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Borreliose Wissen - BORRELIOSE und FSME BUND ...

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4 Labor + Diagnostik<br />

Zur Liquoruntersuchung<br />

bei Verdacht auf Neuroborreliose<br />

Der Liquor (Hirn- bzw. Rüchenmarksfl üssigkeit) füllt den Raum zwischen<br />

der äusseren <strong>und</strong> inneren Hirnhaut (Subarachniodal bzw. Subduralraum)<br />

<strong>und</strong> umspült Gehirn <strong>und</strong> Rückenmark, Der Liquor wird von den Plexus chorideus<br />

der Hirnventrikel sezerniert (ausgeschieden) <strong>und</strong> im Lumbalsack resorbiert<br />

(aufgenommen). Pro St<strong>und</strong>e werden ca. 14% des Liquorvolumens<br />

neu gebildet <strong>und</strong> resorbiert. Ein Liquorbef<strong>und</strong> widerspiegelt damit gut die<br />

aktuelle Situation. Für wasserlösliche Moleküle besteht eine Schranke zwischen<br />

Blut, Hirn/Rückenmark <strong>und</strong> Liquor. Die Schrankendichte steigt mit<br />

dem Molekulargewicht an. Das Liquoreiweiß besteht deshalb überwiegend<br />

aus niedermolekularen Serumproteinen. Immunglobuline (IgG >> IgM) sind<br />

dagegen im normalen Liquor nur in Spuren vorhanden.<br />

Schrankenstörungen mit Anstieg der<br />

Konzentration des Liquoreiweißes treten<br />

besonders bei entzündlichen Prozessen<br />

verschiedener Genese (infektiologisch,<br />

autoimmunologisch, degenerativ,<br />

tumorbedingt) auf, falls sich diese in der<br />

Nachbarschaft des Liquorraumes abspielen.<br />

Die Schrankenstörung wird mit einem<br />

erhöhten Serum-Liquor-Quotienten<br />

für Albumin oder Gesamtprotein quantitativ<br />

bestimmt.<br />

Lymphozyten <strong>und</strong> Monozyten können<br />

die Blut-Liquor-Schranke auch bei Ges<strong>und</strong>en<br />

aktiv überwinden (Normwert:<br />

bis 5 Zellen / µl Liquor). Bei eitrigen Meningitiden<br />

werden besonders hohe Zahlen<br />

von Granulozyten (trüber Liquor),<br />

bei akuten Virusmeningitiden dagegen<br />

vermehrt Monozyten <strong>und</strong> Lymphozyten<br />

(Pleozytose) im Liquor gef<strong>und</strong>en.<br />

Entzündungen des Nervensystems durch<br />

Erreger mit relativ geringer Vermehrungsfrequenz<br />

wie z.B. Mykobakterien,<br />

Treponemen <strong>und</strong> auch Borrelien bewirken<br />

überwiegend eine moderate Pleozytose,<br />

besonders dann, wenn die entsprechenden<br />

Infektionsherde sich nicht in<br />

den Meningen, sondern im Liquor-nahen<br />

Gewebe befi nden. Bei persistierenden<br />

Infektionen mit diesen Erregern sind<br />

Schrankenstörungen <strong>und</strong> Erhöhungen<br />

der Zellzahlen nicht mehr obligat zu erwarten,<br />

sondern nur dann vorhanden,<br />

wenn dem Liquorraum benachbarte Regionen<br />

betroffen sind.<br />

Empfehlungen zur situationsgerechten<br />

Labordiagnostik der <strong>Borreliose</strong><br />

siehe <strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong> Nr. 17<br />

Immunreaktionen gegen im ZNS befindliche<br />

Erreger entwickeln sich weitgehend<br />

unabhängig vom Immunsystem<br />

des übrigen Organismus, da das zentrale<br />

Nervensystem über keine Lymphgefäße<br />

verfügt, die eine Voraussetzung für eine<br />

systemische Disseminierung der Immunantwort<br />

sind. Lymphozyten können<br />

zwar aus der Blutbahn aktiv in das Nervengewebe<br />

bzw. den Liquorraum übertreten<br />

