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Große Broschüre - Kinderwunschzentrum Darmstadt

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Anspruch nehmende Behandlung wie die assistierte Reproduktion als unangemessen, als<br />

aggressiv und geradezu als abartig erscheinen. Daß die künstliche Befruchtung für Frauen<br />

z.B. mit Verlust der Eileiter durch Eileiterschwangerschaften ein Segen bedeutete, kam den<br />

Gegnern dieser neuen Behandlungsformen nicht in den Sinn. Solchen Frauen wurde ein „man<br />

muß auch verzichten können“ entgegengehalten, wobei aus philosophischer und<br />

intellektueller Unfähigkeit unterlassen wurde mitzuteilen, zu wessen Gunsten eigentlich<br />

Verzicht auf eigene Kinder geübt werden sollte. Als letztes, hilfloses Argument wurde<br />

schließlich der Hinweis bemüht, daß der Mensch nicht alles dürfe, was er könne. Dabei wurde<br />

übersehen, daß in allen zivilisierten Gesellschaften Gesetz, Recht und Ordnung in allen<br />

Lebenslagen gerade dieser banalen Einsicht dienen.<br />

Zwischenzeitlich wird die assistierte Reproduktion weitgehend akzeptiert, nicht nur durch die<br />

normative Kraft des Faktischen und nicht nur, weil immer mehr Menschen sie dankbar in<br />

Anspruch nehmen sondern auch durch einen allmählichen gesellschaftlichen<br />

Paradigmenwechsel<br />

im Laufe der letzten Jahre, der einen langsamen Pendelausschlag von der<br />

mehr subjektivistischen Betroffenheitskultur zur einer mehr disziplinierten Wissenskultur<br />

bewirkt. Hinzu kommt die Erkenntnis, daß der Mensch im Ökosystem nicht nur Täter sondern<br />

bis in seine Fähigkeit zur Reproduktion hin Opfer seiner von ihm verursachten<br />

Umweltschäden zu werden droht. Dies führt dazu, daß die Reproduktionsbiologie und<br />

Reproduktionsmedizin von existentieller Bedeutung zu werden beginnt, da nur sie helfen<br />

kann, diese Gefährdungen zu erkennen und Wege für ihre Beseitigung aufzuzeigen. Da die<br />

Reproduktion beeinträchtigende Noxen als endokrine Disruptoren auch andere hormonell<br />

gesteuerte Organe betreffen können, ist die Reproduktionsmedizin interdisziplinär an der<br />

Aufklärung der Gründe für die Zunahme auch anderer Krankheitsbilder beteiligt. Darüber<br />

hinaus wird zunehmend anerkannt, daß sich die Reproduktionsmedizin nicht nur der von ihr<br />

entwickelten Methoden der assistierten Reproduktion bedient sondern auch daran arbeitet, die<br />

Ursachen von Sterilität zu erforschen, um letztlich mehr kausal handeln zu können.<br />

Durch die moderne Reproduktionstechnologie hat allerdings der Mensch Zugang zu Zellen<br />

der Keimbahn, also zum Erbgut des Menschen. Um in diesem extrem sensiblen Bereich<br />

Mißbrauch zu verhindern, ist in Deutschland 1991 das Embryonenschutzgesetz (EschG)<br />

(s.<br />

Anhang)<br />

verabschiedet worden, das teilweise strenger als im westlichen Ausland<br />

reproduktionsmedizinische Maßnahmen einer strikten Regelung unterwirft.<br />

Bei Sexualität und Fortpflanzung, die mit starken zwischenmenschlichen, emotionalen und<br />

seelischen Qualitäten verbunden sind, greifen Störungen möglicherweise stärker in die eigene<br />

Person ein als andere Funktions- und Gesundheitsstörungen, die daher mit größerer Distanz<br />

und<br />

rationaler betrachtet werden können. Auch wenn die medizinische Hilfe nur zeitlich<br />

begrenzt und mit definiertem Ziel in Anspruch genommen wird, so bleibt dies häufig nicht<br />

ohne Einfluß auf das Lebensgefühl auch außerhalb der eigentlichen Therapie, denn Sexualität<br />

und Fortpflanzung werden vom Menschen besonders stark als Bereich eigener Autonomie<br />

betrachtet. Es ist daher oftmals ein schwerer Schritt mit erheblichen Hürden, in diesem<br />

intimen Lebensbereich auf Autonomie, Spontaneität und „Natürlichkeit“ verzichten und Rat<br />

und Hilfe Dritter, nämlich medizinische Hilfe, in Anspruch nehmen zu müssen. Letztlich steht<br />

das Paar vor der eigenen, von anderen nicht abnehmbaren, abwägenden und rationalen<br />

Entscheidung, ärztliche Hilfe für die Erfüllung des Kinderwunsches in Anspruch nehmen zu<br />

wollen oder nicht.<br />

Die notwendige Befähigung zur rationalen Entscheidung für oder gegen die Inanspruchnahme<br />

von Methoden der assistierten Reproduktion und zur Bewältigung oder zumindest<br />

Eingrenzung der o. g. Problematik wird am ehesten durch eine sachliche und kompetente<br />

Analyse der bestehenden<br />

Situation und eine darauf aufbauende Beratung hinsichtlich der

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