ABSOLVENTEN BEGEISTERN - Sparkassenzeitung

M A N A G E R M A G A Z I N D E R S P A R K A S S E N - F I N A N Z G R U P P E 

Dubiose 

Spender 

Wie sich Missbrauch 

eindämmen lässt 

Die Farbe 

des Geldes 

Sparkassen verteidigen 

ihre Markenrechte 

ABSOLVENTEN BEGEISTERN 

Wie Personalmanager Siegbert Weissbrodt 

Akademiker für die DekaBank gewinnt 

ZKZ 6374 Sparkasse 

128. JAHRGANG – NUMMER 12 DEZEMBER 2011

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1956

MARKENPFLEGE 

Liebe Leserinnen 

und Leser 

Ob Porsche, Adidas oder Nivea – die 

Marken deutscher Unternehmen 

sind international stark gefragt, gerade 

auch in den aufsteigenden Schwellenländern. 

So verkauften deutsche Firmen 

2010 Waren im Wert von 100 Mrd. 

Euro in die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, 

Indien und China. Das war ein 

Drittel mehr als das Exportvolumen in 

die USA. 

Die Erfolge kommen nicht 

von ungefähr, starke Marken 

wollen aufgebaut, gepflegt 

und verteidigt werden. Hier 

allerdings haben nicht wenige 

deutsche Mittelständler 

auch Schwächen. Deren 

Produkte sind „Spitzenklasse, 

aber mit der Kommunikation 

der Marke und mit 

systematischer Kundenansprache 

ist es oft nicht so 

weit her“, sagt Niklas Schaffmeister, 

Geschäftsführer der 

Beratungsfirma Globeone, 

die 4000 Konsumenten in den BRIC- 

Staaten befragt hat. 

Immerhin können hier die Sparkassen 

unterstützend eingreifen. Sie 

versorgen die ins Ausland strebenden 

Firmenkunden mit Kontakten, Büroräumen 

und Beratung – dazu dienen 

etwa die German Centres, vielfältige 

Kooperationen mit Korrespondenzbanken 

oder auch, im Falle der Stadtsparkasse 

München, eine Messe „rund 

um alle Fragen zum internationalen 

Geschäft“ (lesen Sie ab Seite 28). 

Mit dem Bau und der Führung von 

Marken kennen sich die Sparkassen 

bestens aus. Das Sparkassen-S wurde 

in seiner Ursprungsversion bereits 

während der 1930er-Jahre entworfen, 

die Ursprünge des Sparkassenrots reichen 

ebenfalls viele Jahrzehnte zurück. 

Schon mit der Farbe und dem 

Oliver Fischer 

EDITORIAL 

3 

Logo assoziieren viele Verbraucher 

Markenwerte wie Vertrauen, Kompetenz, 

Verlässlichkeit und Verantwortung. 

Entsprechend konsequent reagiert 

die Sparkassen-Finanzgruppe, wenn 

Konkurrenten mit ähnlichen Farben 

auftreten. Wie derzeit die deutsche 

Tochter des spanischen Bankkonzerns 

Santander. Dieser hatte bei der 

CC-Bank den Außenauftritt 

des Mutterkonzerns eingeführt, 

mit roten Farbflächen, 

weißer Schrift und einem 

speziellen Aufbau des Unternehmenslogos. 

Das Landgericht 

Hamburg hat der Bank 

jetzt diverse Verwendungsformen 

von Rot untersagt 

(Seite 14 f). 

Die Sparkassenmarke steht 

auch für regionale Verbundenheit, 

und diese bringen 

einige Institute schon mit 

der Wahl ihrer Gebäude zum 

Ausdruck. So ist die Sparkassenfiliale 

im oberbayerischen Rottach-Egern in 

einem lokaltypischen Gebäude untergebracht, 

der Dachgiebel ist mit Malereien 

eines einheimischen Lüftlmalers 

geschmückt. Georg Bromme, 

Vorstandschef der Kreissparkasse 

Miesbach-Tegernsee, erläutert: „Wir 

sind die Sparkasse der Region, und 

das wollen wir auch zeigen.“ (Ab 

Seite 36.) 

Oliver Fischer, 

Chefredakteur SPARKASSE 

Managermagazin 

der Sparkassen-Finanzgruppe 

SPARKASSE DEZEMBER 2011 

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4 

KOMMENTAR 

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Mitglied der Fachgruppe 

Fachzeitschriften im 

VDZ. Artikelnummer: 

328 081 412 

SCHULDENKRISE 

Euro gewinnt das Endspiel 

Die Euro-Schuldenkrise hält 

uns weiter in Atem. Mittlerweile 

ist es nicht mehr nur 

für die Peripherieländer der 

Eurozone schwierig und teuer, 

sich am Kapitalmarkt zu finanzieren. 

Die Zinsaufschläge gegenüber 

deutschen Staatsanleihen 

stiegen im November 

sogar schon für Frankreich auf 

rund 1,5 Prozentpunkte. Die 

Verun sicherung an den Staatsanleihemärkten 

ist spürbar, die 

Skepsis gegenüber den Mechanismen 

innerhalb der Euro zone 

ist hoch. Die Märkte und die 

Politik steuern auf das Endspiel 

um den Euro zu. Ist das Urteil 

über den Euro und dessen Ende 

vielleicht sogar schon gefällt? 

Hier sollte niemand leichtfertig 

mit dem Kopf nicken. Es 

greift eindeutig zu kurz, der 

euro päischen Politik vorzuwerfen, 

sie laufe den Märkten 

orientierungslos hinterher. Die 

Staats- und Regierungschefs 

verfolgen vielmehr eine Strategie, 

die mit zunehmender Vehemenz 

bis zum letzten Gipfel 

am 26. Oktober verfolgt wurde: 

Krisen länder erhalten Kredithilfen, 

dies aber nur dann, wenn 

sie wirtschaftliche und gesellschaftliche 

Reformen einleiten. 

Die Strategie ist richtig 

Diese Strategie ist richtig, denn 

die Alternative einer unkontrollierten 

Staatspleite Griechenlands 

hätte auch katastrophale 

Auswirkungen auf die starken 

Volkswirtschaften wie Deutschland 

gehabt. Und die andere 

„Option“, also Euro-Bonds, ist 

kurzfristig kein gangbarer Weg, 

da diese nur nachhaltig wirksam 

sein könnten, wenn die 

politische Union der Euroländer 

vollzogen wäre. Und das 

kann viele Jahre dauern. 

Die entscheidende Botschaft 

in der Staatsschuldenkrise lautet: 

Der Euro und mithin Europa 

sind noch zu retten. Es wird sozusagen 

an einem Deich gearbeitet, 

der die systemrelevanten 

europäischen Banken und die 

anderen Krisenländer schützen 

soll, falls es doch noch zu 

einer Staatspleite in Griechenland 

kommen sollte. Momentan 

ist der Deich noch nicht hoch 

und stabil genug, um den drohenden 

Wassermassen Herr zu 

Holger Bahr, 

Leiter Volkswirtschaft, 

DekaBank 

werden. Es bestehen weiterhin 

Risiken, und es erfordert viel 

Geduld, eine nachhaltige Lösung 

für die finanzpolitischen 

Probleme in der Eurozone zu 

finden. Aber: Die Politik hat sich 

entschieden, am Euro festzuhalten 

– und das ist schlichtweg 

ein starkes Argument. 

Klare Signale sind jetzt nötig 

Die Kapitalmärkte werden derzeit 

maßgeblich von den politischen 

Weichenstellungen 

getrieben. Somit werden die erheblichen 

Marktschwankungen 

in den kommenden Monaten 

anhalten und die Konjunktur 

in Europa in Mitleidenschaft 

ziehen. Darauf reagieren die 

Konsumenten und Unternehmen 

bereits vereinzelt und sind 

zögerlich bei ihren Kauf- und 

Es bestehen weiterhin 

Risiken. Aber: 

Die Politik hat sich 

entschieden, am 

Euro festzuhalten 

– und das ist 

schlichtweg ein 

starkes Argument. 

Investitionsentscheidungen. 

Sollte sich diese Haltung verschlimmern, 

besteht hierin 

das größte Rezessionsrisiko. 

Bislang dürften davon im Winterhalbjahr 

nur verschiedene 

europäische Länder betroffen 


sein. Denn die Weltwirtschaft 

expandiert weiter. Setzen die 

politischen Akteure klare Signale 

und kommen die niedrigen 

Zinsen zum Tragen, wird 

dies dem jungen, keine drei 

Jahre alten Aufschwung genug 

Schub geben, um die Expansion 

aufrechtzuerhalten – so sieht 

das wahrscheinlichste Szenario 

aus. 

Der Euro wird bleiben, und der 

konjunkturelle Nebel wird sich 

2012 lichten Doch es ist sehr 

wahrscheinlich, dass die Phase 

überdurchschnittlich starker 

Marktschwankungen andauern 

wird, und das nicht nur bei 

Aktien. Auch Währungen, Rohstoffe 

und Rentenmärkte bleiben 

in Bewegung, je nachdem, 

ob freundlichere Nachrichten 

und Konjunkturdaten vorliegen, 

oder ob die Skepsis frische 

Nahrung erhält. Als Antwort 

auf diese Schwankungen gilt 

für Anleger das Gebot der Streuung 

– auch und gerade jetzt. Dabei 

sollten unternehmensnahe 

Anlageformen über Aktien 

und Unternehmensanleihen, 

Gewerbe immobilien sowie Rohstoffe 

und Emerging Markets 

eine gewichtige Rolle spielen. 

Vor dem Endspiel um den 

Euro bleibt die Unsicherheit an 

den Kapitalmärkten so hoch, 

dass die Flucht in einen einzelnen 

sicheren Hafen unangemessen 

ist. Denn zum einen 

ignoriert dieses Vorgehen die Erkenntnisse 

der Diversifikationseffekte 

innerhalb breit aufgestellter 

Portfolien, wofür 1990 der 

Wirtschaftsnobelpreis verliehen 

worden ist. Zum anderen sind die 

Preise für sichere Anlagen extrem 

hoch: Um bei Gold, Silber, Schweizer 

Franken, amerikanischen 

und deutschen Staatsanleihen 

noch wahre Kursphantasie zu 

ent wickeln, braucht es Kreativität 

gepaart mit Pessimismus. 

Das Gebot der Streuung gilt 

Dem steht der erklärte politische 

Wille entgegen, das Endspiel 

um den Euro zu gewinnen. Und 

dafür gibt es Mittel und Wege, 

bei denen auch die Europäische 

Zentralbank und der Internationale 

Währungsfonds eine 

Rolle spielen werden. Die Moral 

von der Geschichte: Der Euro 

bleibt. �

Ausgabe 12 

Dezember 2011 

Kommentar 

Schuldenkrise 

Der Euro gewinnt das Endspiel, 

schreibt Holger Bahr, Leiter 

Volkswirtschaft der DekaBank 4 

Impressum 4 

Nachrichten 

Ratingagenturen 

Die EU-will die Bonitäts-Oligopolisten 

an die Kandare nehmen 6 

EZB-Geldpolitik 

Alle Notenbanken drucken fleißig 

Geld – nur die EZB nicht. Ob das unter 

EZB-Chef Mario Draghi so bleibt? 8 

Technik 

Der Suchmaschinenkonzern Google 

startet einen Handy-Bezahldienst mit 

NFC-Technik 10 

Eigenanlage – Interview 

Eine neue Steuerungsmethode 

der LBB-Invest soll das Depot A 

flottmachen. Die Sparkasse 

Hildesheim ist bereits Kunde 12 

˘ Markenrecht 

Das Sparkassenrot ist geschützt und 

war zuerst da – DSGV und Bank 

Santander im Farbmarkenstreit 14 

Finanzgruppe 

˘ Recruiting – Interview 

Wie Siegbert Weissbrodt (Foto), 

Personalchef der DekaBank, die 

richtigen Absolventen gewinnt 16 

Siegbert Weissbrodt, Personalchef 

der DekaBank im Gespräch Seite 16 

40 

KOLUMNENTITEL INHALT 5 

Weihnachtszeit – Spendenzeit: Betrüger sammeln kräftig mit 

Recruiting II 

Die Unterschiede zwischen 

Bachelor- und Master- 

Studiengängen werden in 

der Praxis spürbar 20 

Management 

Recruiting III 

Akademiker kommen und bleiben 

nicht von allein – Sparkassen 

betreiben Aufbauarbeit 22 

Märkte & Kunden 

Unternehmensgründer 

Der frühere Medienunternehmer 

Karl-Dietrich Kuhlo vermarktet 

jetzt Energiesparhäuser 24 

Südtirol 

Die exportstarke italienische 

Provinz floriert – auch dank 

der örtlichen Sparkasse 26 

Exportwirtschaft 

Konsumenten aus den 

Schwellenländern kaufen gern 

deutsche Markenprodukte 28 

Forum 

Brauchen wir Bewegungen wie 

Occupy? 

Es diskutieren Aktivist 

Alexis J. Passadakis und 

Investmentbanker 

Gerhard Hörhan 32 

˘ Titelthemen 

Perspektiven 

Börsenfusion – Gastbeitrag 

Die geplante Übernahme der 

Deutsche Börse AG durch die 

NYSE Euronext könnte für die 

Sparkassen fatale Folge haben, 

warnt Prof. Ulrich Burgard 34 

Architektur 

Sparkassen versuchen, in der 

Filialarchitektur ihren eigenen 

Stil zu finden 36 

Regionalförderung 

Kulturelles Engagement der 

Sparkassen steigert die 

Attraktivität von Regionen – und 

deren Wirtschaftswachstum 38 


FOTOS: DPA, MARTIN JOPPEN, HOCHSCHULE DER SPARKASSEN-FINANZGRUPPE, 

˘ Spendenbetrug 

Der Markt wird kaum kontrolliert 

– Betrüger finden ein weites 

Betätigungsfeld. Die Stiftungen 

der Sparkassen können 

Missbrauch verhindern 40 

Literatur 

Management 

Mehr Frauen in die Führung – 

dazu müssen sich Strukturen 

und Frauen ändern, schreibt 

Buchautorin Marianne Heiß 42 

Nachwuchskräfte unter sich: Studenten und Ehemalige der Eberle- 

Butschkau-Stiftung beim Treffen der Generationen Seite 22

6 

NAMEN & NACHRICHTEN 

Personalien 

Georg Fahrenschon (43, 

Foto) wird neuer Präsident 

des Deutschen Sparkassen- 

und Giroverbandes (DSGV). 

Die Mitgliederversammlung 

des DSGV wählte Fahrenschon 

als Nachfolger des 

amtierenden Präsidenten 

Heinrich Haasis (66), der für 

dieses Amt aus Altersgründen 

nicht wieder kandidiert 

hatte. Fahrenschon wird das 

Amt im Mai 2012 antreten. 

Von Oktober 2008 bis Anfang 

November 2011 war der 

gebürtige Münchener Bayerischer 

Staatsminister der 

Finanzen und in dieser Funktion 

auch Vorsitzender des 

Verwaltungsrats der Bayern- 

LB. 

Thomas Mang (51), seit 

2003 Präsident des SparkassenverbandesNiedersachsen, 

ist zum neuen 1. Vizepräsidenten 

des DSGV gewählt 

worden. Mang tritt die 

Nachfolge von Rolf Gerlach 

(57) an, der sein Mandat auf 

eigenen Wunsch niedergelegt 

hat. DSGV-Präsident 

Heinrich Haasis dankte 

Gerlach für seinen außerordentlichen 

Einsatz. Gerlach 

habe über viele Jahre hinweg 

die Geschicke der Sparkassen-Finanzgruppe 

als 

1. Vizepräsident im DSGV 

mitbestimmt und werde dies 

auch künftig als Präsident 

des Sparkassenverbandes 

Westfalen-Lippe tun. Die 

Verbandsvorsteher haben 

Mang zudem zum Vorsitzenden 

der Verbandsvorsteher- 

Konferenz gewählt. 

Bernd Kobarg (65), seit 

26 Jahren Vorsitzender der 

Geschäftsführung der DSV- 

Gruppe mit Hauptsitz in 

Stuttgart-Vaihingen, wird 

zum Jahresende in den 

Ruhe stand treten. Zu Kobargs 

Nachfolger hatte der 

Aufsichtsrat des DSV im Mai 

2011 Prof. Michael Ilg (46) 

gewählt. Ilg wird Kobargs 

Aufgaben zum Anfang des 

kommenden Jahres übernehmen. 

RATINGAGENTUREN 

Dominantes Trio 

Der Konflikt zwischen den US-Ratingagenturen und den Euro-Staaten 

spitzt sich zu. Nachdem die EU-Kommission eine stärkere Regulierung 

der Bonitätsprüfer angekündigt hat, droht Standard & Poor‘s mit der 

Herabstufung weiterer Länder – inklusive Deutschlands. 

Bösen Kindern droht 

der Nikolaus mit 

der Rute – und die US- 

Ratingagentur Standard 

& Poor‘s (S&P) unliebsamen 

Staaten mit der 

Herabstufung ihrer Bonität. 

Am Abend vor dem 

Namenstag des Heiligen 

warnte S&P, Deutschland 

und weitere Euro- 

Staaten mit der Bestnote 

AAA könnten in der Einstufung 

ihrer Kreditwürdigkeit 

herabgesenkt 

werden. 

D i e D r o h u n g k a m 

nicht unerwartet. Wenige 

Tage zuvor hatte 

die EU-Kommission Reformen 

angekündigt, 

um die Bonitätsprüfer 

stärker an die Kandare 

zu nehmen. Für den 

Hamburger Börsenanalysten 

Andreas Männicke 

ist ein „Rating-Krieg“ 

ausgebrochen. „S&P holt 

zum Rundumschlag in 

Europa aus“, kommentiert 

Folker Hellmeyer, 

Chefvolkswirt der Bremer 

Landesbank, und 

spricht von „einem beispiellosen 

Schritt“. 

Bereits Mitte November 

hatte S&P mit einer 

fehlerhaften Meldung 

über eine Herabstufung 

Frankreichs die 

durch die Italien- und 

Griechenlandkrisen 

ohnehin hypernervösen 

Kapitalmärkte weltweit 

durchgeschüttelt. Erst 

etwa eine Stunde nach 

dem Vorfall räumte S&P 

die Panne ein, sprach 

von einem „technischen 

Defekt“ und stellte klar, 

dass Paris weiterhin die 

Höchstnote „AAA“ innehabe. 

Wie im Vormonat gingen 

auch am 6. Dezember 

die Börsen weltweit 

auf Talfahrt. Der Dax 

eröffnete knapp 1,5 

Prozent im Minus. Der 

Vorfall dürfte nach Einschätzung 

von Frankfurter 

Finanzexperten die 

EU-Kommission in ihren 

Plänen bestärken, die 

US-Bewerter, die weltweit 

95 Prozent aller 

Ratings für die Finanzmärkte 

liefern, in Europa 

stärker zu regulieren. 

„Die Kommission kann 

jetzt nicht zurück, ohne 

ihr Gesicht zu verlieren“, 

sagt ein Bankvorstand. 

Das Reformpaket sieht 

vor, dass die Bewerter 

bei grober Fahrlässigkeit 

künftig haftbar gemacht 

werden können. 

Zudem sollen öffentliche 

Körperschaften 

nicht länger durch verbindliche 

Auflagen angehalten 

werden, Urteile 

von Ratingagenturen in 

Anlagehandlungen umzusetzen. 

Bislang sind 

viele Versicherungen 

und Pensionskassen 

gemäß ihrer internen 


Regelungen faktisch gezwungen, 

Anleihen zu 

verkaufen, wenn deren 

Bewertung bestimmte 

Bonitätsstufen unterschreitet. 

In der Kritik steht das 

US-Agenturtrio seit Beginn 

der Finanzkrise. 

Denn die Analysten hatten 

in den Jahren zuvor 

verbrieften US-Hypothekendarlehen 

an Schuldner 

niedrigster Bonität 

Top-Ratings verpasst 

und damit den reibungslosen 

Verkauf der Papiere 

möglich gemacht. 

Kollektives Versagen 

Die Vorgänge werden 

derzeit vom US-Finanzministeriumuntersucht. 

Obendrein hatten 

die Agenturen den 

Pleite gegangenen Investmentbanken 

Bear 

Stearns und Lehman 

Brothers bis zu deren 

Insolvenz beste Bonitätsnoten 

ausgestellt. 

„Die Ratingagenturen 

haben erbarmungslos 

versagt“, urteilt Bafin- 

Chef Jochen Sanio. Bezahlt 

werden die Agen- 

turen von den bewerteten 

Unternehmen oder 

den Emittenten der gerateten 

Papiere. Bereits 

vor der Finanzkrise sind 

den Agenturen deshalb 

Interessenskonflikte 

u n te r s te l l t w o rd e n . 

In Deutschland geriet 

Moody‘s 2003 in die 

Schlagzeilen, nachdem 

die Agentur die Bonität 

des Rückversicherers 

Hannover Re deutlich 

herabgestuft hatte. Der 

Rückversicherer hatte 

nur Ratingaufträge an 

S&P sowie die auf das 

Assekuranzwesen spezialisierte 

Agentur A.M. 

Best vergeben. 

Moody‘s hatte die Gesellschaft 

zuvor für geraume 

Zeit ohne Honorar 

bewertet und dabei 

die Bonitätseinstuftung 

immer weiter gesenkt. 

Das warf den Verdacht 

auf, die Agentur versuche, 

die Versicherungsgesellschaft 

zu 

erpressen, bei ihr Kunde 

zu werden. Dem Vorstand 

der Hannover Re 

blieb damals nur, darauf 

hinzuweisen, dass S&P 

Politiker fürchten „Willkürherrschaft“ der Agenturen 

Für viele Politiker in Europa 

handeln Ratingagenturen 

willkürlich: „Griechenlands 

Kreditwürdigkeit wurde 

erst gesenkt, weil das Land 

nicht genug sparte, später, 

weil es zu viel sparte“, rügt 

SPD-Fraktionschef Frank- 

Walter Steinmeier. Auf diese 

Weise würden „Staaten 

systematisch in die Pleite 

getrieben“. So irrational, 

wie das Bewertungsverhalten 

der Agenturen ihren 

Kritikern erscheint, wirkt 

auch das Verhalten von Investoren. 

Japan steht mit einer 

Verschuldungsquote von 

mehr als 200 Prozent des 

Bruttoinlandsprodukts von 

allen Industriestaaten am 

tiefsten in der Kreide. Das 

Land muss weitere milliardenschwere 

Darlehen aufnehmen, 

um die Folgen der 

Atomkatastrophe von Fukushima 

zu beseitigen. Profianleger 

wie Hedgefonds 

sind zuletzt so massiv in 

den Yen geflüchtet, dass die 

japanische Währung rasant 

gegenüber Euro und US- 

Dollar aufgewertet hat. Die 

Entwicklung drückte im 

dritten Quartal so massiv 

auf die Ergebnisse der 

export abhängigen japanischen 

Konzerne, dass die 

Bank of Japan inzwischen 

energisch am Devisenmarkt 

operiert, um den Yen- 

Kurs im Zaum zu halten.

Geballte Marktmacht 

Kenndaten der drei großen Ratingagenturen. S&P, Fitch und Moody‘s leugnen zwar 

politische Ziele, faktisch haben ihre Bonitätsnoten aber politisches Schwergewicht. 

FOTO: HIMSEL; GRAFIK: DPA 

und A.M. Best der Gesellschaft 

deutlich bessere 

Noten gäben – und im 

Gegensatz zu Moody‘s 

bei ihren Urteilsfindungen 

Zugang zu sämtlichen 

relevanten internen 

Daten hätten. 

Noch schärfer als in Europa 

ist in den USA die 

Kritik an den Bewertern 

entbrannt. Dort geht es 

nicht nur um die Frage, 

ob die Agenturen Gefälligkeitsurteile 

erstellen 

oder mit zweifelhaften 

Methoden versuchen, 

Kunden zu gewinnen. 

Dort sehen immer mehr 

Beobachter die Demokratie 

selbst durch die 

Agenturen bedroht, seit 

S&P im August die Kreditwürdigkeit 

der Vereinigten 

Staaten auf „AA“ 

herabgestuft hat. Der 

Schritt erfolgte am Ende 

harter Verhandlungen 

zwischen Demokraten 

und Republikanern im 

Kongress um die Anhebung 

der Schuldenobergrenze 

in den USA. 

Politisches Spiel 

„Die Bonitätsabstrafung 

diente dazu, in der Öffentlichkeit 

die Haltung 

der Republikaner zu 

stärken, die harte Einschnitte 

im Sozialsystem 

durchgesetzt haben“, 

kritisiert die Gewerkschaftsfunktionärin 

Christina M. Kuck. US- 

Medien weisen auf enge 

Verbindungen zwischen 

dem Mutterkonzern von 

S&P, McGraw Hill, und 

der republikanischen 

Partei hin. Konzernchef 

Harold W. III McGraw 

hatte in der Vergangenheit 

diverse Politiker der 

konservativen Partei 

unterstützt. Auf der Internetseite 

der Bundeswahlkommission 

sind 

unter anderem Spenden 

an den früheren 

Präsidenten George W. 

Bush und das National 

Republican Congress 

Committee aufgeführt. 

Stunden nach der Herabstufung 

wies das 

US-Finanzministerium 

nach, dass S&P die Schuldenentwicklung 

der 

Vereinigten Staaten in 

den kommenden zehn 

Jahren um 2000 Mrd. 

US-Dollar zu hoch angesetzt 

hatte. Die Agentur 

bestätigte die peinliche 

Panne, erklärte aber, sie 

habe keinen Einfluss 

auf das Rating. Nicht 

peinlich, sondern dubios 

ist nach Meinung von 

Experten die Erklärung 

für die fälschlicherweise 

erfolgte Herabstufung 

Frankreichs. Bremer- 

Landesbank-Chefvolkswirt 

Hellmeyer hält den 

Hinweis auf einen technischen 

Fehler für eine 

Farce. Schließlich war 

eine E-Mail mit entsprechendem 

Inhalt an einen 

Kreis ausgewählter 

Kunden versandt worden. 

„Wie kann ein Text 

vorbereitet sein, wenn 

es dazu keinen Anlass 

gibt?“, fragt Hellmeyer. 

Es stelle sich die Frage 

nach der Motivation seitens 

S&Ps. 

Dubiose Absichten 

Eine Antwort kursierte 

bis vor Kurzem nur in 

Blogs und Internetforen: 

Die US-Finanzindustrie 

versuche mit Hilfe 

der Ratingagenturen 

den Euro zu zerschlagen, 

damit die Rolle des 

Dollars als Leitwährung 

nicht in Gefahr gerate. 

Inzwischen ist diese 

Ansicht auch in der 

Politik weit verbreitet. 

EU-Justizkommissarin 

Viviane Reding warnt: 

„Europa darf sich den 

Euro nicht von drei US- 

Unternehmen kaputtmachen 

lassen.“ � 

Richard Haimann 


NAMEN & NACHRICHTEN 7 

Pressespiegel 

Appelle sind zu wenig 

Im Vergleich zu griechischen oder italienischen Banken 

haben hiesige Institute zwar mit vergleichsweise zaghaftem 

Misstrauen zu kämpfen – doch Anleihen mit mehreren Jahren 

Laufzeit können auch sie nur noch schwerlich platzieren. 

Wo aber weniger Geld ist, kann weniger Geld verliehen 

werden. Appelle an die Verantwortung der Banken für ihre 

Kunden werden daher wenig nützen. Stattdessen sollten 

die Regierungen bei den Kapitalregeln nichts überstürzen 

– und sie müssen entschlossen an einer Lösung der Euro- 

Krise arbeiten. Sie ist der einzige Schlüssel für mehr Vertrauen 

in Europas Banken. 

Die Welt, 29. November 2011 

Sekundenhandel braucht niemand 

Die [Finanztransaktion]steuer verteuert nur die ganz kurzfristigen 

Geschäfte, den Sekundenhandel, signifikant. Vermögen, 

das am Tag zehn oder hundertmal gedreht und 

besteuert wird, schrumpft. Solche Geschäfte werden unattraktiv. 

Solche Geschäfte braucht aber auch niemand. Im 

Gegenteil, ohne Sekundenhandel dürften die Tagesschwankungen 

geringer werden, was im Interesse aller Unternehmen 

und langfristig orientierten Anleger sein sollte. 

Frankfurter Rundschau, 28. November 2011 

Banken-Stresstests bringen nichts 

Die Bankenkapitalisierung ist wie ein Pflaster auf einer Wunde, 

deren Eiterherd immer größer wird. Um ihn wirklich zu 

beseitigen, dürfen die Staaten keine neuen Schulden anhäufen. 

