Borreliose Wissen - BORRELIOSE und FSME BUND ...
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Deutsche <strong>Borreliose</strong> Gesellschaft<br />
Erkrankung der Sehnen<br />
<strong>und</strong> Bänder durch <strong>Borreliose</strong><br />
Während Gelenkentzündungen als mögliche Manifestation einer <strong>Borreliose</strong><br />
allgemeine Beachtung gef<strong>und</strong>en haben, wurde der Erkrankung des funktionellen<br />
Systems von Sehnen <strong>und</strong> Bändern bisher nur wenig Aufmerksamkeit<br />
geschenkt. Klinisch ist bei der Erkrankung dieser Strukturen durch eine <strong>Borreliose</strong><br />
auff ällig, dass sich Beschwerden manifestieren, ohne dass besondere<br />
Beanspruchungen oder Traumatisierungen von Sehnen <strong>und</strong> Bändern erfolgen<br />
müssen. Die Schädigungen entwickeln sich fast immer „idiopathisch“,<br />
d.h. bei alltäglichen Belastungen, die in keiner Beziehung zu der sich entwickelnden<br />
Intensität der Schädigung <strong>und</strong> der Beschwerden stehen.<br />
Zu unterscheiden sind Erkrankungen<br />
der Sehnen- <strong>und</strong> Bandansätze (Insertionsligamentopathien<br />
<strong>und</strong> Insertionstendotendopathien),<br />
wie sie beispielsweise<br />
als Tennisellenbogen beschrieben sind,<br />
aber auch an dem Zusammenlauf der<br />
Muskel Sartorius, Gracilis <strong>und</strong> Semitendinosus<br />
handbreit oberhalb des medialen<br />
Gelenkspalts des Kniegelenks gesehen<br />
werden (pes anserinus), Sehnenrupturen<br />
der Kreuzbänder <strong>und</strong> der Strecksehnen<br />
der Finger sowie von Achilles<strong>und</strong><br />
Quadrizepssehne, Wirbelluxationen<br />
in Folge Überdehnbarkeit des fi xierenden<br />
Bandapparats (Ligamenta interspinalia)<br />
bzw. Verlagerung des Atlas in Folge Überdehnung<br />
seines Halteapparats oder wegen<br />
Einrissen oder Ruptur der Ligamenta<br />
alaria, Karpaltunnelsyndrom sowie Verkalkung<br />
von Sehnenansätzen wie bei der<br />
Periathropathia humeroscapularis <strong>und</strong><br />
dem Ligamentum partellae. Auch Verkalkungen<br />
des Sehnenansatzes an der Ferse<br />
(Hagl<strong>und</strong>-Ferse) wurden gef<strong>und</strong>en.<br />
� Strukturen von Sehnen <strong>und</strong> Bändern<br />
Bei den Sehnen handelt es sich um Stützgewebe<br />
zur Verankerung des Skelettmuskels<br />
mit der Knochenhaut. Sie setzen sich<br />
aus Sehnenzellen, kollagenen <strong>und</strong> elastischen<br />
Fasern sowie der Interzellularsubstanz<br />
zusammen. Sehnenbündel verlaufen<br />
in kurzen Sehnen zu einander parallel.<br />
In langen Sehnen wickeln sie sich in steilen<br />
Schraubentouren umeinander. Sehnenfaserbündel<br />
erhöhen den Querzusammenhalt<br />
<strong>und</strong> die Abscherungsfestigkeit.<br />
Die Lagerung in feinen Wellen erlaubt<br />
eine etwa 4%ige Verlängerung der Sehne<br />
bei Beanspruchung. Hierbei kommt es<br />
zu einem gewissen Verlust der übertragenen<br />
Kraft. Es wird allerdings ein weicheres<br />
Anziehen der Muskeln ermöglicht<br />
<strong>und</strong> die Verletzungsgefahr verringert.<br />
Die Sehne entwickelt sich staffelförmig<br />
aus dem Muskel <strong>und</strong> setzt mit Sehnenfasern<br />
(Sharpey’sche Fasern) an der Knochenhaut<br />
(Periost) bzw. der Knorpelhaut<br />
(Perichondrium) an. Sehnen, die in Weichteile<br />
ausstrahlen, wie die der mimischen<br />
Muskulatur, der Haut- oder der Zungenmuskulatur,<br />
haben zahlreiche elastische<br />
Fasern, die pinselförmig in die Weichteile<br />
übergehen. Ansonsten überwiegt der Anteil<br />
kollagener Fasern.<br />
Bei den Bändern handelt es sich um<br />
zugfeste bindegewebige bandförmige<br />
Strukturen zur funktionell sinnvollen Einschränkung<br />
des Bewegungsumfangs. Ihre<br />
kollagenen Fasern sind nicht verzweigt.<br />
Sie erhöhen die Zugfestigkeit in der<br />
Längsrichtung, haben keine Dehnbarkeit,<br />
