JOURNAL 2015-06
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EDITORIAL<br />
Klartext<br />
Von Oliver Müller<br />
Die Situation ist dramatisch. Auftragseingänge<br />
gehen zurück, die Margen sinken<br />
unaufhörlich und der Schweizer Franken<br />
macht überhaupt keine Anstalten, schwächer<br />
zu werden. Im Gegenteil. Natürlich<br />
sind nicht alle KMU in der MEM-Branche<br />
im gleichen Ausmass betroffen. Doch ein<br />
Grossteil unserer Mitglieder musste Massnahmen<br />
einleiten. Es führen viele Wege<br />
nach Rom – jedes Unternehmen muss<br />
die eigene Situation betrachten und die<br />
Klaviatur der Massnahmen bedienen, um<br />
Arbeitsplätze und grundsätzlich die Zukunft<br />
der Unternehmung zu sichern. Die<br />
MEM-Branche wird weiterbestehen, so<br />
viel steht fest. Doch wie wird sie aussehen<br />
und was passiert, wenn die Abwanderung<br />
von Arbeit und Knowhow im gleichen<br />
Masse anhält wie dies aktuell geschieht?<br />
Antworten werden wir ab dem zweiten<br />
Halbjahr bekommen, dann, wenn die<br />
Auswirkungen des Franken-Schocks voll<br />
durchschlagen. Betroffen sind viele, stark<br />
trifft es vor allem jene in den Grenzkantonen.<br />
Es ist Zeit, gegenüber der Politik,<br />
gegenüber jenen, die die Situation schön<br />
reden sowie gegenüber der Bevölkerung<br />
Klartext zu sprechen. Geht es so weiter,<br />
wird nicht nur die MEM-Branche massiv<br />
Federn lassen. Auch andere Branchen und<br />
Wirtschaftszweige sind betroffen. Die<br />
KMU in der MEM-Branche befinden sich<br />
leider mitten im Epizentrum des Franken-Bebens,<br />
das macht die Ausgangslage<br />
äusserst ungemütlich, teils dramatisch.<br />
Unsere Unternehmen konnten vor der<br />
Finanzkrise 2008 in normalem Tempo<br />
voranschreiten. Es folgte während der<br />
Krise der Wechsel zum Modus «Laufen».<br />
Mit der erneuten starken Aufwertung des<br />
Frankens folgte der Modus «Rennen»<br />
und seit dem 15. Januar <strong>2015</strong> befinden<br />
wir uns im «Sprint». Jeder, der selber<br />
schon mal einen Springt hingelegt hat,<br />
weiss, dass die Luft nur für eine kurze<br />
Dauer reicht. Kurzarbeit, Verlängerung<br />
der Wochenarbeitszeit, ein Abbau von<br />
einzelnen Stellen – es sind Massnahmen<br />
für eine Sprint-Phase. Wir brauchen Aufträge<br />
und einen Frankenkurs, der es uns<br />
erlaubt, wettbewerbsfähig zu bleiben. Es<br />
gibt Meldungen von Unternehmen, deren<br />
Kunden aus dem EU-Raum schon gar<br />
nicht mehr anrufen, weil sie sowieso davon<br />
ausgehen, dass der Schweizer Anbieter<br />
preislich nicht mehr mithalten kann.<br />
Und wir sind noch lange nicht am Ende,<br />
denn die dunklen Wolken am MEM-Himmel<br />
könnten sich in ein gewaltiges Gewitter<br />
verwandeln. Entscheidend ist dabei<br />
nicht nur der Schweizer Franken, sondern<br />
die Entwicklung des Euros. Was passiert<br />
mit Griechenland? – in dieser Fragestellung<br />
liegt eine grosse Weichenstellung.<br />
Der Franken kann gegenüber dem Euro<br />
je nach Entwicklung in dieser Frage beide<br />
Richtung nehmen: er kann sich erholen,<br />
aber genauso unter Parität fallen. Nicht<br />
auszudenken, was dann geschieht.<br />
Wir sprechen Klartext. Das tun wir seit<br />
dem 15. Januar noch intensiver. Nun ist<br />
die Zeit gekommen, die Schraube weiter<br />
anzuziehen. Dabei sind wir auf die Unterstützung<br />
aller betroffenen Unternehmen<br />
angewiesen, aber auch auf jene, denen es<br />
besser geht. Sie müssen Verständnis zeigen,<br />
dass wir die Dramatik unserer Worte<br />
weiter verschärfen, denn das alles dient<br />
der Sicherung der MEM-Branche. Es geht<br />
um viel. Nicht wenigen Unternehmern ist<br />
die Lust bereits vergangen, sie befinden<br />
sich schon zu lange im «Sprint-Modus».<br />
Neulich an einer Podiumsdiskussion mit<br />
Swissmechanic-Unternehmern lautete<br />
die Frage des Moderators: «Macht der<br />
Alltag eigentlich noch Spass?». «Nein»,<br />
war die einhellige Antwort. Zu viel Platz<br />
nimmt derzeit das Krisenmanagement im<br />
Tagesablauf ein und zu wenig Zeit bleibt<br />
für Produktion, Forschung, Kreativität,<br />
Motivation oder Akquisition. Um dies<br />
zu ändern, sind alle Beteiligten gefragt.<br />
Swissmechanic geht voran und spricht<br />
Klartext. Viel Erfolg und besten Dank für<br />
die Unterstützung!<br />
Oliver Müller<br />
Direktor Swissmechanic Schweiz<br />
4 SWISSMECHANIC 5/<strong>2015</strong>