Ein Kaffee-Rettungsplan - Oxfam
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Genaue Zahlen über die Gewinne dieser Unternehmen<br />
aus ihrem <strong>Kaffee</strong>geschäft sind schwer zu ermitteln,<br />
da der <strong>Kaffee</strong>bereich oft nur einen Teil der größeren<br />
Getränke- und Lebensmittelsparten der Konzerne<br />
darstellt und Zahlen nicht veröffentlicht werden.<br />
Warum diese Konzerne dennoch so sehr an ihren Spitzenumsätzen<br />
im <strong>Kaffee</strong>geschäft hängen, wird durch die<br />
<strong>Ein</strong>schätzungen von Marktanalytikern deutlich.<br />
<strong>Ein</strong>e vor zwei Jahren erstellte Marktanalyse über Nestlés<br />
Geschäft mit löslichem <strong>Kaffee</strong> konstatierte: „Martin<br />
Luther hat sich immer gefragt, was Leute im Himmel<br />
eigentlich tun. Für die Meisten in der hart umkämpften<br />
Nahrungsmittelindustrie dürfte das Nachsinnen über<br />
Nestlés Geschäft mit löslichem <strong>Kaffee</strong> das kommerzielle<br />
Äquivalent zu Luthers geistlicher Meditation sein.“ 48 Und<br />
bezogen auf den Marktanteil, die Umsätze und die<br />
Umsatzrenditen von Nestlé: „Nichts im Getränke- und<br />
Nahrungsmittelgeschäft ist auch nur annähernd so gut.“<br />
In dem Bericht wird geschätzt, dass Nestlé eine Umsatzrendite<br />
von durchschnittlich 26 % erzielt<br />
(26 Cent Gewinn von jedem Euro Verkaufserlös für<br />
löslichen <strong>Kaffee</strong>). 49 <strong>Ein</strong> anderer Analytiker schätzt diese<br />
Gewinnspanne noch höher ein – auf annähernd<br />
30 %. 50 Besonders ertragreich sind für Nestlé die<br />
reichen Märkte in Japan und UK.<br />
Röstkaffee ist weniger gewinnbringend als löslicher<br />
<strong>Kaffee</strong>, aber die Gewinne sind trotzdem enorm.<br />
Sara Lee verzeichnete dieses Jahr (2002) im Getränkebereich,<br />
der hauptsächlich aus <strong>Kaffee</strong> besteht, trotz<br />
harter Konkurrenz auf dem US-Markt immer noch<br />
eine Umsatzrendite von fast 17 %. 51<br />
<strong>Ein</strong> kurzer Blick auf die Zahlen in den anderen Getränke-<br />
und Nahrungsmittelbereichen zeigt deutlich, wie<br />
lukrativ die Gewinne in der <strong>Kaffee</strong>industrie sind. So<br />
erzielte beispielsweise die Heineken-Brauereigruppe<br />
in 2001 eine Umsatzrendite von etwa 12 %. Die Rendite<br />
von Sara Lee für 2002 im Bereich Fleisch- und Wurstdelikatessen<br />
lag unter 10 % 52 , für Brot und Backwaren<br />
sogar bei nur 5,5 %. Danone erzielte 2001 mit seinem<br />
Molkerei- und Joghurtgeschäft eine Umsatzrendite von<br />
11 %. Ganz klar ist <strong>Kaffee</strong>, insbesondere löslicher<br />
<strong>Kaffee</strong>, der Goldesel in dieser Branche.<br />
26<br />
Wie kann es sein, dass diese Rösterkonzerne derartige<br />
Gewinne einfahren, während die <strong>Kaffee</strong>bäuerinnen in<br />
einer tiefen Krise stecken? Die Konzerne profitieren<br />
gleich mehrfach: vom großen Volumen ihrer Rohkaffee-<strong>Ein</strong>käufe;<br />
von der Stärke ihrer Marken und Produkte;<br />
von ihrer Kostenkontrolle; von ihrer Fähigkeit,<br />
Röstungen aus verschiedenen Sorten zu mischen und<br />
zusammenzustellen; und von der Verwendung von<br />
Finanzierungsmethoden, die ihnen erhöhte <strong>Ein</strong>kaufsflexibilität<br />
verschaffen.<br />
• Die Macht der Marken<br />
Die berühmten Namen der führenden Marken erlauben<br />
es, Preise zu verlangen, die weit über den Herstellungskosten<br />
liegen. Die Unternehmen geben jedes<br />
Jahr viele Millionen aus, um das Image ihrer Marken<br />
zu pflegen und deren Bekanntheitsgrad zu steigern.<br />
Im Jahr 1999 flossen beispielsweise in UK 65 Mio.<br />
US$ allein in die Werbung für löslichen <strong>Kaffee</strong>, hauptsächlich<br />
für die Marken Nescafé, Kenco und Douwe<br />
Egberts. 53 Mit klar unterscheidbaren Marken können<br />
die großen Röster ihre Produkte durch Erscheinungsbild<br />
und Geschmack gegeneinander abgrenzen und<br />
vermeiden es dadurch, ausschließlich über den Preis<br />
miteinander zu konkurrieren.<br />
Die Stärke einer Marke verschafft den Rösterkonzernen<br />
zudem eine gute Verhandlungsposition gegenüber<br />
ihren <strong>Ein</strong>zelhandelskunden. Wie durchsetzungsfähig<br />
sie wirklich sind, stellt sich jedoch erst in den langen,<br />
harten und geheimen Verhandlungen zwischen Rösterkonzernen<br />
und <strong>Ein</strong>zelhändlern heraus. Denn die<br />
führenden <strong>Ein</strong>zelhändler – die großen Supermärkte –<br />
sind ebenfalls sehr mächtig; sie sind mittlerweile auf<br />
den profitablen Zug aufgesprungen und haben eigene<br />
<strong>Kaffee</strong>marken aufgebaut.<br />
In manchen Märkten, wie in Frankreich und Deutschland,<br />
übt der <strong>Ein</strong>zelhandel angeblich großen Druck auf<br />
die Röster aus, damit die Preise niedrig gehalten werden.<br />
Aber diesem Druck des <strong>Ein</strong>zelhandels auf die<br />
fünf großen Röster sind Grenzen gesetzt. Der <strong>Ein</strong>zelhandel<br />
weiß, dass die Verbraucherinnen erwarten, die<br />
klassischen Markenprodukte im Regal vorzufinden.