19.11.2014 Aufrufe

Deutschland - Quick-Talk.com

Deutschland - Quick-Talk.com

Deutschland - Quick-Talk.com

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

es geht – ob die Kanzlerin nun will oder<br />

nicht – um Angela Merkel und Wladimir<br />

Putin ganz persönlich.<br />

Über kaum einen internationalen Politiker<br />

kann die Kanzlerin so ausführlich<br />

rätseln und räsonieren. Ob Putin mit<br />

nacktem Oberkörper für Fotografen posie -<br />

re, Nachbarstaaten mit russischen Rohstofflieferungen<br />

erpresse oder wie jetzt<br />

an einem großrussischen Wirtschaftsraum<br />

arbeite – stets sei der Antrieb der gleiche:<br />

eine Mischung aus Selbstzweifel, Sehnsucht<br />

nach gewesener Größe und verletztem<br />

Stolz. Merkel sieht in ihrem Gegenüber<br />

einen ebenso entschlossenen wie<br />

komplexbeladenen Politiker: den Staatschef<br />

eines Landes, das erkennbar vom<br />

Tempo der Globalisierung überfordert ist<br />

und seinen Platz in der Weltordnung verloren<br />

hat, weil die Weltordnung längst<br />

eine andere, kompliziertere ist. Ohne<br />

straff und zentral kommandierte Blöcke,<br />

ohne Atomwaffen als die zentrale Währung<br />

von Einfluss und Macht.<br />

Merkels Vorgänger Gerhard Schröder<br />

wollte in Putin einen „lupenreinen Demokraten“<br />

erkennen. Und anfangs sah<br />

es die Kanzlerin gar nicht viel anders, nur<br />

skeptischer. Putin müsse geholfen werden,<br />

sein Land zu modernisieren und zu demokratisieren,<br />

Schritt für Schritt – und<br />

nicht immer zu messen an westeuropäischen<br />

Standards. Das war vor acht Jahren<br />

ihre Losung, heute ist Merkel davon weit<br />

entfernt. Sie scheint die Hoffnung aufgegeben<br />

zu haben, dass Putin Demokratie<br />

und Marktwirtschaft wirklich will – und<br />

nicht längst die Wiederherstellung einer<br />

straff aus dem Kreml geführten russischen<br />

Einflusszone, mit der sich demokratischer<br />

Pluralismus nicht verträgt.<br />

In diesem „Grand Design“ des Kreml-<br />

Chefs aber ist die Ukraine der zentrale<br />

Baustein. Ohne das Land hätte Moskau<br />

keinen Arm, der nach Mitteleuropa reicht.<br />

Mit der Ukraine dagegen könnte Putin<br />

weiter davon träumen, den ehemaligen<br />

Weltmachtstatus Moskaus zumindest teilweise<br />

wiederherzustellen.<br />

Und sosehr es typisch für Angela Merkel<br />

wäre, die „Entweder-oder“-Zwickmühle<br />

für die Ukraine aufzulösen, um einen<br />

gangbaren Weg mit Russland zu finden,<br />

ahnt sie dennoch: Solange Wiktor<br />

Janukowitsch an der Spitze der Ukraine<br />

steht, wird daraus nichts. Und wenn er<br />

eines Tages abgelöst ist, wartet da ja noch<br />

Wladimir Putin. Der träumt von einem<br />

großen Russland und würde den Ausgang<br />

des Kalten Kriegs, den Zerfall der So -<br />

wjetunion, am liebsten rückgängig machen.<br />

NIKOLAUS BLOME, MATTHIAS GEBAUER,<br />

RALF NEUKIRCH<br />

Lesen Sie weiter zum Thema:<br />

Seite 94: Die Wütenden von Kiew.<br />

Seite 96: Polens Ex-Präsident Kwaśniewski kritisiert<br />

im SPIEGEL-Gespräch die Fehler der EU und<br />

den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch.<br />

26<br />

PETER ROGGENTHIN / DER SPIEGEL<br />

SPIEGEL-GESPRÄCH<br />

„Halt den Mund“<br />

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, 64 (CSU),<br />

über das raue Verhältnis zwischen Politik und Medien und<br />

die Frage, warum er seine Parteikollegen öffentlich maßregelt<br />

SPIEGEL: Herr Seehofer, der SPD-Kanzlerkandidat<br />

Peer Steinbrück hat, nachdem<br />

er im Wahlkampf sehr hart kritisiert wurde,<br />

den Journalisten öffentlich den Stinkefinger<br />

gezeigt. Können Sie ihn ver -<br />

stehen?<br />

Seehofer: Nicht den Stinkefinger. Aber<br />

die Kritik an Journalisten schon.<br />

SPIEGEL: Momentan klagen viele Politiker<br />

darüber, dass sie von den Medien schlecht<br />

behandelt würden. Sie sind seit mehr als<br />

drei Jahrzehnten im Geschäft. Was hat<br />

sich zwischen Politikern und Journalisten<br />

verändert?<br />

Seehofer: Es gibt einen Qualitätsverlust in<br />

manchen Medien. Und die Herabsetzung<br />

von Politikern und Parteien nimmt zu.<br />

Macht braucht Kontrolle, aber der Umgang<br />

sollte immer respektvoll bleiben.<br />

SPIEGEL: Wodurch fühlen Sie sich persönlich<br />

beleidigt?<br />

DER SPIEGEL 50/2013<br />

Seehofer: Es gibt immer wieder Artikel,<br />

da werde ich nicht nach Inhalten bewertet,<br />

sondern persönlich herabgewürdigt.<br />

Eine Zeitung hat mich zum Beispiel<br />

„Crazy Horst“ genannt. Für mich ist da<br />

eine Grenze überschritten. Ich empfehle<br />

allen Politikern, so etwas nicht hinzu -<br />

nehmen.<br />

SPIEGEL: Wenn Politiker andere Politiker<br />

beleidigen, ist das aber okay? Sie selbst<br />

haben Karl-Theodor zu Guttenberg öffentlich<br />

als „Glühwürmchen“ bezeichnet.<br />

Seehofer: So nennt man es doch, wenn jemand<br />

von Journalisten erst hoch- und<br />

dann niedergeschrieben wurde.<br />

SPIEGEL: Ihr Generalsekretär Alexander<br />

Dobrindt sagte über Sigmar Gabriel, dieser<br />

sei „übergewichtig und unterbegabt“.<br />

Auch keine Beleidigung?<br />

Seehofer: Ein Generalsekretär ist für eine<br />

Partei Hauptakteur im politischen Mei-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!