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NACHWUCHS<br />

das Kataster gelehrt. Angefangen beim<br />

Steu erkataster über das Kataster zur Siche -<br />

rung des Eigentums bis zum Mehrzweckkataster.<br />

Die geschichtliche Entwicklung<br />

der Nachweise und Katasterakten sowie die<br />

der Messverfahren mit deren Ge nau ig keiten<br />

sind Inhalte dieses Ausbildungsabschnittes.<br />

Die ent spre chenden Verwaltungs vor schrif -<br />

ten, Gesetze und Arbeitsanwei sungen ge -<br />

ben den Rahmen einer Liegenschaftsvermessung vor.<br />

Neben den theoretischen Grundlagen bekommt der Referendar<br />

Einblicke in die praktische Umsetzung. Zunächst ist eine etwa<br />

sechswöchige Außendienstzeit Bestandteil des Ausbildungs ab -<br />

schnittes Liegenschaftskataster. Inhalte dieses Außendienstes<br />

sind u. a. die Durchführung von Ge bäu de einmes sun gen, von<br />

Grenzanzeigen und -feststellungen sowie z. B. die Umrings -<br />

vermessung für ein Flurbereinigungsverfah ren. Die im Felde re -<br />

gi strierten Daten konnten im Innendienst selbstständig in die<br />

ALK digitalisiert und Fortführungsrisse ge zeich net werden.<br />

Die durchzuführenden Aufgaben im Liegenschaftskataster sind<br />

sehr vielschichtig und immer eine neue Herausforderung für<br />

den Berufseinsteiger.<br />

Leider war es im Rahmen der Ausbildung (des Autors) nicht<br />

mög lich, eine Vermessung völlig selbstständig durchzuführen.<br />

Der Lernerfolg wäre dabei jedoch wesentlich größer gewesen,<br />

da die tatsächlichen Tücken im Arbeitsprozess erkannt sowie<br />

Erfahrungen zu deren Bewältigung gesammelt werden können.<br />

Auch um eine Vermessung qualitativ beurteilen zu können, egal<br />

ob in der Verwaltung oder als Selbstständiger, ist es wich tig,<br />

diese Vermessungsarbeiten auch selbst bzw. eigenständig unter<br />

Aufsicht durchgeführt zu haben. Unter anderem ließe sich so<br />

der zeitliche Umfang solcher Aufgaben besser abschätzen.<br />

Neben dem technischen und rechtlichen Wissen über die Lie -<br />

gen schaftsvermessung werden im Referendariat theoretische<br />

Modelle der Mitarbeiterführung vermittelt. Personal richtig ein -<br />

zusetzen und zu motivieren sowie erfolgreich leiten und lenken<br />

zu können ist jedoch nicht nur eine Aufgabe in der Verwaltung,<br />

sondern auch eine der Kernaufgaben des Freiberuflers.<br />

Die Bearbeitung dieses Themas kann, anders als die Liegenschafts -<br />

vermessungen, im Rahmen des Referendariats nur theo retisch<br />

erfolgen: So wurde z. B. theoretisch besprochen, wie ein Mit -<br />

arbeiter-Vorgesetzten-Gespräch abläuft und welchen Zweck es<br />

hat. Darüber hinaus waren u. a. die Mitarbeiterbeurteilungen<br />

und der Umgang unter und mit den Arbeitskollegen Thema. Leider,<br />

vielleicht der Sache geschuldet, fehlt es in der Ausbildung<br />

an der praktischen Umsetzung. Der Referendar kennt die Inhalte<br />

und Rahmenbedingungen; wie diese in die Realität über-<br />

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tragen werden, darin erhält er keinen Einblick. Ebenso fehlt in<br />

