aktuell 02/13 - vbw
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<strong>aktuell</strong> <strong>02</strong>/<strong>13</strong><br />
Sinnvoll räumen<br />
Nach der Mittagspause ging Dr. Stefan<br />
Roth, Justiziar beim VdW Verband bayerischer<br />
Wohnungsunternehmen e.V., auf<br />
die Mietrechtsreform und ihr neues Prozessrecht<br />
ein. Seinen Vortrag hatte er mit<br />
der Headline überschrieben: „Steine im<br />
Brotteig?“. Er richtete den Blick insbesondere<br />
auf die Sicherungsanordnung,<br />
die Berliner Räumung und die Räumung<br />
gegen unbekannte Dritte. „Die Zivil prozessord<br />
nung sieht zwei Stufen vor: erstens<br />
das Erkenntnisverfahren und zweitens<br />
das Voll streckungsverfahren“, begann<br />
Roth seinen Vortrag. Zu den Erkenntnisverfahren<br />
zähle die Sicherungsanordnung.<br />
„Sie wird amtlich folgendermaßen begründet:<br />
Die Sicherungsanordnung mindert<br />
den Anreiz, den Zivilprozess als Instrument<br />
zu missbrauchen und den Ausgleich<br />
einer berechtigten Geldforderung<br />
zu verzögern“, so Roth. Er ging auf die<br />
Kriterien, die Beweismittel und die Probleme<br />
der Sicherungsanordnung ein.<br />
Die Räumungsvollstreckung erfolgt im<br />
Sinne des klassischen Verfahrens durch<br />
den Gerichtsvollzieher; der Vollstreckungsauftrag<br />
umfasst hier sowohl die Herausgabe<br />
als auch die Räumung der Wohnung.<br />
Anders bei der „Berliner“ Räumung;<br />
hier erstreckt sich der Vollstreckungsauftrag<br />
nur auf die Herausgabe der Wohnung,<br />
während die Gegenstände des<br />
Mieters in der Wohnung verbleiben. Der<br />
Ver mieter hat selbst für die Räumung<br />
durch Verwahrung oder Verwertung zu<br />
sorgen. Die Vollstreckung wird dadurch<br />
wesentlich kostengünstiger und auch<br />
schneller. Nach der Mietrechtsreform ist<br />
auch die schnelle Räumung gegen bislang<br />
unbekannte Dritte einfacher möglich.<br />
„Bei der Räumung von Wohnraum<br />
gegen bislang unbekannte Dritte ist keine<br />
Klage mehr erforderlich; die Herausgabe<br />
der Wohnung kann durch eine<br />
einstweilige Verfügung erwirkt werden.<br />
Die „Bewohner“ der gekündigten Räumung<br />
müssen dem Vermieter bei Erwirken<br />
des Räumugungstitels tatsächlich unbekannt<br />
gewesen sein, was er auch im Verfügungsantrag<br />
glaubhaft zu machen hat.<br />
Die Rechtsbeziehung zwischen Mieter und<br />
Drittem spielt dabei keine Rolle. „Dies<br />
schafft eine deutliche Erleichterung in der<br />
Praxis“, beendete Roth seinen Vortrag.<br />
WEG-Recht<br />
Rechtsanwalt Stephan Volpp von der Anwaltskanzlei<br />
Bächle, Riedinger, Kehrer &<br />
Kollegen beleuchtete anschließend <strong>aktuell</strong>e<br />
WEG-Entscheidungen. Im ersten Teil seines<br />
Vortrags ging er dabei auf die Rechtsprechung<br />
des Bundesgerichtshofs ein. Das<br />
Spektrum reichte hier von der Aufhebung<br />
der Kostenbefreiung über die Tagesmutterentscheidung<br />
bis hin zu Sondervergütungen<br />
und den Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
bei Beschlussfassung. Im zweiten Teil<br />
legte er den Fokus auf die Rechtsprechung<br />
zur Verwalterhaftung und insbesondere<br />
auf die Urteile der Landgerichte zu den<br />
Prozesskosten, die im Paragraph 49 Abs.<br />
2 des WEG geregelt sind.<br />
Bauvertragsrecht?<br />
Über die Frage: „Löst ein eigenständiges<br />
Bauvertragsrecht die Probleme des Bauund<br />
Werksvertragsrecht, wie sie der Koalitions<br />
vertrag lokalisiert hat?“, sprach Rechtsanwalt<br />
Oliver Lutz, Leiter der Rechtsabteilung<br />
im <strong>vbw</strong>. Die Bundesregierung<br />
habe dazu eine Arbeitsgruppe „Bauvertragsrecht“<br />
eingesetzt, die aus Teilnehmern<br />
der Bundesministerien, der Justizverwaltungen,<br />
der Verbände und weiterer<br />
Experten aus der Wissenschaft bestand.<br />
Lutz war für den GdW selbst Mitglied der<br />
Arbeitsgruppe. „Die Arbeitsgruppe sollte<br />
Problembereiche identifizieren, einen gesetzgeberischen<br />
Handlungsbedarf prüfen<br />
und Vorschläge für gesetzgeberische Maßnahmen<br />
erarbeiten“, sagte Lutz. Es sei ein<br />
Abschlussbericht ent standen, der dem Gesetzgeber<br />
Empfehlungen vorlegt. „Der<br />
Abschlussbericht und die Handlungsempfehlungen<br />
