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Deutsche Stilistik

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Screnger sachgebundene Beschreibungen, wie z.B. naturwissenschaftliche<br />

Darlegungen, werden durch Vergleiche anschaulicher und lebendiger:<br />

Ist er [ein Körper] dagegen mit seiner Bewegung nur an eine Ebene gebunden,<br />

wie ein Schiff auf dem Meere, so hat er zwei Freiheitsgrade der Translation. 43<br />

Die Stilmittel der Anschaulichkeit haben in wissenschaftlichen Texten zumeist nur<br />

eine komplementäre Funktion, sie erscheinen nicht regelmäßig und dienen nicht<br />

immer der sprachlichen Einkleidung von Forschungsergebnissen, sondern einer<br />

zusätzlichen Verbildlichung, bewirken aber gerade dadurch ein besseres<br />

Verständnis der Angaben.<br />

Bei der Besdirdbuns; eines Personalstils wird man den Anteil und die Art solcher<br />

Stilmittel im Text berücksichtigen müssen. Das Wesen eines anschaulichen Stils<br />

wird oft erst in der Gegenüberstellung mit einem unanschaulichen, abstrakten Stil<br />

deutlich, der Stilmittel der Anschaulichkeit bewußt meidet, vielmehr solche der<br />

Unanschaulichkeit (Abstraktionen, Kollektivbegriffe, Substantivierungen,<br />

Definitionen, Formeln u.ä.) häuft und damit auch die Verständlichkeit erschwert.<br />

Variation und Wechsel<br />

Mit den Begriffen »Variation« und »Wechsel« seien hier zwei nahverwandte<br />

Formen der inhaltlichen und strukturellen Textgestaltung gekennzeichnet, die wie<br />

die Prinzipien der Texteinheit und der Folgerichtigkeit zu den wichtigsten<br />

Komponenten der Textkonstitution gehören. Unter einer »Variation« versteht man<br />

allgemein die Abwandlung von etwas Vorgegebenem, in der Literatur- und<br />

Textwissenschaft die Abwandlung einer Aussage oder eines Gedankens in<br />

verschiedene sprachliche Formen (Synonyme), die in enger Nachbarschaft<br />

erscheinen. 44 Die Variation war schon in sehr früher Zeit in der orientalischen<br />

Dichtung als poetische Stilform üblich; besonders die Psalmen des Alten<br />

Testaments nutzen häufig die inhaltliche Abwandlung in der gleichbleibenden<br />

Satzform des Parallelisrnus der Glieder (parallelismus membrorum):<br />

Des Totenreiches Bande umgarnten mich,<br />

des Todes Schlingen begegneten mir.<br />

(Ps. 18,6)<br />

In der germanischen, besonders der altenglischen, altnordischen, altsächsischen<br />

und z.T. auch althochdeutschen Dichtung wird das Prinzip der Aussagenvariation<br />

wiederholt mit dem Alliterationsvers verknüpft:<br />

nu scal mih suaŝat chind suertu hauwan<br />

bretôn mit sînu billiu ...<br />

Nun soll das eigene Kind mit dem Eisen nicht schlagen,<br />

mit dem Schwerte nicht treffen...<br />

(»Hildebrandslied«, 53f. übers, v. G. Baesecke)<br />

Die altnordische Dichtung hat zudem in den Formen der eingliedrigen Heiti (z.B.<br />

Renner für »Roß«) und der mehrgliedrigen Kenningar (z.B. Burgwart für<br />

»König«) besondere Formen der Wortvariation ausgebildet, die<br />

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