Das erfordert jahrelanges Sparen. Für die Übergangszeit 

muss gesichert sein, dass die Staaten auslaufende Anleihen 

refinanzieren können. Es bleiben dafür lediglich zwei Möglichkeiten: 

Euro-Bonds oder das Einspringen der Europäischen 

Zentralbank. Nur das kann die Lage beruhigen – 

nicht aber ein Banken-Stresstest in der gegenwärtigen Form. 

Solange seine Bedingungen so umstritten und unklar sind, 

wäre es besser, die Daten nicht zu veröffentlichen. 

Süddeutsche Zeitung, 28. November 2011 

Die Deutschen müssen retten 

Erst sparen, dann retten. Das ist der Weg von Angela Merkel, 

der anspruchsvollste. Gefordert sind Verhandlungsgeschick, 

starke Nerven, guter Wille, nackte Not, Vertrags- und Verfassungsänderungen. 

Aber am Ende könnte eine stabilitätsorientierte 

Euro-Gruppe mit hartem Sanktionsmechanismus 

stehen. Der Gipfel von Straßburg in dieser Woche war ein 

Anfang – wenn es Berlin und Paris nicht bei Ankündigungen 

belassen. Die wirtschaftsstarken Deutschen können den 

Euro retten, aber sie müssen dann auch die Bedingungen 

diktieren. Damit macht man sich nicht beliebt, aber für Zurückhaltung 

fehlt die Zeit. 

Süddeutsche Zeitung, 26. November 2011 

Unverzichtbare Oligopolisten 

Das Problem ist, dass der Markt für Ratings von Natur aus 

oligopolistisch ist. Dass drei große Unternehmen – S & P, 

Moody‘s und Fitch – das Geschäft unter sich aufteilen können, 

liegt nicht zuletzt an der Marktstruktur. Die Eintrittskosten 

sind sehr hoch, es dauert Jahrzehnte, bis sich ein neues 

Unternehmen das Wissen und die Reputation der großen 

drei erarbeitet hat. Das zeigt etwa das Beispiel der chinesischen 

Ratingagentur Dagong Global Credit Rating. […] Es 

wird daher sehr schwer, ein Gegengewicht zu den großen 

drei zu schaffen und deren Macht zu brechen. Durch Regulierung 

allein ist das sicher nicht möglich. 

Wirtschaftswoche, 21. November 2011

8 


EZB-GELDPOLITIK 

Der letzte Schuss 

Je weniger es der Politik gelingt, die Euro-Krise einzudämmen, desto flehendere Blicke richten 

sich nach Frankfurt. Die Europäische Zentralbank gilt vielen inzwischen als der letzte verbliebene 

Akteur, der den Finanzmärkten Paroli bieten kann. Kommt es hart auf hart, dürfte der neue Chef im 

Euro-Tower zum Einsatz der „Bazooka“ nur schwer Nein sagen können. 

� VON TITUS KRODER 

Bazookas feuert man von der Schulter 

aus ab. Militärs schätzen die Panzerfaust 

wegen ihrer enormen Feuerkraft bei 

geringem Aufwand. Schon der frühere 

US-Finanzminister Hank Paulson hatte 

deshalb während der Kreditkrise 2008/09 

von „Bazookas“ gesprochen, um die 

durchschlagende Wirkung staatlicher 

Hilfsmilliarden zu illustrieren. Auch in 

der Euro-Schuldenkrise muss die Bazooka 

wieder als rhetorische Waffe herhalten 

– geschultert diesmal von der Europäischen 

Zentralbank (EZB). 

Denn die Einschläge kommen näher. 

Erst Griechenland, Portugal und Irland, 

nun Spanien und Italien. Bald auch 

Frank reich, Belgien oder sogar Österreich? 

Je mehr ein um das andere Land 

der Eurozone von Investoren angerempelt 

und unter Druck gesetzt wird, und je 

zäher die politischen Bemühungen zur 

Eindämmung der Krise laufen, desto lauter 

rufen Experten nach der Waffe aller 

Waffen im EZB-Arsenal. „Mit der jüngsten 

Eskalation muss die EZB entschlossen 

eingreifen und als letzter Retter agieren", 

fordert etwa der prominente Havard-Ökonom 

Dani Rodrik in einem Interview. 

Diese Forderung beruht auf der Machtstellung 

einer modernen Notenbank. Wie 

andere politisch unabhängige Zentralbanken 

auch, hat die EZB im Eurogebiet 

alleine die Entscheidungshoheit darüber, 

wie viel Geld umläuft und geschaffen 

wird. An der Spitze des monetären Souveräns 

der 17 Eurostaaten steht daher 

bewusst ein nicht-gewählter Präsident, 

seit Anfang November ist das der Italiener 

Mario Draghi. Zentraler Steuerhebel 

in normalen Zeiten ist der Leitzins, mit 

dem die EZB erstrangig das Ziel verfolgt, 

die Inflation im Euroraum unter Kontrolle 

zu halten. 

Politik verstärkt den Druck 

Doch bringt die Machtfülle der „Bank 

der Banken“ auch das Privileg mit sich, 

Geld selbst schöpfen zu können – etwa 

indem sie Staatsanleihen aufkauft und 

damit Mittel in den Kreislauf pumpt. Hin 

und wieder tat die EZB das auch zuvor 

schon. Um etwa Banken in ihrem Wäh- 

rungsgebiet vorübergehend aus Liquiditätsengpässen 

zu helfen, nimmt sie 

als Sicherheiten für die kurz laufenden 

Überbrückungskredite immer mal wieder 

auch Staats- und andere Wertpapiere 

in ihre Bücher, die später wieder abgestoßen 

werden. 

Und was als Alltagsroutine gedacht ist 

und im Zentralbank-Jargon „Securities 

Markets Programme“ heißt, wird seit 

eineinhalb Jahren sogar verstärkt praktiziert. 

Denn schon Draghi-Vorgänger 

Jean-Claude Trichet hatte sich im Mai 

2010 von der Politik dazu breitschlagen 

lassen, eine aktivere Rolle in 

der Bekämpfung der Kreditkrise 

zu spielen. So hat die EZB 

inzwischen 180 Mrd. Euro 

an wackelnden Anleihen 

aus den Problemländern 

Griechenland, Portugal 

und Irland aufgenommen, 

um deren wegbrechendeFinanzierungsmärkte 

zu stützen. 

Diese Praxis lässt schon 

jetzt Kritiker schaudern. 

Denn knapp 20 Prozent der 

gesamten Staatsanleihen 

dieser Länder lagern mittlerweile 

bei der EZB. In den Augen 

vor allem deutscher Zentralbankpuristen 

hat Trichet 

damit ein erstes Tabu gebrochen: 

Die EZB beteiligt sich an 

Rettungseinsätzen, die sie nach 

ihren rechtlichen Statuten eigentlich 

nichts angehen dürften. 

Doch wenn kleine Tabubrüche 

möglich sind, warum dann nicht 

auch große? So fragen die Befürworter 

der „Bazooka“, warum Frankfurt nicht 

endlich das ultimative Geschütz gegen 

die spekulativen Attacken in Stellung 

bringt, um ein für alle Mal für Ruhe 

am Finanzmarkt zu sorgen. Ihrer Vorstellung 

nach müsste Mario Draghi dazu 

lediglich öffentlich ankündigen, dass 

die EZB unbeschränkt Staatsanleihen 

von Ländern ankauft, denen die Schulden 

angesichts der hysterischen Finanzmarktreaktionen 

aus dem Ruder laufen. 

Schnell, so die Erwartung, würden Investoren 

an ihren Wetten auf Staatspleiten 


Rettungsschuss: Wenn Notenbanken in 

großem Stil Staatsanleihen aufkaufen, 

sprechen Geldpolitiker von der Bazooka- 

Methode. Doch wenn die versagt, ist die 

Rettungsmaschinerie hilflos. GRAFIKEN: DPA

die Lust verlieren und entnervte Anleger 

wieder Vertrauen in die Papiere fassen. 

Die Marktzinsen würden auf wieder bezahlbare 

Niveaus sinken. 

Der Druck der Politik zu diesem Schritt 

wird jedenfalls größer. „Es gibt nur eine 

Lösung. Und die ist, dass die EZB ein für 

alle Mal tut, was ihre Aufgabe ist“, sagte 

etwa der spanische Oppositionsführer 

Alfredo Pérez Rubalcaba, als Ende November 

auch Spanien der berüchtigten 

Sieben-Prozent-Marke bei der Verzinsung 

seinen zehnjährigen Staatsanleihen nahekam. 

Schon Wochen vor Spanien hatte Italien 

diese wichtige Zinsmarke gerissen, 

bei der Griechenland, Irland 

oder Portugal jeweils Rettungspakete 

bei IWF und 

EU anfordern mussten. 

Und was bleibt Italien – als 

wichtiges Industrieland der 

Eurozone ohnehin viel zu 

groß für ein EU-Rettungspaket 

– anderes übrig, als 

darauf zu hoffen, dass die 

EZB massiv italienische 

Staatsanleihen aufkauft? 

Die Notenbank müsste dabei 

nicht einmal eine Wertminderung 

fürchten. Italien ist 

schließlich nicht Griechenland. 

Die siebtgrößte Volkswirtschaft der 

Erde dürfte mit einer Schuldenstreckung 

davonkommen, so dass Gläubiger 

zumindest keine Schuldenstreichung 

fürchten müssten. 

„Wir haben einen Punkt erreicht, an 

dem die EZB mit ihren selektiven Aktionen 

am Markt nichts mehr ausrichtet. Im 

Endeffekt wird es wohl massive Aufkäufe 

geben müssen, um die Anleihen-Junkies 

endlich ruhig zu stellen“, sagt Ben Taylor, 

Finanzmarktexperte des Brokers CMC 

Markets. Dass die „Bazooka“ wirken würde, 

daran haben Ökonomen keinen Zweifel. 

Die EZB könnte bis zu 2000 bis 3000 

Mrd. Euro in die Schlacht werfen, haben 

Experten der Citigroup berechnet. Zum 

Vergleich: Die umlaufenden Staatsbonds 

Italiens und Spaniens hätten gemeinsam 

einen Wert von etwa 2700 Mrd. Euro. 

Doch Mario Draghi, der ausgebildete 

Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige 

Goldman Sachs-Banker, weiß nur zu 

gut: Sollte der Einsatz trotz aller Zuversicht 

doch schiefgehen, gäbe es nichts, 

außer einem chaotischen Zusammenbruch 

der Eurozone und wohl einen erneuten 

„Lehman-Infarkt“ der gesamten 

Weltwirtschaft. Als Auslöser dafür will 

der 64-Jährige nicht unbedingt in die Geschichtsbücher 

eingehen. 

Der Rettungsschirm hat Löcher 

Dennoch drängt die Zeit: Der vor kurzem 

noch von Angela Merkel, Nicolas Sarkozy 

und anderen EU-Größen massiv aufgestockte 

und als Allheilmittel gepriesene 

European Financial Stability Fund (EFSF) 

schwächelt schon wieder gefährlich. 

Die Refinanzierung des immer gigantischeren 

Rettungsschirms stottert und 

die Zweifel an seiner Schlagkraft sind angesichts 

drohender Schieflagen großer 

Industrieländer wie Italien oder Spanien 

inzwischen immens. „Wo bleibt die Umsetzung 

dieser seit langem bestehenden 

Beschlüsse?“, fragt der EZB-Chef denn 

auch mit gewissem Recht Berlin und 

Paris. Der Italiener dürfte jedenfalls so 

lange wie möglich bei der Linie bleiben, 

die er bei Amtsantritt skizziert hat. Danach 

sind die Maßnahmen der EZB in Sachen 

Eurokrise „temporär“ und „endlich 

im Umfang“. Und damit basta. 

Der frisch gebackene EZB-Chef Draghi 

müsste jedenfalls auch gleich noch ein 

weiteres Tabu brechen, würde er die 

geforderten massiven Anleihenkäufe 

anschieben. Denn die Frankfurter Zentralbank 

ist nach dem Vorbild der Bundesbank 

modelliert, wo zu Zeiten der 

Deutschen Mark der Inflationsbekämpfung 

die höchste Priorität galt. Als Konsequenz 

folgt auch die EZB der „Sterilitätspolitik“ 

der früheren Bundesbank. 

Im Kern heißt das: Erweitert die Notenbank 

durch Anleihenaufkäufe die Geldmenge 

im Währungsraum, so wird dieser 

Effekt an anderer Stelle geldpolitisch 

neutralisiert, um die Inflation nicht anzuheizen. 

Sowohl unter Trichet als auch 

unter Draghi blieb die EZB dieser Regel 

bisher treu. 

Alle drucken Geld – nur die EZB nicht 

Der „Bazooka“-Einsatz würde diesen Ansatz 

angesichts der gewaltigen Mengen 

aufzukaufender Wertpapiere unmöglich 

machen. Die EZB hätte dann zwar ein 

weiteres ehernes Gesetz gebrochen, aber 

eben auch nur das getan, was die Bank 

of England oder auch die amerikanische 

Fed seit Ausbruch der Finanzkrise fleißig 

praktizieren: „Quantitative easing“, 



im Volksmund „Gelddrucken“ genannt. 

Denn weitaus weniger scheu darin, auch 

eine konjunkturstützende Rolle für sich 

selbst zu beanspruchen, kaufen London 

und Washington Wertpapiere aller Art 

auf, um die Kreditklemme für die Wirtschaft 

zu lindern. Neutralisiert wird dabei 

nicht. Gerade hat etwa Draghis britisches 

Gegenüber, Notenbankchef Mervyn King, 

angedeutet, dass er das Programm sogar 

noch ausdehnen möchte. 

Mit derzeit rund fünf Prozent in Großbritannien 

und etwa vier Prozent in den 

USA liegt die Inflation inzwischen deutlich 

über der in der Eurozone, warnen 

denn auch Kritiker vor der Nachahmung 

des angelsächsischen Ansatzes. Zudem 

sei weder in den USA noch in England 

inzwischen die Wirtschaft als Folge der 

Notenbank-Praxis aufgeblüht. 

Doch wie unkonventionell auch Draghi 

denken kann, hat der Italiener gleich zu 

Amtsantritt gezeigt. Als erste Amtshandlung 

ließ er den Leitzins der Eurozone 

um 25 Basispunkte auf nun 1,25 Prozent 

senken, nachdem ihn Trichet 2011 

bereits zweimal erhöht hatte, weil er Inflationsdruck 

witterte. „Draghi hat sich 

sehr schnell als Pragmatiker vorgestellt, 

der außer Inflationszielen auch noch 

Risiken im Kopf hat, die der Eurozone 

aus zu schwachem Wachstum drohen“, 

beurteilt ein Londoner Banker den Euro- 

Zentralbanker. 

Und auch gegenüber deutschen Inflationsängsten 

hatte der Italiener clever 

argumentiert. Zwar stehe die Inflationsrate 

in der Eurozone derzeit bei drei Prozent, 

wenn man jetzt aber den Zins nicht 

senke, drohe die Rate im nächsten Jahr 

unter den Zielwert der EZB abzusinken. 

Wer kann da widersprechen? Ähnlich geschickte 

Winkelzüge darf man von dem 

versierten Finanzfachmann weiterhin 

erwarten, auch wenn es zum Schwur in 

Sachen „Bazooka“ kommen sollte. 

� 

Staatsanleihen: Käufe der Europäischen Zentralbank 

Die EZB hat seit Mai 2010 bereits Staatsanliehen im Wert vieler Mrd. Euro aufgekauft. 

Bundeskanzlerin Angela Merkel will dennoch einen großflächigen EZB-Einsatz verhindern.

10 

TECHNIK 


Schnell bezahlen 

Der Suchmaschinenkonzern Google will neue 

Geschäftsfelder erobern und startet mit seinem 

Handy-Bezahldienst „Wallet“. Zunächst in 

ausgewählten Städten der USA werden die 

Daten per Near Field Communication, kurz NFC, 

übertragen. Die deutschen Sparkassen wollen 

NFC in der Kartentechnik nutzen. 

� VON THOMAS SCHINDLER 

Smartphones und andere mobile Geräte 

sollen künftig das Portemonnaie 

ersetzen, wenn es nach Googles zuständiger 

Managerin Stephanie Tilenius und 

Twitter-Gründer Jack Dorsey geht. Letzterer 

steckt bei seinem Projekt Square 

ein Ein-Zoll-Kartenlesegerät auf mobile 

Apple- oder Android-basierte 

Telefone. Für seine Dienste be- 

rechnet der Serviceanbieter 

2,75 Prozent. 

Google setzt auf die Funktechnik 

NFC, mit der Geräte miteinander 

auf kurze Entfernung 

kommunizieren können. Die 

Idee von „Google Wallet“ ist, 

dass Kunden an der Kasse lediglich 

ihr Handy vor ein Terminal 

zu halten brauchen, um 

den Einkauf zu bezahlen. 

„Es ist viel sicherer als die Kreditkarte, 

die Sie in der Tasche 

haben“, versprach Tilenius bei 

einer Pressekonferenz in New 

York. Passwörter und die Verschlüsselung 

der Daten sollen 

verhindern, dass Unbefugte 

mit dem Handy zahlen. Geht es 

nach Google, kann man mit dem Smartphone 

und der Google-Applikation nicht 

nur bezahlen, sondern sich auch Punkte 

auf Rabattkarten gutschreiben lassen. 

Geplant ist, künftig Flug- und Theaterkarten 

hinterlegen zu lassen. 

Technikskepsis bei den Deutschen 

Vorerst können nur Besitzer einer Mastercard-Kreditkarte 

der Citibank und des 

Google-Smartphones „Nexus S“ im Netz 

des US-Mobilfunkanbieters Sprint „Wallet“ 

nutzen und bei der US-Kaufhauskette 

Macy's oder dem Food-Filialisten Subways 

einkaufen. Laut Tilenius fallen für 

die Handelspartner keine Gebühren an. 

Und: „Jeder Partner kann mitmachen.“ 

Als nächstes sollen Inhaber eines Visa- 

Kontos weltweit mit einem Handy mit 

„Die Sparkassen 

werden 

künftig alle 

45 Mio. EC- 

Karten zusätzlich 

mit 

mobiler 

Technik 

ausstatten.” 

Wolfgang Adamiok, 

Direktor Zahlungsverkehr, 

DSGV 

Android-Betriebssystem in Geschäften 

bezahlen können. Das ist erst der Anfang“, 

schrieb der für die Bezahldienste 

zuständige Manager Osama Bedier im 

Google-Firmenblog. „Unser Ziel ist es, 

dass Du alle Deine Karten für ,Google 

Wallet‘ benutzen kannst.“ Mit American 

Express und Discover kooperieren inzwischen 

große Kreditkarten-Anbieter 

mit Google. Für die nächste Zukunft 

rechnen die Manager des 

Unternehmens damit, „dass 

wir ,Google Wallet’ auf mehr 

Telefone bringen können“, so 

Bedier. 

Nach einer Studie des US- 

Marktforschungsinstituts Gartner 

werden 2011 mehr als 140 

Mio. Menschen weltweit ihre 

Rechnungen per Mobiltelefon 

begleichen. In Deutschland ist 

die Lage ein wenig anders: Hier 

steht man dem neuen Bezahlverfahren 

reserviert gegenüber. 

Nur jeder Vierte begrüßt 

die neuen Möglichkeiten, mehr 

als die Hälfte der Bevölkerung 

lehnt eine entsprechende 

Nutzung ab, wie eine repräsentative 

Umfrage der Unternehmensberatung 

Putz & Partner zeigt. 

Hauptkritikpunkt ist die Sicherheit: Nur 

17 Prozent der Befragten trauen Telekommunikationshäusern 

die nötige Kompetenz 

zu. Mögen Google und Co. auch die 

nötige Technik besitzen, es fehlt am Vertrauen 

der Kunden. 

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband 

(DSGV) steht deshalb Googles 

„Wallet“ vorsichtig gegenüber. Wolfgang 

Adamiok, Direktor Zahlungsverkehr des 

Verbands, erklärte, eine Kooperation mit 

Google und dessen Handy-Bezahlsystem 

komme für die Sparkassen nur in Frage, 

wenn die hohen deutschen Anforderungen 

an den Datenschutz erfüllt wären. 

Das würde man im Augenblick nicht 

erkennen. Die Sparkassen-Finanzgruppe 

nutzt ebenfalls NFC-Technik, jedoch in 


Dickes Portemonnaie: NFC-Technik soll die 

Bezahlverfahren verschlanken. FOTO: DPA 

einer sicheren Form mit einem NFC-Chip 

in der hauseigenen SparkassenCard. „Für 

dessen Sicherheit können wir garantieren“, 

betont Adamiok. Im Wettlauf um 

das Bezahlverfahren der Zukunft setzen 

Sparkassen auf eine beschleunigte Einführung 

von Near-Field-Communication. 

„Die Sparkassen werden künftig alle 

45 Millionen EC-Karten zusätzlich mit 

mobiler Technik ausstatten, den Großteil 

in den nächsten zwei Jahren. Das Prinzip 

ist vor allem für schnelle Bezahlvorgänge 

wie im Einzelhandel sehr wichtig“, so 

Adamiok. 

Sparkassen grenzen sich ab 

Die EC-Karte mit dem NFC-Funkchip 

werden die Kunden im Rahmen des Kartenumtauschs 

erhalten. Mit der SparkassenCard 

mit Kontaktlos-Funktion 

können kleine Beträge berührungslos 

bezahlt werden, etwa bei Edeka und an 

Tankstellen. „Bis zu einem Betrag von 

20 Euro wird der Kunde keine PIN eingeben 

müssen“, erläutert Adamiok. 

Deutsche Mobilfunkgesellschaften arbeiten 

ebenfalls daran, ein eigenes System 

marktfähig zu machen, bisher vergeblich: 

Die beteiligte Deutsche Telekom 

räumte ein, für ein Gemeinschaftsprojekt 

dreier Mobilfunkanbieter mit dem 

Namen „mpass“ gebe es noch keinen 

Starttermin. „Weder Google noch die 

Deutschen Telekom haben ein Zahlungssystem. 

Schon deshalb grenzen sich die 

Sparkassen ab“, sagt Adamiok. 

Bisher ließ Google nichts über seine 

Markterfolge verlautbaren. Auf Nachfrage 

von SPARKASSE sagt eine Google- 

Unternehmenssprecherin, ein Launch 

von Wallet in Deutschland stehe derzeit 

nicht an. „Wir befinden uns noch in 

einem auf die USA beschränkten Feldtest. 

Daher ist es für die Beantwortung solcher 

Fragen hierzulande noch zu früh.“ �

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Durch die Abbildung eines ganzen Index weisen ETFs eine breite Risikostreuung auf. Gleichwohl sind auch ETFs mit einem gewissen Anlagerisiko behaftet. 

Anleger sollten sich bei Zeichnung und Kauf von Fondsanteilen bewusst sein, dass bei negativer Indexentwicklung die Rückzahlung unter dem Wert des 

eingesetzten Kapitals liegen kann.

12 


EIGENANLAGE 

Wer gut teilt, gewinnt 

In der Finanzkrise haben traditionelle Methoden zur Optimierung von Risiko und Ertrag versagt. 

Ein neuer Ansatz, „Risk-at-Work“ wird von der Sparkasse Hildesheim zur Steuerung ihrer Eigenanlagen 

genutzt. Ein erstes Fazit ziehen Peter Smolinski, Leiter Treasury der Sparkasse Hildesheim, 

und Dyrk Vieten, Geschäftsführer der LBB-Invest. Die Firma vertreibt und nutzt das Produkt. 

SPARKASSE: Herr Smolinski, was sind typische 

Fehler bei der Portfolio-Strukturierung 

institutioneller Anleger? 

Peter Smolinski: Üblicherweise wird 

eine Asset Liability Management Studie, 

kurz ALM-Studie, erstellt, die als Grundlage 

für die Herleitung eines optimalen 

Anlageportfolios in Bezug auf die jeweilige 

Bilanz dienen soll. Die Ermittlung 

des optimalen Portfolios erfolgt anhand 

der Portfoliotheorie. Im nächsten Schritt 

wird mithilfe des Value at Risk, VaR, der 

Risikokapitalbedarf für dieses optimale 

Portfolio ermittelt. So oder ähnlich sind 

nicht nur wir, sondern die meisten institutionellen 

Investoren ins Krisenjahr 

2008 gestartet. 

Und was passierte dann? 

Smolinski: Damals mussten wir erfahren, 

dass die erhofften Korrelationswirkungen 

zwischen den Anlageklassen 

nicht griffen. Die Volatilität, also die 

Schwankungsbreite als Gradmesser für 

das Risiko, gab zum Teil fatale Fehlsignale. 

Im Ergebnis hatte sich die Sparkasse 

Hildesheim zum Jahresende 2008 

aus einigen Anlageklassen vollständig 

verabschiedet. Eine Beteiligung an 

Markterholungen war damit unmöglich. 

Das kann die Methode 

Die Methode „Risk-at-work“ (Markenbezeichnung: 

Risk@Work“) wurde von der dem 

Unternehmen Pall Mall Investment Management 

entwickelt. LBB Invest hat im Sommer 

2011 eine exklusive Vertriebspartnerschaft 

mit PMIM für den Bereich institutionelle 

Kunden abgeschlossen. Als „kleine Firma mit 

einem wesentlichen Kundenstandbein im 

öffentlich-rechtlichen Bankensektor“ sei dies 

eine ausgezeichnete Partnerschaft, begrüßte 

PMIM-Geschäftsführer Dirk Rogowski im Juni 

den Vertragsabschluss. Das Programm: 

� leistet Risikoabschätzung für Multi-Asset- 

Portfolien. 

� misst Risiken von Kapitalanlageportfolien 

nicht nach dem Value-at-Risk-Ansatz. 

�� sucht den optimalen Risikokapitalfaktor 

für Restriktionen und bei mehrperiodischem 

Agieren zur Renditeoptimierung. 

Gleichzeitig war das vorgesehene Risikokapitalbudget 

deutlich geschrumpft. 

Herr Vieten, wie sollte eine Sparkasse 

mit dem Thema Risikokapital 

künftig umgehen? 

Dyrk Vieten: Wenn die Vermehrung 

des Risikokapitals das 

Ziel jeglicher Anlage ist, dann 

ist der Schutz des Risikokapitals 

eine unerlässliche Nebenbedingung. 

Schließlich lassen 

sich nur bei Vorhandensein von 

Risikokapital auch Überrenditen 

erzielen. Wer sein Risikokapital 

optimal verwalten will, 

hat zumindest zwei Fragen zu 

beantworten. Mit welchem Faktor 

darf ich mein Risikokapital 

maximal ins Risiko stellen, um 

ein optimales Anlageergebnis 

bezogen auf mein Risikokapital 

zu erhalten? Und mit welchem 

Faktor darf ich mein Risikokapital 

maximal ins Risiko stellen, 

um mein Risikokapital niemals 

vollständig zu verbrauchen? 

Was meinen Sie mit „Faktor“? 

Vieten: Das Risikokapital ist immer nur 

ein Bruchteil des tatsächlich 

risikobehafteten Investitionsvolumens. 

Nehmen wir einen 

Spezialfonds mit 100 Millionen 

Euro Investitionsvolumen, dem 

ein Risikokapital von fünf Millionen 

Euro zur Verfügung steht. 

In dem Fall beträgt dieser Faktor 

– wir nennen ihn Risikokapitalfaktor 

– 20. Das Risikokapital 

ist mit dem Faktor 20 übersetzt 

worden in ein risikotragendes 

Portfoliovolumen. 

Wie kommen Sie nun auf optimale 

Werte? 

Smolinski: Die Antwort auf 

diese Fragen haben wir mithilfe 

der sogenannten „Risk-at- 

Work“-Methode gefunden. Wir 

nutzen sie als Risiko-Overlay in 

unserem Masterfonds. Das Instrument 

ermittelt anhand des Risikokapitals, ob 

das Ertragsziel des Masterfonds mit den 


„Ein nach der 

Methode strukturierterPublikumsfonds 

der 

LBB-Invest wird 

auf das Depot A 

der Sparkassen 

zugeschnitten.“ 

Dyrk Vieten, 

Geschäftsführer 

LBB-Invest 

„Wir nutzen die 

neue Methode als 

Risiko-Overlay in 

unserem Masterfonds.“ 

Peter Smolinski, 

Leiter Treasury, 

Sparkasse 

Hildesheim 

zur Verfügung stehenden Anlageklassen 

erreichbar ist und welche Kombinationen 

von Anlagesegmenten für 

die Erreichung des Ertragsziels 

infrage kommen. Im Ergebnis 

werden die Risikokapitalfaktoren 

errechnet, mit denen das 

Risikokapital pro Anlageklasse 

investiert wird. Die ermittelte 

optimale Portfoliostruktur wird 

darüber hinaus im Zeitverlauf 

immer wieder hergestellt. Dadurch 

werden Gewinne in einzelnen 

Anlageklassen perma- 

nent auf das Gesamtportfolio 

verteilt und temporär schlechter 

performende Segmente aufgestockt. 

