BOGART 22 (BeOurGuestARTist)
Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic
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Wenn dem Führer gleich im Prolog der Porno-Balken weggeballert wird und seine<br />
Getreuen für die "Waldkirmes-Klinik am Pipikackasee" initialisiert werden,<br />
bekommt man in Deftigkeit von Zeichnung und Dialog schon einen sanften Vorgeschmack<br />
des dritten Comics der Gießener Gebrüder Wladimir (Text) und Wadim Reis<br />
(Illustration) nach Entwerferrikus und The Last Path (s.a. <strong>BOGART</strong> 19 und 16).<br />
Ihr "BRAIN BURNER"-Burger ist satt garniert mit "Alk, Kippen und Kondomen", was den<br />
sexistischen Verbalattacken der ProtagonistInnen und dem "ficktiefen" schwarz-weiß Szenario<br />
zugute kommt... Also Shit für Hirnverbrannte Immerhin werden so existentielle Fragen<br />
aufgeworfen, ob die Koalition zwischen CSU und ORKS verhindert werden kann oder<br />
es Frankenstein gelingt, die FDP zu reanimieren. Und immerhin weiss Bonni, dass sie ohne<br />
Höschen bessere Noten auf der "Magischen-Mädchen-<br />
Schule" bekommen hätte...<br />
Ironie, Sarkasmus und Satire vs. Moral, Anstand und<br />
Maut spiegeln ein scheinbar undurchsichtiges Sittenbild<br />
der heutigen () oder einer zukünftigen Zivilisation wider,<br />
was jeder für sich in diesem Epos erschließen kann. Und<br />
wer sich verarscht fühlt, geht einfach mit in den "Hansi-<br />
Hinternseher-Wald"...<br />
Teil 1 von 3 des 44seitige Albums "BRAIN BURNER" erscheint<br />
jetzt in der zweiten KIBUN MANGA & MOOD<br />
COMIX - Anthologie des Künstlerkollektivs NEXT DIeMEN-<br />
SION, dem auch der Gießener Comiczeichner und Illustrator<br />
Artur Frank (s.a. <strong>BOGART</strong> 20) angehört.<br />
Kibun Manga &<br />
Mood Comix Reihe<br />
(Band. 2):<br />
Daniel führt seinen Weg der<br />
Zerstörung weiter fort (Hammer<br />
on Karma), Sora stellt sich seinen<br />
Gegnern das erste Mal auf dem<br />
Rücken eines Drachen (Black<br />
Dragon) und der junge Ming<br />
macht in seiner Gefängniszelle<br />
eine mysteriöse Bekanntschaft<br />
(Coin Guard).<br />
Brandneu:<br />
• Die Ballade der Unendlichkeit<br />
(von Bergkristall)<br />
• Brain Burner (von Wadim Reis)<br />
Zusatzmaterial:<br />
Der Künstler paTTTy von NEXT<br />
DIeMENSION deckt auf und<br />
erklärt wie man Soundwords<br />
in japanisch für seinen eigenen<br />
Comic herstellen kann.<br />
Bastler fi nden Origami-Anleitungen<br />
für den eigenen Papierschwan.<br />
Dazu:<br />
Rätsel, Ausmalbilder und<br />
Gewinnspiele<br />
Softcover (4farbig)<br />
DIN A5, 280 Seiten<br />
7,50 € im Webshop<br />
ned-press.de<br />
Fortsetzung: Guy Paellert (1939-2008) gestaltete<br />
in einem zitatgespickten, snobistisch-ironischen<br />
Pop Art-Stil die »Abenteuer«<br />
von Jodelle (66) und Pravda (68); beides<br />
überbordende Manifestationen der Comic-<br />
»Befreiung« von Genre und stringenter Narration.<br />
In Italien lieferte der geniale Guido Crepax<br />
(1933-2003) seine ambivalente Valentina ab.<br />
Zuerst scheinbar ein SFStreifen, entpuppte<br />
sich die Story als ein höchst geistreiches er-<br />
Von Altamira bis Entenhausen -<br />
COMICS: Erscheinungsbilder einer<br />
populären Kunstform<br />
zählerisches und grafisches Vexierspiel. Eine<br />
spröde Kontur ein heftiges Helidunkel sowie<br />
die trendsetzende Bildmontage lassen noch<br />
heute Valentina herausragen; die Idiome der<br />
60er werden kaleidoskopartig aufgezählt. Der<br />
1933 geborene Crepax († 2003) setzte später<br />
erotische (Welt-)Literatur in gleicher Formfolie<br />
um.<br />
Aus Italien stammt auch der mittlerweile hymnisch<br />
besungene Hugo Pratt (1928-95), der<br />
vor allem seit den Spät-60ern durch sein Monumentalwerk<br />
Corto Maltese berühmt wurde.<br />
Pratt erzahlt darin mit ruppiger Kontur und<br />
expressionistischer Binnenausformulierung<br />
die Abenteuer eines weltwandernden Matrosen<br />
"ohne Schiff" im ersten Viertel dieses Jahrhunderts.<br />
Episch breit, verwendet auch Pratt<br />
gemischte Erzählebenen und entspinnt somit<br />
einen variablen Bild- und Erzählkosmos von<br />
außergewöhnlicher Qualität. Sein Stil wird<br />
sehr einflußreich und prägt nachwachsende<br />
Zeichnerinnen wie seine kompetente Landsmännin<br />
Anna Brandoli (*1945), die historische<br />
Stoffe mit festem Expressionismus bannt.<br />
Neben Pratt gehörte auch der Argentinier<br />
Alberto Brecchia (1919-93) zu den Wegbereitern<br />
"erwachsener" Comicepik. Sein in purem<br />
Expressionismus entworfener Streifen Mort<br />
Cinder (ab 62) beziffert explizit (in Poe' schem<br />
Geist) unbehagliche pandämonische Welten.<br />
Aber auch die flinkzüngige Gesellschafts- und<br />
Politsatire war ein "68er"-Ausfluß: In Frankreich<br />
lieferte die unnachahmliche Claire<br />
Bretécher (*1940) mit rissigem Strich Psychogramme<br />
der "68er"-Kämpfer zwischen Champagnermaoismus<br />
und hassgeliebter Konsumattitüde.<br />
Ihr teutonisches Pendant ist der<br />
ewig frische Clodwig Poth (1930-2004), der<br />
mit nervöskonturiger Feder die Dichotomien<br />
im Alltag der "Antibürgerlichen" aufspürt.<br />
Im franko-belgischen Milieu wären hier auch<br />
noch Comicstrategen wie Gerard Lauzier<br />
(1932-2008), Marcel Gotlieb (*1934), Jean Solé<br />
(*1948), Jean-Marc Reiser (1941-1983), berühmt<br />
für seine bewußt schlampig und "antiästhetisch"<br />
gezeichneten Sozialsatiren) oder<br />
Regis Franc (*1948) zu nennen.<br />
28 Bogart<br />
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