Jahresbericht 2008 der Suchtkrankenhilfe - Caritas-pb.de

Angeleitete Selbsthilfegruppe WaageMut – ein Angebot für Essgestörte
Selbsthilfegruppe WAAGEMUT
Selbsthilfegruppe WaageMut
Kontakt über alle Beratungsdienste
der Suchtkrankenhilfe
waagemut@online.de
Essgestörte beschäftigen sich, wenn
sie die Zeit und die Möglichkeit
haben, nahezu den ganzen Tag mit dem Thema „Essen“:
Was soll ich heute nur essen, wie viel habe ich
wohl wieder zugenommen, wie bekomme ich es hin zu
essen, aber eben doch nicht zuzunehmen oder zu
erbrechen, wann bin ich allein, dann kann ich ja einmal
„…meine Arbeitsstelle kann ich nicht aufgeben: nein! Wenn das passiert,
habe ich gar keinen Halt mehr und werde den ganzen Tag einkaufen,
essen und erbrechen. Das geht mir schon im Urlaub so! Wenn ich arbeite,
denke ich wenigstens ein paar Stunden nicht ans Essen, weil ich abgelenkt
bin.“ (in Anlehnung an ein Gespräch mit einer Bulimikerin aus WaageMut)
wieder so richtig zuschlagen, was kaufe ich am besten
ein, wann esse ich es? etc.
Die Gedanken ans Essen werden zum Zwang, Kontrolle
über das Essen hat die höchste Priorität (Magersucht
und Bulimie). Ruhephasen in dem sehr belastenden,
Kraft kostenden Alltag gibt es ausschließlich über
Ablenkung oder über den Schlaf.
Eine Arbeitsstelle zu haben, kann dem/der Essgestörten
somit eine sehr wichtige Lebenshilfe sein: Die
Arbeit zwingt, sich auch einmal auf andere Dinge zu
konzentrieren, sie lenkt ab. Neben dieser gedanklichen
Ruhephase durch die Arbeit, bietet die Arbeitsstelle
dem/der Betroffenen eine wichtige Tagesstruktur, sie/er
muss sich aufraffen, jeden Tag aufs Neue und kann
sich nicht dem Essen allein
„hingeben“. Hier das
Zitat einer Betroffenen:
Neben der Ablenkung
und der Tagesstrukturierung
durch die
Arbeitsstelle sind auch
noch als weitere wichtige Aspekte die Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben, das Selbstvertrauen und nicht
zuletzt die soziale Anerkennung über die Arbeitsstelle
für Essgestörte wichtig. Einige Betroffene erwähnen in
diesem Zusammenhang auch, dass ihnen die soziale
Kontrolle durch die Kollegen während der Arbeitszeit
hilft, z.B. ohne Ess-/Brechattacke über den Tag zu
kommen. Auch chronifizierte oder frühzeitig berentete
Essgestörte der Gruppe WaageMut suchten sich aus
den genannten Gründen eine stundenweise ehrenamtliche
Arbeitsstelle.
„Also für mich ist eine Tagesstruktur sehr sinnvoll. Ich bin froh, dass ich
einen Job habe und sozusagen gezwungen bin jeden Morgen aufzustehen.
Sonst würde es mir sicherlich schlechter gehen. Ich war mal eine Zeit lang
zu Hause wegen meiner Krankheit und da ging es mir viel schlechter. Ich
hatte einfach keine Abwechslung.“ (Zitat aus einem Forum im Internet)
Die begleitete Selbsthilfegruppe WaageMut existiert
nunmehr seit 2 Jahren. In der Gruppenarbeit hat sich
gezeigt, dass gerade chronifizierte Essgestörte in der
Lebensmitte über WaageMut Hilfe und Unterstützung
suchen. In 2008 waren es ausschließlich Frauen, die
teilnahmen und in der Mehrzahl schon mehr als 2 Jahrzehnte
essgestört waren und noch sind.
In Zahlen bedeutet das, dass in 2008
ein fester Stamm von 8
Teilnehmerinnen die Gruppe
besuchte, im Schnitt weitere 4
Betroffene gelistet waren, aber aufgrund
einer aktuellen stationären
Therapie o.ä. pausierten. Eine
Teilnehmerin ist der Adipositas
zuzuordnen, eine leidet unter einer schwer chronifizierten
Magersucht des Purging-Typus, was bedeutet, dass
sie auch Heißhungeranfälle hat und anschließend erbricht,
die anderen insgesamt 10 Teilnehmerinnen sind
Bulimikerinnen.
Die Altersspanne reichte in 2008 von 18 Jahren bis zu
55 Jahren, mit einem Hauptanteil von Frauen zwischen
40 und 45 Jahren. Auffällig waren auch zahlreiche
Doppeldiagnosen. Hier sind zusätzlich zu den Essstörungen
Angststörungen, Depressionen, Borderlinestörungen
sowie dissoziative Störungen zu nennen.
Vor diesem Hintergrund wurden Teilnehmerinen in
2008 auch in stationäre Therapien sowie auch in ambulante
Psychotherapien weitervermittelt. Die Schwere
der Störungen und die damit auch häufig notwendige
Weitervermittlung in stationäre oder ambulante Behandlungen
macht langfristig regelmäßige Beratung in Einzelgesprächen
notwendig, die nur in Ausnahmefällen
durch die BASS der SKH in 2008 aufgefangen werden
konnte.
Auch in 2009 kann
WaageMut von allen
interessierten,
volljährigen Essgestörten
aufgesucht werden. Das
bedeutet, dass sowohl
Magersüchtige, BulimikerInnen,
Esssüchtige (Binge-Eating-
Disorder mit Adipositas) als
auch Erkrankte anderer, eher
untypischer Essstörungen
teilnehmen können. Informationen
zur Gruppe und Flyer
können über das Sekretariat
der SKH unter 05251-22508 erfragt werden.
Isabel Kaul
Dipl. Psychologin
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