Also ein antizyklisches Vorgehen? 

Smolinski: Ja, das ist Antizyklik 

in Reinkultur. Entscheidend 

ist lediglich das insgesamt zur 

Verfügung stehende Risikokapital 

– unabhängig davon, welche 

Anlageklasse gerade Risikokapital 

hinzuverdient oder verloren hat. Bei 

unserer Methode hat die Risikosteuerung 

jederzeit das insgesamt zur Verfügung 

stehende Risikokapital als zentrale Steuerungsgröße. 

In regelmäßigen 

und von der Portfoliostruktur 

abhängigen Intervallen wird 

die optimale Marktrisikoposition 

des Portfolios entsprechend 

dem zur Verfügung stehenden 

Risikokapital angepasst. Hierfür 

haben wir ein spezielles Segment 

aufgelegt, das die Risikosteuerung 

unabhängig von den 

einzelnen Segmentmanagern 

ermöglicht. 

Ergeben sich weitere Vorteile für 

Sparkassen? 

Vieten: Die Methode kann 

einerseits für die Ermittlung 

oder Überprüfung von Asset Allokationen 

eingesetzt werden. 

Damit lässt sich etwa herausarbeiten, 

ob strategisch notwendige 

Ertragsziele überhaupt erreichbar 

sind und welche Risikokapitalbudgets 

idealerweise für bestehende Portfolien

eingesetzt werden sollten. Es geht also 

um die Vereinbarkeit von Geschäfts- und 

Risikostrategie. Andererseits kann das 

Werkzeug aber auch für die Bewertung 

der Konzentrationsrisiken der Kapitalanlagen 

auf Portfolioebene angewendet 

werden. Hier geht die Methode so vor, 

dass der Verlust ermittelt wird, der mit 

einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer 

Million auftritt. Bei der Ermittlung 

kombiniert das Programm zufällig zehn 

Millionen Mal alle möglichen Performancevergangenheiten 

abhängig von der Liquidität. 

LBB-Invest wird übrigens in Kürze einen 

Multi-Asset-Publikumsfonds auflegen, 

der nach der Risk-at-Work-Methode strukturiert 

ist. Der Fonds wird auf Depot-A-Anlagen 

in Sparkassen zugeschnitten sein. 

Man arbeitet also im Rahmen der Simulation 

ohne Normalverteilungsannahme? 

Vieten: Ja, die Normalverteilungsannahme 

spielt bei der Methode keine Rolle. 

Das sehen wir übrigens als großen Vorteil 

an, da die Normalverteilung praktisch 

nicht beobachtbar ist. Professor Mittnik 

von der Universität München hat für den 

Zeitraum Juni 1896 bis April 2011 die Frage 

untersucht, wie häufig große Tagesverluste 

im Dow Jones 30 Index theoretisch 

auftreten dürften, wenn die Normalver- 



teilung tatsächlich existierte. Er kommt 

zu dem Ergebnis, dass ein Tagesverlust 

von acht Prozent und mehr nur etwa alle 

acht Milliarden Jahre vorkommen dürfte. 

Die tatsächlich beobachtete Frequenz ist 

jedoch alle 13 Jahre. 

Wie lautet ihr Zwischenfazit? 

Smolinski: Für die Risikoüberwachung 

sind selbstverständlich sämtliche Kennzahlen 

wie VaR und Volatilität ermittel- 

und lieferbar, da wir diese ja benötigen. 

Die praktische Erfahrung hat hier gezeigt, 

dass die Einhaltung der VaR-Limite 

kein Problem darstellte. � 

Das Gespräch führte Michael Stein. 

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14 


MARKENRECHT 

Die Farbe des Geldes 

In einigen Branchen erkennen Verbraucher bestimmte Unternehmen an der Farbe. Wenn in 

solchen Fällen Wettbewerber ähnliche Farben wählen, drohen rechtliche Konflikte. Die Sparkassen 

müssen ihre rote Markenfarbe immer wieder gegen Attacken von Mitbewerbern verteidigen. 

� VON RAPHAEL LOHMILLER 

Für Unternehmen wird es immer herausfordernder, 

mit dem eigenen 

Marktauftritt nicht nur nicht in der alltäglichen 

Bilderflut unterzugehen, sondern 

auch noch eine positive Botschaft im 

Bewusstsein der Verbraucher zu verankern. 

Die Sparkassen sind auch in dieser 

Hinsicht außergewöhnlich erfolgreich. 

Unabhängige Umfragen belegen immer 

wieder, dass die Verbraucher Werte wie 

Vertrauen, Kompetenz, Verlässlichkeit 

und Verantwortung mit den Sparkassen 

assoziieren. 

Erkennungszeichen der Sparkassen 

und Sinnbild für diese Werte sind 

die Sparkassenmarken, die zu den bekanntesten 

und beliebtesten Marken in 

Deutschland zählen. Der Deutsche Sparkassen- 

und Giroverband (DSGV) ist Inhaber 

eines Portfolios an Marken, die den 

Auftritt der Sparkassen prägen. Ältestes 

Zeichen ist die Bezeichnung „Sparkasse“. 

Sie unterliegt nicht nur einem öffentlichrechtlichen 

Irreführungsschutz nach Paragraf 

40 KWG, sondern ist seit 2002 auch 

als Marke beim Deutschen Patent- und 

Markenamt (DPMA) registriert. 

Sparkassenrot hat lange Tradition 

Das Sparkassen-S – in seiner Ursprungsversion 

während der 1930er-Jahre von 

dem Wiener Plakatmaler Lois Gaigg entworfen 

– hat sich nach dem Krieg als Zeichen 

der Sparkassen durchgesetzt und 

ist seit 1979 als Marke eingetragen. Die 

Ursprünge des Sparkassenrots reichen 

ebenfalls viele Jahrzehnte zurück. Das 

klassische Kernprodukt der Sparkassen, 

das Sparkassenbuch, besaß bereits in der 

Vorkriegszeit einen roten Einband. Da- 

raus entwickelte sich Rot zur Haus- und 

Markenfarbe der Sparkassen. Seit 2007 

ist der Farbton HKS 13 beim DPMA als 

abstrakte Farbmarke geschützt. Als Farbmarke 

stellt das Rot eine rechtliche Besonderheit 

dar. Farben werden von den 

Verbrauchern nicht per se als Unterscheidungszeichen 

für Waren oder Dienstleistungen 

verschiedener Unternehmen 

erkannt. Allerdings kann in einzelnen 

Branchen eine Gewöhnung der Verbraucher 

daran eingetreten sein, Anbieter anhand 

von Farben zu unterscheiden. 

So weiß ein Autofahrer, der auf der Autobahn 

fährt und in weiter Ferne eine 

Tankstelle in blauer Gestaltung sieht, 

um welchen Mineralölkonzern es sich 

handelt, lange bevor er einen Schriftzug 

entziffern kann. Ein Nutzer von Telefondienstleistungen 

erkennt anhand von 

Magenta, Rot, Grün und Blau, mit welchem 

Betreiber er es zu tun hat. Während 

die Schokolade eines Herstellers stets 

quadratisch ist, erscheint diejenige eines 

anderen immer in Lila. Auch Juristen, 

Landwirte und Gärtner beispielsweise 

können anhand der Farbe einiger ausgewählter 

Arbeitsmittel sagen, aus welchem 

Hause sie stammen. 

Ebenso verhält es sich im Retailbankensektor 

in Deutschland – auch dieser 


Markt ist durch die großen Anbieter farbkodiert. 

Die Genossenschaftsbanken sind 

blau/orange, die Postbank blau/gelb, die 

Commerzbank gelb, die Dresdner Bank 

war vor ihrer Übernahme durch die Commerzbank 

grün. Die Sparkassen sind rot. 

Jede Bank hat ihre Farbe 

Infolge des langjährigen und intensiven 

Rot-Einsatzes der Sparkassen wissen ihre 

Kunden beispielsweise, dass sie, wenn 

sie in einer fremden Umgebung einen 

Geldautomaten zur entgeltfreien Bargeldbeschaffung 

suchen, nach einem 

roten Schild Ausschau halten müssen. 

Für dieses Wissen der Verbraucher gibt 

es Belege: In Untersuchungen, welche die 

strengen Kriterien der Rechtsprechung 

an demoskopische Rechtstatsachenforschung 

erfüllen, ist wiederholt nachgewiesen 

worden, dass eine deutliche 

Mehrheit der Befragten die Farbe Rot im 

Retailbanking zutreffend mit den Sparkassen 

in Verbindung bringt. Dies war 

schließlich die Grundlage für die Eintragung 

der Farbmarke Rot durch das DPMA. 

Das Markengesetz gibt einem Markeninhaber 

verschiedene Rechte, um sich 

gegen Markenverletzungen zur Wehr zu 

setzen, insbesondere Unterlassungs-, 

Beseitigungs- und Schadensersatzan- 

Untersuchungen haben nachgewiesen, 

dass eine deutliche Mehrheit der Befragten 

die Farbe Rot im Retailbanking mit den 

Sparkassen in Verbindung bringt.

sprüche. Voraussetzung dafür ist – verkürzt 

ausgedrückt –, dass zwischen der 

geschützten Marke und einem fremden 

Zeichen Identität oder Verwechslungsgefahr 

sowie Branchenidentität oder -nähe 

besteht. Ferner muss das fremde Zeichen 

überhaupt als Hinweis auf Waren oder 

Dienstleistungen eines Unternehmens 

geeignet sein. 

Letzteres bedeutet im Fall einer Farbmarkenverletzung: 

Wird die geschützte 

Farbe von dem anderen Unternehmen 

lediglich als „schmückendes Beiwerk“ 

verwendet oder wird der Verbraucher 

ein Produkt allein aufgrund der Farbgestaltung 

einem Unternehmen zuordnen? 

Das Erfordernis der Branchenidentität 

oder -nähe sorgt ebenfalls für eine 

Eingrenzung des Einsatzbereichs von 

Farbmarken: Aus der Tatsache, dass die 

Verbraucher Rot im Bereich des Retailbankings 

mit den Sparkassen verbinden, 

folgt nicht, dass der DSGV beispielsweise 

auch einem bekannten Reiseverkehrsunternehmen 

oder einem Mobilfunkanbieter 

die Verwendung von Rot als Haus- 

und Markenfarbe untersagen könnte. 

Trittbrettfahrer werden verfolgt 

Und schließlich muss der von dem fremden 

Unternehmen eingesetzte Rotton 

dem Sparkassenrot zumindest ähnlich 

sein. Eine völlige Übereinstimmung ist 

nicht notwendig, denn Farbtöne wirken 

etwa auf dem Untergrund einer 

Hochglanzbroschüre anders als auf Zei- 



Kennen Sie die Marke? Die meisten Verbraucher bemerken bereits aufgrund der Farben und weniger Gestaltungdetails, um welche Marke es 

sich handelt – Blau steht beispielsweise für Aral-Benzin, die Farbe Magenta für den Telekom-Konzern und Lila für Milka-Schokolade. FOTOS: DPA 

tungspapier, Bildschirmen oder einer 

Leuchtschrift. Außerdem begegnen dem 

Verbraucher die konkurrierenden Farbtöne 

selten im direkten Vergleich und er 

ist auf sein Erinnerungsvermögen angewiesen. 

Dies ist jedoch hinsichtlich von 

Farbtönen nicht ausgeprägt differenziert. 

All diese rechtlichen Fragen werden 

bei der Verteidigung der Farbmarke Rot 

des DSGV praktisch relevant. Dabei war 

der Verband bereits in einer ganzen Reihe 

von Fällen erfolgreich. Verschiedene 

Landgerichte haben anderen Unternehmen 

aus dem Finanzbereich konkrete 

Verwendungsformen des Sparkassenrots 

per einstweiliger Verfügung untersagt. � 

Aktueller Fall Santander: Beim Farbmarkenstreit geht es auch um Verbraucherschutz 

Zurzeit beschäftigt die Gerichte der Fall der 

deutschen Tochter des spanischen Bankkonzerns 

Santander. Dieser hatte Ende 2004 

bei der CC-Bank das Corporate Design des 

Mutterkonzerns eingeführt. Dies ist – ebenso 

wie bei den Sparkassen – durch rote Farbflächen, 

weiße Schrift und einen speziellen 

Aufbau des Unternehmenslogos geprägt. Der 

Santander-Farbton ist mit bloßem Auge kaum 

vom Sparkassenrot zu unterscheiden. Nachdem 

Santander zu keinen Änderungen bereit 

war, die eine stärkere Differenzierung zu den 

Sparkassen ermöglicht hätten, blieb dem DSGV 

schließlich nur übrig, zu klagen. 

In dem Gerichtsverfahren stützt sich Santander 

unter anderem auf das Argument, die europäische 

Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit 

erlaube es, in jedem Land der EU so auftreten 

zu dürfen wie im eigenen Heimatmarkt. 

Diese Brücke trägt jedoch nicht: Der Schutz des 

geistigen Eigentums ist durch Artikel 36 des 

Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen 

Union anerkannt – und zwar auch im 

Hinblick auf nationale Schutzrechte. Die Schwäche 

der Argumente von Santander zeigt sich an 

einem unauflösbaren Widerspruch: Einerseits 

wird behauptet, Rot werde nicht als Marke, 

sondern lediglich als „schmückendes Beiwerk“ 

verwendet. Andererseits beharrt Santander 

darauf, der einheitliche Einsatz von Rot im 

Konzern sei unverzichtbar. Vor einigen Jahren 

hatte Santander sogar selbst erfolglos versucht, 

beim Europäischen Harmonisierungsamt für den 

Binnenmarkt markenrechtlichen Schutz für die 

Farbe Rot zu erlangen. Dies gilt in gleicher Weise 

für Spanien, wo Santander im vergangenen Jahr 

noch eine Farbmarkenanmeldung beim dortigen 

Markenamt eingereicht hat. Daher ist es nur konsequent, 

dass das Landgericht Hamburg dieser 

Argumentation in erster Instanz einen Riegel 

vorgeschoben und diverse konkret bezeichnete 

Verwendungsformen von Rot untersagt hat (das 

Urteil ist nicht rechtskräftig). In der Folge wird 

Santander seinen Auftritt umstellen und eine 

Der Autor ist Jurist beim DSGV. 

stärkere Differenzierung herbeiführen müssen. 

Damit werden nicht nur die erheblichen 

Investitionen der Sparkassen in ihren roten 

Marktauftritt, sondern auch die Verbraucher 

vor Irreführung geschützt. Angesichts des 

wachsenden Filialnetzes von Santander – gerade 

erst wurde das deutsche Privatkundengeschäft 

der skandinavischen SEB übernommen 

– mehren sich die Fälle, in denen Kunden erst 

in der Geschäftsstelle bewusst wird, dass sie 

sich nicht bei einer Sparkasse befinden. Die 

Farbverwirrung im Retailmarkt geht damit auch 

zu Lasten der Transparenz. 

Ähnlichkeiten sind nicht zu leugnen: Der DSGV und die spanische Bank Santander 

sehen sich daher vor Gericht. FOTO: DPA, DSGV

16 

FINANZGRUPPE 

RECRUITING – INTERVIEW 

Absolventen 

begeistern 

Leistungsfähige Akademiker kommen nicht von allein zu ihrem 

Arbeitgeber. Wie die DekaBank die richtigen Absolventen für 

sich gewinnt und was Sparkassen im Personalbereich tun 

können, erklärt Personalchef Siegbert Weissbrodt. 

SPARKASSE: Herr Weissbrodt, lassen Sie uns 

gleich über Zahlen sprechen: Wie hoch ist die 

Akademikerquote in der DekaBank? 

Siegbert Weissbrodt: Die Akademikerquote 

in der DekaBank ist in den 

vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 

Wir sind 2008 bei 49,3 Prozent gestartet 

und liegen jetzt bei knapp 54 Prozent. 

Daran lässt sich der Trend sehr 

gut erkennen. Ich gehe davon aus, dass 

aufgrund der Spezialisierung unseres 

Hauses die Anforderungen weiter steigen 

und der Anteil an Hochschulabsolventen 

noch größer wird. 

Innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe ist 

das eine sehr hohe Akademikerquote. Im 

Schnitt liegt sie bei nur 12,4 Prozent. Wie 

kommt es zu diesem Unterschied? 

Weissbrodt: Das liegt daran, dass wir 

als Fondsgesellschaft ein besonderes Geschäftsmodell 

haben. Im Fondsmanagement, 

im Research, im Risikomanagement 

und auch im IT-Bereich werden 

heute Hochschulabschlüsse erwartet. Ein 

Retailgeschäft und einen Servicebereich 

haben wir ja nicht. Bei uns sind daher insbesondere 

Spezialisten gefragt. 

Wie schwierig ist für Sie der sogenannte War 

for Talents mit den Privatbanken, die Sie hier 

in unmittelbarer Nachbarschaft haben? 

Weissbrodt: Hier am Finanzplatz 

Frankfurt befinden wir uns tatsächlich 

im direkten Wettbewerb mit den Privatbanken. 

Daraus resultiert auch eine etwas 

höhere Fluktuation als in anderen 

Städten. Wir versuchen deshalb, uns als 

Arbeitgeber konsequent zu positionieren, 

indem wir attraktive Rahmenbedingungen 

und Entwicklungsmöglichkeiten 

für die Mitarbeiter schaffen. Denn nicht 

nur das Einstiegsgehalt ist ausschlaggebend 

für einen jungen Hochschulabsol- 

venten, sondern auch die Perspektive, 

Führungskraft zu werden oder als Fachexperte 

Karriere zu machen. Nicht zuletzt 

ist eine gute Balance zwischen Arbeit und 

Privatleben für viele Mitarbeiter ein wichtiges 

Kriterium, sich für oder gegen ein 

Unternehmen zu entscheiden. 

Ganz unwichtig ist sicher auch das Gehalt 

nicht. Gerade, was die viel diskutierten Boni 

angeht, werden Absolventen bei den Privatbanken 

sicher die größeren Chancen wittern. 

Weissbrodt: Das Thema Vergütung ist immer 

ein großes Thema und darf keinesfalls 

vernachlässigt werden, um wettbewerbsfähig 

zu bleiben. Aber gerade Hochschulabsolventen 

können wir eben auch mit 

anderen Vorteilen überzeugen. So bieten 

wir etwa ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement 

an, zahlreiche Maßnahmen 

zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- 

und Privatleben oder eine Vielzahl unterschiedlicher 

Arbeitszeitmodelle. Diese 

Angebote werden ständig aktualisiert, 

ausgebaut und verbessert, damit wir als 

attraktiver Arbeitgeber am Markt wahrgenommen 

werden. So haben wir im vergangenen 

Jahr auch eine externe Mitarbeiterberatung, 

das so genannte Employee 

Assistance Program (EAP), eingeführt. 

Was verbirgt sich dahinter? 

Weissbrodt: Hinter der Mitarbeiterberatung 

EAP verbirgt sich ein neutraler, 

externer Dienstleister, der für alle Mitarbeiter 

und ihre Familienangehörigen Unterstützung 

bei Sorgen und Krisen bietet. 

Denn wir wissen: Die psychischen Belastungen, 

die in vielen Bereichen der Wirtschaft 

zu erkennen sind, kommen auch 

bei uns vor. Der Druck am Arbeitsplatz 

nimmt zu, bis zum Burnout-Syndrom. 

Wir bieten den Mitarbeitern daher über 

dieses Progamm externe, professionelle

FOTOS: MARTIN JOPPEN

18 

FINANZGRUPPE 

Hilfe an, wenn sie sich im Berufs-, aber 

auch im Privatleben überfordert fühlen. 

Unsere Erfahrungen damit sind sehr gut. 

Neben den von Ihnen genannten Vorzügen 

hat die DekaBank auch ein ganz anderes 

Image als die stark in die Kritik geratenen 

Privatbanken. Haben sich nach der Finanzkrise 

die Werte der Absolventen verschoben? 

Weissbrodt: Wir stellen in der Tat fest, 

dass für die Bewerber das ethische und 

moralische Handeln von Vorständen 

und Führungskräften, aber auch das 

gesellschaftliche Engagement von Unternehmen 

zunehmend eine größere 

Rolle spielt. Sie fragen etwa danach, ob 

ein Unternehmen nachhaltige Produkte 

anbietet. So haben wir vor kurzem auch 

einen Ethikkodex verabschiedet, um hier 

eindeutig, auch nach außen, Farbe zu bekennen. 

Die S-Finanzgruppe ist mit ihrer 

soliden Ausrichtung dem Gemeinwohl 

verpflichtet und damit gerade in der momentanen 

Krisenzeit für viele Bewerber 

attraktiver als eine Investmentbank. Da 

sind wir auf jeden Fall im Vorteil. 

Werden auch die Sparkassen künftig mehr 

Akademiker benötigen? 

Weissbrodt: Das hängt sicherlich vom 

Geschäftsmodell der einzelnen Sparkasse 

und ihrer Ausrichtung ab. Legt sie 

etwa großen Wert auf das Private Banking 

oder hat viele Firmenkunden mit 

internationaler Ausrichtung, entstehen 

hier sicher zunehmend anspruchsvolle 

Jobs, bei denen eine höhere Ausbildung 

erforderlich sein kann. Zudem gibt es 

bei den Sparkassen nach wie vor die 

Tendenz zu Fusionen und größeren Einheiten. 

Auch dadurch werden sicher immer 

mehr Positionen entstehen, die für 

Akademiker interessant sind – sei es im 

Risikomanagement oder aber in der Vermögensberatung. 

Wie kommen die Sparkassen an die Absolventen 

heran? 

Weissbrodt: Das Beste ist, an den Hochschulen 

Präsenz zu zeigen und auch die 

Zusammenarbeit mit ihnen zu suchen – 

beispielsweise wenn es um Praktikumsplätze 

oder Hochschulmessen geht. Es 

können sich auch mehrere Sparkassen 

zusammentun, Kooperationen aufbauen 

und gemeinsame Events organisieren, 

um für geeignete Bewerber sichtbar zu 

sein. Hochschulabsolventen kommen 

nicht von alleine. Das genaue Gegenteil 

ist der Fall: Man muss immer am Ball bleiben 

und an seiner Attraktivität als Arbeitgeber 

arbeiten. Sicher ist auch hier die 

Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein 

wichtiges Thema. 

Ist für die DekaBank auch die Sparkassen– 

akademie ein wichtiger Ort, um neue Mitarbeiter 

zu rekrutieren? 

Weissbrodt: Wir haben Kontakte zur 

Deutschen Sparkassenakademie mit ih- 

Zur Person 

Siegbert Weissbrodt (53, Foto), ist seit Mai 

2009 Personalchef der DekaBank. Seine Ausbildung 

absolvierte er bei der Kreisspar kasse 

Herford. Mehr als zehn Jahre war er dort in der 

Kundenberatung tätig. Nach seiner Ausbildung 

zum Sparkassenbetriebswirt wechselte 

Weissbrodt als hauptamtlicher Dozent an die 

Sparkassenakademie in Münster. Die nächsten 

beruflichen Stationen innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe 

waren die Stadtsparkasse 

rem Lehrinstitut und auch zu der Eberle- 

Butschkau-Stiftung, die den Kontakt 

zu Studierenden hält, die zuvor in der 

Sparkassen-Finanzgruppe gearbeitet haben 

und im Idealfall auch wieder zu uns 

zurückkehren. Die Absolventen sind uns 

als Bewerber herzlich willkommen. Aber 

wir haben auch zu anderen Hochschulen 

und Lehrstühlen Kontakt. 

Welche Rolle spielt die duale Ausbildung? 

Weissbrodt: Die duale Ausbildung, also 

die Kombination aus Studium und Ausbildung, 

halte ich für sehr gut. Bei diesem 


Dresden, die Landesbank Sachsen und die 

Landesbank Hessen-Thüringen, wo Weissbrodt 

jeweils Managementaufgaben mit Schwerpunkt 

Personalentwicklung verantwortete. 

Anschließend führte er bei der Mapa in Zeven, 

einem Unternehmen im Total-Konzern, fünf 

Jahre die Einheit Human Resources Management. 

Im Jahr 2005 wechselte Weissbrodt zur 

NordLB und war dort Leiter der Hauptabteilung 

Personal. 

Modell hat man durch die Ausbildung 

von Anfang an eine direkte Verbindung 

zum Unternehmen und trotzdem eine 

akademische Ausbildung. Unserer Erfahrung 

nach ist dies ein effizientes Modell, 

um Theorie und Praxis miteinander zu 

verzahnen und den Einstieg ins Berufsleben 

gut ausgebildet zu gestalten. Das 

ist ein Punkt, der in Deutschland generell 

verbessert werden kann. Wir benötigen 

Systeme, die es sehr viel schneller und 

effizienter ermöglichen, in das Berufsleben 

einzutreten. Die duale Ausbildung, 

wie sie etwa an der Berufsakademie, aber

„Die Präsenzkultur 

von früher ist heute 

nicht mehr notwen- 

dig. Wir wollen 

jungen Leuten Raum 

geben, sich zu 

entfalten und 

auszuprobieren“ 

Siegbert Weissbrodt, 

Personalchef DekaBank 

auch an anderen Hochschulen bereits 

etabliert ist, ist dafür sehr gut geeignet. 

Unseren IT-Nachwuchs bilden wir daher 

in Kooperation mit der Dualen Hochschule 

Baden-Württemberg (DHBW) aus. Und 

besonders erfolgreiche Auszubildende 

fördern und binden wir durch ein berufsbegleitendes 

Studium an der Frankfurt 

School of Finance oder auch an der Hochschule 

der S-Finanzgruppe. 

Wie vermitteln Sie die Werte der Sparkassen- 

Finanzgruppe an Mitarbeiter, die diese nicht 

schon während ihrer Ausbildung aufgesogen 

haben? 

Weissbrodt: Das betrachte ich als eine 

der großen Herausforderungen für unsere 

Führungskräfte. Denn der vertrauensvolle 

und wertschätzende Dialog 

zwischen Führungskraft und Mitarbeiter 

spielt eine zentrale Rolle bei der Vermittlung 

dieser Werte. Das ist auch ein entscheidender 

Punkt bei der Umsetzung 

einer Unternehmenskultur, die stark auf 

Nachhaltigkeit und Werte abstellt. 

Werden die Führungskräfte dabei unterstützt? 

Weissbrodt: Wir haben im Jahr 2010 

eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt, 

die uns Hinweise darauf gegeben hat, wo 

wir genau ansetzen müssen, wenn wir 

unsere Führungskultur weiter verbessern 

wollen. Daraufhin haben wir ein 

großes Programm „Initiative Führung“ 

aufgesetzt, um alle Führungskräfte zu 

trainieren und ihnen die richtigen Impulse, 

Hinweise und Führungsinstrumente 

an die Hand zu geben, mit denen 

sie das gewünschte Führungsverhalten 

auch umsetzen können. 

Wie hat sich die DekaBank auf den demografischen 

Wandel eingestellt? 

Weissbrodt: Wir haben schon vor Jahren 

ein Konzept aufgelegt, mit dem wir 

dem drohenden Fachkräftemangel begegnen. 

Dazu gehört ein ganzheitliches 

Gesundheitsmanagement mit einem firmeneigenen 

Fitnesscenter, Ernährungsberatung 

oder Vorsorgeuntersuchungen 

für Führungskräfte. Damit wollen wir die 

richtigen Rahmenbedingungen für die 

Gesunderhaltung unserer Mitarbeiter 

schaffen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist 

die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. 

Hier unterstützen wir Eltern mit Krippen- 

und Kindergartenplätzen, Notfallbetreuung 

und Ferienprogrammen. Dazu 

gehören auch Beratungsangebote zum 

Thema pflegebedürftige Angehörige und 

flexible Arbeitszeitmodelle, bei denen 

die Mitarbeiter auch von zu Hause aus 

arbeiten können. Die Präsenzkultur von 

früher ist heute nicht mehr notwendig. 

Wir wollen jungen Leuten Raum geben, 

sich zu entfalten und auszuprobieren. All 

das gehört zu unserem Gesamtkonzept, 

das wir lebenszyklusorientierte Personalentwicklung 

nennen und für das wir 

auch schon ausgezeichnet wurden. Es 

geht davon aus, dass man in der Anfangsphase 

des Berufslebens andere Entwicklungsmaßnahmen 

benötigt als mit 40, 45 

oder 50 Jahren. So unterstützen wir unsere 

Mitarbeiter mit Seminaren und Trainings 

gezielt für die jeweilige berufliche 

und persönliche Lebensphase. 

