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Ausgabe 82 Oktober / November 2011 Schule und Jugendhilfe

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wünscht. Mirco ist Gymnasiast, lernt alles im<br />

Schnellsttempo, aber er ist grenzen- <strong>und</strong> regellos. Er<br />

versucht, durch ständige Provokationen die Aufmerksamkeit<br />

auf sich zu lenken, insbesondere im<br />

Schulalltag.<br />

Gemäß seinen Voraussetzungen ist Mirco in seinem<br />

neuen Lebensumfeld wieder auf dem Gymnasium<br />

eingeschult worden, intellektuell kein Problem für<br />

ihn. Das Gymnasium der Kleinstadt reagiert auf<br />

Mircos Provokationen mit Schulstrafen, letztlich mit<br />

sich steigernden Suspendierungen.<br />

Der Vorschlag von Familie Neubert <strong>und</strong> der Erziehungsleitung,<br />

für einen begrenzten Zeitraum eine<br />

Schulbegleitung als Integrationshilfe einzusetzen,<br />

wird zurück gewiesen mit der Begründung, wer sich<br />

nicht dem gymnasialen Alltag anpassen könne, sei<br />

für diese Schulform untragbar. Mirco sei für das<br />

Gymnasium ungeeignet. Somit wird der Gymnasiast<br />

Mirco auf die Realschule relegiert, wo er dann aufgr<strong>und</strong><br />

einer Kette von Suspendierungen kaum am<br />

Unterricht teilnimmt.<br />

Um diese Beschulungskrise zu lösen, ruft die Erziehungsleitung<br />

beim Schulamt an <strong>und</strong> bittet um Auskunft<br />

über passgenaue Beschulungsmöglichkeiten.<br />

Die Antwort lautet: Die Schulverwaltung stelle einen<br />

Schulplatz zur Verfügung <strong>und</strong> habe damit ihrer gesetzlichen<br />

Pflicht genügt. Weitergehende Überlegungen<br />

seien nicht erforderlich. Als die Erziehungsleitung<br />

darauf beharrt, dass eine Lösung gef<strong>und</strong>en<br />

werden müsse, ggf. eine Schulbegleitung / Integrationshilfe,<br />

lautet das Argument: Wer im laufenden<br />

Schulbetrieb ständig aus dem Rahmen falle, sei<br />

eben für die <strong>Schule</strong> ungeeignet.<br />

Selbst wenn eine <strong>Schule</strong> eine Integrationsmaßnahme<br />

in ihren eigenen vier Wänden erlaubt, was hier<br />

leider nicht in Aussicht stand, kommt es regelmäßig<br />

zum Kostengerangel zwischen Jugendamt <strong>und</strong> Sozialamt.<br />

Es gibt aber auch ganz andere, positive Beispiele<br />

synaptischer Pädagogik: Der 9-jährige Felix lebt in<br />

einer dörflichen Umgebung in seiner Profifamilie. Die<br />

Klassenlehrerin der Gr<strong>und</strong>schule setzt Felix in die<br />

erste Reihe, um seine Aufmerksamkeit zu erhöhen.<br />

Sie erreicht damit das Gegenteil: Felix dreht sich<br />

andauernd um <strong>und</strong> kann dem Geschehen nur noch<br />

schwerer folgen. Die Lehrerin sucht sofort den Kontakt<br />

zur Profi-Mutter. Ein Elterngespräch wird verabredet,<br />

die Erziehungsleitung soll hinzukommen.<br />

Der Lehrerin werden die Hintergründe von Felix<br />

Verhalten erläutert: Felix muss aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

Traumatisierung zum Selbstschutz immer alles unter<br />

Kontrolle haben. Er kann es nicht aushalten, wenn<br />

Menschen hinter seinem Rücken sitzen. Die Lehrerin<br />

versteht das, setzt Felix so, dass er eine Wand<br />

im Rücken hat, <strong>und</strong> alles ändert sich schlagartig<br />

zum Vorteil von Felix, der Klasse <strong>und</strong> der Lehrerin.<br />

Hier waren die Synapsen nicht defekt.<br />

Im Sinne von § 1 SGB VIII<br />

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung<br />

seiner Entwicklung <strong>und</strong> auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen<br />

<strong>und</strong> gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.<br />

(2) Pflege <strong>und</strong> Erziehung der Kinder sind das natürliche<br />

Recht der Eltern <strong>und</strong> die zuvörderst ihnen obliegende<br />

Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die<br />

staatliche Gemeinschaft.<br />

(3) <strong>Jugendhilfe</strong> soll zur Verwirklichung des Rechts<br />

nach Absatz 1 insbesondere<br />

- junge Menschen in ihrer individuellen <strong>und</strong> sozialen<br />

Entwicklung fördern <strong>und</strong> dazu beitragen, Benachteiligungen<br />

zu vermeiden oder abzubauen,<br />

- Eltern <strong>und</strong> andere Erziehungsberechtigte bei der<br />

Erziehung beraten <strong>und</strong> unterstützen,<br />

- Kinder <strong>und</strong> Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl<br />

schützen,<br />

- dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für<br />

junge Menschen <strong>und</strong> ihre Familien sowie eine kinder-<br />

<strong>und</strong> familienfre<strong>und</strong>liche Umwelt zu erhalten<br />

oder zu schaffen.<br />

Felix wurde individuell <strong>und</strong> nachhaltig gefördert<br />

durch den eigentlich selbstverständlichen Austausch<br />

zwischen <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong>.<br />

Helga Treblin<br />

Abteilungsleitung<br />

GfS Aurich<br />

KJHB<br />

Besuchen sie unsere Seiten im Internet unter<br />

www.profifamilie.de<br />

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