Beschwerdemanagement
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Inhalt<br />
1. Definition „Beschwerde“<br />
2. Definition „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“<br />
3. Beschwerdezufriedenheit<br />
3.1. Entstehung von Beschwerdezufriedenheit<br />
4. Typologien von potenziellen Beschwerdeführern<br />
5. Wozu <strong>Beschwerdemanagement</strong><br />
6. Wie unzufriedene Kunden Handeln<br />
7. Sieben Thesen des Reklamationsmanagements<br />
8. Arten von Beschwerden<br />
8.1. Schriftliche Beschwerde<br />
8.1.1. Wie reagieren Firmen auf schriftliche Beschwerden?<br />
8.2. Persönliche Beschwerde<br />
8.2.1. Anforderung an den Mitarbeiter<br />
9. Die ersten Schritte zum erfolgreichen Reklamationsmanagement<br />
10. Phasen der Beschwerdebehandlung<br />
11. Wie reagieren Unternehmen<br />
12. Reaktionen von Kunden auf die Beschwerdebehandlung<br />
13. Ziele des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s<br />
13.1. Kundenbeziehungsrelevante Teilziele<br />
13.2. Qualitätsrelevante Teilziele<br />
13.3. Produktivitätsrelevante Teilziele<br />
14. Erfolg des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s messen<br />
15. Quellen<br />
1
<strong>Beschwerdemanagement</strong><br />
1. Definition „Beschwerde“<br />
„In der Unternehmenspraxis scheint ein einheitliches Verständnis des Begriffes<br />
„Beschwerde“ nicht nur zwischen unterschiedlichen Anbietern weit verbreitet sein, sondern<br />
auch innerhalb der gleichen Organisation. Zudem neigen Anbieter häufig dazu. Den Begriff<br />
inhaltlich zu eng zu definieren und damit von Beginn an bestimmte<br />
Unzufriedenheitsäußerungen von Kunden auszuklammern. […]<br />
Demnach wird im Folgendem unter Beschwerde jede schriftliche, telefonische oder<br />
persönliche Unzufriedenheitsäußerungen eines potenziellen oder tatsächlichen Kunden<br />
gegenüber dem Hersteller oder einem Absatzmittler verstanden, die sich auf ein<br />
wahrgenommenes Problem mit der Kernleistung, der Zusatzleistung und/oder dem Verhalten<br />
von Mitarbeitern eines Anbieters vor, während oder nach dem Kauf bezieht und die darauf<br />
abzielt, auf Basis eines vorhandenen oder nicht vorhandenen kaufrechtlichen Anspruchs<br />
Wiedergutmachung zu erreichen, auf dieses Problem aufmerksam zu machen, ein solches<br />
Problem mit dem Anbieter nicht noch einmal zu erleben und/oder dem Ärger über das<br />
Problem Luft zu machen.<br />
Synonym zum Begriff „Beschwerde“ wird von Praktikern und Beschwerdeforschern häufig<br />
der Begriff „Reklamation“ verwendet. In dieser Arbeit wird sich jedoch der Auffassung von<br />
Autoren angeschlossen, die Reklamation als diejenige Teilmenge von Beschweren<br />
angesehen, bei denen tatsächliche Kunden ihre Unzufriedenheit über ein wahrgenommenes<br />
Problem nach dem Kauf äußern, um Basis eines vorhandenen kaufrechtlichen Anspruchs<br />
Wiedergutmachung zu erreichen.“ (Andreas Fürst 2005- <strong>Beschwerdemanagement</strong>,S9-10)<br />
„Umfassend definiert sind Beschwerden Artikulationen von Unzufriedenheit, die gegenüber<br />
Unternehmen oder Drittinstitutionen mit dem Zweck geäußert werden, auf ein subjektiv als<br />
schädigend empfundenes Verhalten eines Anbieters aufmerksam zu machen,<br />
Wiedergutmachung für erlittene Beeinträchtigung zu erreichen und/oder eine Änderung des<br />
kritisierten Verhaltens zu bewirken. In dieser Definition kommt ein relativ weites<br />
Begriffsverständnis zum Ausdruck, das eine Differenzierung verschiedener Beschwerdearten<br />
einschließt:<br />
- Bei Beschwerden handelt es sich um Artikulationen, d.h. um verbale oder schriftliche<br />
Äußerungen.<br />
2
- Aus dieser Äußerung geht hervor, dass der Beschwerdeführer unzufrieden ist. Dabei<br />
kommt es nicht darauf an, dass der Kunde den Begriff Beschwerde verwendet. Auch das<br />
Ausmaß der Unzufriedenheit ist erheblich. Alle Äußerungen, die zeigen, dass Leistung oder<br />
Verhaltensweisen des Unternehmens nicht vollständig den Erwartungen der Kunden<br />
entsprechen, stellen in diesem Sinne Beschwerden dar.<br />
- Beschwerden können nicht nur von Kunden, sondern auch von Mitgliedern anderer<br />
unternehmerischen Anspruchsgruppen vorgebracht werden, indem sie z.B. die Belastung<br />
der Umwelt durch ökologisch bedenkliche Produktionsprozesse beklagen. Darüber hinaus<br />
wird Kritik nicht nur von Individuen geäußert, sondern auch von Institutionen – wie<br />
beispielsweise Verbände oder Medien -, die unabhängig von einem konkreten Einzelfall eine<br />
generelle Lösung des Problems verlangen.<br />
- In der Regel handelt es sich um Äußerungen, die die Betroffenen direkt gegenüber<br />
dem Unternehmen selbst vorbringen. Allerdings kann ein unzufriedener Kunde auch einen<br />
indirekten Weg wählen, indem er sich an eine Drittinstitution (z.B. Schlichtungsstelle,<br />
Behörden, Verbraucherorganisationen oder Medien) als „Anwalt“ seines Interessens wendet.<br />
In diesen Fällen tritt die Drittinstitution im Namen des Kunden an das Unternehmen heran<br />
bzw. informiert die Öffentlichkeit.<br />
- Die Unzufriedenheit von Betroffenen muss sich keinesfalls immer auf einen Mangel<br />
am zuvor gekauften Produkt oder einen anderen Aspekt des Marktangebots (z.B. den Preis<br />
oder die Werbung) beziehen. Gegenstand von Beschwerden kann darüber hinaus auch das<br />
gesellschaftliche Verhalten des Unternehmens sein.<br />
Eine Beschwerde wir intentional vorgebracht, d.h., der Kunde verfolgt mit seiner Artikulation<br />
eine bestimmte Absicht. In vielen Fällen wendet er sich in der Nachkaufphase an das<br />
Unternehmen, weil er der Ansicht ist, dass er von diesem nicht die zu erwartende Leistung<br />
erhalten hat. […] Dementsprechend will der Kunde entweder eine verbesserte bzw. völlig<br />
neue Leistung, die teilweise oder vollständige Rückzahlung des Kaufpreises oder darüber<br />
hinaus Schadensersatz für Folgeschäden. Versteht der Kunde diese Forderungen als<br />
Anspruch an das Unternehmen, den er unter Umständen auch auf Rechtswege durchsetzten<br />
kann, spricht man von Reklamation. In der Praxis wir häufig zwischen Beschwerde und<br />
Reklamationen begrifflich nicht unterschieden. Es ist aber sinnvoll, diese Differenzierung<br />
vorzunehmen, um den Sonderfall rechtrelevanter Beschwerden abzugrenzen. In diesem<br />
3
Sinne bezeichnet der Begriff „Reklamation“ die Teilmenge von Beschwerden, in denen<br />
Kunden in der Nachkaufphase Beanstandungen an Produkt oder Dienstleistung explizit oder<br />
implizit mit einer rechtlichen Forderung verbinden, die gegebenenfalls juristisch durchgesetzt<br />
werden kann.<br />
In diesem generellen Sinne sind Beschwerden somit intentionale<br />
Unzufriedenheitsäußerungen von Anspruchspersonen oder – Institutionen bezüglich<br />
