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Max Ernst - Artinside - Das Museumsmagazin der Region Basel

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<strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong>: Die Restaurierung des Königs<br />

14<br />

<strong>Artinside</strong><br />

Alexan<strong>der</strong> Cal<strong>der</strong> beim Montieren von «Nine Discs», 1936<br />

Alexan<strong>der</strong> Cal<strong>der</strong>. Bäume – Abstraktion benennen<br />

Während <strong>der</strong> Vierzigerjahre wird im Werk von Alexan<strong>der</strong> Cal<strong>der</strong><br />

zunehmend eine Strategie des Benennens erkennbar. Die an<br />

sich abstrakten Mobiles und Stabiles suggerieren mit ihrem Bewegungsverhalten,<br />

Gleichgewichtsaspekten und formalen Staffelungen<br />

Analogien zur Natur, die nun immer häufiger auch in Betitelungen<br />

reflektiert werden. Ohne das letztlich autonome Wesen seiner Skulpturen<br />

in starrer Begrifflichkeit zu fixieren, gelingt Cal<strong>der</strong> damit die<br />

Andeutung einer nie wirklich fassbaren Dimension von Bewegung,<br />

Raum und Zeit.<br />

1933 tritt mit <strong>der</strong> Übersiedelung von Paris nach Connecticut, wo<br />

Cal<strong>der</strong> ein altes Bauernhaus erwirbt, <strong>der</strong> Aussenraum sofort und<br />

als zusehends werkbestimmende Komponente in Erscheinung. Bewegung<br />

wird nicht länger mit ausgeklügelten Kurbeln o<strong>der</strong> kleinen<br />

Motoren erzeugt, son<strong>der</strong>n es sind nun Natur, Wind und Wetter, die<br />

den Künstler zu neuen Möglichkeiten inspirieren. Erste kühne und<br />

noch filigrane Versuche erinnern an Turmreiter und veranschaulichen<br />

damit bereits eindrucksvoll Cal<strong>der</strong>s Suche nach monumentaler<br />

Grösse. Neben die geometrisch abstrakte Seite tritt eine biomorphe<br />

Alexan<strong>der</strong> Cal<strong>der</strong><br />

Bäume – Abstraktion benennen<br />

ab 25.05.2013<br />

Fondation Beyeler, Riehen<br />

www.fondationbeyeler.ch<br />

von Oliver Wick*<br />

Formgebung, die jedoch niemals Natur wirklich abbildet, son<strong>der</strong>n<br />

nur die gestalterischen Möglichkeiten erweitert und jenen Prozess<br />

<strong>der</strong> Benennung in Gang setzt. Die neue Präsentation <strong>der</strong> Cal<strong>der</strong> Gallery<br />

zeichnet diesen Prozess und die Entwicklung des monumentalen<br />

Standing Mobiles im Aussenraum, sei es in <strong>der</strong> Natur o<strong>der</strong> bei<br />

architektonischen Platzgestaltungen, mit ausgesuchten Beispielen<br />

nach. Eine Gruppe von über zwei Meter hohen Maquetten von 1939<br />

steht für die avantgardistische Umgestaltung des African Habitat<br />

im Bronx Zoo und hätte in vergrösserter Ausführung als eine Art<br />

Baumschmuck den Raubkatzen standhalten sollen. Einzelwerke zeigen<br />

als Blattkaskaden, Baumkronen o<strong>der</strong> feine Rispen ein nahezu<br />

unbeschränktes Gestaltungsrepertoire, das schliesslich zur Entstehung<br />

von The Tree in <strong>der</strong> Sammlung <strong>der</strong> Fondation Beyeler geführt<br />

hat. Dieser Publikumsmagnet wird im Verlaufe des Sommers an seinen<br />

angestammten Platz im Museumspark zurückkehren und in den<br />

Kontext <strong>der</strong> ursprünglichen Maquetten und diversen Vorstufen sowie<br />

verwandter Werke gestellt, die in <strong>der</strong> Ausstellung zu sehen sind.<br />

*Oliver Wick ist Kurator <strong>der</strong> Ausstellung<br />

Anfang 2013 begann die Fondation<br />

Beyeler das von BNP Paribas Suisse<br />

ermöglichte Restaurierungsprojekt<br />

für den Originalgips von <strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong>s Skulptur<br />

