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Borreliose Wissen - BORRELIOSE und FSME BUND ...

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30<br />

Deutsche <strong>Borreliose</strong> Gesellschaft<br />

Erkrankung der Sehnen<br />

<strong>und</strong> Bänder durch <strong>Borreliose</strong><br />

Während Gelenkentzündungen als mögliche Manifestation einer <strong>Borreliose</strong><br />

allgemeine Beachtung gef<strong>und</strong>en haben, wurde der Erkrankung des funktionellen<br />

Systems von Sehnen <strong>und</strong> Bändern bisher nur wenig Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Klinisch ist bei der Erkrankung dieser Strukturen durch eine <strong>Borreliose</strong><br />

auff ällig, dass sich Beschwerden manifestieren, ohne dass besondere<br />

Beanspruchungen oder Traumatisierungen von Sehnen <strong>und</strong> Bändern erfolgen<br />

müssen. Die Schädigungen entwickeln sich fast immer „idiopathisch“,<br />

d.h. bei alltäglichen Belastungen, die in keiner Beziehung zu der sich entwickelnden<br />

Intensität der Schädigung <strong>und</strong> der Beschwerden stehen.<br />

Zu unterscheiden sind Erkrankungen<br />

der Sehnen- <strong>und</strong> Bandansätze (Insertionsligamentopathien<br />

<strong>und</strong> Insertionstendotendopathien),<br />

wie sie beispielsweise<br />

als Tennisellenbogen beschrieben sind,<br />

aber auch an dem Zusammenlauf der<br />

Muskel Sartorius, Gracilis <strong>und</strong> Semitendinosus<br />

handbreit oberhalb des medialen<br />

Gelenkspalts des Kniegelenks gesehen<br />

werden (pes anserinus), Sehnenrupturen<br />

der Kreuzbänder <strong>und</strong> der Strecksehnen<br />

der Finger sowie von Achilles<strong>und</strong><br />

Quadrizepssehne, Wirbelluxationen<br />

in Folge Überdehnbarkeit des fi xierenden<br />

Bandapparats (Ligamenta interspinalia)<br />

bzw. Verlagerung des Atlas in Folge Überdehnung<br />

seines Halteapparats oder wegen<br />

Einrissen oder Ruptur der Ligamenta<br />

alaria, Karpaltunnelsyndrom sowie Verkalkung<br />

von Sehnenansätzen wie bei der<br />

Periathropathia humeroscapularis <strong>und</strong><br />

dem Ligamentum partellae. Auch Verkalkungen<br />

des Sehnenansatzes an der Ferse<br />

(Hagl<strong>und</strong>-Ferse) wurden gef<strong>und</strong>en.<br />

� Strukturen von Sehnen <strong>und</strong> Bändern<br />

Bei den Sehnen handelt es sich um Stützgewebe<br />

zur Verankerung des Skelettmuskels<br />

mit der Knochenhaut. Sie setzen sich<br />

aus Sehnenzellen, kollagenen <strong>und</strong> elastischen<br />

Fasern sowie der Interzellularsubstanz<br />

zusammen. Sehnenbündel verlaufen<br />

in kurzen Sehnen zu einander parallel.<br />

In langen Sehnen wickeln sie sich in steilen<br />

Schraubentouren umeinander. Sehnenfaserbündel<br />

erhöhen den Querzusammenhalt<br />

<strong>und</strong> die Abscherungsfestigkeit.<br />

Die Lagerung in feinen Wellen erlaubt<br />

eine etwa 4%ige Verlängerung der Sehne<br />

bei Beanspruchung. Hierbei kommt es<br />

zu einem gewissen Verlust der übertragenen<br />

Kraft. Es wird allerdings ein weicheres<br />

Anziehen der Muskeln ermöglicht<br />

<strong>und</strong> die Verletzungsgefahr verringert.<br />

Die Sehne entwickelt sich staffelförmig<br />

aus dem Muskel <strong>und</strong> setzt mit Sehnenfasern<br />

(Sharpey’sche Fasern) an der Knochenhaut<br />

(Periost) bzw. der Knorpelhaut<br />

(Perichondrium) an. Sehnen, die in Weichteile<br />

ausstrahlen, wie die der mimischen<br />

Muskulatur, der Haut- oder der Zungenmuskulatur,<br />

haben zahlreiche elastische<br />

Fasern, die pinselförmig in die Weichteile<br />

übergehen. Ansonsten überwiegt der Anteil<br />

kollagener Fasern.<br />

Bei den Bändern handelt es sich um<br />

zugfeste bindegewebige bandförmige<br />

Strukturen zur funktionell sinnvollen Einschränkung<br />

des Bewegungsumfangs. Ihre<br />

kollagenen Fasern sind nicht verzweigt.<br />

Sie erhöhen die Zugfestigkeit in der<br />