Wie hoch ist der Frauenanteil bei der Deka- 

Bank? 

Weissbrodt: Wir haben einen Frauenanteil 

von 41,6 Prozent. Auf den drei oberen 

Führungsebenen – inklusive Vorstand – 

liegt der Anteil zur Zeit bei 15,8 Prozent. 

Das ist durchaus verbesserungsfähig, obwohl 

der Trend leicht ansteigend ist. Deshalb 

werden wir auch in diesem Jahr unseren 

Gleichstellungsplan aktualisieren, 

um den Anteil von Frauen in Führungspositionen 

nochmals zu erhöhen. Wir 

denken, dass wir damit in fünf bis sieben 

Jahren gute Ergebnisse erzielen. 

Werden Sie eine Quote einführen, wie es die 

Deutsche Telekom getan hat? 

Weissbrodt: Diesen Weg wollen wir 

nicht gehen. Das ergibt unserer Ansicht 


FINANZGRUPPE 19 

nach keinen Sinn. Wir denken lieber darüber 

danach, wie wir von unten aufbauend 

kontinuierlich eine bessere Balance 

zwischen Männer- und Frauenanteil 

erzielen können, und achten darauf besonders 

auch bei den Neueinstellungen. 

Das kann durchaus mit einer klaren 

Zielsetzung verbunden sein, aber nicht 

mit einer harten Quote. Man tut damit 

unserer Ansicht nach auch den Frauen 

keinen Gefallen, denn ob Frauen in die 

Chef etagen kommen, hängt ja auch stark 

von der Entscheidung der einzelnen Frau 

ab. Und hier sehen wir momentan einen 

großen Engpass. 

Warum drängen Frauen nicht so stark in Führungspositionen? 

Weissbrodt: Die Ursachen sind sicher 

vielfältig und sehr individuell. Einerseits 

ist es wohl eine Frage der Rahmenbedingungen 

wie etwa der Kinderbetreuung. 

Wenn wir hier keine passenden Angebote 

hätten, wäre es sicher noch schwieriger. 

Auf der anderen Seite aber sind 

auch Opfer mit einer Führungsposition 

verbunden – nämlich eine hohe zeitliche 

Beanspruchung und weniger geregelte 

Arbeitszeiten. Das sind alles Dinge, die 

zur familiären Situation passen müssen 

und für die man letztlich auch einen Partner 

braucht, der dahinter steht. Was bei 

der DekaBank noch erschwerend hinzukommt: 

Ein Großteil unserer Mitarbeiter 

kommt aus dem mathematischen oder 

naturwissenschaftlichen Bereich, und 

in diesen Studienfächern gibt es einfach 

nach wie vor mehr Männer als Frauen. 

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20 

FINANZGRUPPE 

Was sind Ihre wichtigsten Kriterien bei der 

Auswahl von Akademikern? 

Weissbrodt: Neben der fachlichen Basis 

setzen wir stark auf die persönlichen 

Eigenschaften wie Vertrauen, Teamfähigkeit 

und Einsatzbereitschaft. Für mich 

zählt dabei auch besonders die Leidenschaft. 

Wer mit Leidenschaft an eine Aufgabe 

herangeht, hat den Erfolg schon zur 

Hälfte in der Tasche. Aber wie finde ich 

das heraus? Einerseits durch gut strukturierte 

Auswahlgespräche und professionelle 

Assessment Center, andererseits 

aber auch durch ein gewisses Bauchgefühl. 

Eine erfahrene Personalfachkraft 

merkt sofort, ob jemand Leidenschaft 

mitbringt oder nicht. 

Solche Qualifikationen kann man nur schwer 

an den Bewerbungsunterlagen erkennen. 

Wie wählen Sie aus den schriftlichen Bewerbungen 

aus? 

Weissbrodt: Ich schaue mir sehr gut an, 

was jemand gemacht hat. Und auch hier 

geht es nicht nur um das Studienfach 

und die Noten. Die wichtigen Fragen lauten 

viel mehr: Hat der Bewerber Praktika 

gemacht und welche? Wo liegen die privaten 

Interessen? Wo hat er gearbeitet? 

Sehr interessant ist dabei das private, 

möglicherweise ehrenamtliche Engagement 

– etwa im Sport. Wenn jemand beispielsweise 

einen Übungsleiterlehrgang 

absolviert hat, zeigt er damit soziale Verantwortung. 

Aus einem solchen Mosaik 

lässt sich schon sehr viel herauslesen. 

Haben Sie auch Bewerber von Privatbanken? 

Weissbrodt: Ja, auch von Investmentbanken. 

Stimmt es, dass Mitarbeiter mit diesem 

Hintergrund ihren Arbeitgeber sehr schnell 

wechseln? 

Weissbrodt: Das würde ich so pauschal 

nicht sagen. Wir müssen daher im Vorstellungsgespräch 

herausfinden: Warum 

bewirbt sich jemand von einer Großbank 

weg? Warum will er zur Sparkassen- 

Finanzgruppe? Oder zur DekaBank? Wie 

sieht seine Motivationslage aus? Das 

gilt es, zu erkennen, zu analysieren und 

auszuleuchten. Da geht es dann in den 

Gesprächen durchaus auch um Themen, 

die nicht direkt mit dem Arbeitsalltag zu 

tun haben, sondern mit der Persönlichkeit 

insgesamt. Wir filtern die Werte heraus, 

die jemand hat und wie er sie in der 

Vergangenheit gelebt hat. Wenn jemand 

zu uns passt, so unsere Erfahrung, kann 

man von Mitarbeitern aus einem anderen 

Umfeld auch sehr viel lernen. 

Haben Sie ein Beispiel dafür? 

Weissbrodt: Mitarbeiter von privaten 

Finanzdienstleistern, die mit der ethischmoralischen 

Einstellung ihres Arbeitgebers 

nicht einverstanden sind, können 

unsere Gruppe durchaus bereichern, 

wenn sie ordentlich ausgebildet sind und 

sich an unseren Werten ausrichten. Denn 

viele sind so geschult, dass sie nicht nur 

gut und kundenorientiert beraten wollen, 

sondern sehr viel stärker auch die 

vertrieblichen Aspekte im Auge haben. 

Man kann also auch von Mitarbeitern lernen, 

deren frühere Arbeitgeber nicht das beste 

Image haben? 

Weissbrodt: Richtig, nur an dem Image 

des Arbeitgebers kann ich es nicht festmachen. 

Ich muss die Menschen betrachten, 

die mit ihrer persönlichen und 

moralischen Einstellung letztlich den 

Unterschied ausmachen. Denn da gibt 

es durchaus den einen oder anderen 

Bewerber, der es mit seinem Gewissen 

eben nicht vereinbaren kann, wenn er 

einer Rentnerin einen Bausparvertrag 

verkaufen soll, den sie gar nicht gebrauchen 

kann. Wenn ein solcher Kandidat 

seinen Arbeitgeber wechseln möchte, 

dann sollten wir uns nicht zu fein sein, 

und uns nicht nur im eigenen Dunstkreis 

bewegen, sondern auch mal über den 

Tellerrand hinausschauen. 

Die Sparkassen-Finanzgruppe kann also 

frischen Wind von außen vertragen? 

Weissbrodt: Egal wo, das kann nie schaden. 

Wichtig ist bei der Entscheidung für 

oder gegen einen Bewerber generell, dass 

man sich vor Augen hält, wie wichtig 

eine Einstellungsentscheidung auch aus 

betriebswirtschaftlicher Sicht ist. Denn 

wenn wir jemanden engagieren, der nach 

einem Jahr nicht erfolgreich ist, ist das 

richtig teuer. Viele Entscheider machen 

sich das gar nicht bewusst. Wenn wir bei 

der DekaBank jemanden einstellen, wollen 

wir sicher gehen, dass er nicht nur für 

ein Jahr bleibt, sondern für eine längere 

Zeit. Also stellen wir so gut wie möglich 

sicher, dass er nicht nur eine Durchlaufposition 

sucht. 

Sie selbst haben als Auszubildender bei der 

Sparkasse Herford angefangen und bei der 

Akademie eine Ausbildung zum Sparkassenbetriebswirt 

absolviert. Glauben Sie, dass 

dieser Werdegang für Ihre Position heute 

noch typisch ist? 

Weissbrodt: Ich bin den damals klassischen 

Ausbildungsweg gegangen und 

habe mich in verschiedenen Funktionen 

– auch in der Industrie – und über 

erfolgreiche Projektarbeit weiterentwickelt. 

Das ist heute eher untypisch. 

Ohne Hochschulabschluss eine Führungsposition 

zu erreichen, ist fast ausgeschlossen. 

Für mich zählen aber nach 

wie vor Engagement, Wertebewusstsein 

und Leidenschaft unbedingt dazu. Das 

ist mir sogar wichtiger als eine 1,0 im 

Hochschul zeugnis. � 

Das Interview führte Andrea Bittelmeyer. 


RECRUITING II 

Gefragter 

Nachwuchs 

Nach Zweifeln an den 

Bachelor- und Master- 

Studiengängen hat sich 

die Finanzwirtschaft an die 

neuen Hochschulexamina 

gewöhnt. Allerdings werden 

die Unterschiede zwischen 

den beiden Abschlüssen 

zunehmend spürbar. 

� VON HORST PETER WICKEL 

Bei der Hamburger Sparkasse wurden 

bereits viele Hochschulabsolventen 

mit Bachelor-Abschluss eingestellt. Und 

„die Zahl der Bewerber ist steigend“, bestätigt 

Haspa-Sprecher André Grunert: 

„Die Absolventen zeichnen sich durch 

eine hohe Motivation aus, die Lehre in 

die Praxis umzusetzen.“ Am liebsten ist 

es den Personalverantwortlichen bei 

der Haspa allerdings, wenn leistungsfähige 

Abiturienten gleich bei ihrem 

Start in das Berufsleben die Möglichkeit 

nutzen, Ausbildung und Studium zu 

kombinieren. 

Grunert erklärt: „Eine Möglichkeit ist 

parallel zur Bankausbildung ein dreijähriges 

Studium mit dem Abschluss 

zum Bachelor of Arts an der HSBA Hamburg 

School of Business Administration 

zu absolvieren.“ Als Alternative bietet 

die Sparkasse in der Elbmetropole ein 

duales Studium an der Sparkassen- 

Hochschule, bei dem die Studierenden 

neben dem Abschluss als Bankkauffrau 

oder Bankkaufmann als „Bachelor of 

Science“ ihre Lehrzeit beenden. „Gleichzeitig 

eröffnen sich beste Karriere- und 

Übernahmechancen bei der Haspa“, 

sagt Grunert. 

Bachelor gelten als praxisfern 

Im so genannten Bologna-Abkommen 

hatten sich Bildungsminister von rund 

50 Ländern darauf geeinigt, einen einheitlichen 

europäischen Hochschulraum 

zu schaffen. Durch vergleichbare 

Studiengänge sollte damit die Mobilität 

von Studierenden, Absolventen, 

Hochschullehrern und Wissenschaft-

lern verbessert werden. In einer Regelstudienzeit 

von drei bis vier Jahren 

führt das Bachelor-Studium zu einem 

ersten berufsqualifizierenden 

Hochschul abschluss. Studienziel 

ist dabei der Erwerb grundlegender 

Kenntnisse und Fähigkeiten 

für einen schnellen 

Berufseinstieg. Erst mit einem 

zweiten anwendungs- und forschungsorientiertemHochschulabschluss 

zum Master 

wird das erworbene Wissen 

und Können dann vertieft und 

verbreitert. Master-Abschlüsse 

berechtigen grundsätzlich zu 

einer Promotion an einer Universität. 

Vor allem die Praxisferne 

bleibt bei den jungen Bachelors 

allerdings ein Hauptproblem. 

Nach Angaben von Elfriede 

Eberl, Referentin für Innovation, 

Hochschulen und neue Technologien 

an der Industrie- und 

Handelskammer in Nürnberg, 

wurde der Praxisanteil während 

des Studiums an den Hochschulen deutlich 

reduziert. Eine vollständige Berufsbefähigung 

können die Studierenden 

„Je analytischer, je 

stärker sie sich in 

Nischen aufhalten, 

desto häufiger 

wird der Master 

verlangt.“ 

Ingolf Jungmann, 

Vizepräsident der 

Frankfurt School of 

Finance & 

Management 

deshalb nach ihrer Einschätzung kaum 

erreichen. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer 

der Vbw, Vereinigung der 

Bayerischen Wirtschaft, stellt 

fest, „dass viele Studierende zu 

Recht Verschulung, gestiegenen 

Prüfungsdruck und mangelnde 

Praxisrelevanz kritisieren“. 

„Vom Grundsatz her reicht 

ein Bachelor“, sagt Ingolf Jungmann, 

Vizepräsident der Frankfurt 

School of Finance & Management, 

aber das gelte nicht 

für alle Bereiche. In der Praxis 

ist nach seinen Bobachtungen 

etwas anderes passiert: „Über 

50 Prozent der Bachelor-Absolventen 

machen weiter. Das geht 

aber nicht so sehr auf die Arbeitgeber 

zurück, sondern auf 

das Marktumfeld. Wenn keine 

attraktiven Jobs für Bachelor- 

Absolventen in der Finanzwirtschaft 

vorhanden sind, weicht 

ein Teil der Studenten aus und 

qualifiziert sich weiter.“ Vor 

allem für vertriebsorientierte 

Einheiten reicht ein Bachelor nach Jungmanns 

Meinung aus: „Je analytischer, je 

stärker sie sich in Nischen aufhalten, des- 


FINANZGRUPPE 21 

Im Wintersemester 2010/2011 hat die Zahl 

der Einschreibungen an deutschen 

Hochschulen mit rund 2,22 Mio. Studierenden 

einen Höchststand erreicht – das waren 

rund 96.000 mehr Studierende als im 

vorangegangenen Winterhalbjahr. Das 

Durchschnittsalter der Studierenden lag 

2010/2011 unverändert bei 25,3 Jahren. 

GRAFIK: DPA 

to häufiger wird der Master verlangt“, 

sagt Jungmann. Zahlreiche Finanzdienstleister 

meinen, dass Bachelors in 

der Regel die praktischen Erfahrungen 

fehlten. „Wir bevorzugen Masterabsolventen, 

da diese mehr Fachwissen und 

ein tieferes Verständnis ihres Studiengebietes 

mitbringen“, bestätigt Udo 

Schwickal von der Teambank. Bei der 

Düsseldorfer Ergo-Versicherungsgruppe 

wird deutlich unterschieden. Mitarbeiter 

mit Bachelorabschluss arbeiten 

bei Ergo lediglich auf Sachbearbeiter- 

und Referentenebene, für die Führungslaufbahn 

halten die Versicherer einen 

Masterabschluss für unbedingt erforderlich. 

Bedarf an Absolventen steigt weiter 

Grundsätzlich halten Personalexperten 

die Einstiegschancen in der Branche 

weiterhin für gut. Studien wie „Jobtrends 

2011“ des Staufenbiel-Instituts 

rechnen damit, dass der Bedarf an Wirtschaftsabsolventen 

bei Banken und 

Versicherungen deutlich stärker steigen 

wird als in anderen Branchen. So ergab 

auch eine Untersuchung des Zentrums 

für Hochschulforschung an der Universität 

Kassel, dass sich auch Bachelor- 

Absolventen kaum Sorgen machen 

müssen. Drei von fünf jungen Bachelors 

der Fachhochschulen entschieden 

sich der Untersuchung zufolge für eine 

Berufs tätigkeit und verzichteten auf den 

Master-Abschluss. 

Nach Angaben der Studie sei die Arbeitslosigkeit 

von Bachelor-Absolventen 

18 Monate nach Studienende mit drei 

Prozent genauso gering wie die der 

anderen Abschlussgruppen. Auch die 

Suchzeiten von Bachelor-Absolventen 

seien kurz: Durchschnittlich 3,2 Monate 

nach ihrem Abschluss hätten sie bereits 

eine Stelle gefunden. Um zu einer ersten 

Anstellung nach dem Studienabschluss 

zu gelangen, müssen Hochschulabsolventen 

einer aktuellen Studie des 

Marktforschungsunternehmens „Ears 

and eyes“ zufolge allerdings einiges 

tun – im Schnitt müssten Wirtschaftsund 

Rechtswissenschaftler 26,2 Bewerbungen 

verschicken, ehe es mit dem ersten 

Job klappt. 

�

22 

MANAGEMENT 

RECRUITING III 

Kontakt halten 

Will eine Sparkasse Akademiker für sich gewinnen, bedeutet 

das Geduld und langfristige Aufbauarbeit. Denn Hochschul- 

absolventen kommen und bleiben in der Regel nicht von allein. 

� VON ANDREA BITTELMEYER 

Einen vorbildlichen Werdegang innerhalb 


hat Wolfram Münch, Vorstandsmitglied 

bei der Sparkasse Bayreuth, vorzuweisen: 

Der heute 45-Jährige absolvierte seine 

Ausbildung bei der Landessparkasse zu 

Oldenburg, anschließend studierte er in 

Göttingen Betriebswirtschaft. Während 

dieser Zeit wurde er vom Nachwuchsförderkreis 

seines ehemaligen Arbeitgebers 

unterstützt. Zudem erhielt er ein Stipendium 

der Eberle-Butschkau-Stiftung, 

die in der Sparkassen-Finanzgruppe 

den Kontakt zu engagierten 

jungen Menschen hält, 

die nach ihrer Ausbildung ein 

Studium beginnen. Die Idee: 

Sie sollen an die Sparkasse und 

die anderen Unternehmen der 

Gruppe gebunden werden. 

Bei Münch zumindest ist dieser 

Plan aufgegangen: Gleich 

seine erste Praktikumsstelle 

fand er über die Eberle-Butschkau-Stiftung 

– kurz Ebusti – bei 

der Sparkasse Rügen, die damals 

die aufregenden Zeiten 

der Wende durchlebte. Regelmäßig 

arbeitete er während 

der Semesterferien dort. Sehr 

schnell übernahm er Verantwortung. 

Unmittelbar nach seinem 

Studium stieg er bei dem 

Institut als Marktbereichsleiter 

ein und war für die Geschäftsstellen 

der bekannten Ostseebäder 

verantwortlich, in die damals 

kräftig investiert wurde. 

Später leitete Münch die Kreditabteilung, 

dann wurde er Vorstandsmitglied. Nach 

insgesamt 13 Jahren Rügen wechselte er 

im Jahr 2007 in den Vorstand der größeren 

Sparkasse Bayreuth. 

Zu wenige Akademiker in Sparkassen 

„Ohne die Eberle-Butschkau-Stiftung 

wäre der Kontakt zur Sparkasse Rügen 

wahrscheinlich nicht entstanden“, sagt 

Münch, der damals zu den ersten Stipendiaten 

zählte. Die Stiftung wiederum 

freut sich, den Sparkassen einen 

hochqualifizierten Mitarbeiter erhalten 

zu haben. Schließlich hat sie es sich seit 

Jahren zum Ziel gesetzt, die Akademiker- 

„Eine Sparkasse 

muss 

auch einen 

Führungsstil 

anstreben, 

der der 

Arbeitsweise 

von Hochschulabsolventengerecht 

wird.“ 

Prof. Thomas 

Spengler, Leiter des 

Forschungszentrums 

für Sparkassenentwicklung, 

Magdeburg 

quote in der Sparkassen-Finanzgruppe 

zu erhöhen. Diese ist im Vergleich zu den 

Großbanken mit 12,4 Prozent vergleichsweise 

niedrig. Bei den Sparkassen, die 

mit rund 260.000 Angestellten den Großteil 

ausmachen, haben sogar nur 7,8 Prozent 

der Mitarbeiter einen akademischen 

Abschluss. Wesentlich höher ist der Anteil 

in den Verbänden, bei den Landesbanken 

und der DekaBank (siehe auch 

Titelinterview Seite 16 ff). 

Damit fällt ins Auge, dass die Akademikerquote 

bei den Sparkassen weit 

unter dem Bevölkerungsdurchschnitt 

liegt, der derzeit bei den 25- 

bis 34-Jährigen 25,7 Prozent 

beträgt. Das weckt zumindest 

Diskussionsbedarf. Denn, so erklärt 

etwa Professor Eberhard 

Stickel, Rektor der Hochschule 


in Bonn: „Viele Kunden haben 

selbst einen akademischen Titel 

und erwarten eine Beratung 

auf Augenhöhe.“ 

Bärbel Kaatz, Leiterin der 

Eberle-Butschkau-Stiftung, 

konstatiert: „Wenn wir in allen 

Bereichen die Qualitätsberater 

sein wollen, müssen wir entsprechend 

dem Trend in der 

Gesellschaft den Akademikeranteil 

erhöhen.“ Für besonders 

wichtig hält die Expertin 

aus der Wissenschaftsförderung 

des DSGV dies in den Bereichen 

Firmenkunden und 

Vermögensberatung. 

Auch Professor Thomas 

Spengler von der Universität 

Magdeburg, der dort das Forschungszentrum 

für Sparkassenentwicklung leitet, 

empfiehlt den Sparkassen, sich mit den 

steigenden Anforderungen der Kunden 

auseinanderzusetzen. „In einer sich wandelnden 

Welt müssen Sparkassen den 

künftigen Qualifikationsbedarf ihrer Mitarbeiter 

kritisch hinterfragen“, erklärt 

er. Wichtig sei nicht nur der Kontakt zu 

den Hochschulen, um geeignete Bewerber 

für sich zu gewinnen. Eine Sparkasse 

müsse auch ihre Attraktivität für Akademiker 

prüfen und etwa einen Führungsstil 

anstreben, der der Arbeitsweise von 

Hochschulabsolventen gerecht wird. 

Kaatz bietet mit der Eberle-Butschkau- 


Absolventen der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe. 

Rund 1000 von ihnen 

führen die Bachelor- und Master-Grade der 

Einrichtung. FOTO: HOCHSCHULE DER SFG

Stiftung den Sparkassen ein hilfreiches 

Instrument zur Akademikerförderung 

an: Entscheidet sich ein ehemaliger Auszubildender 

für ein Studium, kann die 

jeweilige Sparkasse ihn an die Stiftung 

empfehlen, wo er ein Bewerbungsverfahren 

absolviert. Erhält er ein 

Stipendium, bedeutet dies keine 

finanzielle Unterstützung, 

sondern die Möglichkeit zur 

Teilnahme an Fachtagungen 

und Kursen in Persönlichkeitsbildung 

und Sozialkompetenz 

sowie die Vernetzung mit anderen 

ehemaligen Auszubildenden 

aus der Sparkassen- 

Finanzgruppe. Derzeit betreut 

die Stiftung 260 Studierende. 

„Es gab Zeiten, da waren es 

mehr“, bedauert Kaatz. Vor ein 

paar Jahren hätten die Sparkassen 

vergleichsweise wenig Kandidaten 

angemeldet. Das könne 

für die betreffenden Häuser auf 

Dauer jedoch Probleme mit sich 

bringen. Schließlich würden 

viele Sparkassen gerade in den 

ländlichen Regionen kaum geeignete 

Hochschulabsolventen 

finden, wenn sie sich nicht mittel- bis 

langfristig dafür engagieren. 

Krise schafft Imagevorteile 

Die Stiftung hingegen kann gute Ergebnisse 

vorweisen. Die Rückkehrquote bei 

den Absolventen sei derzeit sehr gut, 

sagt Kaatz. Bisher haben sich rund 3100 

Kollegiaten, die auch für andere Banken, 

Unternehmensberatungen und 

Firmen durchaus interessant 

sind, nach erfolgreichem Abschluss 

des Studiums für einen 

beruflichen Wiedereinstieg bei 

einem Institut der Sparkassen- 

Finanzgruppe entschieden. Die 

Nachfrage nach akademischen 

Nachwuchskräften ist nach Stiftungsangaben 

gerade in den 

letzten Monaten deutlich angestiegen. 

Gerade nach der Finanzkrise 

schätzten die Absolventen 

die Sparkassen-Finanzgruppe 

mit ihrem nachhaltigen Geschäftsmodell 

als attraktiven 

Arbeitgeber. 

Dennoch sollten sich die Sparkassen 

keinesfalls auf ihrem derzeitigen 

Imagevorteil aus ruhen, 

sondern darauf aufbauen. Wichtig 

ist es laut Kaatz zudem, leistungsstarke 

Schulabgänger zu 

gewinnen, die für eine Akademikerlaufbahn 

infrage kommen. Denn hier wiederum 

bemerken auch die Sparkassen an 

der Zahl und Qualität der Bewerber, dass 

der Bankensektor insgesamt an Attraktivität 

eingebüßt habe. Es gelte daher, 

bereits an den Schulen aktiv zu werden. 

Hinzu komme der drohende Fachkräftemangel, 

der unter anderem auch nahe- 

„In den Bereichen 

Firmenkunden und 

Vermögensberatung 

müssen 

Sparkassen den 

Akademikeranteil 

erhöhen.“ 

Bärbel Kaatz, 

Leiterin der 

Eberle-Butschkau- 

Stiftung 

„Viele Kunden 

haben selbst einen 

akademischen 

Titel und erwarten 

eine Beratung auf 

Augenhöhe.“ 

Prof. Eberhard 

Stickel, Rektor der 

Hochschule der 

Sparkassen- 

Finanzgruppe, 

Bonn 

lege, sich verstärkt um Frauen als potenzielle 

Führungskräfte zu bemühen. Hier 

haben laut Kaatz die meisten Sparkassen 

Nach holbedarf, weibliche Vorstände und 

weibliche Führungskräfte sind nur selten 

anzutreffen. „Das bedeutet aber auch, dass 

sich qualifizierte Frauen nicht 

so stark angezogen fühlen“, 

erklärt die Leiterin der Eberle- 

Butschkau-Stiftung. Bei der Stiftung 

ist das schon anders: Gut 

40 Prozent der leistungsstarken 

Talente sind Frauen. 

Ob männlich, oder weiblich: 

Hat eine Sparkasse geeignete 

Mitarbeiter für eine Höherqualifizierung 

gefunden, bietet sich 

neben den Sparkassenakademien 

mit ihrem Lehrinstitut 

unter anderem die Hochschule 

der S-Finanzgruppe für eine 

weiterführende Qualifizierung 

an. Sie ist zum Wintersemester 

2003/2004 gestartet, derzeit 

sind an der staatlich anerkannten 

Hochschule rund 

1000 Studierende eingeschrieben. 

Die berufsbegleitenden 

Studien gänge sind auf Finanzdienstleister 

zugeschnitten. Zur Verzahnung 

von Theo rie und Praxis sind sogenannte 

betriebliche Reflexionsphasen 

integriert. 

Das Bachelor-Studium der Hochschule 

ist laut Stickel in der Gruppe bereits akzeptiert. 

Bei weiterführenden Angeboten 

wie Master- und MBA-Studiengängen sei 

aber noch Überzeugungsarbeit zu leisten. 

Gerade für Spezialistentätigkeiten 

oder den Aufstieg in 

die Vorstandsetagen werden 

diese Abschlüsse laut Stickel 

immer wichtiger. Die Hochschule 


macht auch in diesem 

Bereich ein Angebot: Zum Wintersemester 

2007/08 startete 

der erste Jahrgang des MBA- 

Studiengangs „Management 

of Financial Institutions“. Die 

Weiterbildung spricht Bachelor- 

Absolventen der eigenen Hochschule 

genauso an wie Absolventen 

anderer Hochschulen. 

Aus Sicht der Absolventen 

liegt der Mehrwert des MBA- 

Studiums nicht allein in dem 

neuen Fachwissen, sondern vor 

allem auch in der Befähigung, 

ein neues Problem strukturiert 

anzugehen, eine Lösung dafür 

zu finden und umzusetzen. Vorzüge eines 

Studiums, die auch Sparkassen-Vorstand 

Münch hervorhebt. Selbstdisziplin und 

Selbstständigkeit habe er gelernt und die 

Fähigkeit erworben, sich immer wieder 

in neue Themen einzuarbeiten. Gerade 

im Umgang mit Firmenkunden fand 

er jedoch auch den akademischen Titel 

wichtig. 