irgendeines Aspekts unternehmerischen Verhaltens.“ (Bernd Strauss 2007 –<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>, S49-50)<br />
2. Definition „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“<br />
„Die Auffassungen über den Begriff „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“ gehen in der Praxis relativ<br />
weit auseinander. Vielerorts wird dieser Begriff noch mit einer Abteilung im Unternehmen<br />
gleichgesetzt, die die alleinige Verantwortung für den Umgang mit Beschwerden besitzt.<br />
Allerdings scheint sich zunehmend die Meinung durchzusetzen, dass das Management von<br />
Beschwerden bereits den Mitarbeitern im Kundenkontakt beginnt.<br />
Betrachtet man die in der Literatur existierenden Definitionen von<br />
„<strong>Beschwerdemanagement</strong>“, so stellt man auch hier ein relativ uneinheitliches<br />
Begriffsverständnis fest. Generell lassen sich diese Definitionen in drei Kategorien einteilen:<br />
- Prozess-, bzw. aufgabenbezogene Definition: <strong>Beschwerdemanagement</strong> als die<br />
Abfolge verschiedener konkreter Aufgaben im Zusammenhang mit Beschwerden<br />
- Systembezogene Definition: <strong>Beschwerdemanagement</strong> als das innerhalb eines<br />
Unternehmens existierende Subsystem für den Umgang mit Beschwerden<br />
- Kumulative, aktivitätsbezogene Definition: <strong>Beschwerdemanagement</strong> als die Summe<br />
aller unternehmerischen Aktivitäten in Zusammenhang mit Beschwerden<br />
[…] Die Prozess- bzw. aufgabenbezogene Sichtweise hat vor allem den Nachteil, dass eine<br />
vollständige Aufzählung aller <strong>Beschwerdemanagement</strong>-Aufgaben und deren Einordnung in<br />
eine sinnvolle Abfolge nur schwer möglich ist. Da sich die vorliegende Arbeit weitgehend auf<br />
die Gestaltung ausgewählter Aktivitäten des <strong>Beschwerdemanagement</strong> fokussiert und dabei<br />
Aspekte wie Strukturen und Mittel für den Umgang mit Beschwerden weitgehend<br />
4
ausklammert, erschient eine systembezogenen Sichtweise ebenfalls wenig zielführend. Vor<br />
diesem Hintergrund wird in dieser Untersuchung eine kumulative, aktivitätsbezogene<br />
Sichtweise des Begriffs „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“ eingenommen. Konkret werden im<br />
Folgenden unter dem <strong>Beschwerdemanagement</strong> aller proaktiven und reaktiven Maßnahmen<br />
subsumiert, die ein Anbieter in Zusammenhang mit Beschwerden ergreift.<br />
Analog zum oftmaligen synonymen Gebrauch der Begriffe „Beschwerde“ und „Reklamation“<br />
werden auch Begriffe „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“ und „Reklamationsmanagement“ häufig<br />
gleichbedeutend verwendet. Entsprechend der im vorherigen Abschnitt vorgenommenen<br />
Abgrenzung der Begriffe “Beschwerde“ und „Reklamation“ wird allerdings in dieser Arbeit<br />
das Reklamationsmanagement als Spezialfall des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s verstanden.<br />
In der englischsprachigen Beschwerdeliteratur findet sich zudem häufig der Begriff „Service<br />
Recovery“. Hierunter sind proaktive und reaktive Maßnahmen zu verstehen, die ein Anbieter<br />
in einem Dienstleistungskontext in Zusammenhang mit einem begangenen Fehler ergreift.<br />
Der Begriff „Service Recovery“ umfasst damit eine größere Bandbreite an Aktivitäten als der<br />
Begriff „<strong>Beschwerdemanagement</strong>“.“<br />
(Andreas Fürst 2005 – <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 10-11)<br />
3. Beschwerdezufriedenheit<br />
„„Beschwerdezufriedenheit“ ist die Zufriedenheit des Kunden mit der Antwort des<br />
Unternehmens auf seine Beschwerde. Sie ist somit zu unterscheiden von der üblicherweise<br />
betrachteten Zufriedenheit des Kunden mit einem gekauften Produkt bzw. einer<br />
Dienstleistung, die – aus Unterscheidungszwecken – im Folgenden als<br />
„Leistungszufriedenheit“ bezeichnet wird. Oliver (1996) nennt die Leistungszufriedenheit<br />
auch „primary“, die Beschwerdezufriedenheit „secondary“ Zufriedenheit. Damit macht er auf<br />
den wichtigen Sachverhalt aufmerksam, dass sich Leistungs- und Beschwerdezufriedenheit<br />
nicht nur auf unterschiedliche Sachverhalte beziehen, sondern dass Leistungs- und<br />
Beschwerdezufriedenheit auch in einem zeitlich sequentiellen Verhältnis zueinander stehen.<br />
Ausgangspunkt ist die Unzufriedenheit des Kunden mit einem Aspekt der Leistung<br />
(Leistungsunzufriedenheit), die ihn dazu bewegt, eine Beschwerde zu artikulieren. Die<br />
Beurteilung der unternehmerischen Antwort auf seine Beschwerde führt zu<br />
Beschwerdezufriedenheit oder -unzufriedenheit, die wiederum Rückwirkungen auf die<br />
5
Leistungszufriedenheit hat: Die bestehende Leistungsunzufriedenheit kann verstärkt,<br />
abgebaut oder gar in Leistungszufriedenheit umgewandelt werden. Insofern ist es plausibel,<br />
dass Beschwerdezufriedenheit auch erheblichen Einfluss auf die Bereitschaft des Kunden<br />
hat, an einer Geschäftsbeziehung festzuhalten.<br />
Um allerdings genauere Einsichten in diese Zusammenhänge zu gewinnen, ist es erst<br />
einmal notwendig, das Konstrukt „Beschwerdezufriedenheit“ […] näher zu betrachten.“<br />
(Hinterhuber, Matzler 2009 – Kundenorientierte Unternehmensführung, S 348)<br />
3.1. Entstehung von Beschwerdezufriedenheit<br />
„In der herkömmlichen Diskussion des (Leistungs-) Zufriedenheitskonstrukts dominiert das<br />
Erwartungs-Diskonfirmations-Paradigma. Es besagt – kurz gesagt – dass Kunden<br />
Erwartungen gegenüber einem Produkt oder einer Dienstleistung entwickeln, während der<br />
Nutzung des Gutes die tatsächliche Leistung wahrnehmen und dann Erwartung und<br />
Wahrnehmung miteinander vergleichen. Ist die wahrgenommene Leistung schlechter als<br />
erwartet, entsteht aufgrund der negativen Diskonfirmation Unzufriedenheit, werden die<br />
Erwartungen übertroffen, tritt als Folge der positiven Diskonfirmation Zufriedenheit auf.<br />
Werden die Erwartungen gerade so erfüllt, entsteht ein Gefühl der Indifferenz. Leistungs-<br />
Unzufriedenheit ist also das Ergebnis einer großen negativen Differenz zwischen den<br />
Leistungserwartungen des Kunden einerseits und der tatsächlichen Leistung.“ (Hinterhuber,<br />
Matzler 2009 – Kundenorientierte Unternehmensführung, S 348)<br />
6
4. Typologien der potenziellen Beschwerdeführer<br />
„Ausgehend von den einzelnen Personen, die einen Beschwerdegrund zu Recht oder<br />
Unrecht empfinden und diesen letztlich vortragen bzw. es vielleicht auch unterlassen, kann<br />
man versuchen, bestimmte Beschwerdetypen herauszukristallisieren.<br />
- Nicht-fordernde Beschwerdeführer<br />
Ein Teil der sich zu Recht Beschwerenden gibt sich von vornherein mit der Äußerung der<br />
