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Deutsche Stilistik

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tistischen Stiluntersuchungen auf die Feststellung der quantitativen Merkmale. Stil<br />

erscheint - nach der Definition eines solchen Programms 33 - als Gesamtheit aller<br />

quantitativ faßbaren Gegebenheiten in der formalen Struktur eines<br />

Textes. Solche Gegebenheiten können sein: Phoneme, Morpheme, Silben, Wörter,<br />

Wortklassen (Wortarten), Wortgruppen, Sätze, Abschnitte, Rhythmuspausen u.ä.<br />

Die rechnerisch ermittelte Häufigkeit ihres Vorkommens sowie bestimmter<br />

Kombinationen zwischen ihnen in Einzeltexten wie in größeren Textsammlungen<br />

(z.B. im Gesamtwerk eines Autors) erlaubt nach sorgfältiger Interpretation der<br />

Zahlen Aussagen zur Charakterisierung des jeweiligen Stils als Einzelerscheinung<br />

oder im Vergleich mit anderen Texten, z.B. über Wortschwulst oder Satzschwulst<br />

(Verwendung überflüssiger Wörter bzw. Sätze), Wortkargheit usw. Es lassen sich<br />

auf diese Weise auch Aussagen über die Zugehörigkeit vonn anonymen oder falsch<br />

zugeordneten Texten zu bestimmten Autoren machen. Grundlage solcher<br />

Zuordnungen ist eine personale Stilauffassung, die sich auf maschinell erstellte<br />

Häufigkeitsanalysen bestimmter Kennzeichen stützt, die Ubereinstimmungen mit<br />

anderen Werken des gesuchten Autors oder, wie z.B. bei falschen Zuordnungen,<br />

Abweichungen von den vergleichbaren Werken zeigt. Da sich derartige<br />

Untersuchungen grundsätzlich auf die zählbaren Gegebenheiten der<br />

verschiedensten Textsorten stützen, bestätigen sie zugleich die Berechtigung des<br />

auf alle sprachlichen Äußerungen erweiterten Stilbegriffs.<br />

Stil als Auswirkung besonderer grammatischer Regeln<br />

Die von uns bevorzugte selektive Stilauffassung berührt in nicht geringem Maße<br />

die theoretischen Grundlagen und das Arbeitsgebiet der Grammatik. Neuerdings<br />

wird wiederholt von einigen Forschern diskutiert, inwieweit es sich bei stilistischen<br />

Einheiten um grammatische Einheiten und bei der <strong>Stilistik</strong> als Lehre von den<br />

sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten und der Beschreibung ihrer Realisationen<br />

um eine Teildisziplin der Grammatik handelt. 34 Solche Folgerungen ergeben sich<br />

einmal dann, wenn man alle grammatischen Formen und die zulässigen<br />

Abweichungen davon als Spiegelungen bestimmter Denkformen und<br />

Ausdrucksabsichten deutet 35 , und zum anderen, wenn man die Struktur aller<br />

sprachlichen Äußerungen in ihrer Form als Auswirkungen eines differenzierten<br />

Regelsystems ansieht, das von der bisherigen Grammatikforschung nur noch nicht<br />

hinlänglich erkannt worden ist. Die erstere Auffassung findet sich bei den<br />

Vertretern einer inhaltbezogenen Grammatik 36 , die alle Ausdrucksformen<br />

einer Sprache als Prägungen einer unterschiedlichen Weltsicht betrachtet, ihnen<br />

besondere Leistungen und Wirkungen zuspricht, durch die eine Orientierung in der<br />

Welt und eine Bewältigung der Lebensprobleme erst möglich wird. Bisher hat<br />

allerdings die inhaltbezogene Grammatik keine Angaben über mögliche<br />

Ausdrucks-<br />

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