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MICHAEL WEINRICH: Calvin und die an<strong>de</strong>re Ökumene 2<br />
nahmen, Eitelkeit, elen<strong>de</strong>s Aufgespreize von NebensÖchlichkeiten,<br />
fehlen<strong>de</strong>s Augenmaá, Unempfindlichkeit und aufgeblasenes<br />
Pathos zu bahnen hatte. Dass auch Pfarrern eigenwilliger Profilierungsdrang,<br />
EifersÅchtelei und kurzsichtige KleinkrÖmerei nicht<br />
grundsÖtzlich fremd sind, kÜnnen wir, wenn wir das GlÅck haben<br />
sollten, es noch nicht selbst erfahren zu haben, hier in Frankfurt<br />
im 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt in bedrÖngen<strong>de</strong>r Weise studieren. Insgesamt<br />
ist in dieser Hinsicht die Quellenlage so erdrÅckend, dass es keine<br />
kÅhne These ist, wenn <strong>de</strong>r ganze nachreformatorische Konfessionalismus<br />
nicht <strong>de</strong>r Theologie, son<strong>de</strong>rn diesem Konto menschlicher<br />
Eigenwilligkeit und Missgunst zur Last geschrieben wird 4 .<br />
Frankfurt ist da nur ein Beispiel allen dort gegebenen guten Voraussetzungen<br />
zum Trotz.<br />
Bekanntlich hatte Frankfurt seit 1554 nach <strong>de</strong>m Tod <strong>de</strong>s KÜnigs<br />
von England Edward VI FlÅchtlinge aus England – Wallonen,<br />
Flamen und EnglÖn<strong>de</strong>r – aufgenommen. Sie bil<strong>de</strong>ten dort<br />
eigene Gemein<strong>de</strong>n, auf welche die heutigen <strong>reformiert</strong>en Gemein<strong>de</strong>n<br />
in Frankfurt und Hanau zurÅckgehen. Die politisch<br />
weitsichtige GroázÅgigkeit <strong>de</strong>r Stadt Frankfurt, die auf eine Union<br />
perspektiviert war, konnte es allerdings nicht verhin<strong>de</strong>rn, dass sich<br />
die unterschiedlichen Gemein<strong>de</strong>n untereinan<strong>de</strong>r allzu bald in<br />
rechthaberisches und bockbeiniges GezÖnk verhakelten – eifernd<br />
angefacht von auáen, dann aber auch selbst leichtfertig und risikofreudig,<br />
um nicht zu sagen selbstgefÖhr<strong>de</strong>nd kurzsichtig, mit<br />
immer neuem Brennstoff versorgt, so dass es auch nicht ohne<br />
schmerzliche Explosionen abging.<br />
Zweimal war Calvin willkommener Gast in Frankfurt. Das erste<br />
Mal kam er 1539, lange bevor es dort die FlÅchtlingsgemein<strong>de</strong>n<br />
gab, um sich bei <strong>de</strong>n dort (zum Schmalkaldischen Bun<strong>de</strong>stag) versammelten<br />
FÅrsten fÅr die bedrÖngten franzÜsischen Glaubensgenossen<br />
einzusetzen. Der eigentliche Erfolg dieses Besuches war<br />
aber die Freundschaft, die Calvin bei dieser Gelegenheit mit Me-<br />
4<br />
Zu Recht hebt Chr. Strohm hervor: „Die bald einsetzen<strong>de</strong> Konfessionalisierung hat<br />
die bleiben<strong>de</strong> NÖhe Calvins zu Luther ver<strong>de</strong>ckt.“ (Johannes Calvin. Leben und<br />
Werk <strong>de</strong>s Reformators, MÅnchen 2009, 106) Die These, dass sich diese KonsensualitÖt<br />
auch im VerhÖltnis <strong>de</strong>s Calvinismus zum tri<strong>de</strong>ntinischen Katholizismus <strong>de</strong>r frÅhen<br />
Neuzeit feststellen lasse, (so Strohm, ebd., 115), scheint mir dagegen recht kÅhn<br />
zu sein. J.T. McNeill stellt fest, dass Calvin zu neun Zehnteln ein Lutheraner war;<br />
vgl. Calvin as an Ecumenical Churchman, in: Church History 32 (1963), 379–391,<br />
384.<br />
Datei: Vorträge / Calvin und die an<strong>de</strong>re Ökumene.doc / Bearbeitung: 28. Okt. 2009 / Druck: 31.10.2009 /22:43.