2014/09 Stadtgeflüster Das Dirndl
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Und wir lächeln ...<br />
Dieses Mal möchte ich einmal nichts über<br />
unsere Tierchen erzählen, sondern über<br />
ein Land und seine Einstellung: Schweden,<br />
das Land der Elche, der unendlichen<br />
Kiefernwälder und der entspannten<br />
Leute. Denn die haben mich noch mehr<br />
beeindruckt als die Wiederkäuer. Aber auf<br />
ähnliche Weise – nämlich mit gelebter<br />
Gelassenheit.<br />
Wenn man zur Ruhe kommen will, so sei<br />
einem Südschweden ans Herz gelegt. Es<br />
beginnt schon damit, dass in der Regel bei<br />
70-90 km/h auf der Landstraße Schluss<br />
ist. Und ist ein Autofahrer vor einem<br />
noch langsamer unterwegs, wird er wie<br />
selbstverständlich bei nächster Gelegenheit<br />
rechts ranfahren und einen vorbei lassen.<br />
Lächelnd – nicht schimpfend! Trifft man<br />
die Schweden außerhalb ihres Autos, so<br />
sind sie stets freundlich, grüßen überall<br />
jeden und lächeln gerne. Ob es an dem<br />
ständig konsumierten Snus liegt, kann ich<br />
nicht sagen, aber wenn man das so sieht,<br />
fragt man sich doch: Warum sind die da so<br />
gut und bei uns daheim so schlecht drauf?<br />
Gegrüßt wird selten, die Mundwinkel<br />
hängen im Keller und mir bereits bei<br />
meiner ersten Fahrt während der Rückreise<br />
auf deutscher Landstraße schon wieder<br />
ein lichthupender Irrer auf der Stoßstange.<br />
Nichts kann schnell genug gehen, unsere<br />
Anspruchshaltung ist enorm (wobei sich<br />
jeder einmal fragen sollte, ob er selbst<br />
seinen Ansprüchen genügen würde!). Und<br />
dennoch immer wieder die Klage, dass es<br />
eben genau ist, wie es ist: „stressig“!<br />
Dabei haben wir es doch nicht schlecht.<br />
Ganz im Gegenteil: „Wen Gott liebt, den lässt<br />
er fallen in dieses Land!“ Berge, Seen, Natur,<br />
alle Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.<br />
Wer in unserer Region nicht wohnen darf,<br />
verbringt hier seinen Urlaub! Kultur vor der<br />
Nase, zwei Stunden nach Italien und bei den<br />
meisten eine mehr als gute wirtschaftliche<br />
Situation. Und trotzdem fällt nicht nur<br />
mir auf, wie wenig Menschen hier lächeln<br />
- geschweige denn lachen! Wie schade und<br />
sinnlos!<br />
Wäre es nicht einmal spannend zu sehen,<br />
was passiert, wie unsere Mitmenschen<br />
reagieren würden, wenn sie glücklich<br />
gegrüßt werden und wir uns auf einmal<br />
alle freundlich verhalten? Wie wäre es<br />
mit einem Versuch: Für die nächsten vier<br />
Wochen freuen wir uns mal, hier leben zu<br />
dürfen. Wir hupen die ältere Dame vor uns<br />
nicht an, weil sie so langsam fährt, sondern<br />
denken daran, dass wir in ein paar Jahren<br />
auch ein wenig langsamer unterwegs sein<br />
werden. Abgesehen davon sorgen nicht<br />
die 10 km/h weniger auf dem Tacho dafür,<br />
dass wir zu spät kommen, sondern die rote<br />
Ampel oder der fehlende Parkplatz! Und<br />
wenn schon – dann kommen wir eben 5<br />
Minuten zu spät. Wir grüßen einfach mal<br />
laut und glücklich und nehmen uns die<br />
Zeit, mit unseren Mitmenschen nett zu<br />
reden. Und wir lächeln – denn was man sät,<br />
wird man ernten!<br />
Wenn es nichts bringt, können wir ja bald<br />
wieder – warum auch immer – griesgrämig<br />
in die Welt gehen. Doch bis dahin probieren<br />
wir es doch einmal mit Gelassenheit und<br />
Wärme – es wird jetzt draußen eh wieder<br />
kalt genug! Schreibt es Euch an den Spiegel:<br />
einen Gang runter, Mundwinkel hoch und<br />
ab in den Tag! Eure Erfahrungen (positiv<br />
oder negativ) gerne an: smile@tierarztfreilassing.de<br />
Dr. Christoph Werner