Beschwerde zufrieden und erwartet bzw. verlangt keine Entschädigung. Ein<br />
Entschuldigungsschreiben und eventuell ein kleines Give away sind die angemessen<br />
Reaktion.<br />
- Berechtigt fordernde Beschwerdeführer<br />
Dieser Personenkreis äußert die überwiegende Zahl der Beschwerden. Er liefert gute<br />
Anregungen zur Verbesserung der Dienstleistungen, benötigt jedoch gewisse<br />
Erleichterungen (Telefon-Hotline, Comment Card etc.), damit er sich auch tatsächlich<br />
beschwert.<br />
- Drohender Beschwerdeführer<br />
Zwar sind auch die Beschwerden dieser Personen berechtigt, aber die Art und Weise mit der<br />
die Beschwerde vorgetragen wird, ist eher unangenehm, denn es wird schon bevor das<br />
Unternehmen reagieren kann mit Sanktionen (z.B. Einschaltung der Presse, Klage) gedroht.<br />
- Überhöht fordernde Beschwerdeführer<br />
Während ein Teil der Beschwerdeeingaben mit realistischen Forderungen verknüpft ist, stellt<br />
dieser Personenkreis bewusst überhöhte Forderungen.<br />
- Unberechtigt fordernde Beschwerdeführer<br />
Aus Unwissenheit oder dem subjektiven Empfinden heraus, dass eine Dienstleistung nicht<br />
angemessen erbracht worden sei, werden Ersatzforderungen an das Unternehmen gestellt.<br />
Diesen Beschwerden ist mit sehr viel Augenmaß zu begegnen. Erfolgt hier keine kulante<br />
Regelung, auch wenn kein tatsächlicher Beschwerdefall vorliegt, bleibt eine<br />
Beschwerdeunzufriedenheit zurück, da der Beschwerdeführer seine Eingabe für berechtigt<br />
hält.“ (Dreyer, Dehner 2003 – Kundenzufriedenheit im Tourismus, S 145)<br />
8
5. Wozu <strong>Beschwerdemanagement</strong><br />
„Finanzdienstleister investieren viel Zeit, viele kreative Ideen und viele Aktivitäten, um neue<br />
Kunden zu gewinnen. Unzufriedenen Kunden wird in der Regel aus dem Weg gegangen.<br />
Dabei kann es sehr trügerisch sein, stolz auf eine geringe Beschwerderate zu blicken:<br />
Nur einer von sieben Kunden beschwert sich überhaupt bei einem Unternehmen. Die<br />
Beschwerdeführer sind in der Regel die Spitze des Eisbergs der Unzufriedenheit.<br />
Unzufriedenheit ist ein populäres Gesprächsthema: Kaum jemand wird den Service einer<br />
Sparkasse oder Bank besonders loben. Dieser wird eher als selbstverständlich angesehen.<br />
Sollte es aber zu Missverständnissen oder finanzwirtschaftlichen Benachteiligungen<br />
kommen, werden diese negativen Erfahrungen nicht (oder selten) in Form einer Beschwerde<br />
ausgedrückt. Jedoch werden diese Erfahrungen an Freunde, Verwandte oder<br />
Arbeitskollegen weiter getragen.<br />
Neben diesem Ausstrahlungseffekt kann der Kunde auch mit einer passiven Haltung<br />
reagieren und den Dienstleister wechseln.<br />
Das professionelle <strong>Beschwerdemanagement</strong> soll also eine negative Kundenreaktion<br />
aufgrund von Unzufriedenheit vermeiden. Dies bezieht sich vor allem auf die Kunden, die<br />
sich nicht beschweren, sondern stattdessen einen anderen Weg suchen, um ihren „Unmut“<br />
kund zu tun. Diese Kunden werden inaktiv in ihrer Geschäftsverbindung mit dem<br />
Unternehmen oder betreiben negative Mund-zu-Mund-Kommunikation.<br />
Einen weiteren Grund für ein professionelles <strong>Beschwerdemanagement</strong> ist die<br />
Wiederherstellung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Durch eine reibungslose<br />
Durchführung der Beschwerdebearbeitung im Kundensinne wird beim Beschwerdeführer ein<br />
hohes Maß an Zufriedenheit erreicht und dadurch die Kundenbindung verstärkt.<br />
Außerdem können durch die Auswertung von Beschwerden betriebliche Schwächen im<br />
Sinne des Customer-Relationship-Konzepts aufgedeckt und somit beseitigt werden. Es<br />
ergeben sich so wieder neue Marktchancen für das Unternehmen.<br />
Des Weiteren werden sowohl unternehmensinterne, als auch –externe Ausstrahlungseffekte<br />
generiert. Den Mitarbeitern des Unternehmens wird verdeutlicht, wie wichtig für das<br />
Unternehmen ein kundenorientiertes Auftreten ist. Extern erkennen (potenzielle) Kunden,<br />
dass ein solches Unternehmen den Service- und Dienstleistungsgedanken zu eines der<br />
Leitmaximen gemacht hat, wodurch sich für den Kunden ein Mehrwert ergibt.“(Michael<br />
Korfkamp 2008 – <strong>Beschwerdemanagement</strong> in Finanzdienstleistungsunternehmen, S 14-16)<br />
9
„Eines der Hauptanliegen des <strong>Beschwerdemanagement</strong>-Controllings liegt […] in einer<br />
fortlaufenden Optimierung von Geschäftsprozessen – und zwar über das gesamte<br />
Unternehmen hinweg. Natürlich ist es sinnvoll, zunächst einmal die Prozesse innerhalb des<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>s zu erfassen, zu analysieren und zu optimieren, doch wirklich<br />
nachhaltige Erfolge lassen sich nur dann erzielen, wenn auch die eigentlichen, Beschwerden<br />
auslösenden Prozesse optimiert werden können.“ (Kukat, Blümelhuber 2005 –<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong> in der Praxis, S 216)<br />
6. Wie unzufriedene Kunden handeln<br />
„Wenn Kunden sich nicht an die Firma wenden, bedeutet das etwa, dass sie sich nicht<br />
beschweren? Auf gar keinen Fall. Dass sich die Kunden nicht direkt bei der Organisation<br />
beschweren, bedeutet nicht, dass sie nicht lautstark ihren Ärger Luft machen, sobald sie sich<br />
in einer ungezwungeneren Umgebung befinden. Und genau diese Statistik ist vielleicht die<br />
signifikanteste. Kunden erzählen zwischen 8 und 10 Personen über den schlechten Service,<br />
der ihnen widerfahren ist. Einer von fünf gibt seine Erfahrung an 20 Personen weiter. […]<br />
Unzufriedenheit ist ein populäreres Gesprächsthema als Zufriedenheit. Wenn Menschen<br />
beispielsweise bei der Bushaltestelle stehen und der Bus pünktlich ist, wird kaum einer den<br />
Service der lokalen Verkehrsbetriebe loben: „Sehen Sie sich das an! Das dritte Mal in dieser<br />
Woche pünktlich! Diese Leute sind wirklich gut!“<br />
Aber wenn der Bus Verspätung hat, werden dieselben Leute, die hier zufällig<br />
nebeneinanderstehen, gemeinsam über die Ineffizienz und Unverlässlichkeit der öffentlichen<br />
Verwaltung murren. Das wird sie an jedes andere soziale Problem erinnern, über das man<br />
sich beschweren müsse – und keinem wird dies merkwürdig erscheinen. Außerdem ist es<br />
viel leichter, sich zu beschweren, wenn niemand etwas dagegen unternehmen kann.<br />
Wir befinden uns heute in der einzigartigen Situation, bessere und direktere<br />
Kommunikationsmöglichkeiten für Konsumenten zu haben, die sich schlecht behandelt<br />
fühlen – über den Informations-Highway. Ist das wirklich so? […]<br />
Die Reichweite von Dienstleistungsunternehmen, wie das Internet, lässt Menschen auf früher<br />
nicht vorstellbare Weise miteinander kommunizieren: schnell, umfassend, weltweit und<br />