beinhalten nur partielle Änderungsvorschläge,<br />
ein einheitliches Bauvertragsrecht<br />
ist nicht gelungen“, so Lutz.<br />
Lutz sagte, dass die Vorschläge der Arbeitsgruppe<br />
insgesamt sehr ausgewogen ausgefallen<br />
seien. Die überzogenen Forderungen<br />
der Verbraucherverbände hätten<br />
sich nicht durchgesetzt, insbesondere nicht<br />
in Bezug auf zusätzliche Sicherungsmittel<br />
im Bereich der Bauträgerverträge. „Ein einheitliches<br />
und in das Bürgerliche Gesetzbuch<br />
integriertes Bauvertragsrecht wird<br />
es auch in absehbarer Zeit nicht geben“, ist<br />
Lutz überzeugt. Es sei aber nicht absehbar,<br />
welche Vorschläge im Zuge der kommenden<br />
Legislaturperiode umgesetzt werden.<br />
Ein Ausblick<br />
Abschließend gab Verbandsdirektorin<br />
Sigrid Feßler einen Aus- und Überblick<br />
über die <strong>aktuell</strong>en Rechtsentwicklungen.<br />
Sie ging dabei auf sechs große Themenblöcke<br />
ein: Energetische Themen, die Novellierung<br />
der Landesbauordnung Baden-<br />
Württemberg, die Novellierung des Wassergesetzes<br />
Baden-Württemberg, die<br />
Mie trechtsreform 20<strong>13</strong>, die Novellierung<br />
des Genossenschaftsgesetzes sowie die<br />
Akti-enrechtsnovelle 2012. „Die mittlerweile<br />
beschlossene EU-Energieeffizienzrichtlinie<br />
2012 hat für die Wohnungswirtschaft<br />
derzeit nur wenig konkrete Forderungen.<br />
Allerdings sind die Mitgliedsstaaten<br />
aufgefordert, Strategien zu entwickeln,<br />
wie bis zum Jahr 2050 insgesamt 80 Prozent<br />
Energie im Gebäudebereich eingespart<br />
werden kann“, sagte Feßler. In dem novellierten<br />
Energieeinsparungsgesetz 20<strong>13</strong><br />
(EnEG) macht sich dies unter anderem<br />
bereits mit der Forderung nach dem Niedrigstenergiehausstandard<br />
ab 01.01.2<strong>02</strong>1<br />
bemerkbar. Die Novellierung der Energieeinsparverordnung<br />
2012 (EnEV) ist noch<br />
nicht abgeschlossen. In dem Entwurf sind<br />
für den Gebäudebestand keine Verschärfungen<br />
vorgesehen. „Der Primärenergiebedarf<br />
bei Neubauten soll allerdings in<br />
zwei Schritten um insgesamt 25 Prozent<br />
bis 2016 gesenkt werden“, sagte Feßler<br />
und ging auch auf die Details für die<br />
Energieausweise ein. Sodann berichtete sie<br />
über die Eckpunkte der vorgesehenen Novellierung<br />
des Erneuerbare Wärmegesetzes<br />
Baden-Württemberg (EWärmeG BW).<br />
In Bezug auf die Novellierung der Landesbauordnung<br />
ging Feßler unter anderem<br />
auf die nahezu schon beschlossene Rauchwarnmelderpflicht<br />
in Bestandsgebäuden,<br />
die vorgesehenen Regelungen zu Fahrradstellplätzen<br />
und die Möglichkeit, KfZ-Stellplätzen<br />
in Fahrradabstellplätze umzuwandeln,<br />
ein. Sie sagte: „Auch der vorgesehenen<br />
Einschränkung des Kennt nisgabeverfahrens<br />
steht der <strong>vbw</strong> kritisch gegenüber,<br />
da die Vergangenheit gezeigt<br />
hat, dass es in vielen Fällen das Bauen<br />
schneller, kostengünstiger und ein facher<br />
macht“. Feßler berichtete über den Stand<br />
der Fristen zur erstmaligen Überprüfung<br />
der Dichtigkeit von privaten Abwasserleitungen,<br />
die nach der Novellierung im<br />
Wassergesetz Baden-Württemberg festgeschrieben<br />
sein sollen. Bislang liege jedoch<br />
nur ein erster Entwurf vor. „Die Novellierung<br />
der Insolvenzordnung hat den<br />
Bundestag und Bundesrat passiert. Dies<br />
ist ein Erfolg, denn nun wird in das Genossenschaftsgesetz<br />
ein neuer Paragraph<br />
67c aufgenommen, unter dem die Kündigung<br />
der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft<br />
sowohl durch den<br />
Insolvenzverwalter als auch durch den<br />
Gläubiger ausgeschlossen ist, wenn das<br />
Ge schäfts guthaben des Mitglieds nicht<br />
höher als das Vierfache des monatlichen<br />
Nettonutzungsentgelts oder höchstens<br />
2.000 Euro beträgt“, sagte Feßler.<br />
Frau Feßler dankte im Schlusswort der<br />
AWI für die Organisation sowie allen Referenten,<br />
insbesondere Beate Heilmann,<br />
die die Tagung moderiert hatte und wies<br />
auf den nächsten Karlsruher Rechtstag<br />
am 3. Juli 2014 hin.<br />
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