<strong>und</strong> hier eine intrathekale Synthese<br />

erregerspezifi scher Antikörper entwickeln,<br />

sind aber nicht in der Lage, dieses<br />

Kompartiment wieder zu verlassen.<br />

D.h., die Immunreaktionen im ZNS <strong>und</strong><br />

im übrigen Organismus sind weitgehend<br />

voneinander getrennt ablaufende Prozesse.<br />

Daraus ergeben sich auch für die<br />

<strong>Borreliose</strong> einige Konsequenzen, die bei<br />

der Bewertung von Liquorbef<strong>und</strong>en zu<br />

beachten sind:<br />

� 1. Bei einer frühen Dissemination der<br />

Borrelien ist es möglich, dass im Liquor<br />

bereits borrelienspezifi sche Antikörper<br />

nachweisbar sind <strong>und</strong> im Serum<br />

solche Antikörper noch fehlen.<br />

� 2. Bei Vergleich der Westernblotprofi le<br />

von Serum <strong>und</strong> Liquor sind nicht selten<br />

verschiedene Spektren borrelienspezifi<br />

scher Antikörper zu fi nden.<br />

� 3. Die erregerspezifische Immunantwort<br />

im zentralen Nervensystem hat<br />

eine eigene Latenzzeit. Während der<br />

ersten Tage <strong>und</strong> Wochen nach dem<br />

Eintritt der Erreger in das ZNS besteht<br />

bereits eine mehr oder weniger deutliche<br />

klinisch- neurologische Symptomatik,<br />

bis zum Auftreten intrathekal<br />

gebildeter borrelienspezifi scher Anti-<br />

von Rüdiger von Baehr<br />

körper können aber noch Wochen vergehen.<br />

Besonders während dieser Latenzzeit<br />

besteht jedoch die Chance,<br />

den Erreger mittels PCR oder Kultur<br />

nachzuweisen. Eine andere Möglichkeit<br />

zum Füllen dieses diagnostischen<br />

Fensters deutet sich nach den Arbeiten<br />

von Rupprecht <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

(2005) mit dem Nachweis des Zytokins<br />

CXCL13 (chemotaktischer Faktor<br />

für B-Lymphozyten) im Liquor an.<br />

� 4. Für den Nachweis einer intrathekalen<br />

Antikörperbildung ist es notwendig,<br />

eine zeitgleich entnommene Blutprobe<br />

parallel zum Liquor zu untersuchen<br />

<strong>und</strong> einen Blut-Liquorquotienten<br />

für borrelienspezifi sche Antikörper<br />

zu bestimmen, da besonders<br />

bei einer gleichzeitig bestehenden<br />

Schrankenstörung Serumantikörper in<br />

den Liquor übertreten können.<br />

� 5. Die intrathekale Antikörperbildung<br />

kann auch nach einer erfolgreicher<br />

Behandlung der Infektion noch für längere<br />

Zeit anhalten. Ähnlich der „Seronarbe“<br />

muss auch mit einer „Liquornarbe“<br />

besonders dann gerechnet<br />

werden, wenn nicht gleichzeitig eine<br />

Pleozytose besteht.<br />

Die Liquoruntersuchung bei Verdacht<br />

auf Neuroborreliose umfasst folgende<br />

Parameter:<br />

� Makroskopische Beurteilung<br />

(trüb oder klar, Färbung)<br />

� Zellzahl<br />

� Zelldiff erenzierung<br />

nach Anreicherung <strong>und</strong> Färbung<br />

Proteinkonzentration<br />

� Quantitative immunchemische<br />

Albuminbestimmung zur Ermittlung<br />

des Serum-Liquor-Albumin-Index<br />

� IgM- <strong>und</strong> IgG- Antikörper gegen<br />

Borrelien in Serum <strong>und</strong> Liquor<br />

(Bestimmung des Serum-Liquor-<br />

Antikörper-Index)<br />

� Westernblot für IgG-/IgM-Antikörper<br />

gegen Borrelien<br />

� ggf. Borrelien-PCR bzw. kultureller<br />

Nachweis<br />

<strong>Borreliose</strong> <strong>Wissen</strong> Nr. 18

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