Wieder fit werden auf Gut Landscheid - GL VERLAGS GmbH
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vergaberechtsform 2009 und neue vergabeordnung 2010<br />
Vergaberecht – update gefällig?<br />
Im Blickpunkt <strong>GL</strong>&Lev kontakt Recht<br />
<strong>GL</strong>&Lev kontakt 06/10<br />
Von CARSTEN SCHWETTMANN<br />
Kennen Sie als Bieter oder<br />
Öffentlicher Auftraggeber<br />
das Vergaberecht gut genug?<br />
Sind Sie immer <strong>auf</strong> dem<br />
neuesten Stand der Entwick-<br />
lungen in dieser Rechtsmaterie?<br />
Dann sind Sie eine Ausnahme, denn<br />
das Vergaberecht gehört zu den<br />
kompliziertesten Rechtsgebieten. Es<br />
unterliegt durch die europäische Rechtsprechung<br />
und nationale Gesetzgebung sowie<br />
die Rechtsprechung der Vergabekammern<br />
und Vergabesenate einer rasanten und stetigen<br />
Veränderung.<br />
Vergaberechtsreform<br />
Die Vergaberechtsreform des letzten Jahres<br />
mit den Änderungen im Kartellvergaberecht<br />
sowie den Neufassungen der Vergabe-<br />
und Vertragsordnungen für Bau-, Liefer-<br />
und freiberufliche Dienstleistungen führte<br />
zu Klarstellungen und Verbesserungen,<br />
wirft aber auch neue Fragestellungen und<br />
Von FRANK NEUMANN<br />
Der Fall: Eine langjährig als<br />
Zugabfertigerin beschäftigte Bahnmitarbeiterin<br />
feiert ihr 40-jähriges<br />
Dienstjubiläum im Kollegenkreis<br />
und legt dar<strong>auf</strong>hin dem Arbeitgeber<br />
eine „Gefälligkeits-Quittung“<br />
über einen Betrag von 250,00 Euro<br />
für Bewirtungskosten vor. Sie will<br />
sich diesen Betrag erstatten lassen.<br />
Doch tatsächlich hat sie nur Bewirtungskosten<br />
<strong>auf</strong>gewandt, die sich<br />
<strong>auf</strong> lediglich 90,00 Euro bel<strong>auf</strong>en. Die<br />
Differenz will sie für sich einstreichen. Hintergrund:<br />
Bei der Bahn besteht eine Regelung,<br />
wonach aus Anlass des 40-jährigen Dienstjubiläums<br />
nachgewiesene Bewirtungskosten<br />
bis zur Höhe von 250,00 Euro erstattet <strong>werden</strong>.<br />
Doch der Schwindel fliegt <strong>auf</strong>, die Bahn<br />
kündigt der Mitarbeiterin. Doch die widerspricht.<br />
Wie würde das Gericht abwägen?<br />
Carsten Schwettmann<br />
Rechtsanwalt<br />
Verwaltungsrichter a. D.<br />
und Oberbürgermeister a. D.<br />
in der Kanzlei<br />
Winter, Jansen, Lamsfuß<br />
Probleme <strong>auf</strong>. Darüber hinaus ist die neue<br />
Vergabeverordnung vom Bundesrat Mitte<br />
diesen Jahres beschlossen worden.<br />
Inwieweit sich die Absichten des Gesetzgebers,<br />
die Regeln zu vereinfachen und zu<br />
vereinheitlichen, tatsächlich umsetzen lassen,<br />
wird die Praxis zeigen. Auf jeden Fall<br />
haben sich Öffentliche Auftraggeber und<br />
Bieter gleichermaßen immer wieder <strong>auf</strong><br />
Veränderungen im Vergabe- und Nachprüfungsverfahren<br />
einzustellen. Hier empfiehlt<br />
sich eine kundige Beratung in Anspruch zu<br />
nehmen, um keine Nachteile in K<strong>auf</strong> nehmen<br />
zu müssen.<br />
Aktuelle Entwicklungen<br />
Die dem Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie gemeldete Statistik weist<br />