MANAGEMENT 23 

Bei den Studienanfängern ist zudem 

das duale Studium auf dem Vormarsch, 

das die Sparkassen in Kooperation mit 

der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe, 

aber auch mit externen Hochschulen 

anbieten. Die Möglichkeit also, 

eine Ausbildung bei der Sparkasse und 

ein Studium parallel zu absolvieren. Ein 

Weg, den etwa die Sparkasse Trier beschreitet, 

die dazu eine Kooperation mit 

der Fachhochschule Trier eingegangen 

ist. „Für uns stand immer fest, dass wir als 

regional agierende Sparkasse auch mit 

einer Hochschule in unserem Geschäftsgebiet 

kooperieren wollten“, erklärt Patrick 

Haas, Ausbildungsleiter des Instituts. 

Zudem genieße die Fachhochschule 

Trier einen guten Ruf. Weitere Vorteile: 

die kurzen Wege zwischen den beiden 

Kooperationspartnern. Derzeit befinden 

sich sechs duale Studenten in der Ausbildung. 

Einen akademischen Abschluss können 

die Mitarbeiter der Sparkasse Trier 

jedoch auch auf anderem Weg erwerben. 

So haben ausgesuchte Mitarbeiter mit 

dem Abschluss Sparkassenbetriebswirt 

die Möglichkeit, unter Anrechnung ihrer 

bisherigen Qualifikation ein ganz normales 

BWL-Studium an der Fachhochschule 

Zweibrücken in verkürzter Form 

zu absolvieren. Weiterhin unterstützt die 

Sparkasse Trier Mitarbeiter, die in Eigeninitiative 

ein Berufstätigen-BWL-Studium, 

etwa an der Fachhochschule Kaiserslautern, 

absolvieren. 

Erfolge nur auf lange Sicht 

In Bayreuth werden im Nachwuchsförderkreis 

der Sparkasse die Talente unter 

den Azubis und Mitarbeitern auf eine 

spätere Führungsposition vorbereitet. Bei 

Veranstaltungen zeigt ihnen die Sparkasse 

das gesamte Unternehmen und macht 

sie frühzeitig mit den Anforderungen an 

eine Führungskraft vertraut. Der Kontakt 

zu ihnen bleibt auch bestehen, wenn sie 

sich für ein Vollzeitstudium entscheiden. 

„Vielleicht haben wir ja Glück und sie 

kommen zurück“, sagt Münch. Er sieht, 

dass die Konkurrenz um gute Fachkräfte 

zunimmt und Bayreuth gegen München 

und Nürnberg einen eher schwierigen 

Stand im Kampf um den Führungsnachwuchs 

hat. 

Umso wichtiger sei es, frühzeitig und 

langfristig aktiv zu werden. „Überlegen 

Sie, wie lange ein Studium dauert, dann 

sehen Sie, dass die Akademikerförderung 

nur langfristig funktionieren kann“, 

erklärt der Sparkassenmanager, der 

selbst vier Jahre den Kontakt zur Sparkasse 

Rügen gehalten hat, bevor er dort 

als Führungskraft eingestiegen ist. 

Für die Sparkasse Bayreuth sieht Münch 

den Bedarf an Akademikern vor allem in 

den Führungspositionen und in Spezialbereichen 

wie dem Risikocontrolling. Im 

Vorstand hält er einen akademischen 

Abschluss bereits für ein Muss. 

�

UNTERNEHMENSGRÜNDER 

Der Sonnenhauskönig 

Als Gründer des Berliner Nachrichtensenders N-TV war Karl-Dietrich Kuhlo jahrelang aktiv. Jetzt 

hat der Geschäftsmann ein Konzept für ein Energiesparhaus entwickelt, das bundesweit vermarktet 

werden soll. Bei Finanzierung und Projektplanung half die Sparkasse Harburg-Buxtehude. 

� VON GREGORY LIPINSKI 

Die weiß getünchte Villa im Bauhausstil 

steht bei einem Waldstück in 

Jesteburg nahe Hamburg. Spricht Hausherr 

Karl-Dietrich Kuhlo über den Neubau, 

kommt er schnell ins Schwärmen: 

„Früher habe ich für mein altes Haus 

monatlich rund 1000 Euro an Heiz- und 

Stromkosten bezahlt. Jetzt sind meine 

Energiekosten gleich Null“, sagt der 

63-Jährige im Gespräch mit SPARKASSE. 

Dafür sorgt ein ausgeklügeltes Energiesparkonzept, 

das Kuhlo selbst entworfen 

hat: Die Außenwände sind 52 Zentimeter 

stark, Wärmepumpen und eine Fotovoltaik-Anlage, 

LED-Lampen, Haustechnik 

und eine die Lüftung kontrollierende Klimaanlage 

genügen den höchsten technischen 

Ansprüchen. 

Dabei ist Kuhlo gar kein Technik-Freak. 

Vielmehr sieht er sich als jemanden, der 

gerne Geschäftsideen entwickelt und 

vermarktet. Bereits als Medienmanager 

machte er sich mit außergewöhnlichen 

Ideen einen Namen. 1992 gründete Kuhlo 

den Berliner TV-Sender N-TV. Sein 

Konzept war in der deutschen Fernsehlandschaft 

damals ein Novum. Wie das 

amerikanische Vorbild CNN zeigt N-TV 

rund um die Uhr ausschließlich Nachrichten 

und Reportagen. Doch mit den 

Jahren zog sich der gebürtige Düsseldorfer 

aus dem kapitalintensiven Fernsehgeschäft 

zurück. Zunächst rückte er 1999 

an die Spitze des Aufsichtsrats, 2003 verkaufte 

er seine restlichen Senderanteile 

an die Bertelsmann-Fernsehtochter RTL. 

Dann wurde es still um ihn. 

Vom Medienmanager zum Hausplaner: 

Karl-Dietrich Kuhlo 


Doch jetzt will der umtriebige Ruheständler 

wieder geschäftlich aktiver werden. 

Er rührt die Werbetrommel für seine Energiesparhäuser, 

die bundesweit unter 

dem Namen „Jesteburger Sonnenhäuser“ 

vermarktet werden sollen. „Die Häuser 

beziehen ihren Strom- und Wärmebedarf 

ausschließlich über Sonnenenergie 

und eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und 

verzeichnen sogar in der Energiebilanz 

ein kleines Plus“, sagt Kuhlo. Als Mustersiedlung 

hat er fünf Häuser nach seinem 

Konzept auf seinem 3000 Quadratmeter 

großen Grundstück errichtet. Eines davon 

bewohnt er mit seiner Frau Ulrike, 

ehemalige Vizepräsidentin des niedersächsischen 

Landtags. Die restlichen Einfamilienhäuser 

will er vermieten. 

Häuser mit positiver Energiebilanz 

Die Architektur der Häuser ist an den 

schlicht-funktionalen Stil vieler Gebäude 

in der Hamburger Hafen-City angelehnt. 

Auch die Wohnräume sind schnörkellos. 

Umgesetzt hat das Konzept für die 

Einfamilienhäuser das Unternehmen 

Heinz von Heiden aus Isernhagen bei 

Hannover. Mit 40.000 gebauten Einfamilienhäusern 

ist von Heiden einer der 

führenden Hersteller von Massivhäusern 

in Deutschland. Je Haus verlangt von 

Heiden im Schnitt 280.000 Euro, ohne 

Grundstück. „Wir sind optimistisch, hier

Mustersiedlung für das energetisch 

perfektionierte Hausmodell in Jesteburg bei 

Hamburg. FOTOS: UNTERNEHMEN, PRIVAT 

am südlichen Rand Hamburgs ein Modell 

entwickelt zu haben, das künftig in ganz 

Deutschland auf rege Nachfrage treffen 

wird“, sagt Markus Irling, Vertriebsleiter 

des Unternehmens. Der Zeitpunkt für die 

Vermarktung sei günstig, weil mit den 

steigenden Energiekosten und den wachsenden 

Anforderungen des Gesetzgebers 

immer mehr Immobilienkäufer auf energieeffiziente 

Gebäude setzten. Zudem 

spare der neue Häusertyp verglichen 

mit herkömmlichen Einfamilienhäusern 

jährlich mehr als 20 Tonnen Kohlendioxid. 

Kuhlo lässt das Thema Häuser und 

Ener gieeffizienz schon seit Jahrzehnten 

nicht los. Der ehemalige Vizechef des 

Springer-Titels „Bild“ schrieb bereits 

1980 das erste „Energiesparbuch für Jedermann“. 

Der Titel wurde ein Bestseller 

und war Vorreiter für Tausende von ähnlichen 

Büchern, die sich mit den Energiekostenproblemen 

von Eigenheimbesitzern 

und Mietern befassten. 

Nur die Sparkasse sah die Chance 

Von den steigenden Energiekosten blieb 

auch Kuhlo nicht verschont. Der schmucke 

Bungalow mit Schwimmbad, den er 

in den 70er-Jahren für seine Familie in 

Jesteburg kaufte, entwickelte sich schnell 

zum Energie-Schlucker. Das wollte Kuhlo 

nicht länger hinnehmen. Vor drei Jahren 

entschied er sich, ein Gebäude zu entwickeln, 

das ihn komplett von Strom- und 

Heizkosten unabhängig machen sollte. 

Doch die Finanzierung des Vorhabens 

bereitete Schwierigkeiten. Wochenlang 

bemühte er sich bei allen großen Kredithäusern 

um ein Darlehen. Doch überall 

blitzte er ab, als die Kreditabteilungen 

die Finanzierung durch ihre Computer 

schickten. „Deren Rechner konnten nicht 

zwischen Warm- und Kaltmiete unterscheiden“, 

erinnert er sich. Aufgeschlossener 

zeigte sich hingegen die Sparkasse 

Harburg-Buxtehude. Zwar kam die EDV 

der Sparkasse zu ähnlichen Ergebnissen 

wie die Konkurrenz, doch Verantwortliche 

in dem Institut erkannten schnell, 

welches Potenzial in dem Bauvorhaben 

steckt. 

„Das Gesamtkonzept dieses Vorhabens 

war sehr überzeugend. Doch insbesondere 

das innovative Energiesparkonzept 

war ein wesentlicher Grund für die Sparkasse 

Harburg-Buxtehude, sich aktiv 

zu engagieren“, erklärt Markus Kasten, 

Marktbereichsdirektor S-ImmobilienCenter 

der Sparkasse Harburg-Buxtehude 

gegenüber SPARKASSE. Energetisch 

nachhaltiges Bauen sei für die Sparkasse 

ein wesentliches Thema. Daher habe das 

Finanzinstitut „aktiv das Konzept mitent- 

wickelt“, so Kasten. Die Sparkasse bietet 

„interessierten Käufern, attraktive, individuelle 

Finanzierungsangebote für die 

Passivhäuser“, erläutert Kasten. Da Kuhlo 

sein Vorhaben bundesweit vermarktet, 

unterstützt die Sparkasse auch Interessenten 

anderer Regionen, indem sie den 

Kontakt zur örtlichen Sparkasse herstellt. 

„Wir nehmen das Regionalprinzip 

sehr ernst“, sagt Kasten. 

Die Jesteburger Sonnenhäuser 

kommen zur richtigen Zeit 

auf den Markt, denn die Nachfrage 

nach energiesparendem 

Wohnungseigentum wächst 

deutlich. Grund hierfür sind 

die kräftig gestiegenen Energiekosten. 

Vor allem Mieter 

und Inhaber ölbeheizter Häuser 

mussten im vergangenen 

Jahr 35 Prozent mehr für Energiekosten 

zahlen als noch ein 

Jahr zuvor. Das ergab eine 

Studie des Deutschen Mieterbunds, 

der bundesweit knapp 

88.000 Gebäudedaten auswertete. 

Bezahlten Inhaber für eine 

70-Quadratmeter-Wohnung 

2009 lediglich 630 Euro im 

Durchschnitt und Monat für Heizöl, waren 

es im vergangenen Jahr 2010 rund 

850 Euro. Das entspricht einem Plus von 

34,9 Prozent. 

Zudem dürften die Heizkosten langfristig 

weiter steigen. Die Bundesregierung 

plant, 2015, C0 2 -Zertifikate für alle 

Brennstoffe einzuführen. Damit werden 

Händler von Heizöl, Erdgas oder Holzpellets 

gezwungen, die Zertifikate zu kaufen. 

Branchenexperten rechnen damit, dass 

die Lieferanten die Kosten für die Emissionsrechte 

an die Verbraucher weiterreichen 

und dadurch die Heizkos ten weiter 

zulegen. Hintergrund für die neuen CO 2 - 

Zertifikate ist, dass der Bund seine Klimaschutzziele 

durchdrücken will. Denn 

die Regierung beabsichtigt, bis zum Jahr 

2050 den sogenannten Primärenergiebedarf 

von Wohngebäuden um 80 Prozent 

zu senken. 

In Deutschland herrscht zudem ein 

hoher Sanierungsbedarf, um Wohngebäude 

in puncto Energieeffizienz auf 

den neuesten technischen Standard zu 

bringen. Nach Berechnungen des Bundesbauministeriums 

müssten Besitzer 

von Wohneigentum rund 2400 Mrd. Euro 

ausgeben, um ihre Gebäude auf den heutigen 

energetischen Standard zu bringen. 

Inzwischen hat der Bund sein CO 2 -Sanierungsprogramm 

für Gebäude auf jeweils 

1,5 Mrd. Euro für die Jahre 2012 bis 2014 

aufgestockt. In diesem Jahr waren es 

936 Mio. Euro. 

Fertighaus-Markt buhlt um Kunden 

Der Markt der Fertighäuser wächst seit 

vielen Jahren. Vor allem die Bauunternehmen 

nutzen das Energiesparkonzept 

als Verkaufsargument. Nach Angaben 


MÄRKTE & KUNDEN 25 

„Die Kreditrechner 

der 

Banken 

konnten 

nicht 

zwischen 

Warm- und 

Kaltmiete 

unterscheiden.” 

Karl-Dietrich Kuhlo, 

Sonnenhaus- 

Initiator 

des Bundesverbands Deutscher Fertigbau 

wurden im vergangenen Jahr mehr 

als 13.100 Fertighäuser verkauft – ein 

Plus von neun Prozent gegenüber 2009. 

Branchenweit setzen die Unternehmen 

mehr als eine Mrd. Euro um. Etwa 45 Anbieter 

tummeln sich auf dem sehr wettbewerbsintensiven 

Markt. Viele setzen 

immer wieder auf öffentlichkeitswirksamePersönlichkeiten 

als „Test imonials“. Der 

norddeutsche Massivhaushersteller 

Viebrockhaus etwa hat 

die Modeschöpferin Jette Joop 

gewonnen, um Häuser im 

Toskana-Stil zu verkaufen. 

Kuhlo sagt, wegen der wegfallenden 

Energiekosten sei 

sein Hauskonzept vor allem für 

Familien mit schmalem Geldbeutel 

geeignet. „Familien, 

die sich für ein Jesteburger 

Sonnenhaus entscheiden, können 

ihren Finanzierungsspielraum 

um 75.000 Euro erhöhen“, 

rechnet Kuhlo vor. Auch 

für ihn als Vermieter bringt 

der Haustyp Vorteile. Denn 

die Betriebskostenabrechnungen 

an seine Mieter fallen kürzer als üblich 

aus. Kuhlo: „Posten für Heizungskosten 

und Warmwasser kann ich künftig 

streichen.“ 

� 

Karl-Dietrich Kuhlo und seine Frau Ulrike in 

Küche und Wohnzimmer eines Musterhauses.

26 

SÜDTIROL 

MÄRKTE & KUNDEN 

Wirtschaftswunderland 

Südtirol ist mehr als nur Alpenidylle: Unternehmen exportieren von dort aus in die ganze Welt. 

In der deutschsprachigen italienischen Provinz herrscht Vollbeschäftigung. Das liegt auch am 

Bankensystem und am Engagement der Sparkasse. 

� VON RICHARD HAIMANN 

Eisbedeckte Gipfel, sonnenbeschienene 

Skipisten, Panoramawege inmitten 

von Obstkulturen – für die Deutschen 

ist Südtirol eines der beliebtesten Urlaubsziele 

in den Alpen. Allein im August 

dieses Jahres reisten fast 315.000 Bundesbürger 

über Brenner und Reschenpass, 

um in den Tälern rund um Eisack 

und Etsch zu wandern und auf die umliegenden 

Gipfel zu steigen. 

Für das von Politikskandalen und der 

Finanzkrise geplagte Italien hingegen 

ist die deutschsprachige autonome Provinz 

am Alpenhauptkamm ein Stück Erfolgsgeschichte 

inmitten des von dem 

ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio 

Berlusconi ausgelöstem Chaos. Eine Erfolgsgeschichte, 

an der die Südtiroler 

Sparkasse wesentlich mitgewirkt hat. 

Zwar hat das Bozener Institut inzwischen 

auch mit den Folgen der italienischen 

Staatsschuldenkrise zu ringen 

und musste in diesem Jahr deutliche 

Zinsaufschläge bei der Begebung von 

Eurobonds zahlen. Mit einem Anteil von 

30 Prozent an Einlagen und ausgereichten 

Krediten ist die Sparkasse allerdings 

unangefochten größter Akteur am Markt 

in der 507.600 Einwohner zählenden Provinz 

und wichtigster Darlehensgeber für 

die großen Industrie- und Wirtschaftsun- 

ternehmen. „Wir werden in Südtirol als 

die Corporate Bank angesehen“, sagt Generaldirektor 

Peter Schedl. 

Der Tourismus ist weiterhin einer der 

wichtigsten ökonomischen Faktoren 

Südtirols. Doch neben Gaststätten, Hotel- 

und Pensionsbetrieben hat 

sich längst auch eine starke 

exportorientierte Wirtschaft 

entwickelt. „Wir haben hier Unternehmen, 

die ihre speziellen 

Nischen gefunden haben und 

ihre Produkte, unterstützt von 

uns als Finanzierungspartner, 

in die ganze Welt vertreiben“, 

sagt Schedl. 

Das ist etwa der Seilbahn- 

Spezialist Leitner Ropeways in 

Sterzing: Die Gondelbahnen 

und Sessellifte bringen Ski- und 

Snowboardfahrer auch in Skandinavien, 

Osteuropa, Amerika 

und Asien aus dem Tal auf die 

Pisten. In Hongkong haben die 

Südtiroler eine der längsten 

Gondelbahnen der Welt errichtet: 

Mit der 5,7 Kilometer langen Ngong 

Ping 360 schweben jeden Tag Tausende 

von Menschen auf den 520 Meter hohen 

Gipfel der Lantau-Insel hinüber, um der 

weltgrößten Buddha-Statue beim Kloster 

Po Lin Tribut zu zollen. In Deutschland 

errichteten die Sterzinger die Skyliner- 


„Wir werden in 

Südtirol als die 

Corporate Bank 

angesehen.“ 

Peter Schedl, 

Generaldirektor 

Sparkasse Südtirol 

Seilbahn für die Expo 2000 in Hannover. 

In Unterinn am Ritten produziert das 

Unternehmen Finstral Fenster, Türen 

und Wintergärten, die in ganz Europa vertrieben 

werden. Die Thun AG wiederum 

brennt in Bozen ihre Keramikfiguren, die 

weltweit zu den begehrtesten 

Sammlerstücken zählen. 

Es sind Unternehmen wie diese 

drei Sparkassen-Partner, die 

viele der gut dotierten Arbeitsplätze 

in der Region stellen und 

die Wirtschaft beflügeln. Leitner 

Ropeways allein beschäftigt 

in dem nur 6149 Einwohnern 

zählenden Sterzing mehr als 

2800 Mitarbeiter – viele von ih- 

nen pendeln aus anderen Orten 

jeden Tag zu ihrem Arbeitsplatz. 

„Die Ertragskraft unserer 

großen Gesellschaften strahlt 

weit über die Grenzen ihrer jeweiligen 

Kommunen hinaus“, 

sagt Kurt Ziernhöld, Bezirkspräsident 

des Verbands der Kaufleute 

im Südtiroler Vinschgau. 

Das beschert der Region seit Jahren 

gutes Wachstum: Gerade einmal 2,4 Prozent 

der Erwerbsfähigen sind nach der 

jüngsten Erhebung des Landesinstituts 

für Statistik arbeitslos gemeldet. „Wir 

sind eines der wenigen Länder in Europa 

mit Vollbeschäftigung“, sagt der für Han-

del und Wirtschaft zuständige Landesrat 

Thomas Widmann. Das verschafft der Bevölkerung 

Kaufkraft, von der wiederum 

Gastronomie, Handel und Handwerk 

profitieren. Den Ausbruch der Finanzkrise 

konnte die Provinz deshalb deutlich 

besser abfedern als andere europäische 

Regionen. Während das Bruttoinlandsprodukt 

in Italien 2009 um 5,2 Prozent 

und in Deutschland um 4,7 Prozent einbrach, 

schrumpfte die Südtiroler Wirtschaft 

lediglich um 2,6 Prozent. 

Dabei glaubten viele Südtiroler noch 

Anfang der 80er-Jahre, sie seien zur 

Armut verdammt. Nach dem Ersten 

Weltkrieg hatte Italien den südlich des 

Alpenhauptkamms gelegenen Teil der 

früheren österreichischen Grafschaft 

Tirol annektiert. Bis in die 70er-Jahre 

hinein versuchte Rom, die einheimische 

Bevölkerung zwangsweise zu assimilieren. 

Südtiroler, die an ihrer Sprache 

und Kultur festhalten wollten, blieben 

von Ämtern und Arbeit im öffentlichen 

Dienst und den einst staatlich gelenkten 

Industriekonzernen ausgeschlossen. 

Ihnen blieben nur Jobs in der Landwirtschaft, 

dem Handwerk und dem langsam 

aufkeimenden Tourismus. 

Sparkasse finanziert die Großen 

1957 begann ein bewaffneter Untergrundkampf. 

Strommasten und im Bau 

befindliche Wohnsiedlungen für Süditalienern 

wurden gesprengt. Gleichzeitig 

verhandelte die seit dem Ende des Zweiten 

Weltkriegs mit absoluter Mehrheit 

regierende Südtiroler Volkspartei mit 

Rom über eine politische Lösung. Am 

Ende stand ein Abkommen, das heute 

weltweit als Vorbild für die Beilegung 

von Konflikten in ethnisch geteilten Regionen 

gilt: eine beinahe vollständige 

Autonomie. Seit Beginn der 90er-Jahre 

verbleiben 90 Prozent des in Südtirol 

generierten Steueraufkommens in der 

Provinz, womit der Grundstock für den 

Wirtschaftsaufschwung gelegt war. „Die 

Autonomie motiviert die Menschen, hart 

zu arbeiten und fördert den Unternehmergeist“, 

sagt Ziernhöld. 

Dass mit dem Ende der Konflikte die 

Wirtschaft rasch Fahrt aufnahm, liegt 

auch an der besonderen Struktur des 

dreigliedrigen Bankensystems in der 

Provinz: Die Südtirol Sparkasse und die – 

anders als in Deutschland – getrennt von 

einander operierenden Raiffeisenkassen 

und Volksbanken haben den Markt weitgehend 

unter sich aufgeteilt. „Wir machen 

uns zwar durchaus ein wenig Konkurrenz 

im Einlagengeschäft, pflegen 

aber ein gutes Verhältnis untereinander“, 

sagt Sparkassen-Generaldirektor Schedl. 

Die genossenschaftlich organisierten 

Raiffeisenkassen mit einem Marktanteil 

von rund 25 Prozent kümmern sich vor 

allem um das kleinteilige lokale Geschäft. 

Die Volksbanken mit einem ebenso großen 

Anteil sind primär die Partner von Gas- 

tronomie, Handwerk und Hotelerie. Die 

Sparkasse wiederum ist der Hauptfinanzierungspartner 

der großen Unternehmen. 

Um ihre Geschäftspartner bei ihren 

Aktivitäten außerhalb der Provinz zu begleiten, 

hat die Sparkasse auch selbst in 

den vergangenen Jahren die Südtiroler 

Grenzen überschritten. In Folge des seit 

2004 verfolgten Expansionskurses ist die 

Sparkasse heute in elf norditalienischen 

Provinzen präsent und hat Filialen unter 

anderem in Verona, Padua und Mailand. 

Seit 2008 sind die Bozener in Österreich, 

seit 2010 in München mit einer Filiale 

vertreten. „Wir wollen als zweisprachige 

Bank die Brückenfunktion auf der Nord- 

Süd-Achse von Bayern bis Norditalien 

übernehmen“, sagt Schedl. 

Traditionell legen die Südtiroler ihr 

Geld bei „ihren Banken“ an. Seit Beginn 

der Finanzkrise folgen auch immer mehr 

Kunden außerhalb der Provinz diesem 

Beispiel und eröffnen Sparkonten bei 

der Cassa di Risparmio. „Sie gehen davon 

aus, dass ihr Geld bei uns besonders 

sicher ist, weil wir als Südtiroler Bank 

auch ein wenig als deutsches Institut gesehen 

werden“, sagt Schedl. In der ersten 

Hälfte dieses Jahres sind die Gesamteinlagen 

bei der Sparkasse deshalb um 

2,8 Prozent auf 10,8 Mrd. Euro gestiegen. 

Wie andere italienische Banken bekommt 

die Südtiroler Sparkasse allerdings 

das Misstrauen des Kapitalmarkts 

zu spüren. „Auch uns werden bei der 

Begebung von Eurobonds inzwischen 

deutlich höhere Zinsen abverlangt“, sagt 

der Generaldirektor. Vor vier Jahren habe 

die Sparkasse fünfjährige Anleihen zu 

einem Aufschlag von nur 24 Basispunk- 

Stiftung fördert regionale Projekte 

Die Südtiroler Sparkasse ist aus der 1854 gegründeten 

Sparkasse Bozen hervorgegangen 

und firmiert seit 1992 als Aktiengesellschaft. 

Hauptanteilseigner ist die Stiftung Südtiroler 

Sparkasse, die 68,81 Prozent des Aktienkapitals 

hält. Der Rest befindet sich im Besitz von 

rund 18.000 Kleinaktionären. Das Institut 

ist zwar an keiner Börse gelistet, 



ten über Euribor emittieren können. Bei 

der Emissionen von nur zweijährigen 

Eurobonds in diesem Frühjahr musste 

das Institut bereits 190 Basispunkte über 

Euribor bieten. 

Optimismus trotz der Krise 

„Die steigenden Zinskosten in der Refinanzierung 

müssen wir auf der Kreditseite 

an unsere Kunden weitergeben“, sagt 

Schedl. „Durch die höheren Darlehenskosten 

sinkt die Investitionsbereitschaft 

der Unternehmen.“ Das spiegeln auch die 

jüngsten Zahlen der Sparkasse wider: In 

den ersten sechs Monaten dieses Jahres 

sind die Ausleihungen an Kunden bereits 

um 2,4 Prozent auf knapp sieben Mrd. 

Euro gefallen. „Die Koppelung Südtirols 

an die italienische Wirtschaft samt wackeliger 

Staatsfinanzen wächst sich immer 

stärker zum Standortnachteil Südtiroler 

Unternehmen aus“, sagt Landesrat 

Widmann. Hält der Trend an, könnte dies 

auch für die Wirtschaft in der Provinz 

eine „deutliche Wachstumsbremse bedeuten“, 

sagt Schedl. „Wenn es in ganz 

Europa brennt, kann auch Südtirol keine 

Insel der Seligen bleiben.“ 

Die Menschen in der Provinz selbst 

geben sich deutlich optimistischer: Im 

Oktober ist das Konsumentenklima in 

Südtirol um nicht einmal einen Prozentpunkt 

gesunken. Hingegen brach der 

Index in Deutschland um drei, in Italien 

sogar um fünf Zähler ein. Südtirols Handelskammerpräsident 

Michl Ebner hält 

das für ein gutes Zeichen: „Vertrauen 

und Zuversicht der Verbraucher sind ein 

wesentlicher Bestimmungsfaktor für die 

wirtschaftliche Entwicklung.“ 

� 

dennoch können die Aktien börsentäglich auf 

einer sparkasseninternen Plattform gehandelt 

werden. Die Kursstellung wird von der Börsenaufsicht 

in Mailand kontrolliert. „Den Südtiroler 

Aktionären geht es bei ihrem Engagement 

nicht nur um die Rendite“, sagt Sparkassen- 

Generaldirektor Peter Schedl. „Sie wollen mit 

ihrem Engagement vor allem ihre Sparkasse 

und damit die regionale Wirtschaft stärken.“ 

Aus den ihr jährlich zufließenden Dividenden 

fördert die Sparkasse soziale und kulturelle 

Projekte und unterstützt Wissenschaft und Forschung 

in der Region. 2010 konnte die Stiftung 

dafür mehr als 6,9 Mio. Euro an Dividendenzahlungen 

nutzen. Darüber hinaus unterstützt 

die Sparkasse selbst als Territorialbank die 

Stiftung bei einer Reihe von Vorhaben. Allein 

für lokale Sponsoraktivitäten von Sport- und 

Kulturveranstaltungen wandte die Sparkasse 

im vergangenen Jahr 3,3 Mio. Euro auf. 