sind allerdings biegsam. Eine ges<strong>und</strong>e<br />
Sehne reißt erst bei einer Belastung von<br />
6 – 10 kg pro mm². Die elastischen Fasern<br />
haben verschiedene Dicke, sind scharf<br />
konturiert, verzweigen sich im Gegensatz<br />
zu den kollagenen Fasern <strong>und</strong> bilden<br />
Netze. Sie sind stabil gegen Säuren <strong>und</strong><br />
Alkalien <strong>und</strong> können an fi xierten Präparaten<br />
nur durch besondere Färbung<br />
(Orcein <strong>und</strong> Resorcinfuchsin) sichtbar<br />
gemacht werden. Sie setzen Dehnung nur<br />
einen geringen Widerstand entgegen <strong>und</strong><br />
gehen nach Beenden der dehnenden<br />
Kraft in die Ausgangsform zurück. Dehnung<br />
bis auf das 21⁄2fache ist reversibel.<br />
Als dritte Faserart können Gitterfasern<br />
unterschieden werden, die sich von<br />
den kollagenen Fasern insbesondere durch<br />
ihre Anfärbbarkeit mit Silber unterscheiden<br />
<strong>und</strong> deshalb auch argyrophile (Silber<br />
bindende) Fasern genannt werden. Sie<br />
sind optisch doppelbrechend (anisotrop)<br />
wie kollagene Fasern, in der Struktur<br />
meist sehr zart <strong>und</strong> kommen niemals in<br />
großen Mengen <strong>und</strong> dicken Bündeln vor.<br />
Man fi ndet sie an Grenzfl ächen des Binde-<br />
von Kurt E. Müller<br />
gewebes zu nicht bindegewebigen Bestandteilen,<br />
sie haben häutchenartige<br />
Ausprägung <strong>und</strong> umhüllende Aufgaben.<br />
Es ist allgemeiner Konsens, dass Gitterfasern<br />
in kollagene übergehen können.<br />
Von Bedeutung ist das Zusammenwirken<br />
von elastischen <strong>und</strong> kollagenen Fasern.<br />
Erstere raffen kollagene Fasern, wenn sie<br />
parallel geordnet sind. Wird das Bündel<br />
in der Längsrichtung gedehnt, wird die<br />
begleitende elastische Faser gespannt.<br />
Sobald die dehnende Kraft nachlässt, zieht<br />
die gespannt elastische Faser die Bündel<br />
wieder zusammen. Ihnen kommt bei der<br />
Rückführung der verschobenen kollagenen<br />
Systeme in die Mittellage eine wichtige<br />
Bedeutung zu. Sie verhindern zudem<br />
die Verknäuelung der Fasern.<br />
� Wechselwirkung der Borrelien mit<br />
Strukturen von Bändern <strong>und</strong> Sehnen<br />
Borrelien sind in der Lage, lösliche <strong>und</strong><br />
unlösliche Gr<strong>und</strong>substanz außerhalb von<br />
Zellen (extrazelluläre Matrix) abzubauen.<br />
Sie aktivieren Proteasen, verursachen die<br />
Aufl ösung von Kollagen <strong>und</strong> können sich<br />
in Mikrokolonien in Kollagenfasern ansiedeln.<br />
Sie hemmen die durch Fibronektin<br />
geförderte Regenerationsfähigkeit<br />
des Kollagens <strong>und</strong> verzögern dadurch<br />
Heilungsprozesse. Auch die Bindungen<br />
an Haftmoleküle (Adhäsine) wie Glukosaminglykan<br />
bindendes Protein, Decorin<br />
<strong>und</strong> Fibronektin bindendes Protein sind<br />
beschrieben. Durch Abbau von Laminin<br />
wird der Zell-Zell-Kontakt unterb<strong>und</strong>en.<br />
Die Borrelientoxine treten insbesondere<br />
mit dem Glucosaminglykan Hyaluronsäure<br />
in Wechselwirkung. Es handelt<br />
sich um ein saures, hochvisköses, stark<br />
wasserbindendes Mukopolysaccharid, das<br />
frei, verestert oder an Eiweiß geb<strong>und</strong>en<br />
in der Gr<strong>und</strong>substanz vorkommt. Es dient<br />
als Gleitsubstanz, reguliert die Wasserbindung<br />
<strong>und</strong> steuert Permeabilität <strong>und</strong><br />
Diffusion (Durchlässigkeit <strong>und</strong> Ausbreitung).<br />
Auch besitzt es die Aufgabe, dass<br />
Eindringen infektiöser Keime zu hemmen.<br />
Durch die Bindung von Toxinen<br />
der Borrelienoberfl äche mit Hyaluronsäure<br />
kommt es zu einer Senkung des<br />
pH-Werts, einer Inaktivierung der Prote-<br />
<strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong> Nr. 18