Große Broschüre - Kinderwunschzentrum Darmstadt
Große Broschüre - Kinderwunschzentrum Darmstadt
Große Broschüre - Kinderwunschzentrum Darmstadt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
47<br />
Anspruch nehmende Behandlung wie die assistierte Reproduktion als unangemessen, als<br />
aggressiv und geradezu als abartig erscheinen. Daß die künstliche Befruchtung für Frauen<br />
z.B. mit Verlust der Eileiter durch Eileiterschwangerschaften ein Segen bedeutete, kam den<br />
Gegnern dieser neuen Behandlungsformen nicht in den Sinn. Solchen Frauen wurde ein „man<br />
muß auch verzichten können“ entgegengehalten, wobei aus philosophischer und<br />
intellektueller Unfähigkeit unterlassen wurde mitzuteilen, zu wessen Gunsten eigentlich<br />
Verzicht auf eigene Kinder geübt werden sollte. Als letztes, hilfloses Argument wurde<br />
schließlich der Hinweis bemüht, daß der Mensch nicht alles dürfe, was er könne. Dabei wurde<br />
übersehen, daß in allen zivilisierten Gesellschaften Gesetz, Recht und Ordnung in allen<br />
Lebenslagen gerade dieser banalen Einsicht dienen.<br />
Zwischenzeitlich wird die assistierte Reproduktion weitgehend akzeptiert, nicht nur durch die<br />
normative Kraft des Faktischen und nicht nur, weil immer mehr Menschen sie dankbar in<br />
Anspruch nehmen sondern auch durch einen allmählichen gesellschaftlichen<br />
Paradigmenwechsel<br />
im Laufe der letzten Jahre, der einen langsamen Pendelausschlag von der<br />
mehr subjektivistischen Betroffenheitskultur zur einer mehr disziplinierten Wissenskultur<br />
bewirkt. Hinzu kommt die Erkenntnis, daß der Mensch im Ökosystem nicht nur Täter sondern<br />
bis in seine Fähigkeit zur Reproduktion hin Opfer seiner von ihm verursachten<br />
Umweltschäden zu werden droht. Dies führt dazu, daß die Reproduktionsbiologie und<br />
Reproduktionsmedizin von existentieller Bedeutung zu werden beginnt, da nur sie helfen<br />
kann, diese Gefährdungen zu erkennen und Wege für ihre Beseitigung aufzuzeigen. Da die<br />
Reproduktion beeinträchtigende Noxen als endokrine Disruptoren auch andere hormonell<br />
gesteuerte Organe betreffen können, ist die Reproduktionsmedizin interdisziplinär an der<br />
Aufklärung der Gründe für die Zunahme auch anderer Krankheitsbilder beteiligt. Darüber<br />
hinaus wird zunehmend anerkannt, daß sich die Reproduktionsmedizin nicht nur der von ihr<br />
entwickelten Methoden der assistierten Reproduktion bedient sondern auch daran arbeitet, die<br />
Ursachen von Sterilität zu erforschen, um letztlich mehr kausal handeln zu können.<br />
Durch die moderne Reproduktionstechnologie hat allerdings der Mensch Zugang zu Zellen<br />
der Keimbahn, also zum Erbgut des Menschen. Um in diesem extrem sensiblen Bereich<br />
Mißbrauch zu verhindern, ist in Deutschland 1991 das Embryonenschutzgesetz (EschG)<br />
(s.<br />
Anhang)<br />
verabschiedet worden, das teilweise strenger als im westlichen Ausland<br />
reproduktionsmedizinische Maßnahmen einer strikten Regelung unterwirft.<br />
Bei Sexualität und Fortpflanzung, die mit starken zwischenmenschlichen, emotionalen und<br />
seelischen Qualitäten verbunden sind, greifen Störungen möglicherweise stärker in die eigene<br />
Person ein als andere Funktions- und Gesundheitsstörungen, die daher mit größerer Distanz<br />
und<br />
rationaler betrachtet werden können. Auch wenn die medizinische Hilfe nur zeitlich<br />
begrenzt und mit definiertem Ziel in Anspruch genommen wird, so bleibt dies häufig nicht<br />
ohne Einfluß auf das Lebensgefühl auch außerhalb der eigentlichen Therapie, denn Sexualität<br />
und Fortpflanzung werden vom Menschen besonders stark als Bereich eigener Autonomie<br />
betrachtet. Es ist daher oftmals ein schwerer Schritt mit erheblichen Hürden, in diesem<br />
intimen Lebensbereich auf Autonomie, Spontaneität und „Natürlichkeit“ verzichten und Rat<br />
und Hilfe Dritter, nämlich medizinische Hilfe, in Anspruch nehmen zu müssen. Letztlich steht<br />
das Paar vor der eigenen, von anderen nicht abnehmbaren, abwägenden und rationalen<br />
Entscheidung, ärztliche Hilfe für die Erfüllung des Kinderwunsches in Anspruch nehmen zu<br />
wollen oder nicht.<br />
Die notwendige Befähigung zur rationalen Entscheidung für oder gegen die Inanspruchnahme<br />
von Methoden der assistierten Reproduktion und zur Bewältigung oder zumindest<br />
Eingrenzung der o. g. Problematik wird am ehesten durch eine sachliche und kompetente<br />
Analyse der bestehenden<br />
Situation und eine darauf aufbauende Beratung hinsichtlich der