Nr. 230 / Winter 2012 - Zürcher Tierschutz
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T i e r h a l t u n g<br />
21<br />
zu gewährleisten und ihnen eine entsprechende<br />
Ausbildung zu gewähren.<br />
Wie sich aber mit zunehmender Dauer<br />
des Referats zeigte, scheinen die heutigen<br />
Ausbildner und Nutzer davon nichts<br />
zu wissen, oder sie übersehen die Pferdebedürfnisse<br />
in ihrem Tun grosszügig.<br />
Bereits im Alter von eineinhalb Jahren<br />
beginnt das Anreiten/Reiten der Jungtiere.<br />
Mit 2 Jahren und nach 8 Monaten<br />
Arbeit folgen die ersten Renneinsätze.<br />
Hier muss man wissen, dass bei dieser<br />
«Arbeit» die Belastung etwa auf Karpus<br />
und Beugesehnen enorm ist. Das hat<br />
u. a. zur Folge, dass Rennpferde im Allgemeinen<br />
nach 2 Jahren Einsatz ausgemustert<br />
werden. Es folgt eine 2 Jahre<br />
dauernde Umschulung, in welcher die<br />
Tiere für ihre zweite Karriere vorbereitet<br />
werden. Dass längst nicht alle<br />
Pferde für diesen Prozess geeignet sind<br />
bzw. diesen schadlos überstehen, wird<br />
grosszügig verschwiegen. Geeignet sind<br />
nämlich nur Pferde, die physisch und<br />
psychisch gesund sind. Wenn man hier<br />
falsch handelt, ist der Misserfolg quasi<br />
vorprogrammiert – zulasten des Pferdewohles<br />
(«failure to prepare is preparing<br />
to fail»).<br />
Die meisten Verletzungen bei Rennpferden<br />
passieren im Training, auch<br />
wegen ungeeigneten Geläufs. Und es<br />
passiert viel zu häufig, dass Pferde zu<br />
lange im Leistungssport verbleiben<br />
müssen, bis es eben «kracht». Rennpferde<br />
werden in der Regel falsch gefüttert,<br />
die Fütterung ist nicht tiergerecht,<br />
und es besteht ein Missverhältnis<br />
zwischen Fütterung und Arbeit. 90%<br />
der Rennpferde leiden an schmerzhaften<br />
Magengeschwüren, die auf falsche,<br />
weil zu konzentrierte Fütterung und<br />
Dauerstress zurückzuführen sind. Konkret<br />
heisst das etwa, dass ein Rennpferd<br />
täglich bis zu 18 Liter Hafer und lediglich<br />
ein Minimum an Raufutter fressen<br />
muss. Wer weiss, wie der Pferdemagen<br />
und die Verdauungsphysiologie funktionieren,<br />
kann darob nur entsetzt sein.<br />
Fazit des Referates aus meiner persönlichen<br />
Sicht: Im Pferderennsport herrschen<br />
sehr bedenkliche und hoch tierschutzrelevante<br />
Verhältnisse vor, gegen<br />
die es mangels Möglichkeiten zur Einsichtnahme<br />
kaum Interventionsmöglichkeiten<br />
gibt. Die Lobby ist derart mächtig,<br />
dass auch Strafanzeigen, welche<br />
nicht aus <strong>Tierschutz</strong>kreisen, sondern<br />
etwa von informierten Tierärzten kommen,<br />
im Sand verlaufen. Und auch die<br />
abschliessende Aussage des Referenten,<br />
dass Rennpferde oft nur als Verschleissmaterial<br />
betrachtet werden und eine<br />
zweite Karriere gar unmöglich ist,<br />
unterstreicht diese bedenklichen<br />
Erkenntnisse.<br />
Betrüblich ist auch das Wissen, dass<br />
diese Missstände nur möglich sind, weil<br />
involvierte Kontrollinstanzen, Bestandestierärzte<br />
und letzten Endes auch kantonale<br />
Vollzugsbehörden die Augen vor<br />
der Problematik verschliessen. Für den<br />
Zürcher <strong>Tierschutz</strong> ist solches inakzeptabel,<br />
und wir werden alles daran setzen,<br />
dass sich hier in den nächsten Jahren<br />
Wesentliches verändert.<br />
bt