Solide und zweisprachig: Filiale der 

Südtiroler Sparkasse in Bozen. 

FOTO: DPA, SPK SÜDTIROL

EXPORTWIRTSCHAFT 

Vorgeprescht 

Deutsche Markenprodukte erobern im Eiltempo die Märkte der Schwellenländer. Der Mittelstand 

ist dabei prominent vertreten. Hiesige Firmen verkauften zuletzt Waren für 100 Mrd. Euro in die 

sogenannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Beim Aufbau von Netzwerken 

profitieren viele der Unternehmen von den Sparkassen und ihren Verbundpartnern. 

� VON MARKUS GÄRTNER 

Am erfolgreichsten sind deutsche Autos, 

Hausgeräte, Kosmetik, Medizintechnik 

und Maschinen. Laut Zahlen des 

Instituts der Deutschen Wirtschaft wanderten 

im vergangenen Jahr Waren im 

Wert von 100 Mrd. Euro nach Brasilien, 

Russland, Indien und China (BRIC). Das 

überstieg das deutsche Exportvolumen 

in die USA um ein Drittel. 

Zwar halten 62 Prozent der Verbraucher 

von Sao Paulo bis Moskau und Mumbai 

deutsche Tradtionsprodukte für „relativ" 

oder „sehr teuer“. Dafür haben zwei von 

drei Konsumenten in der rasch wachsenden 

städtischen Mittelklasse der BRIC- 

Länder von Produkten mit dem Label 

„Made in Germany“ eine gute Meinung. 

Und immer mehr Käufer können sich 

die westliche Ware leisten. Das verfügbare 

Einkommen der Chinesen werde 

sich binnen fünf Jahren verdoppeln, 

sagt etwa Cao Yuanzheng, Chefvolkswirt 

der Bank of China International. Zu dem 

Siegeszug deutscher Marken gibt es jetzt 

erstmals verlässliche Zahlen. Geliefert 

hat sie die auf BRIC-Staaten spezialisierte 

Firmenberatung Globeone in Köln mit 

einer Umfrage unter 4000 Konsumenten 

in den 20 größten Städten dieses Wirtschaftsraums. 

Das Resultat: Deutsche 

Marken genießen dort mehr nationale 

Sympathien als alle anderen Produkte 

aus Übersee. 

Auch Mittelständler behaupten sich 

BMW ist in den wachstumsverwöhnten 

Aufsteigermärkten die bekannteste und 

mit Porsche auch die beliebteste deutsche 

Marke. Adidas und Nivea werden 

am häufigsten gekauft. Die Allianz und 

die Deutsche Bank sind die beiden prominentesten 

Finanzdienstleister in der 

Schwellenmarkt-Galaxie. In den Ranglisten 

von Globeone finden sich aber auch 

mittelständische Firmen wie Braun, Dr. 

Oetker und Grundig. 


„Das Qualitäts-Image einer deutschen 

Marke ist ein ganz zentraler Wettbewerbsvorteil, 

der von vielen Unternehmen 

entweder vergessen oder zumindest 

nicht stark genug kommuniziert wird“, 

sagt Niklas Schaffmeister, langjähriger 

China-Kenner und Geschäftsführer von 

Globeone. Die deutsche Exportwirtschaft 

könnte also in vielen Fällen noch deutlich 

mehr Geschäft mit dem Ruf machen, der 

ihren Produkten vorauseilt. 

Mit Deutschland vertraute Chinesen bestätigen 

Schaffmeisters Befund, etwa Yi 

Liu, chinesischer Geschäftsführer beim 

Werkzeugmaschinenhersteller Wohlenberg 

in Hannover. Das Unternehmen 

ist seit einiger Zeit Tochter eines chinesischen 

Großkonzerns. „Deutsche Maschinen 

verkaufen sich in China leichter 

als in Europa“, versichert Yi. Zu den Erkenntnissen 

aus der Studie von Globeone 

gehört für Schaffmeister, dass viele 

deutsche Produkte noch viel zu selten 

gekauft werden. Hauptproblem ist dabei,

Beliebte Marke: Werbung eines deutschen 

Sportartikelherstellers in Shanghai. FOTO: DPA 

dass nur wenige deutsche Firmen sich 

ein klares Bild von den enormen Unterschieden 

zwischen den kaufkräftigsten 

Zielgruppen am angestammten Heimatstandort 

und in den neuen Märkten machen: 

„Wer hat Geld in Deutschland?“, 

fragt Schaffmeister. „Leute mit grauen 

Schläfen und unruhigem Schlaf. Doch 

in China sind das Leute zwischen 25 und 

35 Jahre, die viel Spaß haben und Neues 

ausprobieren wollen, und die im Schnitt 

mit 3000 Werbebotschaften am Tag bombardiert 

werden.“ 

Bunt und laut kommt gut an 

Doch auf diesen wichtigen Unterschied 

stellen sich hiesige Firmen offenbar zu 

selten ein. „Wenn eine Bank nicht laut 

und bunt mit einem relevanten Angebot 

daherkommt, nimmt mir in China oder 

Russland keiner die Kreditkarte ab“, sagt 

Schaffmeister, „aber die Zentrale hält das 

lokale Team in Shanghai oder Moskau für 

verrückt, wenn die eine Hello-Kitty-Karte 

vorschlagen“. Für kleine und mittelgroße 

Firmen ist die Anpassung an lokale Verhältnisse 

in den Schwellenmärkten noch 

schwieriger als für Konzerne. Oft fehlt 

ihnen die Manpower. „Das ist eine der 

Schwächen vieler deutscher Mittelständler 

in BRIC“, sagt Schaffmeister. Die Produkte 

seien zwar Spitzenklasse, aber mit 

der Kommunikation der Marke und mit 

systematischer Kundenansprache 

sei es oft nicht so weit her. 

Schaffmeister wünscht sich unter 

anderem mehr Hilfe aus der 

Politik. „Es geht auch darum, 

den deutschen Unternehmen 

noch mehr Plattformen zu bieten, 

um sich als innovativ in 

Szene zu setzen, Initiativen wie 

„Deutschland und China – gemeinsam 

in Bewegung“ oder 

das aktuelle „Deutschland-Indien-Jahr“ 

leisten hier auch einen 

wichtigen Beitrag". 

Auch die Sparkassen können 

unterstützend eingreifen. „Unsere 

Kunden werden, sofern sie 

Fragen zum Standort haben, an 

die German Centres der Sparkassen-Finanzgruppe 

in Peking, 

Shanghai, Delhi und Moskau 

vermittelt, die einen idealen 

Brückenkopf mit Ansprechpartnern, 

Büroräumen und Kontakten bilden“, 

erklärt Klaus Kruse, der Leiter S-International 

Nord bei der Hamburger Sparkasse. 

Und noch eine Schiene biete sich an. „Die 

Haspa-Berater kooperieren auch mit den 

Liaison-Büros der Stadt Hamburg, den 

Ansprechpartnern der deutschen Auslandshandelskammern 

und den rund 

1500 Korrespondenzbanken, zu denen 

die Haspa persönliche Kontakte pflegt“, 

sagt Kruse. Die Stadtsparkasse München 

veranstaltet seit einigen Jahren eine 



„Deutsche 

Unternehmen 

brauchen mehr 

Plattformen, um 

sich als innovativ 

in Szene zu 

setzen.“ 

Niklas 

Schaffmeis ter, 

Geschäftsführer 

Globeone 

Messe „rund um alle Fragen zum internationalen 

Geschäft", erläutert Michael 

Kompa, Geschäftsbereichsleiter im Referat 

Firmenkunden und Internationales 

Geschäft. „Neben spannenden Fachvorträgen 

zu aktuellen internationalen Themen 

haben unsere international aktiven 

Kunden so die Möglichkeit, mit unseren 

Partnern und anderen Kunden das eigene 

internationale Netzwerk aufzubauen 

oder zu intensivieren.“ 

Die Stadtsparkasse München 

bietet klassische Beratungsleistungen 

im internationalen Geschäft, 

hilft etwa bei der Suche 

nach einer Bankverbindung vor 

Ort und unterstützt mithilfe der 

German Centres die Suche nach 

geeigneten Räumlichkeiten für 

die Firmenkunden. 

Dieser Rückenwind für deutsche 

Marken ist ein auch von 

der lokalen Konkurrenz kaum 

aufzuholender strategischer 

Vorteil. Deutsche Markenprodukte 

führen in den BRIC- 

Staaten klar das Länderranking 

an, vor Japan, den USA und 

Frankreich. Mehr als zwei Drittel 

der Verbraucher der BRIC- 

Gruppe können laut Globeone 

von sich aus deutsche Marken 

aufzählen. Am stärksten ausgeprägt 

ist laut der BRIC-Studie die Vorliebe für 

deutsche Produkte in Russland und Brasilien. 

Auch kleinere Firmen können den 

nationalen Hebel ansetzen, um besser 

in den Markt zu kommen. Schaffmeister 

nennt ein Beispiel: „In China haben viele 

Firmen den Zusatz „Deguo“ (Chinesisch 

für „deutsch“) mit in den Markennamen 

eingebaut.“ So erkenne jeder, dass es sich 

um deutsche Qualität handele. Mit dem 

Label „Made in Germany“ wird laut der 

BRIC-Käufer bevorzugen deutsche Marken und Produkte 

Mehr als 4000 Interviews mit Konsumenten ergaben auf Basis von 15 Markenattributen, dass 

deutsche Waren in BRIC am höchsten geschätzt werden. GRAFIK: GLOBEONE

30 

MÄRKTE & KUNDEN 

Zielgruppenansprache ist alles: „Bei uns können Sie mehr als das Übliche erwarten“, verheißt 

diese Werbung einer deutschen Elektronikhandelskette im russischen Jekaterinburg. FOTO: DPA 

Umfrage in den BRIC-Ländern vor allem 

Qualität, Verlässlichkeit, Haltbarkeit und 

hohe Leistung verbunden. „Deutsche 

Produkte sind sehr begehrt und werden 

in den nächsten Jahren Gewinner sein, 

weil Qualität zunehmend auf Kaufkraft 

trifft“, sagt Jörg Wuttke, Repräsentant der 

BASF in Peking. Wuttke war bis 2010 Präsident 

der EU-Handelskammer in China. 

Weniger stark schneiden deutsche Produkte 

dagegen im internationalen Vergleich 

ab, wenn BRIC-Konsumenten nach 

„modernen“ Marken gefragt werden, die 

für hohe Innovationskraft und Lifestyle 

stehen. 

Luxusgüter stärker nachgefragt 

Dass vor allem die wirtschaftliche Entwicklung 

in China deutschen Produkten 

künftig noch mehr in die Hände spielen 

wird, glaubt auch Song Xinyu, einer der 

führenden Managementberater der Volksrepublik. 

„In China findet ein Wertewandel 

statt, weg von einer Tempo-Orientierung 

mit hohen Wachstums raten und billigen 

Produkten, hin zu mehr Qualität“, sagt 

Song. Das berge vor allem für deutsche 

Produkte große Chancen. Song hatte 1978 

eines der besten Abiturzeugnisse in China 

und wurde von Reformvater Deng Xiaoping 

zum Studium nach Deutschland 

geschickt. Danach baute er für das Beratungsunternehmen 

Roland Berger die Büros 

in Peking und Shanghai auf. 

„Früher bestanden die größten Chancen 

für deutsche Hersteller bei Investitionsgütern, 

jetzt verlagert sich der Schwerpunkt 

zunehmend in Richtung Konsum- 

und Luxusgüter“, sagt er. Deutschland sei 

das europäische Land, das am wenigsten 

„deindustrialisiert“ habe, und daher mit 

Produkten in die BRIC-Länder gehen könne, 

„denen selbst ein teurer Euro nicht 

viel anhaben kann“. 

Doch viel scheitert laut Schaffmeister 

noch immer an fehlenden Kenntnissen 

über die lokalen Märkte. „Zahlreiche Manager 

sind zu selten vor Ort und haben 

kein Konzept, wie sie die lokalen Kauftreiber 

korrekt ansprechen. „Am liebs ten 

macht man alles möglichst wie in der Heimat“, 

sagt er. Deutsche Akteure zeigten 

vergleichsweise geringe Innovationskraft 

und müssten bei Kunden, Events, 

strategischen Kampagnen und lokaler 

Positionierung oft noch nachholen, was 


amerikanische oder japanische Konsumgüterhersteller 

schon vor Jahren aufgebaut 

hätten. Mehr noch: Eine Anpassung 

der Produkte an die lokalen Bedürfnisse 

in den Schwellenmärkten gelinge oft 

erst dann, „wenn man ihr ausländisches 

Image besonders betont“. BMW sei das 

mit der Positionierung als sportliche Premiummarke 

mit starken deutschen Wurzeln 

gut gelungen. Auch kleinere Firmen 

hätten damit oft Erfolg, etwa Zwilling, der 

Solinger Hersteller von Kochmessern, Bestecken 

und Scheren. Zwilling werbe mit 

seinem deutschen Ursprung und habe in 

den BRIC-Ländern eine respektable Präsenz 

aufgebaut. 

Hidden Champions könnten mehr tun 

Zwar gebe es auch sogenannte Hidden 

Champions, die aber meist unter ihrem 

Möglichkeiten blieben, weil sie nicht bekannt 

genug seien. Hierzu zählt Schaffmeister, 

das Smart-Auto und die Produkte 

der Marke Haribo. Dagegen habe 

Nivea dank seiner Präsenz in Malls und 

Supermärkten einen guten Stand. Die 

vielfältigen, blau-weißen und in einem 

Regal arrangierten Nivea-Produkte verfehlten 

ihre Wirkung nicht. So habe das 

Unternehmen Vertrauen und eine starke 

Marktstellung aufgebaut, ohne massiv in 

Werbung investiert zu haben. 

So ermutigend die Wachstumsszenarien 

sind, so groß ist vor allem im Mittelstand 

die Sorge, dass Technologie 

verloren geht und Ideen gestohlen werden 

könnten – ein Risiko, das sich mit 

guter Beratung zwar reduzieren, aber nie 

ganz ausschließen lässt. Schaffmeister 

stellt weitere offene Fragen: „Wie kann 

man auch in mittleren Marktsegmenten 

Anteile erobern? Wie kann man Kostenmanagement 

von den Wettbewerbern 

lernen? Sollte man für lokal hergestellte 

Erzeugnisse eine separate Marke 

gründen?“ Doch wie sagte der frühere 

Siemens-Chefs Heinrich von Pierer: „Das 

Risiko, nicht dabei zu sein, ist größer, als 

das Risiko, dabei zu sein.“ 

� 

IW-Chef Hüther: In vier Jahren werden die BRIC-Länder die Eurozone wirtschaftlich einholen 

Die BRIC-Länder gelten längst als vielversprechend. 

Zwar könnten sich die Aussichten 

für westliche Exporteure und Investoren 

krisenbedingt eintrüben, aber das Gewicht 

der BRIC-Märkte soll dem der G7 schon bald 

in nichts mehr nachstehen. „Die BRIC-Staaten 

werden bereits in vier Jahren fast 30 Prozent 

der weltweiten Wirtschaftsleistung erbringen 

und damit die Eurozone deutlich überrunden, 

die dann nur noch auf 13 Prozent kommt“, 

sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der 

deutschen Wirtschaft (IW). Seit 2002 haben die 

BRICs laut IW zwischen zwölf und 21 Prozent 

zum globalen Wachstum der Warenimporte 

beigetragen. Mit einer kurzen Unterbrechung 

im Jahr 2004 wurden dabei auch die USA 

übertroffen. Laut IW entfällt ein knappes Drittel die deutschen Exporte in den vergangenen 

aller in den BRIC-Staaten nachgefragten deut- sechs Jahren insgesamt um 21 Prozent zu, so 

�� 

schnellten sie Richtung BRIC um 107 Prozent 

auf den Automobilsektor, 17 Prozent auf die in die Höhe. Der Grund: Maschinen, Fahrzeuge, 

Elektronikindustrie und 15 Prozent auf die Elektroerzeugnisse und Chemie werden 

Chemie. Laut der neuesten IW-Studie haben die besonders gebraucht. „Aus diesen Branchen 

�� 

- kamen im vergangenen Jahr 83 Prozent aller 

zent erstmals einen ebenso hohen Anteil an deutschen Exporte in die BRIC“, schreibt das 

den weltweiten Importzuwächsen gehabt wie IW. Die Konkurrenz hat das Nachsehen: Wuch- 

die gesamte Eurozone. Die Studie beziffert, was sen die Maschinenbau-Importe in China im verdas 

für deutsche Exporteure bedeutet: Allein im �� 

Jahr 2010 steigerten die BRICs ihre Einfuhren �� 

industrieller Erzeugnisse um 550 Mrd. Dollar. Der zu. Indiens Autoimporte wuchsen im abge- 

Großteil davon entfiel mit 390 Mrd. auf China. �� 

Bereits 10,5 Prozent der deutschen Ausfuhren die Importe deutscher PkW aber um satte 

wurden 2010 in die BRIC-Länder verkauft. Legten ��

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32 

FORUM 

Brauchen wir Bewegungen 

Banken und Politiker tun sich schwer mit der Bewältigung der Euro- und Staatsschuldenkrise. Tragen 

1. Sicher nicht als Aggression 

gegen Individuen. Aber 

der Zorn auf Banken und 

auch auf die Regierungen 

ist berechtigt. Das wirkliche 

Problem liegt im System: 

Man sollte das Geschäftsmodell 

der Banken verändern, 

sie zerlegen und schrumpfen, 

damit sie nicht länger 

ein Erpressungspotenzial 

gegen über der Gesellschaft 

haben. Es hat ja nach der Krise 

2008 keine Lernprozesse 

gegeben. Den meisten politischen 

Akteuren ging es nur 

darum, den privaten Bankensektor 

zu retten – und 

das zu Lasten der unteren 

Gesellschaftsschichten. Hier 

ändert sich nur etwas, wenn 

es massiven Druck von der 

Straße gibt. 

Man hält Occupy oft vor, die 

Menschen in den Camps verstünden 

zu wenig von Wirtschaft. 

Aber diejenigen, denen 

am meisten Kompetenz 

zugesprochen wird, haben 

mit falschen Bewertungen 

geglänzt. Der Weg durch die 

Finanzkrise ist gepflastert 

mit Fehleinschätzungen. 

Da ist der 56-Milliarden-Rechenfehler 

bei der Hypo Real 

Estate kein Einzelfall. Organisationen 

wie Attac haben die Probleme 

genauer thematisiert. 

2. Das ist sehr zurückhaltend ausgedrückt. 

Es geht nicht um einige neue 

Regeln, sondern darum, ob die Ökonomie 

von Finanzmärkten dominiert wird 

oder ob Wohlstand und soziale Rechte 

der Vielen im Vordergrund stehen. In 

diesem Kontext müssen die Finanzmärkte 

entwaffnet werden. Es geht nicht darum, 

die Sphären von Wirtschaft und 

Politik zu trennen. Ganz im Gegenteil. 

Das dreigliedrige Finanzsystem in der 

Bundes republik sollte im Wesentlichen 

zu einem zweigliedrigen umgebaut werden. 

Das heißt, mehr Transparenz und 

eine stärkere demokratische öffentliche 

Kontrolle über den Bankensektor. Das 

bedeutet, Banken in öffentliche Hände 

zu holen und den öffentlich-rechtlichen 

Bankensektor zu Lasten der privaten 

Banken zu stärken. Wir könnten uns vorstellen, 

dass Aufsichtsratsmitglieder der 

Institute bei Landtagswahlen gewählt 

werden. 

PRO 

„Wir fordern, 

den öffentlichrechtlichen 

Bankensektor 

zu Lasten der 

privaten 

Banken zu 

stärken.“ 

Alexis J. 

Passadakis, 

Aktivist in der 

Occupy-Bewegung, 

Frankfurt, 

und Mitglied im 

Koordinierungskreis 

von Attac 

3. Deren Modelle machen 

deutlich, wohin die Reise gehen 

kann. Es hat sich in der 

Krise gezeigt, dass diese Institute 

mit ihrem Geschäftsmodell 

relativ stabil bleiben. 

Grundsätzlich wäre der Ökonomie 

und der Gesellschaft 

mehr gedient, wenn diese 

Säule gestärkt würde. 

4. Ich persönlich denke, dass 

das öffentliche Rentenmodell, 

das Umlagemodell, am 

besten funktioniert. Jede kapitalgedeckte 

Altersvorsorge 

ist hoch riskant und benötigt 

letztendlich Finanzmärkte, 

an denen heftig spekuliert 

wird. Aus dieser Zwickmühle 

kommt man nur mit einer 

Stärkung der Umlage- 

Rentenversicherung heraus. 

Alles andere, beispielsweise 

die Riester-Rente, befeuert 

letztendlich nur die Volatilität 

der Finanzmärkte. 

5. Große Teile der Occupy- 

Bewegung und auch Attac 

kommen zu anderen Schlüssen 

als diejenigen, die von 

einem Fehlverhalten von 

Staaten sprechen. Deren Argumentation 

muss man vom 

Kopf auf die Füße stellen. Im 

Kontext der Krise ist die Staatsverschuldung 

massiv angestiegen, weil nach 2008 

die Banken gerettet werden mussten. Aus 

diesem Grund mussten neue Konjunkturpakete 

aufgelegt werden, deshalb gab 

es Steuerausfälle, so dass die Staatsverschuldung 

hochschnellte. Aus unserer 

Sicht liegt der Schwarze Peter bei den 

privaten Banken. Außerdem kann man 

nicht von zu hohen Staatsausgaben reden. 

Was fehlt, sind die Einnahmen. In 

den vergangenen Jahrzehnten haben 

viele Länder die Steuern gesenkt, es gab 

massive Einnahmeausfälle, beispielsweise 

durch die Senkung der Einkommenssteuer 

unter Rot-Grün. Nicht die zu hohen 

Ausgaben sind das Problem, sondern die 

falsche Verteilung von Reichtum. Finanzielle 

Hilfe muss der Staat sich über eine 

vernünftige Steuerpolitik beschaffen. 

6. Uns geht es zunächst darum, Druck auf 

die Regierenden auszuüben, damit private 

Banken geschrumpft werden. Wenn 

die öffentlich-rechtlichen Bankverbände 

sich gegen Hedgefonds, Schattenbanken, 


Occupy-Aktivisten demonstrieren in der 

Frankfurter Innenstadt gegen Fehlentwicklungen 

an den Finanzmärkten. FOTO: DPA 

gegen gewisse Derivate aussprechen 

würden, wäre das für uns hilfreich. Ein 

unmittelbarer Kontakt ist nicht zwingend 

produktiv. 

7. Es gibt einen globalen Bewegungszyklus, 

der in Tunesien begann. Die Proteste 

richteten und richten sich selbst in Nordafrika 

immer gegen das neoliberale ökonomische 

Modell. Die Occupy-Gruppen 

sind Teil einer breiten Bewegung. Alle diese 

Gruppierungen kämpfen dafür, dass 

sich die Politik ändert. Die Occupy-Gruppen 

in den Zeltstädten sind ein wichtiges 

Element, damit der Druck auf die Regierenden 

nicht nachlässt. Natürlich herrschen 

in Deutschland ganz andere Bedingungen 

als in Griechenland oder auf 

der Iberischen Halbinsel. In Spanien mit 

einer Jugendarbeitslosigkeit von 45 Prozent 

ist der gesellschaftliche Druck viel 

höher als in der Bundesrepublik. Bei uns 

ist die Dynamik noch nicht abschätzbar. 

Spätestens im Frühjahr wird die Occupy- 

Bewegung in Deutschland aber wieder 

Fahrt aufnehmen. 

�

wie Occupy? 

Protestbewegungen dazu bei, Debatten in Gang zu setzen und Verbesserungen zu erwirken? 

Fragen an die Kontrahenten 

1. Ist die Wut auf die Finanzbranche 

gerechtfertigt? 

2. Müssen die Finanzmärkte stärker 

reguliert werden? 

3. Zeigt das Modell von Sparkassen 

und Genossenschaftsbanken in die 

richtige Richtung? 

4. Wird nicht auch ein Teil des Gläubigermarktes 

von kleinen Sparern 

getragen, die von ihren Banken und 

Versicherungen hohe Zinsen für ihre 

Altersvorsorge erwarten? 

5. Warum wendet sich die Occupy- 

Bewegung nicht gegen die Staatsverschuldung, 

sondern nur gegen 

Banker, die sich ihr Risiko bezahlen 

lassen wollen? 

6. Sollten Banken und Sparkassen mit 

Occupy reden? 

7. Brauchen wir Occupy? Verändern 

die Zeltstädte und Demonstrationen 

auch in Deutschland etwas? 

1. Wenn ein Investmentbanker durch riskante 

Transaktionen viel Geld verdienen, 

aber durch die automatischen Bankenrettungen 

de facto nichts verlieren kann, 

dann ist das mit Sicherheit ein falsches 

Anreizsystem das zu Verwerfungen führen 

muss. Die Finanz- und Eurokrise 

selbst haben jedoch nicht die Banken verursacht, 

sondern der Mittelstand der USA 

beziehungsweise die westlichen Staaten, 

die jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt 

haben. 

2. Es gehören vernünftige Rahmenbedingungen 

geschaffen, Fehlverhalten 

sollte entsprechend hart und schnell 

sanktioniert werden. Der existierende 

Bürokratie- und Regulierungswahn führt 

jedoch nicht zu einer Minimierung der 

Risiken im System, sondern primär zur 

Einschränkung von wirtschaftlicher Aktivität 

und zur Erhöhung der Risiken. Den 

Occupy-Bewegten fehlt definitiv Wirtschaftskompetenz. 

Bei einem Interview 

mit einem der Gründer der Bewegung 

musste dieser eingestehen, dass sie noch 

Monate brauchen, um überhaupt 

zu formulieren, für 

oder gegen was sie eigentlich 

genau demonstrieren. Das 

Problem ist die mangelnde 

wirtschaftliche Kompetenz 

der Bevölkerung. Dies führt 

dazu, dass die Bevölkerung 

durch alle Finanz- und Wirtschaftskrisen 

immer brutal 

abgezockt wurde und wird. 

Besonders betroffen ist dabei 

die junge Generation, 

die nun gleich mehrfach 

abgezockt wird. Die Jugendlichen 

werden höhere Steuern 

zahlen, sie erben die bestehenden 

Schulden sowie 

die neuen Schulden für die 

Pleitestaaten. Zudem zahlen 

sie in ein Sozialsystem ein, 

aus dem sie nichts mehr herausbekommen 

werden. Das 

restliche Ersparte wird von 

der Inflation aufgefressen. In 

meinem aktuellen Buch „Gegengift“ 

nehme ich mich genau 

dieser Thematik an und 

zeige auch den Lösungsweg 

in Form von ökonomischer 

Bildung. 

3. Es ist wichtig, dass sich die 

Banken auf ihr Kerngeschäft 

fokussieren, unter anderem 

auf die Vergabe von Krediten 

und die Verwaltung von 

Sparguthaben. Ironischerweise 

waren es oft politisch 

beeinflusste Landesbanken, 

welche in Produkte investiert 

haben, die sie nicht 

verstehen, und dadurch viel 

Geld verloren haben. 

4. Die Krise führt sicher zu 

einer teilweisen Enteignung 

der Bevölkerung, insbesondere auch 

über die von den Notenbanken initiierte 

Inflation. Tragisch dabei ist, dass der 

Großteil der Bevölkerung die wirtschaftlichen 

Zusammenhänge nicht versteht 

und deshalb den Vorgängen schutzlos 

ausgeliefert ist. 

5. Aus demselben Grund, warum in Frankreich 

Jugendliche gegen die Anhebung 

des Pensionsalters demonstrieren und 

damit kommunizieren, dass sie selbst 

keine Pension mehr erhalten möchten. 

Das Bildungssystem erzieht die Bevölkerung 

zu braven Lemmingen, die vor 


CONTRA 

„Die Jugend 

kann die 

Probleme 

nur lösen, 

wenn sie 

wirtschaftliche 

Macht 

aufbaut.“ 

Gerhard Hörhan, 

Investmentbanker, 

Buchautor und 

Mitgesellschafter 

der Pallas Capital 

Holding AG 

FORUM 33 

allem gehorchen und möglichst 

wenig denken sollen. 

Es ist wichtig, die von opportunistischen 

Politikern und 

Medien vorgegebenen Meinungen 

zu hinterfragen und 

selbst die Verantwortung 

für sich und sein Umfeld zu 

übernehmen. Wer noch immer 

auf einen Staat hofft, 

der am Ende für Pensionen 

und eine gute Gesundheitsversorgung 

einsteht, handelt 

verantwortungslos. 

