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MICHAEL WEINRICH: Calvin und die andere Ökumene 26 Es kommt also entscheidend auf das Bekenntnis zu der von Gott erwÖhlten Kirche an. Dieses ist der Trost des Glaubens, um von dem, was wir sehen, nicht in allzu berechtigte Zweifel gezogen zu werden. Calvin drÅckt es so aus: „Mag nun auch solche traurige Äde, wie sie uns von allen Seiten entgegentritt, mit lauter Stimme zu bezeugen scheinen, es sei von der Kirche nichts mehr Åbrig, so sollen wir doch wissen, daá Christi Tod seine Frucht trÖgt und daá Gott seine Kirche auf wundersame Weise gleichsam in dunkler Verborgenheit bewahrt.“ 69 Wenn es um die wahre Kirche geht, „so muá man Gott allein die Erkenntnis seiner Kirche Åberlassen, deren Fundament ja seine verborgene ErwÖhlung ist.“ 70 Es war immer nur zum Verderben der Kirche, wenn sie sich dazu autorisiert gefÅhlt hat, den Weizen von der Spreu zu trennen. Auf der anderen Seite darf kein Zweifel daran bestehen, eben dieser wahren Kirche anzugehÜren, und so bekennen wir es jeden Sonntag in unserem Glaubensbekenntnis, denn – so schreibt Calvin – „wenn wir nicht mit allen Åbrigen Gliedern zusammen unter unserem Haupte, Christus, zu einer Einheit zusammengefÅgt sind, so bleibt uns keine Hoffnung auf das ZukÅnftige Erbe.“ 71 Was wir bekennen, ist – wie gesagt – die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Die vier Attribute der wahren Kirche – Einheit, Heiligkeit, KatholizitÖt (UniversalitÖt) und ApostolizitÖt – gehÜren zusammen und ergÖnzen sich gegenseitig. Das Bekenntnis zur ZugehÜrigkeit zu dieser wahren, von Gott berufenen Kirche, zu dieser „Gemeinschaft der Heiligen“, macht uns zu friedliebenden und sammelnden Gliedern der sichtbaren Kirche, in der es nach KrÖften eben diese Einheit des Leibes Christi zu bezeugen gilt. Und Calvin bekennt: Es wÖre „doch wunderlich, wenn Christus, den wir als unsern Frieden preisen, der aller Fehd’ ein Ende gemacht und Gott im Himmel uns gnÖdig gestimmt hat, nicht auch das bewirkte, daá wir auch auf Erden brÅderlich Frieden halten.“ 72 Damit zeigt sich nun das, was ich die andere Äkumene genannt habe: Einheit ist nicht nur ein essentieller Teil unseres Glaubens- 69 70 71 72 Inst. IV 1,2 (âbers. O. Weber; s. Anm. 15). Inst. IV 1,2 (âbers. O. Weber; s. Anm. 15). Inst. IV 1,2 (âbers. O. Weber; s. Anm. 15). 05.01.1556 – Schwarz II, 129. Datei: Vorträge / Calvin und die andere Ökumene.doc / Bearbeitung: 28. Okt. 2009 / Druck: 31.10.2009 /22:43.
MICHAEL WEINRICH: Calvin und die andere Ökumene 27 bekenntnisses, sondern sie vollzieht sich auch in unserem gemeinsamen Bekennen zu Christus als dem Haupt seines Leibes. Es ist das Bekenntnis zu Gott, durch das wir Åber unsere Selbstfixierung hinauswachsen. Das war genau die Erfahrung von Barmen. Wenn die Kirche ihre tatsÖchliche SchwÖche realisiert – und es tÖte ihr gut, dies in aller NÅchternheit von Zeit zu Zeit zu tun –, gehen alle SelbstbekrÖftigungsversuche unweigerlich daneben, solange sie sich nicht zu der unerschÅtterlichen Verheiáung der von Gott immer schon berufenen, bewahrten und weiterhin begleiteten Kirche bekennt. Die andere Äkumene von Barmen bestand darin, dass die dort versammelten Kirchen mit unterschiedlichen Bekenntnissen erkannt haben, dass es jenseits ihrer BekenntnisstÖnde noch etwas zu bekennen gibt, worauf es im Entscheidenden ankommt. Diese Einheit der Kirche offensiv und Åber all unsere geschichtlichen KirchentÅmer hinaus zu bekennen, ist die Kraft der anderen Äkumene, ohne die unsere Äkumene ihre Orientierung verliert. Mit Calvin gesprochen gilt es auch hier an das „Feldzeichen“ zu erinnern, von dem allein tragfÖhige Orientierung zu erwarten steht. Ohne die klare Benennung der fundamentalen theologischen Herausforderung der Äkumene wird sie in all ihrer GeschÖftigkeit nicht wirklich Åber den rÅckwÖrtsgewandten Traditionsabgleich hinauskommen, dessen fade Produkte von immer weniger noch als wirklich genieábar angesehen werden, weil die inzwischen un- Åbersichtlich gewordene Liste von all den verwandten Zutaten auf der Packung inzwischen mehr sagt als tatsÖchlich noch zu schmecken ist. Es ist die Chance der Krise der Äkumene, sich hier neue Orientierung angedeihen zu lassen. 5. Äkumene und Kirche – Eine Schlussbemerkung Von zweierlei Äkumene ist die Rede gewesen: von unserer Äkumene, die wir zu gestalten haben, weil sie uns und unser Leben in der Kirche meint, und von der anderen Äkumene, die in der gnÖdigen Zuwendung Gottes liegt und uns nicht nur zu unserer Äkumene verpflichtet, sondern eben auch ermutigt und befÖhigt. Bei Calvin, der den Begriff der Äkumene nicht verwendet, wird das Thema unter dem Begriff „katholisch“ abgehandelt: „Deshalb heiát die Kirche ‚katholisch’ oder ‚allgemein’; denn man kÜnnte nicht zwei oder drei ‚Kirchen’ finden, ohne daá damit Christus in Datei: Vorträge / Calvin und die andere Ökumene.doc / Bearbeitung: 28. Okt. 2009 / Druck: 31.10.2009 /22:43.
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