der Ausbildung der Aspekt, die gelehrten Füh rungs methoden<br />

auf kleine Büros herunterzubrechen. Momentaner Kenntnisstand:<br />

Hier handeln die Angestellten nach direkter Anweisung<br />

des Geschäftsführers.<br />

Die theoretischen »Lenken-und-Leiten-Modelle« angemessen<br />

in die Praxis eines selbstgeführten ÖbVI-Büros umzusetzen ist<br />

für den Referendar als Herausforderung anzusehen, der er sich<br />

erst im laufendem Geschäftsbetrieb stellen kann. Hierbei lernt<br />

er (möglicherweise schmerzhaft) aus den Erfahrungen, die er<br />

sammeln wird.<br />

Weitere Inhalte dieses Ausbildungsabschnittes sind Haftungsfragen<br />

oder Vorgaben der Arbeitssicherheit.<br />

Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass sich die Ausbildungsinhalte<br />

des Referendariats größtenteils auf Aufgabenbereiche<br />

in der Verwaltung ausrichten. Das mag vom Ansatz<br />

her logisch sein, da aber auch der zukünftige ÖbVI ausgebildet<br />

wird, sollte man diesem Gesichtspunkt Beachtung schenken.<br />

Allerdings überschneiden sich fachlich und rechtlich die Themen<br />

der Verwaltung und des beliehenen Selbstständigen in<br />

weiten Teilen, so dass sich während der Referendariatsausbildung<br />

auch Einblicke in Aufgabenfelder und Arbeiten der ÖbVI<br />

ergeben. Weitere Themenfelder, wie Kontaktpflege zur Kommune,<br />

zu Bauunternehmen und Architekten, die der Auftragsbeschaffung<br />

dienen, werden sich erst nach dem Referendariat<br />

in der praktischen Umsetzung in einem ÖbVI-Büro erschließen.<br />

Dazu gehören selbstverständlich auch betriebswirtschaftliche<br />

Kenntnisse, die Grundlage für ein erfolgreiches Unternehmen<br />

sind. Diese Themenfelder sind nicht Inhalte des Referendariats.<br />

Der zukünftige ÖbVI ist darauf angewiesen, vertiefte Kenntnisse<br />

hierüber beispielsweise während des Anerkennungsjahres in<br />

einem bereits bestehenden ÖbVI-Büro zu erlangen. Das betrifft<br />

ebenso das selbstständige und eigenverantwortliche Planen und<br />

Durchführen von Messungen sowie dessen Auswertung. Emp -<br />

feh lenswert wäre, dass der Ausbildungsabschnitt Lie gen schafts -<br />

kataster in Kooperation mit einem ÖbVI absolviert werden kann.<br />

Denkbar wäre eine Aufteilung des Abschnittes, so dass der Re -<br />

ferendar Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise der Seiten des<br />

ÖbVI und des Katasteramtes erhält.<br />

Die trotz allem sehr gute und wichtige Ausbildung im Refe ren -<br />

dariat könnte so noch um einige Punkte wertvoller werden.<br />

Dipl.-Ing. Christoph Richard<br />

Geodäsiestudium an der Leibniz Universität Hannover 2003–2008<br />

Zurzeit Referendar in Niedersachsen mit Stationen in<br />

Osnabrück, Hannover, Braunschweig und Oldenburg<br />

E-Mail christoph_richard@web.de<br />

Glauben oder Wissen?<br />

AUFGABE EINES ÖFFENTLICH BESTELLTEN<br />

VERMESSUNGSINGENIEURS?<br />

FORUM GLOSSAR<br />

Dass die Kirchen in Deutschland einen gewissen Teil der Erdoberfläche im Grundeigentum haben, ist<br />

bekannt. Demzufolge hat der ÖbVI des Öfteren mit diesem Rechtssubjekt zu tun. Im Grenz termin insbesondere<br />

kommen sich beide (hoffentlich) als natürliche Personen sehr nahe, denn der ÖbVI muss<br />

prüfen, ob diese Person rechtsverbindliche Erklärungen für den Eigentümer abgeben darf.<br />