für das Jahr 2009 1.275 Nachprüfungsverfahren<br />
vor den Vergabekammern und 199<br />
Beschwerdeverfahren vor den Oberlandesgerichten<br />
aus. Davon sind im Jahre 2009 vor<br />
den Vergabekammern zugunsten der Öffentlichen<br />
Auftraggeber 236 und für die Bieter<br />
206 Sachentscheidungen ausgegangen.<br />
Aufgrund der grundlegenden Neuerungen<br />
des letzten Jahres im Vergaberecht<br />
ist für den Statistikzeitraum 2010 mit einem<br />
weiteren Anstieg der Nachprüfungs- und<br />
Beschwerdeverfahren zu rechnen.<br />
Die Statistik zeigt aber auch, dass es für<br />
beide Seiten – Öffentliche Auftraggeber<br />
und Bieter – gleichermaßen unerlässlich<br />
ist, sich mit den Gesetzesänderungen und<br />
der aktuellen nationalen und europäischen<br />
Rechtsprechung auseinanderzusetzen.<br />
Empfehlung<br />
Sowohl Öffentliche Auftraggeber als auch<br />
Bieter sollten wegen der Komplexität ihre<br />
Kenntnisse im Vergaberecht immer <strong>auf</strong> dem<br />
aktuellen Stand der Gesetzgebung und<br />
Rechtsprechung halten sowie fachkundigen<br />
Rat einholen. Darüber hinaus sind regelmäßige<br />
Schulungen der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter empfehlenswert.<br />
„Sonderkündigungsschutz“ für Straftäter? Oder: einmal ist keinmal<br />
Lange Betriebszugehörigkeit erschwert Kündigung<br />
Frank Neumann<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
in der Kanzlei Winter,<br />
Jansen, Lamsfuß<br />
Grobe Pflichtwidrigkeit<br />
Das LAG erachtete die fristlose Kündigung<br />
für unwirksam. Zwar habe die Arbeitnehmerin<br />
durch die Betrugshandlung gegenüber<br />
ihrem Arbeitgeber eine strafrechtlich<br />
relevante grobe Pflichtwidrigkeit begannen;<br />
im Rahmen der <strong>auf</strong> den Einzelfall bezogenen<br />
Interessenabwägung hätten jedoch die<br />
zu Gunsten der Arbeitnehmerin zu berücksichtigenden<br />
Umstände überwogen. Dabei<br />
bezieht sich das LAG ausdrücklich <strong>auf</strong> die<br />
Entscheidung des BAG vom 10.06.2010, dem<br />
sogenannten „Emmely-Urteil“. Insbesondere<br />
stellt dieses Gericht heraus, dass durch die<br />
neue Rechtsprechung bei einer langen Betriebszugehörigkeit<br />
hohe Hürden für die<br />
Kündigungsmöglichkeiten bestehen würden.<br />
Insofern sei der Betrugsvorwurf zwar<br />
schwerwiegend, könne jedoch die 40-jährige<br />
Betriebszugehörigkeit nicht <strong>auf</strong>wiegen.<br />
(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom<br />
16.09.2010 – 2 Sa 509/10). Fazit: Es bleibt<br />
abzuwarten, ob die Betriebszugehörigkeit<br />
nunmehr in der Instanzrechtsprechung eine<br />
erheblich höhere Gewichtung bei der Einzelfallabwägung<br />
erhält. Dies wäre allerdings<br />
höchst bedauerlich, es besteht kein Anlass,<br />
in dem „Emmely-Urteil“ eine Änderung der<br />
bisherigen Rechtsprechung zu sehen. Keinesfalls<br />
sollte diese Rechtsprechung dazu<br />
führen, dass der Arbeitnehmer immer „eine<br />
Straftat frei hat“ bevor kündigungsrelevant<br />
reagiert <strong>werden</strong> kann. Aber: Leichter wird<br />
die Durchsetzbarkeit von verhaltensbedingten<br />
Kündigungen auch außerhalb des<br />
Bagatellbereiches sicherlich nicht.