird, das vollständig nachhaltig befischt werden kann“, sagt Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-OF in Rostock, „das wäre ein Riesenerfolg.“ In diesem Jahr hat die EU zudem eine Reform der „Gemeinsamen Fischereipolitik“ auf den Weg gebracht, die „den positiven Trend noch beschleunigen wird“, prophezeit Zimmermann. Tatsächlich könnten die neuen Regeln eine Zeitenwende einläuten. „Bislang hat die Ministerrunde in einer Nacht-und-Nebel-Sitzung irgendwelche Quoten für die Fischerei festgelegt“, berichtet die schleswig-holsteinische EU- Parlamentarierin Ulrike Rodust (SPD), die in Brüssel die Reform federführend durchgeboxt hat. Mit einem solchen „Kuhhandel“ zwischen den Mitgliedstaaten, der die Fischbestände unzureichend schütze, sei nun Schluss. Rodust erwartet, dass striktere Höchstfangmengen europaweit die Trendwende bringen werden. Im Januar tritt die Verordnung in Kraft: ‣ Künftig sollen die Fischereiquoten ausschließlich nach wissenschaftlichen Kriterien festgelegt werden. Spätestens 2020 sollen alle Bestände nur noch bis zum „höchstmöglichen nachhaltigen Ertrag“ befischt werden. ‣ Unerwünschter Beifang soll angelandet und auf die Quote angerechnet werden. Je mehr Beifang die Fischer machen, desto weniger vermarktbaren Fisch können sie dann also fangen. Die Regelung schafft einen Anreiz, selektivere Fangmethoden zu verwenden. ‣ Subventionen für den Neubau von Trawlern werden gestrichen. Stattdessen steht mehr Geld für die Kontrolle der Fischer und die Erforschung der Bestände bereit. ‣ Für EU-Fischer gelten die neuen Regeln auch außerhalb Europas. Europäische Trawler können dann etwa nicht mehr einfach das Meeresgetier vor den Küsten Afrikas abräumen. ‣ Die Details der Fischfang-Regulierung werden regional verhandelt. In der Irischen See könnten bald andere Vorschriften gelten als vor Spaniens Küsten. In der Ostsee ist schon annähernd geschafft, was auch in anderen europäischen Seegebieten gelingen soll. Möglich sei der Erfolg durch die Einigkeit der Ostseeanrainer geworden, das Meer nur noch nachhaltig zu befischen, berichtet Zimmermann. Das war nicht immer so: Noch bis 2007 zogen polnische Fischer rund hundert Prozent mehr Dorsch als von Brüssel zugebilligt aus dem Wasser. Erst die neue Regierung unter Donald Tusk legte „die Trawler an die Kette“, berichtet Fischereiforscher Zimmermann. „Inzwischen halten sich auch die Polen an die Regeln.“ Der Erfolg der Ostsee-Fischereipolitik ist unübersehbar. Dem Dorsch in der östlichen Ostsee beispielsweise, 2005 noch stark überfischt, gehe es inzwischen „sehr gut“, berichtet Zimmermann. Die Schollenbestände seien „in wunderbarem Zustand“. Der Hering der östlichen Ostsee produziere wieder kräftig Nachwuchs (siehe Grafik). Und auch in der Nordsee geht es einigen Fischarten wieder besser. Forscher des Thünen-Instituts für Seefischerei in Hamburg untersuchten unlängst 43 Fischbestände und bescheinigten 27 davon einen „guten ökologischen Zustand“. Das Bundeslandwirtschaftsministerium wiederum lobt, dass „mehr als die Hälfte der Fischbestände in Nordsee und Nordostatlantik“ schon heute „nachhaltig bewirtschaftet“ werde. Insbesondere Hering und Scholle entwickelten sich in der Nordsee gut, bestätigt Zimmermann. Selbst der Nordsee - kabeljau, jahrelang Sorgenkind der Biologen, zeige endlich erste Anzeichen von Erholung. Zimmermann ist einer der Manager des Fischwunders. Er sitzt für <strong>Deutschland</strong> im Forscherverbund International Council for the Exploration of the Sea (ICES), der die Empfehlungen für die EU- Fangquoten ausarbeitet. Für die Ostsee werden die Daten der Bestandsanalyse durch Einsatz von Forschungsschiffen wie der „Clupea“ gewonnen. Fischereibiologin Martina Bleil fährt regelmäßig hinaus aufs Meer. Zusammen Seelachs Mehr Fisch Trend für die Bestände ausgewählter Arten in Nord- und Ostsee positiv negativ SCHWEDEN Dorsch Östliche Ostsee Hering Hering Hering PEER BROCKHÖFER / ACTION PRESS Scholle Nordsee Kabeljau Aal DÄNEMARK DEUTSCHLAND Dorsch Scholle Sprotte Westliche Ostsee Kliesche Aal Quelle: Thünen-Institut für Ostseefischerei POLEN DER SPIEGEL 50/2013 143
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