Jahresbericht 2011 - Institut für Versicherungsbetriebslehre - Leibniz ...
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EURAT: Interdisziplinäre Forschung über ethische, ökonomische und<br />
rechtliche Aspekte der Totalsequenzierung des menschlichen Genoms<br />
Martin Frank<br />
Der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt<br />
in der Erforschung des<br />
menschlichen Genoms stellt die<br />
Gesellschaft vor neue ethische, ökonomische<br />
und rechtliche Fragen. Hoffnungen und Befürchtungen<br />
werden dabei gleichermaßen<br />
öffentlich artikuliert.<br />
Einerseits sollen durch Genomanalysen das<br />
Verständnis der Krankheitsentstehung, Diagnose-,<br />
Präventions- und Therapiemöglichkeiten<br />
verbessert werden. Unter dem Schlagwort<br />
„personalisierte Medizin“ werden Bemühungen<br />
gebündelt, individuelle Krankheitsdispositionen<br />
oder Eigenschaften für die<br />
Verstoffwechslung von Arzneimitteln zu analysieren,<br />
in Therapien und präventiv in die<br />
Lebensführung einzubeziehen und dadurch<br />
auch den Einsatz von Medikamenten kosteneffizient<br />
zu optimieren.<br />
Die Genomforschung bedingt aber auch verschiedenartige<br />
Problemfelder. Eine Sorge<br />
besteht bspw. darin, die Genomforschung<br />
könne genetische Diskriminierung bewirken,<br />
etwa im Versicherungswesen oder in der<br />
Arbeitswelt. Da durch Genomanalysen<br />
Krankheitsdispositionen festgestellt werden<br />
können, ohne dass die Krankheit schon ausgebrochen<br />
ist, entsteht der neue Typus eines<br />
„kranken Gesunden“. Befürchtet wird, dass<br />
das Potential zur Stigmatisierung und Diskriminierung<br />
einer individuellen Person steigt.<br />
Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist<br />
ebenfalls der enorme Mitteleinsatz für diese<br />
Forschung zu hinterfragen.<br />
Seit November <strong>2011</strong> beschäftigt sich das<br />
IVBL mit ökonomischen Fragestellungen der<br />
Totalsequenzierung des menschlichen Genoms<br />
im Rahmen der Forschungsgruppe<br />
EURAT an der Universität Heidelberg, an der<br />
13 Forschungseinrichtungen unterschiedlicher<br />
Disziplinen beteiligt sind.<br />
EURAT verfolgt drei Ziele:<br />
1. Politikberatung und Erarbeitung von<br />
Stellungnahmen, die in Gesetzgebungsverfahren<br />
in Deutschland sowie in die internationalen<br />
Diskussionen um die Definitionen von<br />
Standards und Regelungen für diese Arbeitsfelder<br />
eingebracht werden sollen;<br />
2. Qualifizierung der Diskussion in der<br />
breiteren Öffentlichkeit um Chancen und Risiken<br />
dieser Forschung;<br />
3. Aufbau einer national und international<br />
sichtbaren Plattform in Heidelberg, auf<br />
der kontinuierlich und fächerübergreifend die<br />
betroffenen Wissenschaften an den normativen<br />
Fragen arbeiten, die durch die Forschung<br />
aufgeworfen werden.<br />
Ein derzeitiges Arbeitsthema von EURAT<br />
sind Zufallsbefunde. Das IVBL untersucht<br />
hierbei ökonomische Auswirkungen zufällig<br />
entdeckter genetischer Dispositionen für bestimmte<br />
Erkrankungen für den potenziellen<br />
Patienten und das Gesundheitswesen.<br />
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