anonym. Ein neues Software-Paket auf dem Markt erstellt automatisch Beschwerdebriefe,<br />
die man online oder auf Hardcopy versenden kann. Alles, was der Benutzer tun muss, ist,<br />
einen Namen einzugeben und einige Fragen zu beantworten. Das Programm erstellt einen<br />
wütenden, klar verständlichen Beschwerdebrief aus einer ausgedehnten Datenbasis von<br />
Worten und Phrasen. Wenn man es benutzt, wird jedes Mal ein völlig anderer Brief erstellt.<br />
10
Das Unheil, das durch einfaches Herumnörgeln während des Wartens auf den Bus entsteht,<br />
lässt sich nicht vergleichen mit dem Unheil, welches ein einziger wütender Konsument heute<br />
auf dem Informations-Highway anrichten kann. In der heutigen Welt der Videokameras,<br />
Datenautobahnen und sofortigen Kommunikation ist es wirklich unmöglich, etwas zu<br />
verbergen.“ (Barlow, Møller 2003 – Eine Beschwerde ist ein Geschenk, S 59-63)<br />
7. Sieben Thesen für optimales Reklamationsmanagement<br />
„1. Reklamationsmanagement dient der Imagepolitur und der Öffentlichkeitswirkung.<br />
Schnelle und freundliche Reaktionen auf Kundenbeschwerden sorgen für mehr<br />
Breitenwirkung als zum Beispiel viele der nach allen Regeln der Kunst geschriebenen<br />
Pressemitteilungen.<br />
2. Freuen sie sich auf Reklamationen! Sie geben Ihnen die Chance, sich in Zeiten<br />
zunehmenden Wettbewerbs als kundenfreundlich zu profilieren. Gutes<br />
Reklamationsmanagement stärkt das Beziehungsgeflecht zwischen Kunden.<br />
3. Der reklamierende Kunde ist nur in den seltensten Fällen ein Nörgler (den gibt’s<br />
bekanntlich auch). Er ist ihr Freund. Wär dem nicht so, würde er sich in seiner Not<br />
nicht an sie wenden. Er vertraut Ihnen, dass Sie die Angelegenheit aus der Welt<br />
schaffen.<br />
4. Fehler passieren überall hin und wieder. Wenn Ihre Reklamationsquote auffallend<br />
gering ist, sollten Sie dies nicht unbedingt als gutes Zeichen werten. Vermutlich<br />
wandern Ihre unzufriedenen Kunden gleich zu Mitbewerbern ab.<br />
5. Reklamierende Kunden haben ein Recht, verärgert zu sein. Sie fühlen sich ungerecht<br />
behandelt, weil sie „gutes“ Geld für mangelhafte Waren oder Dienstleitungen gezahlt<br />
haben. Jetzt verlangen sie eine Art Wiedergutmachung. Sie sollten daher stark<br />
emotional überzeichnete Äußerungen des Kunden – ganz gleich, ob im persönlichen<br />
Gespräch oder im Reklamationsschreiben – niemals persönlich nehmen.<br />
6. Delegieren Sie Kompetenz nach unten. Jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />
täglich Kontakt mit Ihren Kunden haben, müssen bis zu einer bestimmten<br />
Größenordnung selbst über Reklamationen entscheiden können. Kommt keine<br />
Einigung zustande, sollte eine Beschwerde automatisch zu „Chefsache“ werden.<br />
7. Eine kulant behandelte Reklamation vergisst der Kunde irgendwann einmal – eine<br />
kleinliche Behandlung vergisst er Ihnen nie!“ (Brückner 2007 –<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 9-10)<br />
11
8. Arten von Beschwerden<br />
8.1. Schriftliche Beschwerden<br />
„Um einen Beschwerdebrief zu schreiben, müssen Kunden verschiedene Dinge erledigen –<br />
Papier Schreibzeug, Kuvert, Briefmarken vorbereiten und einen klaren Kopf haben.<br />
Anschließend müssen sie sich Zeit nehmen, den Brief zu schreiben.<br />
Einen Beschwerdebrief zu schreiben ist nicht einfach. Wenn Kunden keinen<br />
handgeschriebenen Brief senden möchten, müssen sie sich eine Schreibmaschine oder<br />
Computer suchen. Je nach ihrem Schreibtempo, kann das zwischen 10 und 30 Minuten<br />
dauern. Leute, die eine Menge Details schreiben, erzählen uns, dass sie gelegentlich einige<br />
Stunden für den Brief benötigen. […] Etwa zur gleichen Zeit, in der Kunden einen Brief<br />
verfassen, können Firmen sicher sein, dass mindestens eines der nachfolgenden Ereignisse<br />
eintritt:<br />
- Kunden sind aufgebracht<br />
Es kostet Mühe, ein schreiben zu verfassen. Viele Leute kündigen zwar an, einen<br />
Beschwerdebrief zu schicken, aber die meisten setzten diese Absicht nicht in die Tat<br />
um.<br />
- Kunden sind mit dem Ergebnis ihrer mündlich vorgetragenen Beschwerde<br />
unzufrieden<br />
Eine schriftliche Beschwerde ist für viele Leute das letzte Mittel, die Situation zu<br />
bereinigen, nachdem sie bereits andere Möglichkeiten ausgeschöpft haben.<br />
- Kunden beginnen einen Papierkrieg, der rechtliche Schritte nach sich zieht<br />
Wenn Kunden etwas sehr Schwerwiegendes widerfahren ist und sie rechtliche<br />
Schritte in Erwägung ziehen, brauchen sie Beweise, dass sie der Firma eine Chance<br />
gegeben haben, ihre Beschwerden in Ordnung zu bringen.<br />
- Kunden haben niemanden gefunden, bei dem sie sich ad personam beschweren<br />
konnten<br />
Wenn sie Gelegenheit dazu haben, werden es viele Kunden vorziehen, von Angesicht<br />
zu Angesicht zu sprechen. Wenn Kundendienstmitarbeiter nicht greifbar sind oder<br />
wenn die Kunden nicht wissen, wie und bei wem sie sich beschweren sollen, werden<br />
sie auf das Briefschreiben zurückgreifen.<br />
12
- Kunden fühlen sich bei Beschwerden von Angesicht zu Angesicht unbehaglich<br />
Solche Leute finden einen Brief bequemer, um eine Beschwerde zu deponieren.<br />
- Kunden haben persönliche Gründe, warum sie sich nicht beschweren konnten oder<br />
nicht wollten<br />
Kunden waren vielleicht in Eile oder hatten übermüdete Kinder bei sich. Manche<br />
Kunden können vielleicht einen Sprachfehler haben, oder es kann ihnen an dem<br />
erforderlichen sprachlichen Ausdrucksvermögen fehlen. Manchmal werden<br />
umstehende Zuschauer bei den Kunden Verlegenheit hervorrufen.<br />
- Schließlich können Kunden ermuntert worden sein, einen Beschwerdebrief zu<br />
schreiben<br />
Der Kundendienstmitarbeiter könnte eine schriftliche Beschwerde verlangt haben und<br />
mitunter auch dem Kunden mitgeteilt haben, dass ihre Beschwerde nur auf diese<br />
Weise zur Kenntnis genommen werden würden. Noch einmal, eine schriftliche<br />
Beschwerde stellt eine besondere Bemühung des Kunden dar, welcher er sich nicht<br />
unterziehen würde, wenn er nicht bereits aufgebracht wäre.<br />
8.1.1. Wie reagieren Firmen auf schriftliche Beschwerden?<br />
Die bemerkenswerte Anzahl von Untersuchen, die sich mit den Reaktionen auf<br />
Beschwerdebriefe befassen, weisen alle auf einen riesigen Bedarf an Verbesserungen hin.<br />
Studien aus den siebziger Jahren über Beschwerdebriefe zu Konsumgütern zeigen eine<br />
Bandbreite von Reaktionen von 56 zu 70 Prozent. Diese Zahlen sehen nicht so übel aus, bis<br />
Sie den Kehrwert betrachten: Dann bedeuten diese Zahlen nämlich, dass 30 bis 46 Prozent<br />
der Beschwerdebriefe keine Antwort bekamen, nicht einmal eine unzureichende. Das Niveau<br />
