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tour‘s<br />
Unterwegs<br />
der Schorfheide-Jagdfreuden zugeneigt<br />
gewesen sein. Zwischen 1660 und<br />
1680 ließ er in Groß Schönebeck eine<br />
völlig zerstörte Wasserburg zu einem<br />
zweistöckigen Schlösschen umbauen.<br />
Sein Sohn Friedrich, der als erster<br />
König von Preußen den Berliner Thron<br />
besteigen sollte, hielt sich recht oft<br />
hier auf. Und „Soldatenkönig“ Friedrich<br />
Wilhelm I. sowieso. Heute informiert in<br />
dem Gebäude ein Museum über die<br />
Geschichte der Schorfheide.<br />
Als nun der vierte Friedrich Wilhelm 1849<br />
eine „Jagdhütte“ westlich vom Werbellinsee<br />
errichtete, zog es die Familie Hohenzollern<br />
und ihre Gäste in dieses neue<br />
Schloss namens Hubertusstock. Es sei<br />
mal dahingestellt, ob das Anwesen im<br />
oberbayerischen Stil in die Schorfheide<br />
passt oder nicht, hierhin konnten sich die<br />
Wilhelms oder Friedrichs oder Friedrich<br />
Wilhelms vor dem steifen Hofprotokoll<br />
und den lästigen Repräsentationspflichten<br />
zurückziehen. Und sie konnten nach<br />
Herzenslust „herumballern“! Mit ernsthafter<br />
Jagd oder gar Bestandspflege<br />
hatte das – jedenfalls aus heutiger Sicht<br />
– nur wenig tun. Auf einem knapp neun<br />
Kilometer langen Wanderweg wird mit<br />
Steinen, die an recht unterschiedliche<br />
Jubiläen erinnern, auf die Jagdleidenschaft<br />
der Hohenzollern aufmerksam<br />
gemacht. So ein Stein ist zum Beispiel<br />
an jener Stelle aufgestellt, wo Wilhelm II.<br />
seinen 100. Hirsch abschoss, ein anderer<br />
am Ort seines 300. Abschusses. Ein<br />
Kreuz ist einem königlichen Jagdgehilfen<br />
gewidmet, der 1832 von einem Wilddieb<br />
ermordet wurde.<br />
Auch zu DDR-Zeiten war Hubertusstock<br />
bei hochkarätigen Gästen eine gefragte<br />
▲ Haus Döllnsee, war eine Herberge für Staatsgäste der DDR, einst als Unterkunft für Gäste<br />
und Mitarbeiter von Göring gebaut, heute ein Hotel mit einer ansprechenden Wildküche.<br />
Adresse. Die sowjetische Nummer 1,<br />
Staats- und Parteichef Breschnew, und<br />
Kubas Revolutionsführer Castro nächtigten<br />
hier. Ebenso sollen sich Bayerns<br />
Ministerpräsident Strauss und so mancher<br />
westlicher Wirtschaftskapitän im<br />
einstigen Hohenzollern-Schloss überaus<br />
wohlgefühlt haben. Richtig große<br />
Politik wurde von hier aus im Dezember<br />
1981 gemacht, bei den deutsch-deutschen<br />
Verhandlungen zwischen Erich<br />
Honecker und Helmut Schmidt.<br />
Eine Herberge für Staatsgäste der<br />
DDR war auch Haus Döllnsee, einst als<br />
Unterkunft für Gäste und Mittarbeiter<br />
von Göring gebaut, heute ein Hotel mit<br />
einer ansprechenden Wildküche. Honecker<br />
selbst, der sich für einen großen<br />
Waidmann vor dem Herrn hielt, ging<br />
von seinem zynischerweise als „Hütte“<br />
betitelten Jagddomizil ‚Wildfang‘ aus,<br />
ebenfalls in der Nähe von Groß Schönebeck,<br />
auf Pirsch. Oder er machte<br />
vom Jeep aus Jagd.<br />
Übrigens: Wer ohne Stress in die<br />
Schorfheide anreisen möchte, dem sei<br />
von Berlin aus die sogenannte Heidekrautbahn<br />
empfohlen: Aussteigen am<br />
Kaiserbahnhof in Joachimsthal! Den<br />
Haltepunkt ließ Wilhelm II. höchstpersönlich<br />
anlegen. Die geistige Vaterschaft<br />
des Kaisers wird einem nicht zuletzt<br />
augensichtlich, wenn man um dessen<br />
Vorliebe für alles Nordische weiß. Das<br />
Bahnhofsgebäude – es wird inzwischen<br />
für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen<br />
genutzt – ist im norwegischen<br />
Stil errichtet worden – oder dem, was<br />
man dafür hielt. Wenn anno dazumal<br />
der Kaiser samt Familie anreiste, gab<br />
es für die Kinder der umliegenden<br />
Gemeinden schulfrei. Um am Bahnhof<br />
Spalier zu stehen und so die Majestäten<br />
standesgmäß zu empfangen.<br />
Lars Franke<br />
◄ Der Werbellinsee liegt im Biosphärenreservat<br />
Schorfheide-Chorin und besitzt eine<br />
Fläche von 7,65 km 2 bei einer Tiefe von fast<br />
60 Meter.<br />
86 02-2011