Borreliose Wissen - BORRELIOSE und FSME BUND ...
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Foto: Fischer<br />
<strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong> Nr. 18<br />
Forschung<br />
Frühjahrstagung der Deutschen <strong>Borreliose</strong> Gesellschaft<br />
am 18. April 2008 in Goslar-Hahnenklee<br />
Die Immunologie<br />
der Borrelieninfektion<br />
Prof. Dr. med.<br />
Rüdiger von Baehr,<br />
Immunologe, Berlin<br />
Das Immunsystem besitzt<br />
verschieden Barrieren<br />
gegen eine Borrelien-Infektion.<br />
Doch viele Borrelienstämme<br />
sind resistent gegen die unspezifi -<br />
sche angeborene Immunabwehr. Bei der<br />
Borrelienspezifi schen Immunbarriere reagieren<br />
die IgM-Antikörper gegen Oberfl<br />
ächenproteine <strong>und</strong> das Komplement<br />
sowie die IgG-Antikörper versuchen die<br />
Erreger aufzulösen. Spezifi sche T-Lymphozyten<br />
schaffen das nicht. Beim Übertritt<br />
der Borrelien von einem Wirt zum<br />
anderen fi nden Genmodulationen statt.<br />
Es erfolgt die Bildung <strong>und</strong> Freisetzung<br />
von entzündungsfördernden Zytokinen<br />
<strong>und</strong> Chemokinen. Letztere locken andere<br />
Immunzellen zum Ort des Geschehens.<br />
Was kann die unspezifi sche Abwehr<br />
gegen Borrelien ausrichten?<br />
Im Prinzip aktivieren Borrelien das<br />
Komplementsystem mit nachfolgender<br />
Bakterienaufl ösung oder Phagozytose<br />
(Störende Strukturen werden wie eine<br />
Zelle ummantelt). Borrelien können aber<br />
ihre Oberfl äche mit Eiweißen des Bindegewebes<br />
maskieren <strong>und</strong> so dem Komplementsystem<br />
entgehen.<br />
Die Immunabwehr von Infektionen<br />
erfolgt primär durch Mechanismen der<br />
angeborenen unspezifi schen Infektionsabwehr.<br />
Führt diese zur Erreger-Elimination,<br />
besteht eine Infektionsresistenz.<br />
Es werden keine Antikörper gebildet.<br />
Infektionsverlauf ohne<br />
antibiotische Therapie<br />
� Stich einer infi zierten Zecke<br />
� Übertragung von Borrelien<br />
➜ Aktivierung der unspezifi schen<br />
Abwehr<br />
� Lokale Vermehrung der Borrelien in<br />
der Unterhaut<br />
➜ Auslösung der spezifi schen<br />
Immunabwehr<br />
Dauer: fünf bis 48 Tage<br />
Stadium I<br />
Notizen von Ute Fischer<br />
� Wanderröte für vier bis sechs Wochen<br />
➜ Spezifi sche Immunabwehr<br />
Dauer: ein bis zwölf Wochen<br />
Stadium II<br />
� Dauer vier bis sechs Monate<br />
dann zum Teil spontane Rückbildung<br />
➜ Spezifi sche Immunabwehr<br />
Dauer: Monate bis Jahre<br />
Stadium III<br />
� Erregerstreuung<br />
� Persistenz der Beschwerden<br />
➜ nicht ausreichende Immunabwehr<br />
HLA-Assoziation bei der Antibiotika-resistenten<br />
Verlaufsform der<br />
Lyme-<strong>Borreliose</strong><br />
Bei etwa zehn Prozent der Patienten mit<br />
Lyme-<strong>Borreliose</strong> persistieren trotz adäquater<br />
antibiotischer Therapie die Gelenkbeschwerden<br />
über Monate <strong>und</strong> Jahre.<br />
Träger bestimmter HLA-DR-Merkmale<br />
haben eine genetische Prädisposition für<br />
die Entwicklung einer antibiotika-resistenten<br />
Lyme-<strong>Borreliose</strong>. (<strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong><br />
Nr. 17). Aufschluss bringt eine HLA-<br />
DR-Feintypisierung mit 2 ml EDTA-Blut,<br />
das problemlos per Post verschickt werden<br />
kann.<br />
Es fehlt die Brücke zwischen<br />
universitärer <strong>Wissen</strong>schaft <strong>und</strong><br />
den praktizierenden Ärzten.<br />
Das Patientengut ist gleichmäßig<br />
unter den Ärzten verteilt.<br />
Antikörper sind bei der Immunabwehr<br />
von Borrelien nur bedingt<br />
wirksam.<br />
Patienten, die nach der Infektion verzögert<br />
oder nur geringe (keine) Antikörper-Titer<br />
gegen Oberfl ächenantigene<br />
von Borrelien bilden, scheinen besonders<br />
für eine persistierende <strong>Borreliose</strong><br />
disponiert zu sein. In Gutachten werden<br />
schwache Antikörper jedoch meist als<br />
Argument gegen eine chronische <strong>Borreliose</strong><br />
verwendet.<br />
Zusammenfassung:<br />
Der individuelle Verlauf der Borrelieninfektion<br />
wird durch die Adaptionsfähigkeit<br />
der Erreger an den Wirt <strong>und</strong> die Reaktivität<br />
des Immunsystems bestimmt.<br />
Die Borrelien müssen zunächst die unspezifi<br />
sche Abwehr des Wirtes überwinden,<br />
ehe die Infektion durch die Vermehrung<br />
der Erreger etabliert ist. Erst dann<br />
setzt die spezifi sche Immunantwort unter<br />
anderem mit der Bildung spezifi scher<br />
Antikörper ein.<br />
Die Qualität der spezifi schen Immunbarriere<br />
unterliegt dabei immungenetischen<br />
Einfl üssen <strong>und</strong> bestimmt den Infektionsverlauf.<br />
Antikörper gegen Oberfl<br />
ächenantigene können zwar die Erreger<br />
aufl ösen. Borrelien sind jedoch in<br />
der Lage, die Expression ihrer Oberfl ächenstrukturen<br />
bis zur Resistenz gegen<br />
das Immunsystem zu modulieren. Durch<br />
immunologische Kreuzreaktionen zwischen<br />
Borrelien- <strong>und</strong> Autoantigenen<br />
kann eine Autoimmunopathie <strong>und</strong> damit<br />
eine Antibiotika-Resistenz der Beschwerden<br />
induziert werden.<br />
Neuro-psychiatrische<br />
Symptome<br />
Martin Lorenz,<br />
Fachärztin für<br />
Neurologie <strong>und</strong><br />
Psychiatrie, Minden<br />
(siehe auch <strong>Borreliose</strong><br />
<strong>Wissen</strong> Nr. 17)<br />
� Es kann bereits im frühen Stadium II<br />
zu einem Befall des peripheren <strong>und</strong><br />
zentralen Nervensystems kommen.<br />
� Die Symptomatik eines Nervenwurzelreizsyndroms<br />
entspricht der eines Bandscheibenvorfalls.<br />
� Der Liquor dient direkt in der Frühphase<br />
auch bei einer Gesichtslähmung<br />
nicht als diagnostischer Beweis.<br />
� Bei einem Carpaltunnelsyndrom, sulcus<br />
ulnaris Syndrom (Musikantenknochen)<br />
<strong>und</strong> Polyneuropathie muss bei zuvor<br />
erlittenem Zeckenstich die Möglichkeit<br />
einer <strong>Borreliose</strong> zwingend geprüft<br />
werden.<br />
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