6. Sinnvoller wäre, das bestehende 

archaische Bildungssystem 

abzuschaffen und 

die Bevölkerung in einem 

neuen Bildungssys tem gut 

auf ihre Zukunft vorzubereiten. 

Wissen über gesunde 

Ernährung, neue Medien 

oder den Umgang mit Geld 

ist wichtiger als das Auswendiglernen 

von Dinosaurierarten. 

7. Was Europa braucht sind 

Menschen, die sich wirtschaftlich 

betätigen und 

etwas erreichen möchten. 

Junge Leute mit Hunger 

und Engagement. Eine erfolgreiche 

Wirtschaft ist die 

Grundlage, dass der Staat auf 

soliden Beinen steht und ein 

vernünftiges Sozialsystem 

für Härtefälle finanziert 

werden kann. Demos und 

Zeltstädte verändern nichts. 

Sie produzieren Müll, der 

danach wieder weggeräumt 

werden muss. Bewegungen 

sind nur dann erfolgreich, 

wenn sie klare Ziele verfolgen. 

Als Beispiel dafür kann 

man die 68er-Bewegung heranziehen, 

die sich erfolgreich gegen den Krieg in 

Vietnam gestemmt hat. Wenn man ein 

Ziel erreichen möchte, dann muss man 

zumindest wissen, was das Ziel ist, das 

man anstrebt. Die Occupy-Bewegung 

spiegelt im Grunde genommen den Vertrauensverlust 

der Jugendlichen wider, 

dass Politik die bestehenden Probleme 

wird lösen können. Die Jugend wird die 

Probleme nur lösen können, wenn sie 

sich selbst auf eigene Beine stellt und 

wirtschaftliche Macht aufbaut. 

� 

Die Fragen stellte Thomas Schindler.

34 

PERSPEKTIVEN 

BÖRSENFUSION – GASTBEITRAG 

Warnung vor dem 

Ausverkauf 

Die geplante faktische Übernahme der Deutsche Börse AG durch die NYSE Euronext hätte schwere 

Nachteile für den Finanzplatz Deutschland, schreibt Professor Ulrich Burgard, Direktor des Forschungszentrums 

für Sparkassenentwicklung (FZSE). Die Sparkassen wären hiervon besonders 

betroffen. Wie Burgard in einem Gutachten dargelegt hat, könne die hessische Börsenaufsichtsbehörde 

das Vorhaben noch untersagen. Darin gelte es die Entscheidungsträger zu bestärken. 

Um die Bedeutung des Zusammenschlussvorhabens 

einschätzen zu 

können, muss man sich zunächst die 

Bedeutung der Deutschen Börse vor Augen 

führen. Die Deutsche Börse AG ist 

Trägerin der Frankfurter Wertpapierbörse 

(FWB), der mit weitem Abstand 

bedeutendsten deutschen Börse. In 

Deutschland hat der Xetra-Handel einen 

Marktanteil von 90 Prozent. Fast alle nationalen 

Börsengänge finden in Frankfurt 

statt. 

Darüber hinaus ist die FWB die einzige 

international bedeutende Börse im gesamten 

Euroraum. Zwar musste sie in 

letzter Zeit Marktanteile an multilaterale 

Handelssysteme (MTF), insbesondere 

ChiX, abgeben. Den Euronext-Börsen 

(Paris, Amsterdam, Brüssel, Lissabon) 

unter der Führung der New York Stock 

Exchange (NYSE) geht es jedoch insofern 

keinesfalls besser. Und im Gegensatz zu 

den MTFs erzielt die Deutsche Börse im 

Xetra-Segment immer noch schöne Gewinne. 

Den Preiskampf hat sie also noch 

gar nicht mit aller Konsequenz aufgenommen. 

Dabei ist die Deutsche Börse nicht nur 

Trägerin der FWB, sondern herrschendes 

Unternehmen eines Börsenkonzerns, der 

insbesondere mit der Eurex-Börse auch 

im höchst profitablen Derivatehandel 

führend ist und der über ein integriertes 

Geschäftsmodell verfügt, das die gleichfalls 

sehr profitable Abwicklung von 

Wertpapiergeschäften und die noch gewinnträchtigere 

Verwahrung von Wertpapieren 

umfasst. 

Die Tochtergesellschaft Clearstream 

verwahrt Wertpapiere im Wert von 

10.000 Mrd. Euro und erzielt einen Gewinn 

von 60 Prozent auf ihr Eigenkapital. 

Auf Gewinne aus dem Xetra-Handel ist 

die Deutsche Börse daher nicht angewiesen. 

Für den intensiver werdenden Wettbewerb 

ist sie mithin bestens gerüstet, 

und zwar besser als ihre Wettbewerber, 

was sich auch an ihrem Marktwert zeigt: 

Ausweislich eigener Angaben war sie am 

Tag vor Bekanntwerden des Zusammenschlussvorhabens 

mehr als doppelt so 

viel wert wie die NYSE Euronext, was sich 

freilich in dem vereinbarten Zusammenschluss 

ganz und gar nicht widerspiegelt. 

Aus Sicht des Finanzplatzes ist ferner 

daran zu erinnern, dass die FWB mit 

der Bundesbank und der Europäischen 

Zentralbank die Keimzelle der Bedeutung 

von Frankfurt ist. Die Deutsche 

Börse zählt zu den Eckpfeilern dieser für 

Deutschland zentralen Wirtschaftsregion. 

Es steht also sehr viel auf dem Spiel. 

Doch gibt das dem Staat das Recht, den 

Zusammenschluss zu untersagen? 

Börsenbetrieb ist Staatsaufgabe 

Wegen der überragenden infrastrukturellen 

und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung 

ist der Börsenbetrieb nach deutschem 

Recht eine Staatsaufgabe der Bundesländer. 

Die Börsen, also auch die FWB und die 

Eurex, sind daher, was viele nicht wissen, 

Anstalten des öffentlichen Rechts. Sie sind 

damit Teil der Staatsverwaltung. Dementsprechend 

hat das Land Hessen eine besondere 

Verantwortung für „seine“ Börsen 

und darf sie nicht den wirtschaftlichen 

Interessen Privater ausliefern. 

Das gilt umso mehr, als die Börsen 

nur teilrechtsfähige Anstalten sind. Sie 

können nur öffentlich-rechtlich, nicht 

aber zivilrechtlich handeln. Alle Personal- 

und Sachmittel müssen einer Börse 

daher von ihrem Träger zur Verfügung 


gestellt werden. Börsen sind daher „auf 

Gedeih und Verderb“ auf ihren Träger angewiesen. 

Träger der FWB war früher die Industrie- 

und Handelskammer Frankfurt. Als 

die Kammer nicht mehr in der Lage war, 

die für die Elektronisierung des Handels 

erforderlichen Mittel aufzubringen, wurde 

die Deutsche Börse gegründet und mit 

der Trägerschaft der FWB beliehen. Die 

Deutsche Börse ist daher kein gewöhnliches 

Privatunternehmen, sondern 

Trägerin einer öffentlich-rechtlichen 

Anstalt, nämlich der FWB. Sie nimmt als 

solche eine Staatsaufgabe des Landes 

Hessen wahr und unterliegt dementsprechend 

besonderen öffentlich-rechtlichen 

Pflichten. Zu diesen Pflichten gehört 

nicht nur der Betrieb, sondern auch die 

Fortentwicklung der FWB. So steht es im 

Gesetz. 

Und da es sich dabei um eine Staatsaufgabe 

des Landes Hessen handelt, sieht 

das Gesetz vor, dass die hessische Börsenaufsichtsbehörde 

den Zusammenschluss 

untersagen kann, wenn Anhaltspunkte 

dafür bestehen, dass die Fortentwicklung 

der FWB oder der Eurex beeinträchtigt 

werden könnte. Die Frage ist daher, ob 

solche Anhaltspunkte bestehen. 

Der Zusammenschluss zwischen der 

Deutschen Börse und der NYSE Euronext 

soll so erfolgen, dass beide 100prozentige 

Tochtergesellschaften einer niederländischen 

Holdinggesellschaft – der hier 

sogenannten Holdco – werden. Zudem 

soll zu Lasten der Deutschen Börse ein 

Verlöre Frankfurt die Eigenständigkeit, ver- 

fügte die Eurozone über keine international 

bedeutende, eigenständige Börse mehr. 

FZSE-Direktor Prof. Ulrich Burgard

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag 

geschlossen werden, denen Vorstand 

und Aufsichtsrat der Deutschen 

Börse bereits zugestimmt haben. Beherrschungsvertrag 

bedeutet, dass das 

herrschende Unternehmen, hier also 

die Holdco, dem abhängigen Unternehmen, 

hier also der Deutschen Börse, auch 

für diese schädigende Weisungen im 

Konzerninteresse erteilen kann, die die 

Deutsche Börse grundsätzlich befolgen 

muss. Gewinnabführungsvertrag bedeutet, 

dass die Deutsche Börse verpflichtet 

wird, ihren gesamten Gewinn an die 

Holdco abzuführen. Die Verträge bewirken, 

dass das herrschende Unternehmen 

die abhängige Gesellschaft vollständig 

dominiert und bis zur Grenze der Kapitalerhaltung 

ausplündern kann. Deswegen 

ist der Abschluss solcher Verträge mit 

einem Börsenträger nach herrschender 

Meinung in der börsenrechtlichen Literatur 

grundsätzlich unzulässig. 

Deutsche Börse gerät ins Abseits 

Ziel der Vereinbarung ist es, die Deutsche 

Börse soweit als möglich dem herrschenden 

Einfluss der Holdco zu unterwerfen 

und in den neuen Konzern derart 

zu integrieren, dass die Eigenständigkeit 

der Börsen lediglich als „Marke“ erhalten 

bleibt. Dementsprechend enthalten die 

Unterlagen auf rund 900 kleingedruckten 

Seiten zu der Fortentwicklung der 

FWB oder der Eurex kein Wort. Angekündigt 

wird vielmehr, ein deutsches Handelssystem 

– wahrscheinlich Xetra, sonst 

Eurex – zugunsten eines amerikanischen 

Handelssystems aufzugeben. 

Zudem ist von der Bildung von „Liquiditätspools“ 

die Rede, womit wohl die 

Verlagerung und Zusammenfassung 

von Handelsaktivitäten gemeint ist. Ferner 

werden die Betriebspflichten der 

Deutschen Börse als wirtschaftliche 

Risiken der Holdco beschrieben, was 

erwarten lässt, dass die Holdco versuchen 

wird, diese Risiken zu minimieren. 

Und schließlich spricht die geplante 

Führungsstruktur des neuen Börsenkonzerns 

dafür, dass die Interessen der 

Augen zu und durch: Reto Francioni, 

Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse 

in Frankfurt, hat der zunehmenden Kritik an 

der geplanten Fusion seines Hauses mit der 

NYSE Euronext wenig entgegenzusetzen. 

FOTO: DPA 

Frankfurter Börsen (FWB und Eurex) 

nicht viel Gehör finden werden. 

Erstens wird die konzernleitende Holdco 

zu mehr als 75 Prozent von angloamerikanischen 

Aktionären beherrscht sein. 

Zweitens ist ein Verwaltungsrat vorgesehen, 

der bis 2015 aus 17 Direktoren bestehen 

soll, nämlich aus zehn von der Deutschen 

Börse und sieben von der NYSE 

Euronext. Dieses leichte Übergewicht 

hat freilich nur geringe Bedeutung, weil 

wichtige Beschlüsse einer Zweidrittel- 

Mehrheit bedürfen. Außerdem tagt der 

Verwaltungsrat normalerweise lediglich 

viermal im Jahr. Seine Befugnisse gehen 

dementsprechend kaum über die eines 

deutschen Aufsichtsrats hinaus. Vielmehr 

kann der Verwaltungsrat bis 2016 

nicht einmal Duncan L. Niederauer als 

Chief Executive Office (CEO) abberufen. 

Zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats 

(Chairman) soll Reto Francioni, der 

derzeitige Vorstandsvorsitzender der 

Deutschen Börse, befördert werden. Als 

solcher ist er in eigener Verantwortung – 

also ohne sich mit Duncan L. Niederauer, 

dem derzeitigen Chef der NYSE Euronext 

abstimmen zu müssen, der dem Verwaltungsrat 

als einziger geschäftsführender 

Direktor angehören soll – hauptsächlich 

für das Global Relationship Management, 

also für die Repräsentation zuständig. 

Die Leitung der Holdco-Gruppe wird 

hingegen ganz in den Händen des CEO, 

also von Niederauer, liegen. Er ist alleinvertretungsberechtigt 

und trägt 

die Verantwortung für die gesamte Geschäftsführung, 

das Jahresbudget, die 

Geschäftsstrategie, das Integrationskonzept, 

Personalausstattung und Standorte 

sowie die Markenbildung. Außerdem 

leitet der CEO das Global Executive Committee. 

Das achtköpfige Global Executive Committee, 

gleichsam der Vorstand der Holdco, 

ist zwar paritätisch besetzt und soll 

einstimmig entscheiden. Kann Einstimmigkeit 

aber nicht erzielt werden, entscheidet 

der CEO alleine. In diesem Fall 

hat zwar jedes Mitglied des Global Executive 

Committee, dessen Zuständigkeit berührt 

wird, das Recht, den Verwaltungsrat 

anzurufen. Indes ist der CEO auch 

zuständig für die Bestellung und Abberufung 

der Mitglieder des Global Executive 

Committee. Der Widerspruch gegen seine 

Entscheidungen dürfte sich daher in engen 

Grenzen halten. 

Der neue Börsenkonzern wird mithin 

eindeutig von Niederauer als CEO dominiert. 

Angesichts der Aktionärsstruktur 

ist zudem nicht damit zu rechnen, dass 

sich dies nach 2016 ändert. Vielmehr ist 


PERSPEKTIVEN 35 

zu hören, dass die Deutsche Börse schon 

jetzt nach seiner Pfeife tanzt. Im Ergebnis 

stellt sich die Fusion daher als Übernahme 

der Deutsche Börse durch die NYSE 

dar. Und was das bedeutet, kann man 

an dem Bedeutungsverlust von Paris als 

Börsen- und Finanzplatz studieren. Manager 

der Euronext Börsen, denen von 

der NYSE ja auch einmal eine Fusion unter 

Gleichen versprochen wurde, finden 

sich in den Leitungsgremien der Holdco 

nicht. Zwar wurde der Chef der Pariser 

Börse zunächst Chairman der NYSE Euronext. 

Die Marginalisierung von Paris 

konnte er aber nicht verhindern. Inzwischen 

genießt er seinen goldenen Ruhestand. 

Gerader Weg in die Abhängigkeit 

Verlieren auch die Frankfurter Börsen 

ihre Eigenständigkeit, so verfügt die 

gesamte Eurozone über keine international 

bedeutende eigenständige Börse 

mehr. Kann man das – zumal in der gegenwärtigen 

Situation – wollen? Überlegt 

man nicht gerade, die Abhängigkeit 

Europas von US-amerikanischen 

Dienstleistungen – Stichworte Rating, 

GPS – zu verringern? Auch führt der Zusammenschluss 

zu einer noch engeren 

Vernetzung der Finanzbranche und zu 

dem Entstehen eines weiteren international 

systemrelevanten Finanzgiganten. 

Haben wir mit dieser Vernetzung und 

solchen Finanzgiganten nicht gerade 

schlechte Erfahrungen gemacht? 

Zudem bestehen gegen die Fusion auch 

schwere wettbewerbsrechtliche Bedenken. 

Diese rechtfertigen jedoch keine 

Untersagung. Vielmehr werden sich die 

Brüsseler Wettbewerbshüter mit Auflagen 

begnügen, die wahrscheinlich die 

ohnehin zweifelhafte Wirtschaftlichkeit 

des Vorhabens vollends zunichtemachen. 

Reto Francioni ficht das jedoch 

nicht an. Er will den Deal ungeachtet aller 

Bedenken durchziehen. 

Damit kommt alles darauf an, ob die 

hessische Börsenaufsichtsbehörde dem 

Einhalt gebietet. Zwar müsste sie von 

Rechts wegen die Börsenfusion untersagen, 

weil sie strukturell schwerwiegende, 

unabsehbare und irreversible Risiken für 

die Fortentwicklung der Frankfurter Börsen 

bedeuten würde. Die Deutsche Börse 

wäre nicht mehr Herr im eigenen Haus. 

Alle Gewinne müsste sie künftig an die 

Holdco abführen und alle maßgeblichen 

Entscheidungen würden in New York getroffen, 

und zwar nicht im Interesse der 

Frankfurter Börsen, sondern im Konzerninteresse 

und durch den Chef eines bisherigen 

Wettbewerbers. 

Die Frage ist aber, ob die hessische Börsenaufsichtsbehörde, 

also letztlich die 

Landesregierung, den Mut für eine Untersagung 

aufbringt. Dafür bedarf es einer 

möglichst breiten Unterstützung. Jede 

Stimme zählt. Als Ansprechpartner steht 

der Verfasser gerne zur Verfügung. 

�

ARCHITEKTUR 

Gut gebaut 

Es gibt sie – die schöne Filiale. Angepasst an 

historisch-regionale Bauformen zeigt sie, 

dass Sparkassenarchitektur 

jenseits von spiegelnden 

Glasfassaden ihren 

eigenen Stil findet. 

Geschäftsstelle der Sparkasse Bodensee im 

historischen Ambiente der ehemaligen 

Oberpostdirektion in Konstanz 

FOTO: DPA

� VON REINOLD REHBERGER 

Für Mitarbeiter und Vorstand der 

Sparkasse Bodensee war es 2001 ein 

besonderes Ereignis, in das ehemalige 

Postgebäude gegenüber dem Konstanzer 

Bahnhof einzuziehen. Der um 1890 erbaute 

Neorenaissancebau war einst der 

Sitz der Oberpostdirektion Konstanz – 

Spötter sprachen von „Beamten-Barock“. 

Auch dass der Bau auf den Fundamenten 

eines ehemaligen Kapuzinerklosters 

steht, verleiht dem Ort eine besondere 

Note. Die Sparkasse Bodensee minderte 

die Wucht der historischen Fassaden mithilfe 

großer Glasflächen. 

Sparkassen mit solchen Ambitionen 

„beweisen ein glückliches Händchen“, 

sagt der Bingener Berater Hasso Mansfeld, 

Markenexperte und mehrfacher 

Gewinner des Deutschen PR-Preises. 

Schließlich gehe es darum, die Verwurzelung 

der Sparkasse in ihrer Region zu 

zeigen. Laut Mansfeld wird das nirgendwo 

sichtbarer als am Sparkassengebäude 

selbst. Mansfeld: „Die Menschen spüren 

das und wollen diese Identität.“ Die Sparkassen 

pflegten daher einen anderen 

Ansatz als etwa die Deutsche Bank. „Von 

einer Geschäftsbank wird vor allem Repräsentation 

erwartet. Wenn eine Sparkasse 

so etwas nachmacht, kann das 

eigentlich nur zur Karikatur werden“, 

sagt Mansfeld. 

Das vermeiden viele Institute, indem sie 

Filialen in historischen Gebäuden einrichten. 

Etwa die Sparkasse Finnentrop 

im westfälischen Kreis Olpe erwarb 1990 

ein um 1760 erbautes Fachwerkhaus in 

Lenhausen und ließ es restaurieren. Das 

Erdgeschoss beherbergt heute eine Geschäftsstelle, 

das Obergeschoss drei Mietwohnungen. 

Historie wirkt anziehend 

1997 wurde das Gebäude beim bundesweiten 

Fassadenwettbewerb des Deutschen 

Heimatbundes mit einem Sonderpreis 

der Wilhelm-Münker-Stiftung 

ausgezeichnet. Die Sparkasse habe die 

eindrucksvolle historische Fassade „einfühlsam“ 

neugestaltet und damit „einen 

vorbildlichen Beitrag zur Ortsbildpflege 

geleistet“, hieß es. Die Jury hob lobend 

hervor, dass das Institut Marken- und 

Werbeschriften am Gebäude „sehr sparsam“ 

und „mit klassischen Buchstaben“ 

angebracht habe. 

Für PR-Berater Mansfeld ist auch die mit 

Schiefer gedeckte Zweigstelle der Sparkasse 

Finnentrop in Rönkhausen „ein 

ganz besonderes Juwel“. Das Gebäude 

wurde 1988 im historischen Fachwerkstil 

erbaut. Auch Farbgebung und Gebäudeschmuck 

orientieren sich deutlich an 

historischen Vorbildern. Mansfeld sieht 

darin „ein klares Signal, dass sich das Institut 

seiner regionalen Verantwortung 

verpflichtet fühlt“. Die Sparkassenfiliale 

im oberbayerischen Rottach-Egern ist 

Siegte im Fassadenwettbewerb: die 

Sparkassenfiliale Lenhausen in einem 

sauerländischen Fachwerkbau aus dem 

18. Jahrhundert. FOTO: SPARKASSE FINNENTROP 

ebenfalls in einem lokaltypischen Gebäude 

untergebracht. Der Dachgiebel ist 

mit Malereien des einheimischen Lüftlmalers 

Markus Hagen geschmückt, der 

auf ähnliche Weise auch schon andere 

Fassaden im Ort mit ländlichen Szenen 

verschönert hat. 

Georg Bromme, Vorstandschef der Kreis- 

sparkasse Miesbach-Tegernsee erläutert: 

„Wir sind die Sparkasse der Region, und 

das wollen wir auch zeigen.“ Alexander 

Königer, Leiter des Vorstandssekretariats, 

ergänzt: „Wenn Sie im Tegernseer Tal 

zu Hause sind, wo auch noch andere, auswärtige 

Banken agieren, sollte man seine 

Herkunft nicht verleugnen.“ Auch im 

neun Kilometer entfernten Bad Wiessee 

zieren heraldische Motive ortsansässiger 

Geschlechter die Fassade der Sparkassenfiliale. 

Dass viele Sparkassen „mittlerweile 

den Sinn für Erhaltenswertes entwickelt 



haben“, begrüßt auch Dieter Bartetzko, 

Architekturkritiker der „Frankfurter Allgemeinen 

Zeitung“. Es könne Mitarbeitern 

großen Spaß machen, in einem geschichtsträchtigen 

Umfeld zu arbeiten 

– ganz abgesehen von der Kundschaft, 

die sich von Traditionsgemäuern „vermutlich 

viel mehr angezogen fühlt als 

von endlosen vollklimatisierten Schalterhallen“, 

sagt Bartetzko. 

„Affentanz“ mit Behörden 

Doch das Bekenntnis zur regionalen Bauhistorie 

hat manchmal seinen Preis. „Sie 

glauben nicht, was wir für einen Affentanz 

mit der Denkmalschutzbehörde hatten“, 

sagt der Bauverantwortliche einer 

Sparkasse, der anonym bleiben möchte. 

Die Beamten wollten zunächst keinen 

Tresorraum und keine Sicherheitsanlagen 

gestatten, weil es diese „auch Anno 1730 

nicht gegeben“ habe. „Die sagten doch 

glatt, ein kleiner Stahlschrank in der Ecke 

täte es auch und man müsse auch nicht 

immer so viel Geld im Haus haben.“ 

� 

Kraftakt: Sparkasse restaurierte historisches Bauernhaus 

In der Gemeinde Ritterhude im Norden Bremens 

verwandelte die ortsansässige Sparkasse 

vor anderthalb Jahrzehnten eine Ruine 

in eine Geschäftsstelle. Das baufällige alte 

Bauernhaus konnte nur noch abgerissen und 

wieder aufgebaut werden. „Für alle Beteiligten 

war das ein ziemlicher Kraftakt“, erinnert sich 

Filiale mit „Lüftlmalerei“ im oberbayerischen 

Bad Wiessee FOTO: KSK MIESBACH-TEGERNSEE 

Pascal Mahnken, Leiter der zur Kreissparkasse 

Osterholz-Scharmbeck gehörenden Filiale. Es 

mussten die funktionalen Erfordernisse mit den 

Vorgaben des Denkmalschutzes in Einklang gebracht 

werden. Doch ließ sich auf diese Weise 

der niederdeutsche Dielenhallen-Charakter des 

historischen Gebäudes weitgehend erhalten. 

Ritterhude: Filiale im niederdeutschen Dielenhallen-Stil. FOTO: KSK OSTERHOLZ -SCHARMBECK

38 

PERSPEKTIVEN 

REGIONALFÖRDERUNG 

Kultur macht 

den Weg frei 

Kulturelles Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe 

steigert die Attraktivität von Regionen. Die vielfältigen 

Initiativen sorgen für lokales Wirtschaftswachstum. 

� VON MIRKO HEINEMANN 

Ende des 19. Jahrhunderts machte eine 

Fellachen-Frau im ägyptischen Tel 

al-Amarna einen sensationellen Fund: 

400 Tontafeln, auf denen politische Korrespondenz 

der Pharaonen Amenophis 

III., Echnaton und Tutanchamun verewigt 

wurde. Sie dokumentieren die Herrschaftspolitik 

im alten Ägypten im 14. 

Jahrhundert vor Christus. 

In diese so genannte „Amarna-Zeit“ 

fällt das Leben und Wirken von Nofrete, 

der Hauptgemahlin des Echna- 

ton, deren Büste als wohl berühmtestes 

Ausstellungstück 

im Berliner Neuen Museum 

ausgestellt ist. Im Neuen Museum 

wird Ende 2012 eine groß 

angelegte Ausstellung über die 

Amarna-Zeit zu sehen sein. Zu 

vielen noch nie gezeigten Funden 

aus dem Berliner Bestand 

kommen internationale Leihgaben, 

welche die Ära in einen 

kulturhistorischen Gesamtzusammenhang 

stellen. 

Die Sparkassen-Finanzgruppe 

ist mit von der Partie: Die Ausstellung 

wird das zweite große 

Projekt sein, das im Rahmen 

der Kooperation zwischen den 

Staatlichen Museen zu Berlin 

und der Berliner Sparkasse, der 

DekaBank und den Sparkassen- 

Kulturfonds zustande kommt. Derzeit 

unterstützt die Sparkassen-Finanzgruppe 

die Ausstellung „Der geteilte Himmel. 

1945–1968“, die in der Neuen Nationalgalerie 

am Kulturforum Potsdamer Platz in 

Berlin zu sehen ist. 

Sparkassen zeigen kulturelle Präsenz 

Das Engagement zeigt den Stellenwert, 

den die Sparkassen der Kulturförderung 

einräumen. 152 Mio. Euro für Kultur – 

mit dieser Summe unterstützte im Jahr 

2010 die Sparkassen-Finanzgruppe Kulturprojekte. 

Die Kulturförderung bildet 

den größten Posten im Förderbudget für 

das Gemeinwohl, das den Sparkassen im 

„Berlin 

profitiert von 

der wachsendenAnerkennung 

des 

ökonomischen 

Stellenwerts 

der 

Kreativen.“ 

Aus einem Statement 

der Berliner 

Investitionsbank 

Berlin (IBB) 

vergangenen Jahr mehr als eine halbe 

Mrd. Euro wert war. Die Bandbreite des 

sozialen Engagements reicht vom Sportverein, 

Nachbarschaftshilfe und Schuldnerberatung 

bis zu Kulturprojekten. 

Wichtig sei, dass der „gesellschaftliche 

Zusammenhalt vor Ort“ gestärkt werde, 

wie DSGV-Präsident Heinrich Haasis 

erklärte. Feste Bindungen in der Kulturförderung 

bestehen etwa zum Musikwettbewerb 

„Jugend musiziert“ und den 

Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. 

Im vergangenen Jahr wurden auch Veranstaltungen 

rund um die 

„Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ 

unterstützt. Mit ihrer Präsenz 

in dieser Breite übernehmen 

die Sparkassen eine tragende 

Rolle in der deutschen Kulturlandschaft. 

Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor. 

Wenn Unternehmen 

etwa in Berlin neue Mitarbeiter 

suchen, dann fehlt in der 

Stellenanzeige nur selten ein 

Hinweis auf das einzigartige 

Kulturangebot. Unternehmer 

und Personalchefs aus allen 

Branchen betonen die starke 

Anziehungskraft der Kulturmetropole 

auf junge, gut ausgebildete 

Nachwuchskräfte. 

