Steiermark Report November 2010 - BH Liezen
Steiermark Report November 2010 - BH Liezen
Steiermark Report November 2010 - BH Liezen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wie der Fux zu seinem Wappen kam<br />
Cornelia Schlagbauer<br />
Warum spaziert ein Fuchs im Wappen von Langegg eine Treppe hinauf?<br />
Was hat ein steinerner Iglu in Donnersbachwald zu suchen? Und was will<br />
Piberegg mit Pfeilen, Kreis und Türmchen sagen? Die Motive der steirischen<br />
Gemeindewappen entspringen keiner Laune eines Zeichners,<br />
sondern tragen eine tiefe Symbolik in sich – bis ins kleinste Detail.<br />
1<br />
Früher „wappneten“ sich Ritter,<br />
um im Kampf Freund und<br />
Feind auseinanderhalten zu<br />
können. Heute haben sich Wappen<br />
von ihrem kriegerischen Ursprung<br />
verabschiedet, die Rolle der Identitätsstifter<br />
nehmen sie aber nach wie vor<br />
ein. „Bei der Wahl des Motivs gilt es<br />
daher, sämtliche verfügbaren Quellen<br />
zu Geschichte, Kultur und Wirtschaft<br />
einer Gemeinde heranzuziehen und<br />
natürlich die Wünsche von Gemeindevertretern<br />
und -bewohnern in die<br />
Gestaltung mit einfließen zu lassen“,<br />
erläutert Heraldiker Gernot Obersteiner<br />
vom Landesarchiv <strong>Steiermark</strong> die<br />
Entstehung eines Wappens. Manchmal<br />
bieten sich Motive richtiggehend an:<br />
Einzigartige archäologische Funde<br />
und Attribute von Kirchenpatronen<br />
werden genauso gern herangezogen<br />
wie typische geographische oder wirtschaftliche<br />
Gegebenheiten. In Gemeinden,<br />
wo sich kaum Motive finden, wird<br />
nach besonderen Tier- oder Pflanzenaufkommen<br />
gesucht.<br />
Die Möglichkeiten der Darstellung<br />
sind vielfältig, strenge heraldische<br />
(wappenkundliche) Regeln müssen<br />
aber eingehalten werden: Zu viel<br />
Leerraum soll ebenso vermieden<br />
werden wie mit Motiven überladene<br />
Schilde. Weiters werden im Wappen<br />
ausschließlich die beiden Metalle Gold<br />
und Silber, farbneutrales Pelzwerk<br />
(Musterung) sowie die vier Farben<br />
Rot, Blau, Grün und Schwarz verwendet;<br />
mit aktueller politischer Couleur<br />
hat die Farbgebung allerdings nichts<br />
zu tun. „Um Verwechslungen zu vermeiden,<br />
empfehlen wir benachbarten<br />
Gemeinden, möglichst unterschiedliche<br />
Farben und Motive zu verwenden“,<br />
so Obersteiner. „Wichtig ist<br />
auch zu vermitteln, dass ein Wappen<br />
kein Abbild der Realität ist, sondern<br />
Sinnbild für das, was eine Gemeinde<br />
unverwechselbar macht.“<br />
1) Langegg bei Graz (Bezirk Graz Umgebung):<br />
Die Gemeinde wollte in ihrem Wappen<br />
ihren größten Sohn ehren: Johann<br />
Joseph Fux, den bedeutendsten österreichischen<br />
Barockkomponisten, der<br />
1660 in Hirtenfeld (Ortsteil von Langegg)<br />
geboren wurde. In Anlehnung an<br />
seinen Nachnamen wird er als Fuchs<br />
gezeigt. Ein Stufenbalken, den dieser<br />
hinaufsteigt, versinnbildlicht das heute<br />
noch gültige musiktheoretische Buch<br />
des Komponisten „Gradus ad Parnassum“<br />
(= Aufstieg zum Parnass, dem<br />
Berg der Musen in Griechenland).<br />
2) Donnersbachwald (Bezirk <strong>Liezen</strong>):<br />
Über einem Berg, dem Glattjoch, ist<br />
ein Gebäude abgebildet, dessen Zweck<br />
(Kapelle oder Unterstand für Hirten?)<br />
2<br />
3<br />
4<br />
noch nicht restlos geklärt ist. Die<br />
silbernen Streifen rechts und links des<br />
grünen Feldes deuten die Weggeleise<br />
an, auf denen Fuhrwerke den Salzweg<br />
über das Glattjoch passierten; die Farbe<br />
Silber steht für das weiße Salz. In den<br />
roten Schildflanken finden sich die<br />
Attribute der Pfarrkirche von Donnersbachwald:<br />
die Kleeblätter für Patrizius,<br />
die Viehkette für Leonhard.<br />
3) Piberegg (Bezirk Voitsberg):<br />
Der Tannenwipfelschnitt teilt das Wappen<br />
in Sonnseite (golden) und Schattseite<br />
(schwarz), deren deutliche Grenze<br />
für Piberegg kennzeichnend ist. Ein<br />
schwarzer Ring im oberen Feld symbolisiert<br />
die frühgeschichtliche Wallburg<br />
des Pibertals (got. piber = runde<br />
Wallanlage), das goldene Zeichen im<br />
unteren Feld einen im Gemeindegebiet<br />
gefundenen römerzeitlichen Votivaltar<br />
zu Ehren des Sonnengottes Mithras.<br />
Gold ist somit auch Ausdruck für den<br />
hier in der Spätantike gepflogenen<br />
heidnischen Sonnenkult.<br />
4) Ragnitz (Bezirk Leibnitz):<br />
Der Name Ragnitz stammt vom slawischen<br />
Wort „rak“, was auf Deutsch<br />
„Krebs“ bedeutet. Die Bezeichnung<br />
rührt aus der Zeit, als viele Krebse den<br />
Ragnitzbach (Krebsenbach) bevölkerten.<br />
Drei Türschlösser im oberen<br />
Teil des Wappens weisen auf die drei<br />
Schlösser (Laubegg, Frauheim, Rohr)<br />
der Gemeinde hin; die Farben Gold<br />
und Blau symbolisieren Stift Rein, das<br />
einst von Schloss Rohr aus die Grundherrschaft<br />
über zahlreiche Bauern der<br />
Umgebung innehatte. Die Seerosenblätter<br />
im unteren Teil beziehen sich<br />
auf die Herren von Wildon, ein mächtiges<br />
steirisches Adelsgeschlecht.<br />
www.landespressedienst.steiermark.at<br />
Zurück zum Inhalt<br />
11