der Konsumentenzufriedenheit durch Reaktionen bewegte sich zwischen 28 und 60 Prozent.<br />
Betrachtet man die Kehrwerte dieser Statistik, bedeutet das, dass 40 bis 72 Prozent der<br />
Kunden mit den erhaltenen Antworten unzufrieden waren! Schließlich brauchten Firmen<br />
zwischen zwei Wochen und einem Monat, um die Kundenbriefe zu beantworten.<br />
Hat sich die Situation in den letzen Jahren verbessert? Das ist sehr fraglich. In einer kürzlich<br />
durchgeführten Untersuchung von 300 Beschwerdebriefen und Dankesschreiben, die an<br />
verschiedene Dienstleistungsbranchen versandt wurden erhielten nur 41 Prozent der<br />
Schreiben eine Reaktion. Fast perfekt in ihrer Reaktionsrate waren Banken, gefolgt von<br />
13
Mietwagenfirmen und Hotels. Restaurants, Kreditkartengesellschaften und Autohändler<br />
beantworteten keinen einzigen Brief. Die Durchschnittszeit für die Beantwortung lag bei an<br />
die 20 Tagen.<br />
Bei all diesen Daten, die sich über die vergangenen 25 Jahren nicht signifikant geändert<br />
haben, mutet es seltsam an, dass TARP daraus den Schluss zieht, dass in Hinsicht auf<br />
Beschwerdebriefe „signifikante Verbesserungen in der Bearbeitung zu bemerken wären.““<br />
(Barlow, Møller 2003 – Eine Beschwerde ist ein Geschenk, S 147-150)<br />
8.2. Persönliche Beschwerden<br />
„Der Weg der persönlichen Beschwerde ist sowohl für den Beschwerdeführer als auch für<br />
den Beschwerdeempfänger meist der schwierigste Weg, da die Beschwerde direkt „von<br />
Mensch zu Mensch“ weitergegeben wird. Dies geschieht entweder während eines<br />
Gesprächs unter Anwesenden oder in einem Telefongespräch. In beiden Fällen teilt der<br />
Beschwerdeführer sein Anliegen direkt einer anderen Person mit. Unzufriedenheit in Form<br />
einer Beschwerde zu äußern, fällt vielen Menschen von sich aus schwer; dies auch noch<br />
persönlich durchzuführen, kann eine weitere Hürde bedeuten.<br />
8.2.1. Anforderung an den Mitarbeiter<br />
Durch den direkten Kontakt mit dem Beschwerdeführer wird von Seiten der Mitarbeiter eine<br />
höhere Verhaltensflexibilität und Kommunikationsfähigkeit gefordert, als es bei schriftlich<br />
geäußerten Beschwerden der Fall ist. Im persönlichen Kontakt, auch telefonisch, muss der<br />
Mitarbeiter gegenüber dem Beschwerdeführer in der Lage sein, die Beschwerde und die<br />
damit eventuell verbundene Kritik von seiner Person und seiner Arbeit zu trennen. Ist dies<br />
nicht gewährleiste, kann es in dieser Situation schnell zu emotionalen Eskalationen kommen,<br />
indem sich sowohl der Beschwerdeführer als auch der Mitarbeiter in eine destruktive<br />
Rechtfertigungsposition begeben.<br />
Obwohl die Abwehrreaktionen von Mitarbeitern leicht nachzuvollziehen und teilweise nur<br />
allzu menschlich sind, schaden sie dem <strong>Beschwerdemanagement</strong>, das ausschließlich von<br />
positiven und professionellen Reaktionen im Umgang mit den Beschwerdeführern „lebt“. Ein<br />
Schwerpunkt bei der Implementierung (Einführung) eines <strong>Beschwerdemanagement</strong>-Systems<br />
muss deshalb die kontinuierliche Schulung der Mitarbeiter sein.<br />
14
Vorteile<br />
- Informationen können meist genauer und vollständiger erfasst werden, da sich mehr<br />
Informationen aus einem Gespräch ergeben, als z.B. bei einer schriftlichen<br />
Beschwerde.<br />
- Die Analyse der Daten und die Problembearbeitung ist weniger zeitintensiv, da<br />
Nachfragen schon während des Gesprächs gestellt werden können.<br />
- Fehlinformationen kommen seltener vor.<br />
- Die Beschwerdeführer haben einen direkten Ansprechpartner.<br />
- Durch die direkte Kontaktaufnahme sehen sich Mitarbeiter stärker in der<br />
Verantwortung.<br />
- Den Kunden wird Wertschätzung signalisiert.<br />
Nachteile<br />
- Mitarbeiter müssen kontinuierlich geschult werden.<br />
- Schulungszeit und Seminarkosten fallen.<br />
- Die Phase der Datenaufnahme kann besonders anfänglich zeitintensiv sein.<br />
- Es müssen ansprechende Räumlichkeiten für das Gespräch zur Verfügung stehen.<br />
- Beschwerdeführer können, gerade weil sie einen direkten Ansprechpartner haben,<br />
gehemmt sein, offen über ihr Anliegen zu sprechen. Dies kann sich verstärken, wenn<br />
der entgegennehmende Mitarbeiter direkt von der Beschwerde betroffen ist.“<br />
(Vergnaud 2002 – <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 12-14)<br />
9. Die ersten Schritte zum erfolgreichen Reklamationsmanagement<br />
„Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die großen Chancen, die in jeder<br />
Reklamation stecken. Ein anfangs verärgerter Kunde, dessen Anliegen ernst genommen<br />
wird, kehrt meist schnell zu einem sachlichen Gespräch zurück. Gelingt es dann, das<br />
Problem rasch und unbürokratisch aus der Welt zu schaffen, können Sie so gut sie sicher<br />
sein: Dieser Kunde wird wiederkommen – als Käufer. Und er wird Sie weiterempfehlen,<br />
indem er von seinem positiven Reklamationserlebnis erzählt.<br />
Die Qualität des Service zeigt sich spätestens beim Reklamationsmanagement. Deshalb:<br />
Wer eine Beschwerde vorbringt, verdient die gleiche Aufmerksamkeit und Höflichkeit wie ein<br />
Käufer.<br />
Geben Sie zum Beispiel auf der Verpackung, auf der Bedienungsanleitung, auf Rechnungen<br />
oder in den Begleitbriefen stets die Anschrift und Telefonnummer jener Abteilung Ihres<br />
15
Unternehmens an, die für eventuelle Reklamationen zuständig ist. Auf Rechnungen,<br />
Lieferscheinen oder im „PS“ des Anschreibens kann etwa folgender Hinweis erscheinen: „Bei<br />
Rückfragen oder Unklarheiten wenden Sie sich bitte an … Telefon-Durchwahl …, E-Mail …“<br />
Stellen sie sicher, dass Reklamationen umgehend bearbeitet werden. Spätestens zwei<br />
Wochen nach der schriftlichen oder telefonischen Beschwerde des Kunden müssen Sie klar<br />
Stellung beziehen, Lösungsvorschläge unterbreiten und sich in gravierenden Fällen<br />
entschuldigen. Wer vier Wochen auf eine Antwort warten muss, gewinnt – nicht zu Unrecht –<br />
den Eindruck, er erscheine dem Unternehmen als lästiger Störenfried, dessen man sich erst<br />
dann annimmt, wenn gerade nichts „Wichtigeres“ zu tun ist.<br />
Lassen Sie sich von Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen über Art und Umfang der<br />
Reklamationen auf dem Laufenden halten. Als besonders effizient erweisen sich kurze,<br />
stichwortartige Berichte. Sie sollten folgende Angaben enthalten:<br />
- In welchen Zustand war der Anrufer (zum Beispiel ruhig, leicht erregt, stark emotional,<br />
„stinksauer“)<br />
- Hat der Kunde bereits früher reklamiert?<br />
- Wie wurde reklamiert (telefonisch, persönlich, schriftlich)?<br />
- Was wurde konkret beanstandet?<br />