Zuvor steht die Arbeit an, den kirchlichen Grundeigentümer als solchen richtig zu laden. Das ALB gibt viele Mög lich -<br />

keiten her: Pfarre, Kirche, (evangelische/katholische) Kirchengemeinde, kirchliches Verwaltungsamt, Kirchen kreis –<br />

zum Teil ohne Gemeindename und/oder Adresse. Viele Organisationsformen der Kirchen haben Internetauftritte, so<br />

dass sich hierüber wichtige Fragen schnell klären lassen. Probleme verbleiben bei mittlerweile erfolg ten Gebiets -<br />

zusammenschlüssen, ausgelagerten Verwaltungseinheiten oder unbekannten hierarchischen Ver antwortungen.<br />

Der ÖbVI ist sich bewusst, für die Eigentümersuche immer Zeit einzuplanen. Sagt der Ermessensspielraum ihm vielleicht<br />

auch, kirchliche Grundordnungen oder Verfassungen zu studieren? Das gesprochene Wort am Telefon hilft selbst -<br />

verständlich weiter gehend, Unwissen zu minimieren.<br />

Es kommt also der Tag, an dem der ÖbVI sich im Felde als Beurkundender den Erkärungen einer Kirchenperson oder<br />

seines Vertreters zu stellen hat. Essenziell daran ist bei allem Respekt: Woher weiß ich, ob diese Person der Pfarrer bzw.<br />

der rechtmäßige Vertreter ist? Da der ÖbVI als Vermittler über jede Menge Selbstreflexion verfügt, begibt er sich in die<br />

Rolle seines Gegenübers und fragt sich: Woher soll ich wissen, ob der Beurkundende ein ÖbVI und kein Scharlatan ist?<br />

Der ÖbVI hat keinen Dienstausweis, er kann nur mit Indizien dienen: Siegel, Fahrzeug mit Aufschrift, Akte mit Kataster -<br />

unterlagen, Sondergenehmigung laut StVO, Verweis auf Aufsichtsbehörde und Liste im Internet, Bestellungsurkunde<br />

sowie als Nachweis der natürlichen Person auch der Personalausweis. Und er betreibt mit seinem speziellen Wissen<br />

(hier: individuelles) Vertrauensmarketing. Ähnliches hat dieser spezielle Beteiligte bestimmt auch zu bieten.<br />

Muss die Person der Kirche überhaupt Indizien ihrer Identität kommunizieren, betreibt sie nicht Vertrauens mar ke ting<br />

als Beruf(ung)? Ist es vielleicht sogar im höchsten Maße ehrabschneidend, dem Geistlichen zu suggerieren, mit ihm<br />

könnte etwas nicht in Ordnung sein? Ist es andersherum nicht aber auch so, dass der zornige ÖbVI bei ihm immer mit<br />

Wohlwollen und Verständnis zu rechnen hat? Würden wir nicht auch – wieder weitergedacht – jeden Streit zwischen<br />

den Beteiligten mit vertrauensvollen Worten schlichten?<br />

Sind wir den Notaren wirklich näher als den Geistlichen?<br />

Ich glaube, ich weiß es nicht!<br />

Neulich hatte ich endlich die Person des kirchlichen Verwaltungsamtes einer größeren Gemeinde am Apparat,<br />

der ich direkt die Einladung zum Grenztermin zustellen konnte. Sie erklärte mir aber gleich, dass als<br />

Beteiligter in der Rolle als Grenznachbar keiner erscheinen werde. – Ein zweiter ÖbVI führte zeit gleich auf<br />

dem gleichen (größeren) Grundstück auch eine Teilungsvermessung an anderer Stelle mit dem gleichen<br />

Grenznachbarn durch und ich beschloss, den Grenztermin wegen eines anderen Betei ligten zeitgleich<br />

ab zuhalten. Wochen später telefonierte ich mit dem ÖbVI zwecks Abgleich der Vermes -<br />

sungsschriften und erfuhr, dass bei ihm eine Person von der Kirche anwesend war.<br />

Und da dachte ich mir, irgend wann kriege ich sie.<br />

Martin Ullner | FORUM-Redaktion<br />

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