The King Playing With the Queen (Der König<br />

spielt mit seiner Königin) von 1944. Diese<br />

wird anlässlich <strong>der</strong> kommenden Retrospektive<br />

gezeigt, welche die Fondation Beyeler<br />

Jahrhun<strong>der</strong>tkünstler <strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong> vom 26. Mai<br />

bis 8. September 2013 widmet.<br />

The King Playing with the Queen ist ein bedeutendes<br />

Werk im Œuvre des Künstlers.<br />

<strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong> überliess ihn zunächst dem mit<br />

ihm befreundeten US-amerikanischen Maler<br />

Robert Motherwell. Erst in den 50er-Jahren<br />

durch Anfrage von Sammlerin Dominique<br />

de Menil willigte <strong>Ernst</strong> ein, den Gips in Bronze<br />

giessen zu lassen, so dass dieser zur Vorlage<br />

für insgesamt zehn Bronzegüsse diente,<br />

die in den Jahren 1953, 1955 und 1961 entstanden<br />

und heute zum Bestand berühmter<br />

Sammlungen und Museen zählen, wie z.B<br />

im MoMA. <strong>Ernst</strong> Beyeler, <strong>der</strong> früh auf <strong>Max</strong><br />

<strong>Ernst</strong>s Werk aufmerksam wurde, erwarb den<br />

Gips kurz vor <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong> Fondation<br />

Beyeler.<br />

Die auffällige Farbe des Gipses, eine unregelmässige<br />

blaue Pigmentschicht, warf Rätsel<br />

auf. Die Oberfläche weist verschiedene<br />

historische Schichten auf, welche das Weiss<br />

des Gipses überdecken.<br />

Durch Archivforschung stiess man auf<br />

historische Bildquellen wie z.B. auf fotografische<br />

Belege <strong>der</strong> Originalgiesserei. Schliesslich<br />

fand das Team eine Schwarz-Weiss-<br />

Aufnahme, die im Rahmen <strong>der</strong> Ausstellung<br />

Imagery of Chess <strong>der</strong> Julien Levy Gallery in<br />

New York aus den Jahren 1944/45 entstand.<br />

<strong>Das</strong> Farbverhältnis <strong>der</strong> Bildelemente zueinan<strong>der</strong><br />

lieferte die eindeutige Information,<br />

dass die Skulptur eine einheitliche Farbfassung<br />

hatte, die <strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong> bewusst statt dem<br />

Weiss des Gipses wählte. Durch Pigmentund<br />

Bindemittelanalysen, ausgeführt am<br />

SIK Zürich und an <strong>der</strong> HKBE (Hochschule<br />

<strong>der</strong> Künste Bern), konnte die originale blaue<br />

Farbschicht analysiert werden.<br />

Durch die eigens vor Ort installierte<br />

Röntgenanlage <strong>der</strong> Empa (Eidgenössische<br />

Materialprüfungs- und Forschungsanstalt)<br />

Zürich wurden Innenleben und Materialaufbau<br />

durchleuchtet und von den Restauratoren<br />

ausgewertet.<br />

Restaurierung ist die Kunst, Kunst zu erhalten.<br />

Die Zeit hinterlässt ihre Spuren an<br />

Kunstwerken. In <strong>der</strong> Fondation Beyeler arbeitet<br />

im Bereich Restaurierung seit 2001 ein<br />

Team unter <strong>der</strong> Leitung von Restaurator Markus<br />

Gross. Die Restaurierung von Werken ist<br />

eine wissenschaftliche Disziplin, die neue<br />

Untersuchungsmethoden mit umfassend historischen<br />

Kenntnissen verbindet und zum<br />

Teil nahezu detektivische Arbeit leistet.<br />

Die Fondation BNP Paribas Suisse engagiert<br />

sich seit über 20 Jahren für die Restaurierung<br />

von Kunstwerken in Europa, Asien<br />

und den USA mit dem Anliegen aktiv daran<br />

mitzuwirken, dass Museumsbestände erhalten<br />

bleiben und so an zukünftige Generationen<br />

weitergegeben werden können. In <strong>der</strong><br />

Schweiz hat sie bereits über ein Dutzend Projekte<br />

geför<strong>der</strong>t, die dem Erhalt bedeuten<strong>der</strong><br />

Werke von <strong>Max</strong> <strong>Ernst</strong>, Mattia Preti, Auguste<br />

Rodin, Bram van Velde und Paolo Veronese<br />

galten. Bis 2014 setzt sie das Restaurierungsprojekt<br />

mit <strong>der</strong> Fondation Beyeler fort,<br />

das Arbeiten an insgesamt drei Werken <strong>der</strong><br />

Sammlung umfasst. Die nächste und dritte<br />

Restaurierung wird sich einem <strong>der</strong> Hauptwerke<br />

<strong>der</strong> Sammlung Beyeler widmen, dem<br />

Gemälde von Henri Rousseau Le lion, ayant<br />

faim, se jette sur l’antilope (1898/1905).<br />

Ein König wird untersucht: Röntgenaufnahme <strong>der</strong> Skulptur, The King Playing with the Queen, 1944 (Der König spielt mit seiner Königin)<br />

15<br />

<strong>Artinside</strong>

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