Skriptum Tierschutz im Unterricht - Vorarlberg
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...ethik...<br />
Im Zeitalter der Aufklärung wurde das Tier<br />
endgültig zur Sache degradiert. Descartes,<br />
der maßgebende Philosoph dieser Zeit (1596-<br />
1650), sah <strong>im</strong> Tier nur eine seelenlose Maschine.<br />
Er teilte die Wirklichkeit ein in Sachen<br />
(res extensae) und in denkende Wesen (res<br />
cogitans). Natur und Tiere waren nur geistlose<br />
Gegenstände, die vom Menschen als dem<br />
vernunft- und geistbegabten Wesen beherrscht<br />
und unterworfen wurden.<br />
Die pietistische <strong>Tierschutz</strong>ethik in Verbindung<br />
mit der einsetzenden Kritik an Descartes<br />
führte in der Mitte des 19. Jahrhunderts zur<br />
Gründung der ersten <strong>Tierschutz</strong>vereine (2).<br />
Mit der zentralen Frage, wie weit der Mensch<br />
berechtigt sei, Tiere zu nutzen, hat sich <strong>im</strong> 20.<br />
Jahrhundert u.a. Albert Schweitzer beschäftigt.<br />
Er verlangte nicht die absolute Schonung<br />
des Lebens, sondern Ehrfurcht vor dem Leben<br />
(3): Nutzung und Tötung von Tieren nur,<br />
wenn damit unverzichtbare Bedürfnisse des<br />
Menschen befriedigt werden. Schweitzer gab<br />
dem Leben eines Menschen eine höhere<br />
Bedeutung als dem eines Tieres. In ähnliche<br />
Richtung zielen die Grundforderungen der<br />
Arbeitsgruppe „Sozialethik und Nutztiere"<br />
der Universität Zürich (4).<br />
2In Geschichtsbüchern,<br />
Romanen, alter Literatur,<br />
Bildern, usw. kann<br />
man versuchen, das Verhältnis<br />
Mensch-Tier in früheren<br />
Zeiten zu erkunden.<br />
Die Ehrfurcht vor dem<br />
Leben<br />
3„Ich bin Leben, das<br />
leben will, inmitten von<br />
Leben, das leben will.“<br />
„Als gut gilt: Leben erhalten,<br />
Leben fördern, entwickelbares<br />
Leben auf seinen höchsten<br />
Stand bringen; als böse:<br />
Leben vernichten, Leben<br />
schädigen, entwickelbares<br />
Leben niederhalten.“ (Albert<br />
Schweitzer)<br />
Einen guten Einblick in die<br />
Gedanken Albert Schweitzers<br />
geben die Bücher.<br />
● Schweitzer Albert, Aus<br />
meinem Leben und Denken,<br />
Fischer Bücherei<br />
● Schweitzer Albert, Die<br />
Ehrfurcht vor dem Leben,<br />
Verlag C.H. Beck, München,<br />
1982<br />
Sozialethik und Nutztiere<br />
41. Menschen, Tiere<br />
und Pflanzen haben<br />
Teil an der gleichen<br />
Welt und Umwelt. Das bedeutet,<br />
dass sie zueinander<br />
in Beziehung stehen und<br />
aufeinander angewiesen<br />
sind.<br />
2. Im Gegensatz zum Tier<br />
und zu den Pflanzen kann<br />
der Mensch aus dem ökologischen<br />
Gleichgewicht aus-<br />
11<br />
MENSCH-TIER-BEZIEHUNG<br />
ETHIK<br />
brechen, worauf seine Fähigkeit<br />
beruht, Macht über Tiere<br />
und Pflanzen auszuüben. Für<br />
die Natur haben sich daraus<br />
verhängnisvolle Folgen ergeben.<br />
3. Dieses Machtpotential des<br />
Menschen bedingt seine<br />
Verantwortlichkeit für die<br />
gesamte Umwelt, somit auch<br />
für das Tier.<br />
4. Gegenüber der menschlichen<br />
Machtposition ist das<br />
Tier ohne gleiche Chancen,<br />
es muss unterliegen. Die<br />
menschliche Macht ist deshalb<br />
einzugrenzen. Als Kriterium<br />
für diese Eingrenzung<br />
sehen wir die Mitgeschöpflichkeit,<br />
welche in der Ehrfurcht<br />
des Menschen gegenüber<br />
dem Tier zum Ausdruck<br />
kommt.<br />
5. Der Mensch darf die<br />
Reichhaltigkeit der lebenden<br />
Natur nicht noch weiter vermindern.<br />
Seine Tätigkeit sollte<br />
dahin wirken, dass eine<br />
Regulierung durch natürliche<br />
Kräfte gewährleistet ist.<br />
6. Der Mensch soll<br />
grundsätzlich das Recht haben,<br />
das Tier zu wirtschaftlichen<br />
Zwecken zu nutzen.<br />
Wo der Mensch aber von<br />
diesem Recht Gebrauch<br />
macht, soll er dafür sorgen,<br />
dass die Haltungsbedingungen<br />
den Bedürfnissen des<br />
Tieres entsprechen und seine<br />
physische und psychische<br />
Gesundheit garantieren.<br />
7. Die Beeinflussung des<br />
Erbmaterials darf nur so weit<br />
gehen, als das Tier seine<br />
Kreatürlichkeit beibehalten<br />
kann, d.h. seine selbstständige<br />
Lebensfähigkeit jederzeit,<br />
auch in natürlicher Umgebung,<br />
gewährleistet bleibt."<br />
(Richtlinien der Arbeitsgruppe<br />
„Sozialethik und Nutztiere“<br />
der Universität Zürich,<br />
1976)