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Wandlungen des lyrischen Bildes in der Liebeslyrik

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E<strong>in</strong> Anspruch, <strong>der</strong> auf Dauer nicht e<strong>in</strong>zulösen war. Killy konstatiert, die romantische Chiffre<br />

betreffend:<br />

„Dem absoluten Gefühl ist die Natur nicht mehr selbst bedeutend: sie wird zur Chiffre <strong>der</strong><br />

persönlichen Empf<strong>in</strong>dung, die ke<strong>in</strong>e Grenze kennt. Die Bestimmtheit <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> löst<br />

sich ebenso auf wie diejenige <strong>der</strong> Person; das Bild hat nicht mehr auch äußerlich-<strong>in</strong>haltliche<br />

Bedeutung, son<strong>der</strong>n es wird vor allem zum Stimmungsträger. [...] So kommt es, daß das<br />

romantische Gedicht zumeist nicht nur mehr von e i n e m sich <strong>in</strong> Raum und Zeit entfaltenden<br />

Bilde lebt. Es reiht viele Bil<strong>der</strong>, Bil<strong>der</strong>fluchten ständiger Gemütsspiegelung, ohne<br />

Verweilen auf- und abkl<strong>in</strong>gend. Ke<strong>in</strong>e Figur wird festgehalten, vielmehr geht sie sogleich <strong>in</strong><br />

Seelenraum über.“ 55<br />

Grundlagentext zur Epoche Barock vom<br />

Bayerischen Rundfunk<br />

Auszug aus Novalis’ Neuen Fragmenten<br />

6 Me<strong>in</strong> Pferd für’n gutes Bild!<br />

<strong>Liebeslyrik</strong> He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>es<br />

19<br />

Romantik_Epoche.doc<br />

Novalis_Neue-Fragmente_Auszug.doc<br />

Der Verschleiß von Bil<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> Romantik, all <strong>der</strong> tausendfach <strong>in</strong> die poetische Schlacht<br />

geworfenen Blumen, Rehe, Nachtigallen, Monde usw., die heutige Leser unter dem E<strong>in</strong>druck<br />

epigonaler Nachwirkungen <strong>der</strong> Romantik als kitschig empf<strong>in</strong>den - wer vermöchte im<br />

21. Jahrhun<strong>der</strong>t noch „romantisch“ zu fühlen -, br<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>en Dichter am Ende <strong>der</strong> Epoche<br />

<strong>in</strong> Bedrängnis. Mit He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e fühlen wir ohne Mühe, wenn er ausruft: „E<strong>in</strong> Bild! E<strong>in</strong><br />

Bild! Me<strong>in</strong> Pferd für’n gutes Bild.“ 56<br />

Das auf <strong>der</strong> nächsten Seite wie<strong>der</strong>gegebene Gedicht <strong>des</strong> 26-Jährigen, vier Jahre vor dem<br />

»Buch <strong>der</strong> Lie<strong>der</strong>« <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Studienzeit entstanden, formal aus drei Sonetten<br />

bestehend, beg<strong>in</strong>nt mir e<strong>in</strong>em Paukenschlag: <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unverblümten Imperativ for<strong>der</strong>t das<br />

lyrische Ich das Du auf, Berl<strong>in</strong> den Rücken zu kehren, wegzugehen. Weg wovon? Von <strong>der</strong><br />

entzauberten Welt hegelschen Denkens; bei Hegel studiert He<strong>in</strong>e zu jener Zeit. Weg,<br />

woh<strong>in</strong>? Das Land, Indien, wird gleich im ersten Vers <strong>der</strong> zweiten Strophe genannt, doch<br />

damit nicht genug. Der Werbende zündet e<strong>in</strong> Feuerwerk beziehungsreicher Bil<strong>der</strong>, die<br />

se<strong>in</strong>e Auffor<strong>der</strong>ung stützen sollen, bunte Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Schönheit und dem Zauber <strong>des</strong><br />

exotischen Lan<strong>des</strong>, das zu jener Zeit bei den deutschen Gebildeten gerade sehr en vogue<br />

ist. Die Sprache er<strong>in</strong>nert an Goethes rund zwanzig Jahre älteres Mignon-Lied aus den<br />

»Lehrjahren«:<br />

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,<br />

Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,<br />

E<strong>in</strong> sanfter W<strong>in</strong>d vom blauen Himmel weht,<br />

Die Myrte still und hoch <strong>der</strong> Lorbeer steht,<br />

Kennst du es wohl?<br />

Dah<strong>in</strong>! Dah<strong>in</strong><br />

Möcht' ich mit dir, o me<strong>in</strong> Geliebter, ziehn!<br />

[...] 57<br />

55 Killy: <strong>Wandlungen</strong>, S. 27 f<br />

56 Neue Gedichte, Frie<strong>der</strong>ike 3, <strong>in</strong>: He<strong>in</strong>rich He<strong>in</strong>e: Werke und Briefe <strong>in</strong> zehn Bänden. Herausgegeben von<br />

Hans Kaufmann, 2. Auflage, Berl<strong>in</strong> und Weimar: Aufbau, 1972, S. 269 ff<br />

57 Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Goethe-HA Bd. 7, S. 145

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