- Wurde die Sache bereinigt? Wenn ja, wie?<br />
- Zeigte sich der Kunde einverstanden/teilweise einverstanden mit der gefundenen<br />
Lösung?<br />
- Wurde das Produkt schon häufiger reklamiert?<br />
Nicht jeder verfügt über psychologisches Einfühlungsvermögen. Trotzdem sollten Sie die<br />
Fähigkeiten trainieren, eine Situation mit Diplomatie zu entschärfen […]. Das gilt für direkte<br />
Konfrontationen mit verärgerten Kunden ebenso wie für das Verhalten am Telefon.<br />
Niemals darf der Eindruck entstehen, eine Reklamation sei bei ihnen etwas Alltägliches.<br />
Unzufriedenheit mit Ihrer Ware oder Ihrer Dienstleistung, das kommt doch wohl<br />
außerordentlich selten vor. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten daher Überraschung,<br />
ja Betroffenheit ausstrahlen, ohne arrogant zu wirken. Falsch wäre etwa: „Da sind Sie aber<br />
der Erste, der sich beschwert …“.<br />
Richtig hingegen: „Da haben Sie wirklich großes Pech. Gerade mit diesem Produkt machten<br />
wir bisher die besten Erfahrungen.“<br />
Ganz gleich, ob am Telefon oder im persönlichen Gespräch: Hören Sie dem Kunden aktiv<br />
zu. Achselzucken, verlegenes „Hm, hm“ oder das stereotype Wiederholen eines Arguments<br />
tragen mit Sicherheit nicht zur Konfliktlösung bei.<br />
16
Denken Sie daran, dass Sie alle Zusagen, die Sie einem Kunden in dieser heiklen Situation<br />
machen, peinlich genau einhalten müssen. Sollten Sie dazu nicht in der Lage sein, dürften<br />
Sie den Kunden endgültig verloren haben. Weisen Sie unbedingt auch Ihre Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen auf diesen wichtigen Punkt hin.<br />
Erkundigen Sie sich nach einer Weile (etwa nach vier bis fünf Wochen), ob der Kunde<br />
nunmehr zufrieden ist. Diese Nachfass-Aktion kann per Telefon erfolgen, effektiver erscheint<br />
hierfür aber ein persönliches Schreiben.“<br />
(Brückner 2007 – <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 15-17)<br />
10. Phasen der Beschwerdebehandlung<br />
„Unabhängig davon, welche Beschwerde vorliegt, durchläuft die Beschwerde während der<br />
Bearbeitung drei aufeinander aufbauende Phasen. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle<br />
Beschwerden systematisch erfasst, analysiert und anschließend bearbeitet werden können.<br />
Innerhalb der einzelnen Phasen ist es notwendig, eine standardisierte Vorgehensweise zu<br />
entwickeln, die eine einheitliche Bearbeitungsrichtlinie sichert und den Bearbeitungsprozess<br />
transparent gestaltet. Um den Bearbeitungsprozess nachvollziehen zu können, müssen alle<br />
Informationen und Ergebnisse der einzelnen Phasen schriftlich dokumentier t werden.<br />
Phase 1: Informationssammlung<br />
Die Informationssammlung stellt die Grundlage im Bearbeitungsprozess dar. In dieser<br />
Bearbeitungsphase werden alle wichtigen Informationen erhoben, die für den weiteren<br />
Bearbeitungsverlauf notwendig sind. Unvollständige oder fehlerhafte Informationen können<br />
dazu führen, dass die nachfolgende Analyse des Beschwerdeproblems nicht sorgfältig und<br />
folgerichtig durchgeführt werden kann. Die Beschwerdewege und die entsprechenden<br />
Methoden zur Informationssammlung sind vielfältig und reichen von „Sprechstunden“ und<br />
„Angehörigenabenden“ bis hin zu schriftlich, telefonisch oder persönliche durchgeführten<br />
Kundenumfragen.<br />
Phase 2: Informationsanalyse<br />
Die Analyse der Beschwerde beruht auf den Informationen der vorhergehenden<br />
Datenaufnahme. Zielsetzung der Analyse ist, den Beschwerdegrund und die Ursache<br />
herauszufiltern. Erst wenn die Ursache eindeutig identifiziert wurde, kann die nachfolgende<br />
17
Bearbeitung erfolgreich sein und eine Lösung gefunden werden, die die Zufriedenheit des<br />
Beschwerdeführers ermöglicht. Gleichzeitig bietet eine gründliche Datenanalyse der<br />
Einrichtung die Möglichkeit, Organisationsschwächen aufzudecken sowie regelmäßig<br />
wiederkehrende Beschwerdegründe zu erkennen und diese zukünftig vorzubeugen.<br />
Phase 3: Problembearbeitung<br />
In dieser Phase wird sehr schnell deutlich, wie wichtig die Informationen aus den beiden<br />
vorgegangenen Phasen sind. Die Datenaufnahme gibt Aufschluss über den Anlass der<br />
Beschwerde und bietet alle notwendigen Informationen, um in der Analysephase die<br />
Beschwerdeursache herausfiltern zu können. Mit diesem Wissen werden nun in der letzten<br />
Bearbeitungsphase konkrete Problemlösungen zur Behebung der Beschwerdeursache<br />
entwickelt. Die Phase der Problembearbeitung ist für den Beschwerdeführer subjektiv<br />
auschlaggebend, da es aus seiner Sicht jetzt zu konkreten Lösungsvorschlägen kommt, die<br />
dazu führen, dass seine Unzufriedenheit behoben wird.“ (Vergnaud 2002<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 6-8)<br />
18
11. Wie reagieren Unternehmen<br />
„In diesem Abschnitt der Arbeit wird es zunächst primär darum gehen, die möglichen<br />
Reaktionen auf Seiten der Unternehmen zu betrachten, wobei gleichzeitig die zu<br />
erwartenden Konsequenten auf Kundenseite diskutiert werden. […]<br />
In einer Vielzahl von Studien sind sowohl die Eigenschaften der Unternehmensreaktion als<br />
auch deren Auswirkung auf das anschließende Konsumentenverhalten empirisch untersucht<br />
worden. Während auf Seiten der Konsumenten häufig Zufriedenheit, Wiederkaufabsicht oder<br />
Weitergabe der Erlebnisse an Freunde und Bekannte im Anschluss an die<br />
Unternehmensreaktion untersucht wurden, betrachteten die Studien auf Unternehmerseite<br />
eine Vielzahl verschiedener Eigenschaften der Unternehmensreaktion auf die Beschwerde<br />
von Konsumenten. Dabei hat sich auf Unternehmensseite eine Typologie herausgebildet,<br />
welche insgesamt sechs Eigenschaften der Reaktion von Unternehmen auf<br />
Konsumentenbeschwerden umfasst.<br />
Hierbei handelt es sich um Folgende:<br />
Schnelligkeit – die Wahrgenommene Reaktionsgeschwindigkeit eines Unternehmens auf die<br />
Beschwerde.<br />
Erleichterung – die Prozeduren und Strukturen eines Unternehmens zur Unterstützung der<br />
Konsumenten bei Äußerung bzw. Übermittlung einer Beschwerde.<br />
Entschädigung – das Ergebnis, welches sich aufgrund der Konsumentenbeschwerde<br />
ergeben hat.<br />
Entschuldigung – die Anerkennung der Beschwerde des Konsumenten durch das<br />
Unternehmen.<br />
Glaubwürdigkeit – die Bereitschaft des Unternehmens, eine Erklärung für das Problem zu<br />
liefern.<br />
Aufmerksamkeit – die zwischenmenschliche Kommunikation zwischen dem Konsumenten<br />
und dem Vertreter des Unternehmens.“ (Lentz 2008 – Der Einfluss des Marktklimas, S 42-<br />
43)<br />
19
12. Reaktionen von Kunden auf die Beschwerdebehandlung<br />
„Seit Mitte der 80er Jahre hat sich der Fokus der Forschung zum Beschwerdeverhalten<br />
