Journal 2010 - Ipaf
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Abgestürzt!<br />
Arbeitsunfälle durch Absturz in der<br />
Statistik der Berufsgenossenschaften<br />
von Jürgen Hildebrandt<br />
Die Berufsgenossenschaft Metall Nord-Süd<br />
erfasst in einer Statistik die Häufigkeit und<br />
Folgen von Absturzunfällen. Das Ziel der BG<br />
ist klar: Unfälle gilt es generell zu vermeiden –<br />
vor allem die durch Abstürze. Denn die sind<br />
besonders schwerwiegend.<br />
Wenn der Notarzt kommt: Mitarbeiter von kleineren Handwerksbetrieben<br />
leben, statistisch gesehen, gefährlicher als jene<br />
in Großunternehmen – Absturzunfälle sind häufiger. Bild: GP<br />
Das vor kurzem veröffentlichte Zahlenwerk untersucht sowohl<br />
die Anzahl solcher Arbeitsunfälle über einen Zeitraum<br />
bis 2007, als auch deren Vorkommen nach Absturzhöhe und<br />
Größe der Betriebe, in denen sie passiert sind. Nicht näher untersucht<br />
werden jedoch die Ursachen, denn diese erschließen sich<br />
oft nur bei genauerer Betrachtung jedes Einzelfalls. Während es<br />
für die BG primär um Kosten für Heilbehandlungen, Reha-Maßnahmen<br />
oder Renten geht, sind es für die Betroffenen einzelne<br />
menschliche Schicksale – das muss man sich bei allen statistischen<br />
Zahlen, Kurven und Tabellen immer vor Augen halten.<br />
Vom Sturz zum Absturz<br />
Zunächst werden die Definitionen festgelegt: Als Absturz bezeichnet<br />
und erfasst die BG einen Sturz mit einem Höhenunterschied<br />
von mindestens einem Meter zwischen dem ursprünglichen<br />
Standort und der so genannten ‚Auftrefffläche‘ – also in den<br />
meisten Fällen das Bodenniveau. Alle Unfälle unter einem Meter<br />
Höhenunterschied werden demnach als ,Sturz‘ eingeordnet.<br />
Tödliche Absturzunfälle nach Höhe (2004 – 2006, N=255)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
7<br />
= 2,7 %<br />
keine<br />
Angabe<br />
41<br />
= 16 %<br />
weniger als<br />
3 Meter<br />
21<br />
= 8,2 %<br />
3 – 4<br />
Meter<br />
UNFALLGESCHEHEN<br />
Bei der Untersuchung des Zeitraumes von 2005 bis 2007<br />
wird deutlich, dass die Zahl der gemeldeten Arbeitsunfälle insgesamt<br />
zugenommen hat, der Anteil der Absturzunfälle daran<br />
mit ca. 6,5 Prozent aber nahezu unverändert ist. Das ist im Grunde<br />
die gute Nachricht. Erschreckend wirken die Zahlen aber,<br />
wenn man feststellt, dass von den Absturzunfällen im Bereich<br />
aller Berufsgenossenschaften – also nicht nur im Sektor Metall –<br />
zwischen 17 und 19 Prozent tödlich verlaufen! Das ist nahezu jeder<br />
fünfte. Eine mögliche Begründung dafür liefert die Selektion<br />
der Unfälle nach der Absturzhöhe: Die meisten (fast 40 %) ereignen<br />
sich im Höhenbereich zwischen 5 und 10 Metern – eine Höhe,<br />
die in ihrer Gefährlichkeit wohl unterschätzt wird, in der auf<br />
jeden Fall mit mindestens schwersten oder eben auch tödlichen<br />
Verletzungen zu rechnen ist.<br />
Absturzunfall ist typisch<br />
Nach Ansicht der BG ist der Absturz der ,typische schwere Baustellenunfall‘<br />
und belegt mit über 55 Prozent den Spitzenplatz<br />
unter den tödlichen Arbeitsunfällen. Insofern ist klar, dass diesem<br />
die besondere Aufmerksamkeit gilt und auch in Zukunft<br />
gewidmet werden muss. Statistisch gesehen gehören Berufsgruppen<br />
wie Dachdecker, Gerüstbauer oder auch Zimmerer zu<br />
den besonders gefährdeten.<br />
Interessant ist auch die Unterscheidung nach der Größe des<br />
Betriebes, in denen diese Unfälle passieren: Der ,Löwenanteil’<br />
mit ca. 35 Prozent ereignet sich in Betrieben mit weniger als<br />
neun Mitarbeitern, also im klassischen Handwerksbetrieb oder<br />
kleinen Produktionsunternehmen. Großunternehmen mit zweihundert<br />
bis tausend Mitarbeitern kommen zusammen nur auf<br />
etwa 15 Prozent, spielen also demgegenüber nur eine geringe<br />
Rolle. Ein Indiz dafür, dass hier die Arbeitsabläufe in der Regel<br />
besser organisiert und sicherheitsbewusster ablaufen? Möglich<br />
– sicher ist aber auch, dass kleinere Betriebe wenig Verwaltungs-<br />
und Aufsichtspersonal haben, nahezu die ganze Belegschaft<br />
ist auf Baustelle aktiv, also potenziell auch gefährdet.<br />
Aber auch positive Tendenzen zeigt die Untersuchung auf:<br />
Die Zahl der durch die Folgen von Absturzunfällen zugesprochenen<br />
Unfallrenten ist im betrachteten Zeitraum (seit 1993)<br />
nahezu permanent zurückgegangen. Das könnte darauf hindeuten,<br />
dass bei den Unfallopfern durch bessere medizinische<br />
Versorgung weniger Behinderungen zurückbleiben. Für alle Beteiligten<br />
jedoch kein Grund, sich zurückzulehnen, denn nach<br />
wie vor gilt: Jeder Unfall ist einer zuviel!<br />
24<br />
= 9 %<br />
4 – 5<br />
Meter<br />
100<br />
= 39,2 %<br />
5 – 10<br />
Meter<br />
<strong>Journal</strong> für den sicheren und effektiven Umgang mit Arbeitsbühnen <strong>2010</strong><br />
62<br />
= 24,3 %<br />
über<br />
10 Meter<br />
Einsatz von PSA gA Quelle: BAUA, Wolfgang Rösch<br />
15<br />
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