Franz Martin Haberditzl: Franz Anton Maulbertsch 1724-1796 ...
Franz Martin Haberditzl: Franz Anton Maulbertsch 1724-1796 ...
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(Gesinnung, Sitte, Benignitas, Bonitas?) und durch Klugheit/Wissenschaft (Merkur?) der<br />
Vernunft (Licht, Erkenntnis, Wahrheit) teilhaftig zu werden. Die Suggestion einer<br />
erstaunlichen Bild-Allegorie von der erst ab 1750 zum Begriff gewordenen Aufklärung mit<br />
barocken Mitteln des moralischen Hell/Dunkels, des mythologischen Apparates und der<br />
katholischen Typologie ist gross. Die Fortschrittlichkeit lässt sich v.a. wegen der bislang<br />
unscharfen Tugendzentralfigur, die von katechistischer Nachfolge Christi, über<br />
Untertanengeist, fast bis zur kulturfeindlichen, rousseauhaften natürlichen Tugendliebe<br />
reichen mag, noch nicht wirklich erweisen.<br />
Spätestens hier stellt sich auch wieder die Frage nach dem Anteil <strong>Maulbertsch</strong>s und seiner<br />
eigenen Haltung bei einem doch anspruchsvollen Programm. Die beiden stilistisch<br />
ähnlichen anderen, von MDN <strong>Maulbertsch</strong> abgeschriebenen Skizzen in Frankfurt und<br />
Wien, Österr. Galerie (S. 346, Nr. 49 und S. 68/9, Nr. 170) sind in diesem Zusammenhang<br />
als ovidianische Illustrationen des "Goldenen Zeitalters" ähnlich Kirchstetten bzw.<br />
angeblich Jahreszeiten ("Winter" unklar) und 4 Elemente, also eher konventionell-<br />
affirmatives Lob der göttlichen, heilen Weltordnung à la Leibniz zu sehen. Die Erfindung<br />
der Kölner Skizze stammt sicher nicht von <strong>Maulbertsch</strong>, wohl aber die imaginative<br />
Umsetzung und mögliche Feinkorrekturen des mit Symbolik und Emblematik<br />
notwendigerweise auch am Beginn seiner Karriere schon ziemlich vertrauten Praktikers.<br />
Die obengenannten Gedanken waren im Schwange. Ein persönliches Bekenntnis wie bei<br />
Künstlern der nächsten Generation (z.B. Goya) ist - um es vorwegzunehmen- aber bei<br />
keinem Werk <strong>Maulbertsch</strong>s wirklich festzustellen.<br />
Zurück zu FMH und dem inhaltlich sich anschliessenden Kapitel "Gemälde für das<br />
Prämonstratenserstift Klosterbruck". Er erwähnt die leider bei Garas auch nicht<br />
vollständig wiedergegebene Archivalie vom 9.10.1765 mit der Nachricht eines dortigen<br />
Freskoauftrages und dem wichtigen Zeitungsartikel von September 1771 (Garas DOK<br />
XLIII) mit der Übersicht über <strong>Maulbertsch</strong>s Werk bis zu diesem Zeitpunkt, darunter auch<br />
das Refektorium. Schon FMH schliesst daher bei der Datierung 1778 in J.P. Cerroni's<br />
Geschichte der bildenden Künste in Mähren,... Brünn 1807 auf einen Irrtum, während<br />
Möseneder 1993 dieser Jahreszahl der zugrundeliegenden Quelle, eine weitere<br />
Beschreibung von der Hand Norbert Korbers (= Garas DOK XXXIII; fast zur Gänze<br />
abgedruckt 1849; bei Gollinger 1822 anscheinend nur der III.Teil) vertraut und somit beide<br />
- Refektorium und weiter unten zu behandelnde Bibliothek - mit weiterreichenden Folgen<br />
etwa zeitgleich ansetzt, was auch durch die ziemlich chronologisch verlässliche<br />
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