zunehmend verlagert. Stand bis dato die Reaktion von Kunden auf ein wahrgenommenes<br />
Problem mit einem Anbieter bzw. dessen Produkten im Mittelpunkt, so wird sich seitdem<br />
verstärkt den Reaktionen von Beschwerdeführern auf die Behandlung ihrer Beschwerde<br />
durch einen Anbieter gewidmet.[…]<br />
Als zu untersuchende Formen der direkten Kundenreaktion auf die Beschwerdebehandlung<br />
ziehen die meisten Arbeiten die wahrgenommene Gerechtigkeit der Beschwerdebehandlung<br />
und/oder die Beschwerdezufriedenheit heran. Eine Vielzahl von Studien analysiert außerdem<br />
die Auswirkungen dieser Konstrukte auf verschiedene Formen der indirekten Kundenreaktion<br />
auf die Beschwerdebehandlung (Kundenzufriedenheit, Wiederkaufabsicht bzw.<br />
Wiederkaufverhalten, positive und negative Mund-zu-Mund-Kommunikation).<br />
Die wahrgenommene Gerechtigkeit der Beschwerdebehandlung wird in den letzen Jahren<br />
zunehmend als Konstrukt betrachtet, das die drei Dimensionen prozedurale Gerechtigkeit<br />
(bezogen auf die Verfahrensweise des Unternehmens bei der Beschwerdebehandlung).<br />
Interaktive Gerechtigkeit (bezogen auf die Behandlung des Beschwerdeführers auf die<br />
Mitarbeiter) und distributive Gerechtigkeit (bezogen auf das Erlebnis der<br />
Beschwerdebehandlung) umfasst. Eine Vielzahl empirischer Arbeiten zeigt, dass das<br />
Ausmaß der wahrgenommenen Gerechtigkeit der Beschwerdebehandlung eine positive<br />
Wirkung auf die Beschwerdezufriedenheit beeinflusst wiederum die Kundenzufriedenheit<br />
positiv, die Wiederkaufabsicht bzw. das Wiederkaufverhalten positiv, die Wahrscheinlichkeit<br />
positiver Mund-zu-Mund-Kommunikation positiv sowie die Wahrscheinlichkeit negativer<br />
Mund-zu-Mund-Kommunikation negativ.“ (Andreas Fürst 2005 – <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S<br />
24-25)<br />
20
13. Ziele des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s<br />
„<strong>Beschwerdemanagement</strong> beinhaltet einen komplexen unternehmerischen<br />
Handlungsbereich. Es umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen,<br />
die ein Unternehmen im Zusammenhang mit Beschwerden ergreift.<br />
Das Globalziel das <strong>Beschwerdemanagement</strong>s liegt darin, Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Unternehmens dadurch zu erhöhen, dass Kundenzufriedenheit wiederhergestellt, die<br />
negativen Auswirkungen von Kundenunzufriedenheit auf das Unternehmen minimiert und<br />
die in Beschwerden enthaltenen Hinweise auf betriebliche Schwächen und marktliche<br />
Chancen genutzt werden. Daraus ergeben sich […] Teilziele, die sich schwerpunktmäßig<br />
den Bereich des Kundenbeziehungsmanagements und des Qualitätsmanagements<br />
zuordnen lassen, wobei zugleich die Anforderung einer produktiven Aufgabenerfüllung<br />
besteht.<br />
13.1. Kundenbeziehungsrelevante Teilziele<br />
Stabilisierung gefährdeter Kundenbeziehung bzw. Vermeidung von Kundenverlusten durch<br />
Herstellung von (Beschwerde-) Zufriedenheit.<br />
Als zentrales Element des Kundenbindungsmanagements zielt das<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong> darauf ab, die durch Unzufriedenheit gefährdete Kundenbeziehung<br />
wieder zu stabilisieren und Abwanderungen zu vermeiden. Dies erfolgt auf der Grundlage<br />
der empirisch bestätigten Erkenntnis, dass durch eine schnelle, unbürokratische und<br />
großzügige Beschwerdeabwicklung Beschwerdezufriedenheit erreicht werden kann, die in<br />
hohem Maße zu einer Verbesserung der globalen Zufriedenheit des Kunden mit der<br />
Geschäftsbeziehung, zu Produkt- und Unternehmensloyalität und damit zu gesicherten<br />
Umsätzen und Deckungsbeiträgen führt<br />
Erzielung von Mehrkäufen durch Erhöhung von Kaufintensität und Kauffrequenz sowie<br />
Förderung des Cross-Buying-Verhaltens.<br />
Über die erhöhte Gebundenheit des Kunden soll bewirkt werden, dass der Kunde verstärkt<br />
Käufe beim Unternehmen tätigt. Dies kann erfolgen, indem er Mehrkäufe vornimmt, seine<br />
21
Kauffrequenz steigert oder seine Beschaffung auf weitere Produkte und Dienstleistungen<br />
des unternehmerischen Angebots ausdehnt.<br />
Förderung eines kundenorientierten Unternehmensimages.<br />
Ein aktives <strong>Beschwerdemanagement</strong> vermittelt dem Kunden Sicherheit. Damit hilft es,<br />
Unzufriedenheit vorzubeugen bzw. Zufriedenheit zu verstärken. Auf diese Weise leistet<br />
Beschwerdepolitik einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung bzw. Aufrechterhaltung eines<br />
kundennahen Unternehmensimages. Zusätzlich wird auch intern gegenüber den Mitarbeitern<br />
ein deutliches Zeichen für die Ernsthaftigkeit einer kundenorientierten<br />
Unternehmensstrategie gegeben. Denn mit zunehmendem kritischen Kundenfeedback<br />
verstärkt sich auch der innerbetriebliche Druck zu kundenbezogenen Handeln.<br />
Schaffung zusätzlicher werblicher Effekte mittels Beeinflussung der Mundkommunikation.<br />
Durch <strong>Beschwerdemanagement</strong> soll negative Mundkommunikation verhindert und positive<br />
stimuliert werden. Da Konsumprobleme, die zu Beschwerden führen, und<br />
Beschwerdeerfahrungen im sozialen Umfeld besprochen werden, ist diese persönliche<br />
Kommunikation eine wichtige Einflussgröße der Einstellung anderer Konsumenten zum<br />
Unternehmen bzw. zum Produkt und damit gleichzeitig für die Erschließung von<br />
Umsatzvolumina potenzieller Kunden.<br />
13.2. Qualitätsrelevante Teilziele<br />
Verbesserung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen durch Nutzung der in<br />
Beschwerden enthalten Informationen.<br />
Beschwerden enthalten wertvolle Informationen über relevante Verbraucherprobleme im<br />
Umgang mit Produkten, Dienstleitungen oder unternehmerischen Verhaltensweisen. Diese<br />
Informationen sind wichtig für das Qualitätsmanagement, weil sie Hinweise auf die<br />
Angemessenheit fixierter Qualitätsniveaus und die Einhaltung vorgegebener<br />
Qualitätsstandards liefern. Zudem bieten sie eine Fülle von Einsichten in<br />
Verbrauchererwartungen, die für Produktmodifikationen und –innovationen genutzt werden<br />
können und somit zukünftige Umsatzpotenziale sichern.<br />
22
Vermeidung externer Fehlerkosten.<br />
Probleme, die Gegenstand von Beschwerden sind, führen häufig zum Eintreten von<br />
Gewährleistungs- und Garantiefällen, Rechtsprozessen oder Auseinandersetzungen mit<br />
Drittinstitutionen (Medien, Schlichtungsstellen, Verbraucherorganisationen). Durch eine<br />
systematische Auswertung der Beschwerdeinformationen in Bezug auf Produktmängel<br />
können Gewährleistungskosten gesenkt, Garantieansprüche reduziert sowie<br />
Auseinandersetzungskosten vermieden werden.<br />
