Ein Kaffee-Rettungsplan - Oxfam
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1. Die <strong>Kaffee</strong>krise<br />
Der <strong>Kaffee</strong>markt befindet sich in einer Krise, von der<br />
weltweit 25 Millionen <strong>Kaffee</strong>produzentinnen betroffen<br />
sind. Der <strong>Kaffee</strong>preis hat den tiefsten Stand seit 30<br />
Jahren erreicht, und die längerfristigen Aussichten<br />
sind düster. <strong>Kaffee</strong>produzentinnen in Entwicklungsländern,<br />
in der Mehrzahl arme Kleinbäuerinnen,<br />
müssen ihre <strong>Kaffee</strong>bohnen inzwischen zu einem Preis<br />
verkaufen, der weit unter den Produktionskosten liegt.<br />
Die <strong>Kaffee</strong>krise ist mittlerweile zu einer Entwicklungskatastrophe<br />
mit langandauernden Folgen geworden.<br />
Familien, die vom <strong>Kaffee</strong>anbau leben, müssen ihre<br />
Kinder, insbesondere Mädchen, von der Schule nehmen,<br />
können sich Grundmedikamente nicht mehr<br />
leisten und müssen am Essen sparen. Aber nicht nur<br />
<strong>Kaffee</strong>bäuerinnen, ganze Volkswirtschaften sind angeschlagen.<br />
Zahlreiche <strong>Kaffee</strong>händlerinnen sind ruiniert,<br />
und einige Banken geraten zunehmend in Schwierigkeiten.<br />
Regierungen, die maßgeblich auf die <strong>Ein</strong>nahmen<br />
aus dem <strong>Kaffee</strong>-Export angewiesen sind, müssen<br />
dramatische Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich<br />
vornehmen und haben kaum noch Geld<br />
für den Schuldendienst.<br />
Wenn es stimmt, dass die Globalisierung – dass der<br />
Handel – auch den Armen zugute kommen soll, dann<br />
darf der <strong>Kaffee</strong>markt die Armen nicht derart im Stich<br />
lassen, wie es gegenwärtig der Fall ist. Und dies muss<br />
auch nicht so sein.<br />
Krise? Welche Krise?<br />
Egal, auf welche größere <strong>Ein</strong>kaufsstraße in einem reichen<br />
Land man auch blickt, das Bild, das sich einem<br />
aufdrängt, ist das einer florierenden <strong>Kaffee</strong>industrie.<br />
In zentralster Lage locken schicke, neue <strong>Kaffee</strong>bars<br />
junge Leute zu einem Espresso, Latte Macchiato oder<br />
Cappuccino. Neuerdings gibt es auch Cafés in Buchhandlungen<br />
und Kaufhäusern, die mit ihrem <strong>Kaffee</strong>duft<br />
müde Kunden zum Verweilen verführen; und den<br />
Reisenden auf Bahnhöfen und Flughäfen offerieren<br />
zahlreiche <strong>Kaffee</strong>stände ein umfangreiches Angebot.<br />
6<br />
Auf den Vorstandsetagen der fünf größten <strong>Kaffee</strong>röster<br />
– Kraft, Nestlé, Procter & Gamble, Sara Lee und<br />
Tchibo – ist man zufrieden, die Geschäfte laufen auf<br />
Hochtouren. Mit ihren umsatzstarken Marken Maxwell<br />
House, Jacobs (beide Kraft), Nescafé (Nestlé), Folgers<br />
(Procter & Gamble), Douwe Egberts (Sara Lee) sowie<br />
Tchibo und Eduscho (beide Tchibo) kontrollieren diese<br />
fünf Giganten den <strong>Kaffee</strong>markt. Kraft – vom Philip<br />
Morris Tabak-Konzern kontrolliert – erzielte im Jahr<br />
2001 allein mit Getränken, Frühstücks-Cerealien und<br />
Desserts einen Gewinn von über einer Milliarde US$.<br />
Nestlés löslicher <strong>Kaffee</strong> – weltweit werden davon jede<br />
Sekunde etwa 3.900 Tassen getrunken – fährt derart<br />
hohe Gewinne ein, dass ein Investmentanalyst ihn als<br />
wirtschaftlich ‚himmlisch’ bezeichnete. 2 Bei Tchibo<br />
heißt es im Geschäftsbericht 2001, dass „der Konzernbereich<br />
<strong>Kaffee</strong> von einer günstigen Entwicklung der<br />
Rohstoffpreise profitierte“ und dadurch der Jahresüberschuss<br />
„überproportional“ um 47 % auf 181 Mio.<br />
Euro anstieg. 3<br />
Die Branche ist dermaßen lukrativ, dass es schockiert,<br />
wenn man erfährt, dass Millionen der Produzentinnen<br />
dieser scheinbar goldenen Bohnen in tiefer Armut<br />
leben. Die Verzweiflung der vielen von <strong>Oxfam</strong> befragten<br />
<strong>Kaffee</strong>bäuerinnen wird anschaulich von einem<br />
Bauern aus Uganda zusammengefasst:<br />
„Ich möchte, dass Du Deinen Leuten sagst, dass das<br />
Getränk, das sie gerade genießen, die Ursache aller unserer<br />
Probleme ist. Wir bauen <strong>Kaffee</strong> im Schweiße unseres<br />
Angesichts an und verkaufen ihn für nichts.“<br />
Lawrence Seguya, Mpigi District, Uganda,<br />
Februar 2002 4<br />
Die schwerwiegenden Probleme auf dem <strong>Kaffee</strong>markt<br />
sind beispielhaft für viele andere, für Entwicklungsländer<br />
lebenswichtige, Rohstoffmärkte. Die Bewältigung<br />
dieser Krise wird ein Test dafür sein, ob die Globalisierung<br />
und der durch sie geprägte Weltmarkt tatsächlich<br />
für die Armen funktionieren können.