Längsrichtung, haben keine Dehnbarkeit,<br />

sind allerdings biegsam. Eine ges<strong>und</strong>e<br />

Sehne reißt erst bei einer Belastung von<br />

6 – 10 kg pro mm². Die elastischen Fasern<br />

haben verschiedene Dicke, sind scharf<br />

konturiert, verzweigen sich im Gegensatz<br />

zu den kollagenen Fasern <strong>und</strong> bilden<br />

Netze. Sie sind stabil gegen Säuren <strong>und</strong><br />

Alkalien <strong>und</strong> können an fi xierten Präparaten<br />

nur durch besondere Färbung<br />

(Orcein <strong>und</strong> Resorcinfuchsin) sichtbar<br />

gemacht werden. Sie setzen Dehnung nur<br />

einen geringen Widerstand entgegen <strong>und</strong><br />

gehen nach Beenden der dehnenden<br />

Kraft in die Ausgangsform zurück. Dehnung<br />

bis auf das 21⁄2fache ist reversibel.<br />

Als dritte Faserart können Gitterfasern<br />

unterschieden werden, die sich von<br />

den kollagenen Fasern insbesondere durch<br />

ihre Anfärbbarkeit mit Silber unterscheiden<br />

<strong>und</strong> deshalb auch argyrophile (Silber<br />

bindende) Fasern genannt werden. Sie<br />

sind optisch doppelbrechend (anisotrop)<br />

wie kollagene Fasern, in der Struktur<br />

meist sehr zart <strong>und</strong> kommen niemals in<br />

großen Mengen <strong>und</strong> dicken Bündeln vor.<br />

Man fi ndet sie an Grenzfl ächen des Binde-<br />

von Kurt E. Müller<br />

gewebes zu nicht bindegewebigen Bestandteilen,<br />

sie haben häutchenartige<br />

Ausprägung <strong>und</strong> umhüllende Aufgaben.<br />

Es ist allgemeiner Konsens, dass Gitterfasern<br />

in kollagene übergehen können.<br />

Von Bedeutung ist das Zusammenwirken<br />

von elastischen <strong>und</strong> kollagenen Fasern.<br />

Erstere raffen kollagene Fasern, wenn sie<br />

parallel geordnet sind. Wird das Bündel<br />

in der Längsrichtung gedehnt, wird die<br />

begleitende elastische Faser gespannt.<br />

Sobald die dehnende Kraft nachlässt, zieht<br />

die gespannt elastische Faser die Bündel<br />

wieder zusammen. Ihnen kommt bei der<br />

Rückführung der verschobenen kollagenen<br />

Systeme in die Mittellage eine wichtige<br />

Bedeutung zu. Sie verhindern zudem<br />

die Verknäuelung der Fasern.<br />

� Wechselwirkung der Borrelien mit<br />

Strukturen von Bändern <strong>und</strong> Sehnen<br />

Borrelien sind in der Lage, lösliche <strong>und</strong><br />

unlösliche Gr<strong>und</strong>substanz außerhalb von<br />

Zellen (extrazelluläre Matrix) abzubauen.<br />

Sie aktivieren Proteasen, verursachen die<br />

Aufl ösung von Kollagen <strong>und</strong> können sich<br />

in Mikrokolonien in Kollagenfasern ansiedeln.<br />

Sie hemmen die durch Fibronektin<br />

geförderte Regenerationsfähigkeit<br />

des Kollagens <strong>und</strong> verzögern dadurch<br />

Heilungsprozesse. Auch die Bindungen<br />

an Haftmoleküle (Adhäsine) wie Glukosaminglykan<br />

bindendes Protein, Decorin<br />

<strong>und</strong> Fibronektin bindendes Protein sind<br />

beschrieben. Durch Abbau von Laminin<br />

wird der Zell-Zell-Kontakt unterb<strong>und</strong>en.<br />

Die Borrelientoxine treten insbesondere<br />

mit dem Glucosaminglykan Hyaluronsäure<br />

in Wechselwirkung. Es handelt<br />

sich um ein saures, hochvisköses, stark<br />

wasserbindendes Mukopolysaccharid, das<br />

frei, verestert oder an Eiweiß geb<strong>und</strong>en<br />

in der Gr<strong>und</strong>substanz vorkommt. Es dient<br />

als Gleitsubstanz, reguliert die Wasserbindung<br />

<strong>und</strong> steuert Permeabilität <strong>und</strong><br />

Diffusion (Durchlässigkeit <strong>und</strong> Ausbreitung).<br />

Auch besitzt es die Aufgabe, dass<br />

Eindringen infektiöser Keime zu hemmen.<br />

Durch die Bindung von Toxinen<br />

der Borrelienoberfl äche mit Hyaluronsäure<br />

kommt es zu einer Senkung des<br />

pH-Werts, einer Inaktivierung der Prote-<br />

<strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong> Nr. 18

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