Dieser Umstand schlägt auch 

ökonomisch immer stärker zu 

Buche, er zeigt sich nicht nur in 

sinkender Arbeitslosigkeit und rekordhohen 

Besucherzahlen in der Hauptstadt, 

sondern auch unter den Kulturschaffenden 

selbst: Der Umsatz der Berliner Kreativwirtschaft 

ist laut Investitionsbank 

Berlin IBB in den letzten zehn Jahren um 

rund 25 Prozent gestiegen. Dies zeige, 

dass Berlin „auch von der wachsenden 

Anerkennung des ökonomischen Stellenwerts 

der Kreativen profitiert“. Die 

Bereiche Kultur und Wirtschaft rücken 

immer enger zusammen. 

Bei der engen Verzahnung jener Bereiche 

haben die Sparkassen seit jeher 

eine Vorreiterrolle inne. Besonders deutlich 

wird das abseits von Metropolen 


Foyer des Neuen Museums in Berlin: Hier 

fördert die Sparkassen-Finanzgruppe im 

nächsten Jahr ein Ausstellungsprojekt der 

ägyptologischen Abteilung. FOTO: DPA

Sparkassen bilden die stifterisch aktivste Unternehmensgruppe in Deutschland 

Mit einer Summe von mehr als 152 Mio. 

Euro 2010 ist die Sparkassen-Finanzgruppe 

der größte nichtstaatliche Kulturförderer in 

Deutschland.Die Gruppe trägt insgesamt rund 

ein Sechstel der privaten Kulturförderung. 

��Sparkassenstiftungen 

717 Stiftungen der Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe 

verfügen über ein Gesamtkapital 

von über 1,97 Mrd. Euro und jährliche 

Stiftungserträge von rund 70 Mio. Euro. Allein 

wie München, Frankfurt oder Berlin: Die 

Kulturstiftungen der Sparkassen sind in 

mancher Region wichtigster Partner für 

die Kulturschaffenden vor Ort. Mit ihrer 

Verpflichtung dem Gemeinwohl gegenüber 

bringen sie wichtiges Know-how 

mit, dessen Bedeutung in Zukunft noch 

steigen wird. „Das Engagement für das 

Gemeinwohl ist und bleibt ein zentraler 

Bestandteil der Geschäftsphilosophie der 

Sparkassen“, so DSGV-Präsident Haasis, 

im Jahresbericht der Sparkassen-Finanzgruppe. 

Unternehmen folgen den Kreativen 

Die ökonomische Zukunft der Industriestaaten 

wird aus Kreativität, Innovationskraft 

und Erfindergeist gemacht. 

Wie immer man jenes schöpferische Potenzial 

nennt, aus dem Neues entsteht – 

es ist zweifellos der Rohstoff der Zukunft. 

Im Zuge der Globalisierung haben sich 

die ökonomischen Rahmenbedingungen 

massiv verändert. Vor allem in den Industriestaaten 

bildet Kreativität eine wesentliche 

Basis für wirtschaftliches Wachstum 

und Wettbewerbsfähigkeit. Erfolgreich 

sind vor allem Unternehmen aus Regionen, 

wo technische Innova tionen auf 

kreative Menschen treffen. 

Diese These vertritt etwa der US-amerikanische 

Entwicklungsökonom Richard 

Florida. In seinem Buch „The Rise of the 

Creative Class“ legt er dar, dass Kreativität 

als Standortfaktor entscheidend zu 

ökonomischem Erfolg beiträgt. Kultur 

sei die Voraussetzung für wirtschaftliche 

Prosperität. 

Dies weist Florida an verschiedenen Beispielen 

aus den USA nach. Über die Entfaltung 

kreativer Fähigkeiten entscheidet 

demnach das kulturelle Umfeld. Firmen 

suchen ihren Standort nicht mehr nur 

nach dem Steuersatz oder Immobilienpreisen 

aus, sondern gehen dorthin, wo 

die kreativen Köpfe zuhause sind: an 

Standorte mit kulturellen Möglichkeiten. 

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die 

aktuelle Studie „The Phantom of the 

Opera: Cultural Amenities, Human Capital, 

and Regional Economic Growth“ des 

Bonner „Instituts zur Zukunft der Arbeit“ 

(IZA). Darin zeigen die Wissenschaftler 

in den Jahren 2002 bis 2010 wurden mehr 

als 180 neue Stiftungen von den Sparkassen 

errichtet. Damit ist die Sparkassen-Finanzgruppe 

die stifterisch aktivste Unternehmensgruppe in 

Deutschland. 

��Sparkassen-Kulturfonds des DSGV 

Der Kulturfonds wurde 1999 eingerichtet und 

versteht sich als Mittler zwischen den Trägern 

von Kultur und den regionalen Partnern der 

Sparkassen-Finanzgruppe, die sich kulturell 



Oliver Falck, Michael Fritsch und Stephan 

Heblich, dass kulturelle Angebote Städte 

und Regionen interessanter für hoch 

qualifizierte Arbeitskräfte machen und 

damit zu einem höheren Wirtschaftswachstum 

in der Region führen. Sie 

weisen einen signifikanten kausalen Zusammenhang 

nach zwischen regionalen 

kulturellen Einrichtungen und der regionalen 

Verteilung von Hochqualifizierten. 

Fazit: „Kulturelle Einrichtungen können 

die Attraktivität einer Region für Hochqualifizierte 

wesentlich erhöhen. Viele 

ihrer Wirkungen sind langfristig und 

eher ‚atmosphärischer‘ Natur, weshalb 

sie sich einer direkten Messung auch 

häufig entziehen.“ 

Manche Effekte können schnell, andere 

vielleicht erst nach Jahrzehnten 

wirken. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung 

unterstützte etwa eine Austellung 

im sachsen-anhaltinischen Naumburg. 

Im Zentrum stand der „Naumburger 

Meister“, der vor allem mit der „Uta von 

Naumburg“ den Inbegriff der gotischen 

Skulptur in Deutschland schuf. Die Sparkassenstiftung 

ermöglichte etwa Schulklassen 

aus Sachsen-Anhalt den Besuch 

der Naumburger Ausstellung und fördert 

damit das Kulturverständnis und die Herausbildung 

regionaler Identität. 

Ideen der Jugend ernst nehmen 

Ein weiteres Beispiel für Jugendförderung 

ist die Partnerschaft der Staatlichen 

Museen in Berlin mit der Sparkassen- 

Finanzgruppe. Die Kooperationspartner 

haben in diesem Jahr erstmals den Ideenwettbewerb 

„Wünsch dir was!“ für Jugendliche 

ausgeschrieben. Jugendliche 

sind aufgefordert, über Kunst, Kultur 

und die Institution Museum nachzudenken 

und aktiv an der Museumsgestaltung 

teilzunehmen. Aus den Wünschen, Ideen 

und Visionen zum Thema wird das innovativste 

Konzept prämiert und erhält zur 

Umsetzung finanzielle Unterstützung 

und professionelle Beratung aus den Museen. 

Der erste Standort dafür ist der Hamburger 

Bahnhof in Berlin. Eines der bedeutendsten 

Museen für Gegenwartskunst 

wartet auf junge Ideen. � 

engagieren. Er soll die Gruppe im Bereich der 

Kulturförderung bundes- und europaweit ins 

Bewusstsein rücken. 

Unterstützt werden: 

��Musikvereine, Orchester, Chöre und Sänger 

�� Architektur und denkmalgeschützte Gebäude 

�� regionales Brauchtum 

�� Kunstsammlungen, Ausstellungen 

�� regionale Filminitiativen 

�� Nachwuchsautoren 

�� Theater, freie Bühnen, Kleinkunstgruppen

40 

PERSPEKTIVEN 

SPENDENBETRUG 

Dubiose Sammler 

Gerade in der Weihnachtszeit spenden die Deutschen gern. 5,3 Mrd. Euro geben sie pro Jahr für 

karitative Zwecke. Davon landen aber etwa 100 Mio. Euro in den Taschen von Gaunern. Sparkassen 

können dazu beitragen, den Missbrauch einzudämmen – etwa mithilfe ihrer Stiftungen. 

� VON RICHARD HAIMANN 

Er warb damit, Frauen aus dem islamischen 

Kulturkreis vor Zwangsehen 

und Misshandlungen schützen zu wollen. 

Doch was an Spendengeldern hereinkam, 

nutzte der 42-Jährige vor allem für 

sich selbst. Vor dem Berliner Landgericht 

gab es dafür jüngst die Quittung: Zu einer 

Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten 

verurteilten die Richter den Vorsitzenden 

der von ihm selbst initiierten 

Hilfsorganisation Hatun & Can. Der Verein 

sei nur ein „Selbstbedienungsladen“ 

für den Angeklagten gewesen, befanden 

die Richter. Mindestens 700 000 Euro an 

Spendeneinnahmen habe der Mann für 

eigene Zwecke verwendet. 

Unter den Betrogenen ist auch die 

Frauen rechtlerin Alice Schwarzer. Die 

Feministin hatte bei einer Prominenten- 

Sondersendung von Günther Jauchs 

„Wer wird Millionär“ eine halbe Million 

Euro gewonnen – und dem Verein gespendet. 

Der hohe Bekanntheitsgrad der 

„Emma“-Herausgeberin machte den Prozess 

zum bundesweiten Medienereignis. 

Doch bei der Tat handelt es sich um keinen 

Einzelfall. Fast zeitgleich verhängte 

das Landgericht Lüneburg ein noch nicht 

rechtskräftiges Urteil gegen den Chef 

des Vereins „Kinder in Not“, Jürgen W. 

Der vermeintliche Charity-Helfer wurde 

zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb 

Jahren wegen Unterschlagung verurteilt. 

Laut Gericht habe der Verein Beträge im 

„tiefen sechsstelligen Bereich“ eingesammelt, 

von denen jedoch nur 8000 Euro 

an Kinderhilfsorganisationen geflossen 

seien. 

Nicht jeder will ein Spendensiegel 

Hunderte ähnliche Urteile sind in den 

vergangenen Jahren von deutschen 

Gerichten wegen Spendenbetrugs ergangen. 

Dennoch spiegeln die Prozesse 

nach Meinung von Experten nur die 

Spitze des Eisbergs wider. „Jedes Jahr 

werden Hunderte Millionen gespendeter 

Euro veruntreut“, sagt Stefan Loipfinger, 

Betreiber des auf die Warnung vor Spendenbetrügern 

spezialisierten Onlineportals 

Charitywatch.de und Autor des 

Sachbuchs „Die Spendenmafia“, in dem 

die Machenschaften unseriöser Organisationen 

aufgedeckt werden. 

Landgericht Berlin: Haft für dubiosen Spendeneintreiber 

Im T-Shirt zum Gerichtstermin: Udo D. (r), Vorsitzender 

einer 2006 gegründeten Hilfsorganisation 

für in Not geratene islamische Frauen, 

erschlich rund 700 000 Euro an Spendengeldern. 

Einen Großteil gab er für ein Luxusauto, 

Reisen und Schmuck aus. Die Frauenrechtlerin 

Alice Schwarzer hatte für den Berliner Nothilfeverein 

„Hatun & Can“, der sich laut Satzung 

gegen Zwangsehen und Misshandlungen einsetzen 

wollte, eine halbe Mio. Euro gespendet, 

„Spendenbetrüger haben in Deutschland 

leichtes Spiel“, bestätigt Burkhard 

Wilke. „Die Spendenbereitschaft der 

Menschen ist riesig, die staatliche Kontrolle 

des Marktes hingegen gering“, 

sagt der Geschäftsführer des von der 

Bundesregierung und dem Land Berlin 

geförderten Deutschen Zentralinstituts 

für soziale Fragen (DZI), das als „Spenden-TÜV“ 

überregional tätige karitative 

Einrichtungen auf die Verwendung der 

ihnen zufließenden Gelder kontrollieren 

soll. 

Dabei geht es um immense Beträge und 

eine ebenso gewaltige Zahl von spendensammelnden 

Einrichtungen: 5,3 Mrd. 

Euro wurden 2010 nach Berechnungen 


die sie bei der Fernsehshow „Wer wird Millionär“ 

gewonnen hatte. Als der Verein über die 

Verwendung des Gelds keine Auskunft geben 

konnte, zog Schwarzer vor Gericht und sagte 

bei dem Prozess im April 2011 als Zeugin aus. 

Der Verein sei ein „Selbstbedienungsladen“ 

gewesen, befand der Richter und verurteilte 

Udo D. zu fast fünf Jahren Haft. Der Verurteilte 

bestritt die Vorwürfe, ein Teil des Geldes bleibt 

verschwunden. FOTO: DPA 

des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 

(DIW) in Deutschland für 

karitative Zwecke gestiftet. Insgesamt 

600 000 Vereine und 18 000 Stiftungen in 

Deutschland können Zuwendungen einwerben. 

Doch gerade einmal 262 dieser 

Einrichtungen dürfen das „Spendensiegel“ 

des DZI führen. Sie haben bei einer 

Prüfung des Instituts nachgewiesen, dass 

sie die ihnen zukommenden Gelder überwiegend 

sachgerecht verwenden. 

„Das bedeutet nicht, dass alle anderen 

Organisationen unseriös arbeiten“, sagt 

Institutschef Wilke. Manche Einrichtungen 

scheuten die Prüfgebühr von 35 

Euro pro 100 000 Euro eingenommener 

Spendengelder. Viele beantragen jedoch

kein Siegel, weil sie wissen, dass sie die 

Kontrolle nicht bestehen würden. 

Jetzt, mit Beginn der Adventszeit, landen 

wieder Bettelbriefe diverser 

Hilfsorganisationen in den 

Briefkästen. Doch die Empfänger 

können kaum unterscheiden, 

ob es sich bei den Absendern 

um seriöse Einrichtungen 

handelt – oder um Betrüger, die 

das Mitleid der Spender nutzen 

wollen, um sich selbst zu bereichern. 

„Um schwarze Schafe zu 

stoppen, müsste die Kontrolle 

der Sammlungsaufsicht verschärft 

werden“, fordert Wilke. 

Aufsichtsrecht hat Lücken 

Von den 16 Bundesländern 

habe jedoch lediglich Rheinland-Pfalz 

ein funktionierendes 

Sammlungsgesetz. Die im Land 

für die Überwachung spendensammelnder 

Organisationen zuständige 

Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion 

(ADD) habe als einzige Kontrollbehörde 

in Deutschland die Befugnis, 

unseriösen Einrichtungen das 

Geldsammeln zu verbieten. 

Jahr für Jahr erlässt die ADD 

nach eigenen Angaben bis zu 

15 dieser Sammlungsverbote. 

Doch die Befugnisse der Direktion 

enden an den Landesgrenzen. 

„Organisationen, denen 

die Sammlungstätigkeit 

in Rheinland-Pfalz untersagt 

wurde, können in den übrigen 

15 Bundes ländern ungehindert 

weiterhin ihr böses Spiel betreiben“, 

moniert Wilke. 

Viele Spender vermuten, ihr 

Geld sei bei als gemeinnützig 

anerkannten Stiftungen und 

Vereinen automatisch in guten 

Händen. „Doch das ist ein großer 

Irrtum“, sagt Charitywatch-Chef 

Loipfinger. Zwar müssen die Finanzämter 

über den Status entscheiden, 

weil Spenden an gemeinnützige Organisationen 

von der Steuer abgesetzt wer- 

„Die Spendenbereitschaft 

der 

Menschen ist 

riesig, die Kontrolle 

des Marktes 

hingegen gering.“ 

Burkhard Wilke, 

Geschäftsführer DZI 

„Zu viele Sparkassen 

informieren zu 

zurückhaltend 

über die 

Leistungen ihrer 

Stiftungen.“ 

Stefan Loipfinger, 

Autor und 

Betreiber des 

Onlineportals 

Charitywatch. de 

den können. „Dabei geht es aber nur um 

formale Kriterien“, erläutert der Experte. 

So müsse eine Organisation bereits als 

gemeinnützig anerkannt werden, 

wenn sie lediglich 50 Prozent 

der eingenommenen Spenden 

satzungsgemäß verwendet. 

„Nach dem Gesetz ist es damit 

zulässig, dass Vereinsmitglieder 

50 Prozent der Einnahmen 

als Gehaltszahlungen für 

sich selbst abzweigen und den 

Rest der Spenden für die Versendung 

von Bettelbriefen nut- 

zen“, warnt Loipfinger. „Dazu 

genügt es, wenn in der Satzung 

als Vereinsziel angegeben wird, 

über eine bestimmte Krankheit 

oder die Not von Kindern in 

Afrika informieren zu wollen.“ 

Sparkassen könnten dazu 

beitragen, den Missbrauch mit 

der Hilfsbereitschaft einzudämmen, 

sagt Loipfinger. „Die öffentlichrechtlichen 

Institute unterhalten eigene 

Stiftungen, die – auch mit Spendengeldern 

von Kunden – karitative 

und soziale Einrichtungen in 

der jeweiligen Region in hohem 

Maße fördern.“ Wenn die Sparkassen 

dies stärker bekanntmachten, 

würden viel mehr 

Spendenwillige die Möglichkeit 

nutzen, mit ihrem Geld direkt 

vor Ort einen guten Zweck zu 

unterstützen. „Unseriöse Spen- 

densammler hätten es dann 

viel schwerer, den Menschen 

das Geld aus der Tasche zu ziehen, 

weil diese ihren Wunsch, 

Gutes zu tun, bereits mithilfe 

der Sparkassen verwirklichen“, 

sagt Loipfinger. 

Zu viele öffentlich-rechtliche 

Institute würden jedoch nur zurückhaltend 

in der Öffentlichkeit 

über die Leistungen ihrer 

Stiftungen informieren. „Diese 

Sparkassen vergeben damit einen Teil 

der Chance, Menschen als Spender für 

regionale Fördervorhaben zu gewinnen“, 

Seriöse Organisationen drücken nicht auf die Tränendrüse 

Die Fotos von kranken Kleinkindern und 

misshandelten Tieren gehen zu Herzen: Mit 

aufwühlenden Bildern und Texten werben 

zahlreiche und kaum bekannte Hilfsorganisationen 

in der Adventszeit in Bettelbriefen um 

Spenden. Die Pamphlete sollen die Menschen 

zu Mitleid rühren und sie ihre Geldbörsen 

öffnen lassen. Doch Experten warnen: „Seriöse 

Hilfsorganisationen drücken nicht auf die Tränendrüse, 

sondern informieren mit nüchternen 

Fakten über ihr Anliegen“, sagt Burkhard Wilke, 

Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts 

für soziale Fragen (DZI). Zudem seien seriöse 

Hilfsorganisationen daran erkennbar, dass sie 

transparent ihre Einnahmen offenlegten und 

detailliert über die Verwendung der Spenden 

informierten, sagt der DZI-Chef. Zwar werde 

„ein Teil des Geldes für Verwaltungs-, Werbe 

und Personalaufwendungen benötigt“, sagt 

Wilke. „Sonst könnten die Einrichtungen nicht 

existieren und somit auch keine Hilfe leisten.“ 

Angemessen sei es aber, wenn bis zu 20 Prozent 

der Spenden für die laufende interne Arbeit einer 

Organisation verwendet werden. Hingegen sollte 

kein Geld gegeben werden, wenn Hilfsorganisationen 

mit Sammeldosen an der Haustür oder 



kritisiert Loipfinger. Auch mit stärkerer 

Werbung für ihr Lotteriesparen könnten 

Sparkassen dem Wunsch der Menschen 

entgegenkommen, Gutes zu tun. Dabei 

erwerben Kunden Lose für fünf Euro. Von 

diesem Betrag fließen vier Euro auf ein 

Sparkonto der Anleger. Ein Euro geht in 

die Lotterie. 75 Prozent des Lotterievolumens 

werden als Gewinne ausgeschüttet. 

25 Prozent – 0,25 Euro pro Los – gehen an 

von den Sparkassen geprüfte und ausgewählte 

Organisationen aus der jeweiligen 

Region. 

Dabei können stattliche Beträge zusammenkommen, 

wenn das Programm nur 

stark genug bekanntgemacht wird. Die 

Hamburger Sparkasse, die für ihr soziales 

Engagement gleich auf der ersten 

Seite ihres Internet-Auftritts wirbt, erzielt 

mit ihrem Lotteriesparen jedes Jahr einen 

Zweckertrag von rund 2,5 Mio. Euro. 

„Damit fördern wir knapp 400 gemeinnützige 

Organisationen in den Bereichen 

Soziales, Bildung, Sport, Kultur und Umweltschutz“, 

sagt Sprecherin Stefanie von 

Carlsburg. 

Stärkere Werbung könnte helfen 

Auch die Landessparkasse zu Oldenburg 

wirbt für ihre Lotterie „Sparen und Gewinnen“ 

erfolgreich in allen Filialen und 

prominent auf der Startseite ihres Internetauftritts. 

Gemessen an der deutlich 

geringeren Größe ihre Einlagen von rund 

sechs Mrd. Euro im Jahr 2010 erzielt das 

Oldenburger Institut bei seiner Lotterie 

einen in Relation vergleichbar hohen 

Überschussbetrag wie die Haspa in der 

Elbmetropole. 

Pro Jahr fördert die vor 225 Jahren gegründete 

Landessparkasse zu Oldenburg 

aus dem Zweckertrag soziale und gemeinnützige 

Vorhaben in ihrem Verbreitungsgebiet 

mit rund 400 000 Euro. Bei 

den Kunden seien die Lose heiß begehrt, 

sagt Kommunikationsleiter Hans Günter 

Rostalski. „Mit der Lotterie können sie 

das ganze Jahr über sehr viel Gutes für 

die heimische Region tun und haben 

selbst gute Chancen, attraktive Geld- und 

Sachpreise zu gewinnen.“ 

� 

auf öffentlichen Plätzen um Spenden bitten. 

„Niemand kann kontrollieren, ob das Geld 

wirklich den Hilfsbedürftigen zukommt oder in 

den Taschen der Sammler landet“, sagt Wilke. 

Charitywatch-Betreiber Stefan Loipfinger rät 

Spendenwilligen, sich ausführlich über in Frage 

kommende Stiftungen und Vereine zu informieren 

und dann einer für gut befundenen 

Einrichtung monatlich oder vierteljährlich 

eine Dauerspende zukommen zu lassen. „So 

können langfristige Hilfsprojekte, die auf kontinuierliche 

Spendeneinnahmen angewiesen 

sind, sinnvoll unterstützt werden.“

42 

LITERATUR 

MANAGEMENT 

Vertrau‘ der Frau 

Mehr Frauen in Führungspositionen: Um das zu 

erreichen, müssen sich die Strukturen und auch 

die Frauen selbst ändern. 

� VON MIRKO HEINEMANN 

Die 200 größten Unternehmen 

in Deutschland 

haben genau 902 Vorstände. 

Davon sind – nach einer Erhebung 

des Deutschen Instituts 

für Wirtschaftsforschung – 29 

weiblich, das sind 3,2 Prozent. 

Es ist gut möglich, dass diese 

Zahl für Marianne Heiß den 

Ausschlag gegeben hat, dieses 

Buch zu schreiben. „Yes she 

can“ ist ein Appell an die Wirtschaft, 

sich auf eine neue Ära 

vorzubereiten. Denn, schreibt 

Yes she can 

Die Zukunft des 

Managements ist 

weiblich. Marianne 

Heiß, Redline 

Verlag, 2011, 

19,99 Euro 

die Finanzchefin der Werbeagentur 

BBDO: „Die Zukunft 

wird weiblich.“ 

Die Autorin sagt damit 

nichts Neues. Neben den 

emanzipatorischen Entwicklungen 

der letzten Jahrzehnte 

sorgt der demografische Wandel 

in der Bundesrepublik 

dafür, dass Frauen in der Arbeitswelt 

gebraucht werden 

wie nie zuvor. Vor allem bei 

den qualifizierten Fachkräften 

fehlt der Nachwuchs: Die 

Älteren scheiden aus, Jüngere 

kommen nicht in ausreichendem 

Maß nach. 

Die Beratung McKinsey 

schätzt, dass in Deutschland 

2020 rund zwei Mio. Fachkräfte 

fehlen werden. „Wer 

Talente will“, schreibt Heiß, 

„kann nicht auf 50 Prozent 

der Bevölkerung verzichten.“ 

Interessant wird es, wenn Autorin 

Heiß sich mit den gängigen 

Hierarchiestrukturen 

auseinandersetzt: Obwohl 

der Frauenanteil in den Un- 

ternehmen stark wächst, ist 

weibliches Personal in den 

Chefetagen immer noch unterrepräsentiert.Vorurteilslos 

versucht Marianne Heiß 

herauszufinden, welche Hindernisse 

es für Frauen auf 

dem Weg an die Spitze gibt. 

Kinder etwa, ein gerne angeführtes 

Karrierehemmnis, 

trifft offen bar keine Schuld, 

wie Studien über Führungsfrauen 

belegen: Sie haben 

signifikant häufig selbst Kinder. 

Eher mögen fehlendes 

Machtstreben und Selbstmarketing 

eine Rolle spielen oder 

die mangelhafte Bereitschaft, 

Rangkämpfe durch Konkurrenzrituale 

auszufechten. 

Gleichheit gibt es nicht 

Frauen und Männer sind eben 

nicht gleich. Im Wettbewerb 

von Testgruppen etwa zeigten 

sich Unterschiede, spezifische 

Fähigkeiten, die Frauen im Arbeitsalltag 

profitabel einsetzen 

können. Danach vermeiden 

Frauen eher ungeplante 

Risiken, sie handeln „chancenorientierter“. 

Frauen sind 

demnach offen für den Wandel 

und agieren „lösungsorientiert“. 

Weibliche Manager, 

davon zeigt sich Heiß überzeugt, 

werden die Unternehmenskultur 

zum Positiven 

verändern. Denn: „Frauen 

bringen die besten Voraussetzungen 

für vertrauensbildende 

Maßnahmen mit.“ 

Den Grund für den zögerlichen 

Wandel sucht Heiß 

nicht nur in den Strukturen, 

auch die Frauen selbst sind 

aufgefordert, ihre Chancen 

wahrzunehmen. „Bin ich bereit, 

meine Komfortzone zu 

verlassen?“, lautet ihre Frage. 

Die Antwort ist diffizil: Sowohl 

die Frauen als auch betriebliche 

Strukturen werden 

sich ändern müssen, wenn 

es gelingen soll, mehr Frauen 

in Führungspositionen zu 

bringen. 

� 


Frauen in Führungspositionen haben oft Kinder. Karriere und 

Erziehung ließen sich durchaus miteinander vereinbaren, heißt es in 

dem Buch. FOTOS: DPA, PRIVAT 

„Frauenförderung ist kein Hobby“ – Fragen 

an die Autorin Marianne Heiß 

SPARKASSE: Frau Heiß, wenn 

die Zukunft ohnehin weiblich 

wird, warum dann Ihr Buch? 

Marianne Heiß; „Yes she can“ 

ist ein Buch für Frauen, die an 

die Spitze wollen und es auch 

ohne Frauenquote schaffen. 

Es ist aber auch ein Ratgeber 

für Unternehmen, sich ernsthaft 

mit dem Thema auseinanderzusetzen. 

Es soll vor Augen 

führen, welches Potenzial 

in einem Land brach liegt, das 

es sich leistet, seinen Frauen 

keine anspruchsvollen Perspektiven 

in Management- 

Positionen zu eröffnen. 

Was können Frauen besser als 

Männer? 

Heiß: Frauen unterstellt 

man mehr als den männlichen 

Kollegen gesellschaftlich 

verantwortliches Handeln 

und, dass sie sich auf 

handlungsrelevante Sachverhalte 

konzentrieren. Sie 

sorgen verstärkt für den 

Wissenstransfer und damit 

für einen Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit. 

Vor allem 

schreibt man Frauen eher einen 

besonnenen Umgang mit 

Risiken zu. Allerdings sind 

gängige Frau-Mann-Klischees 

selbsterfüllende Prophezeiungen. 

Studien belegen: Gemischte 

Teams sind am erfolgreichsten, 

in denen der 

Anteil von Frauen und Männern 

gleich hoch ist. 

Würde eine Frauenquote die 

Entwicklung beschleunigen? 

Heiß: Ich bin kein Fan der 

verpflichtenden Quote. Aber 

ich bin dafür, Bonuszahlungen 

für Führungskräfte an 

die Frauenquote in einem Unternehmen 

zu koppeln. Boni 

werden ja nur dann in voller 

Höhe ausgeschüttet, wenn 

etwa Umsatz- oder Renditeziele 

erreicht werden. Ebenso 

sollte es in die Bewertung von 

Managern einfließen, wenn 

sie das Unternehmensziel 

erreichen, Positionen im Top- 

Management mit Frauen zu 

besetzen. Sonst wird sich 

nichts ändern. Frauenförderung 

ist kein Hobby, sondern 

ökonomische Vernunft. 

� 

Hält Frauenförderung für 

ökonomisch geboten: 

Managerin und Autorin 

Marianne Heiß.

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