tour‘s Naturtourismus haben, der musste filetiert sein, am besten war’s, wenn die Leute ihn gleich in die Pfanne hauen konnten, fertig gewürzt und gesalzen.“ Die ersten Exemplare wurden aus dem Netz gezogen, von Hand, und die meisten davon, weil sie zu klein waren, gleich wieder in den See zurückgeworfen. Ich blickte zum Ufer, versuchte mir auf einer der weiten Wiesen ein Großtrappenpärchen bei der Nahrungssuche vorzustellen, das Weibchen fünf Kilo schwer und halb so groß wie das Männchen, das 20 Kilogramm wiegen soll – als der Fischer direkt vor meinen Schuhen die Eisenklappen der großen Wassertröge öffnete, mit lautem Knall, der mir mein schönes Pärchen auf der Stelle davon jagte. „Schade!“, rief ich, und der Fischer: „Abwarten! Die Großen …“ (und er meinte natürlich die Fische) „… die kommen noch!“ Und sie kamen. Zu Dutzenden, zu Hunderten. Das Netz, nun ein schweres, mehrere Kartoffelsäcke dickes, wirbelndes, platschendes Etwas, war eng zwischen zwei Boote festgezurrt und konnte, weil es oben offen war, mit einem Riesenkescher geleert werden. Was für eine Hochstimmung ob des schieren Überflusses sich bei mir einstellte! Ich kann es kaum beschreiben. Einmal im Leben wie hier aus dem Vollen schöpfen können, sagte ich mir und klatschte Beifall – völlig unpassend, denn die Fischer, die blieben cool. Zander, Bleie, Plötzen, ein Karpfen, noch einer – alles flog im hohen Bogen in die Wassertröge hinein. „Viele Brassen heute“, rief der Fischer, „… die schiebe ich zum Feierabend durch den Grätenschneider. Dann sind‘s Filets, die schmecken lecker. Das mache ich seit drei Jahren. Aber so richtig boomt der Absatz noch nicht. Ich brauche ein paar Gaststätten, die das mitverkaufen. Das dauert. Die Gastwirte in der Gegend … etwas Neues ausprobieren ist nicht ihr Ding.“ – Und jetzt: Ein Aal! Einen halben Meter lang, der Bursche, der nächste nicht viel kürzer, der übernächste Ich fragte den Meister nach dem größten Fisch, den er je gefangen hat, und hörte: „Angeben wolln wir hier nicht, aber wenn ich zurückblicke, die vielen Jahre: Mein 50-Kilo-Wels, der war nicht der kleinste.“ „War das nun ein guter Fang?“, fragte ich eine Stunde später. „Durchschnitt“, war die Antwort. Ich wollte etwas über den Tourismus im Westhavelland erfahren, sagte, dass man die Besucher des Nationalparks sicher nicht „fangen“ müsse, dass die ganz von selber kämen. Der Fischer blickte über das glitzernde Wasser, schien nachzudenken. Dann sagte er: „Der Tourismus entwickelt sich langsam. Wir sind ja auch nicht daran interessiert, hier Massen von Reisebussen zu haben, es soll ein sanfter Tourismus sein. Es kommen in der Ferienzeit und sonst am Wochenende sehr viele Kanu- und Fahrradfahrer. Der bekannte Elberadweg führt ja hier durch. Viele Leute, auch Einheimische, finden durch die schöne Wasserlandschaft zu mir, essen meinen Fisch auf dem Hof und schwimmen oder radeln dann weiter. Ich bin so der Mittelpunkt. Und wer mich als Natur-Guide haben will, dem zeige ich ganz privat …“ – „Großtrappen?“, fragte ich begeistert, und der Fischer antwortete: „Wir haben hier den Fischadler, den Rotschenkel, den Rotmilan, den Kiebitz, den Eisvogel. Außerdem Biber, Fischotter, Libellen, und wenn Sie die Sumpfdotterblume, den Lungenenzian oder die Keiljungfer sehen wollen, haben wir die auch.“ Hans-Gerd Küper ▲ Es ist durchaus möglich, dass gleich ein paar Tonnen Fisch oder bloß zehn Kilo im Netz sind. 12 02-2011
Naturtourismus tour‘s ▲ Fischer Schröder als Naturparkranger auf der Havel 02-2011 13