Vermeidung interner Fehlerkosten.<br />
Beschwerden enthalten nicht nur Hinweise auf Produktmängel, sondern zeigen auch<br />
Prozessmängel auf. Durch eine entsprechende Nutzung dieser Informationen können die<br />
internen Prozesse produktiver gestaltet sowie Falsch- und Doppelarbeiten vermieden<br />
werden.<br />
13.3. Produktivitätsrelevante Teilziele<br />
Effiziente Aufgabenerfüllung<br />
Zur Erreichung der kundenbeziehungs- und qualitätsrelevanten Ziele des<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>s ist der Einsatz von Ressourcen erforderlich, der mit Blick auf das<br />
ökonomische Globalziel wirtschaftlich zu erfolgen hat. Deshalb ist bei allen Maßnahmen<br />
grundsätzlich das Ziel einer effizienten Aufgabenerfüllung zu beachten.“ (Bernd Strauss 2007<br />
– <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 79-81)<br />
14. Erfolg des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s messen<br />
„Um Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen im Konkurrenzumfeld des direkten<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>s ableiten zu können, sind auf der ersten Stufe die Erfolgsfaktoren<br />
eines <strong>Beschwerdemanagement</strong>s zu bestimmen. Aeberhard (1996) spricht Leidecker/Bruno<br />
(1984) das Verdienst zu, „als erste ausdrücklich hingewiesen zu haben, dass trotz der<br />
Mehrkausalität des strategischen Erfolges wenige, aber grundlegende Einflussgrößen<br />
existieren, die für den Erfolg des Unternehmens und seiner Geschäft entscheidend sind“.<br />
23
Diese werden nach ihrem Geltungsbereich in generelle und branchenspezifische<br />
Erfolgsfaktoren unterschieden. Generelle Erfolgsfaktoren sind auf alle denkbaren Märkte zu<br />
beziehen, wohingegen spezifische Faktoren den Erfolg in der jeweiligen Branche erklären.<br />
Im Weiteren wird der Fokus auf generelle Erfolgsfaktoren eines <strong>Beschwerdemanagement</strong>s<br />
gerichtet, also unabhängig von einer konkreten Primärleistungsbranche des<br />
Gesamtunternehmens. Es geht darum zu ergründen, welche Größen den Erfolg des<br />
Zentralbereichs im direkten <strong>Beschwerdemanagement</strong> begründen, um anhand dieser<br />
Erfolgsfaktoren eine Gegenüberstellung mit den (Haupt-) Konkurrenten vornehmen zu<br />
können.<br />
Das Ziel der Sekundärleistung ist die Sicherung der durch Unzufriedenheit gefährdeten<br />
Kundenbeziehung(en) für das Unternehmen. Der Erfolg des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s<br />
bemisst sich deshalb anhand derjenigen Kundenbindungstreiber, die im funktionalen<br />
Einflussbereich des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s liegen. Dies führt zu den beiden […]<br />
Erfolgsgrößen […]: Artikulationsquote und Beschwerdezufriedenheit. Anhand dieser beiden<br />
Erfolgsfaktoren kann eine basale Gegenüberstellung des Zentralbereichs<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong> mit seinen Hauptkonkurrenten erfolgen.“ ( Mende 2006 –<br />
Strategische Planung im <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 454-455)<br />
„Artikulationsquote/Nicht-Artikulationsquote<br />
Eine erste wichtige Kennzahl ist die Artikulationsquote, die das Ausmaß der<br />
Beschwerdeartikulation von verärgerten Kunden zum Ausdruck bringt. Da aber die Nicht-<br />
Artikulation von Beschweren im Zentrum des Evidenz-Controllings steht, muss des Fokus<br />
der Betrachtung auf dem Kehrwert der Artikulationsquote – der Nicht-Artikulationsquote –<br />
liegen. Diese Kennzahl repräsentiert das Verhältnis der Anzahl von Kunden, die ihre<br />
Verärgerung nicht in einer Beschwerde zum Ausdruck bringen, zu Gesamtzahl der<br />
verärgerten Kunden.<br />
Nicht-Artikulationsquote = Nicht-Beschwerdeführer unter verärgerten Kunden / Gesamtzahl<br />
verärgerten Kunden<br />
Die Nicht-Artikulationsquote zeigt, in welchen Umfang verärgerte Kunden auf ihre<br />
Beschwerde verzichten. Da die Ziele des <strong>Beschwerdemanagement</strong>s nur erreicht werden<br />
können, wenn sich verärgerte Kunden auch tatsächlich mit ihren Anliegen an das<br />
Unternehmen wenden, muss es Ziel von Unternehmen sein mit einem proaktiven<br />
24
<strong>Beschwerdemanagement</strong>s sein, die Nicht-Artikulationsquote zu minimieren.“ (Bernd Strauss<br />
2007 – <strong>Beschwerdemanagement</strong>, S 316-317)<br />
25
15. Quellen:<br />
Andreas Fürst (2005):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>. Gestaltung und Erfolgsauswirkung. 1. Auflage. Wiesbanden:<br />
Deutscher Universitäts-Verlag.<br />
Barlow, Janelle; Møller, Claus (2003):<br />
Eine Beschwerde ist ein Geschenk. Der Kunde als Consultant. München: Redline Wirtschaft<br />
bei Verl. Moderne Industrie.<br />
Bernd Strauss, Wolfgang Seidel (2007):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>. Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe. Carl Hanser<br />
Verlag München (Hg.).<br />
Brückner, Michael (2007):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>. Reklamationen als Chance nutzen, professionell reagieren,<br />
Kunden zufrieden stellen. 2. Aufl. Heidelberg: Redline Wirtschaft (New business lineSoft<br />
skills).<br />
Dreyer, Axel; Dehner, Christian (2003):<br />
Kundenzufriedenheit im Tourismus. Entstehung, Messung und Sicherung mit Beispielen aus<br />
der Hotelbranche. 2., unwesentl. veränd. Aufl. München: Oldenbourg (Lehr- und Handbücher<br />
zu Tourismus, Verkehr und Freizeit).<br />
Hinterhuber, Hans H.; Matzler, Kurt (2009):<br />
Kundenorientierte Unternehmensführung. Kundenorientierung - Kundenzufriedenheit -<br />
Kundenbindung. 6., überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag / GWV Fachverlage<br />
GmbH Wiesbaden (Springer-11775 /Dig. Serial]).<br />
Kukat, Frank; Blümelhuber, Christian (2005):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong> in der Praxis. Kundenkritik als Chance nutzen. 1. Aufl. Düsseldorf:<br />
Symposion Publ.<br />
Lentz, Patrick (2008):<br />
Der Einfluss des Marktklimas auf das Beschwerdeverhalten von Konsumenten. Eine<br />
empirische Untersuchung in der Finanzdienstleistungsbranche. (Springer-11775 /Dig.<br />
Serial]).<br />
Mende, Martin (2006):<br />
Strategische Planung im <strong>Beschwerdemanagement</strong>. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-<br />
Verlag | GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden (Springer-11775 /Dig. Serial]).<br />
Michael Korfkamp (2008):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong> in Finanzdienstleistungsunternehmen. Diplomarbeit.<br />
Unveröffentlichtes Manuskript, 2008.<br />
Vergnaud, Monique (2002):<br />
<strong>Beschwerdemanagement</strong>. Hohe Leistungsfähigkeit durch Kundenkritik. 1. Aufl. München:<br />
Urban & Fischer (Altenpflege professionell).<br />
26