12Völlig vonder RolleSEBASTIAN LINDA HAT ALSSKATEBOARD-FILMER DIEWELT BEREIST, DREHT NUNABER AUCH GERN VORSEINER DRESDNER HAUSTÜRSein Talent, perfekt inszenierte Nahaufnahmen undZeitlupen mit dokumentarischen Szenen abzuwechseln,schätzen inzwischen auch internationale Auftraggeber,wie das Portfolio auf Sebastian Lindas Homepage zeigt.www.sebastian-linda.deSACHSEN
Hinterher! WennLinda auf dem Brettsteht und seineProtagonisten mitder Kamera verfolgt(wie hier links amElbe radweg), siehtdas lässig, spontanaus. Der 31-Jährigehat jedoch fast je<strong>des</strong>Detail vorbereitet:„Oft achte ich beimDrehen auf fünfPunkte gleichzeitig.“Ein Mann, ein Brett, vier Rollen,eine Kamera: Sebastian Linda* hatmit seinen Clips bereits Preisegewonnen. Auf dem Bild links steht eram Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.Kurze Drehpause – dann geht’s weiter.* freut sich auf das Dresdner TheaterundMusikfestival www.schaubudensommer.deDie Offenheit der <strong>Sachsen</strong> war es, die den MenschenSebastian Linda erstaunte: „Kaum hatteich jemanden kennengelernt, war ich auch schoneingeladen: in die Privatwohnung, zum Aben<strong>des</strong>sen.“Den Filmemacher Linda hingegen faszinierte etwasanderes: „Diese Unfertigkeit der Stadt, die vielenMöglichkeiten, Urbanität neu zu gestalten – dasfinde ich irre spannend.“ Also entschied er sich,in Dresden zu bleiben, als er nach längerem Aufenthaltin Asien auf der Suche nach einem neuenLebensmittelpunkt durch Deutschland reiste.Als Linda zwölf Jahre alt war und noch in Darmstadtwohnte, borgte er sich die Videokamera <strong>des</strong>Vaters, um die Tricks festzuhalten, die er beimSkateboarden gelernt hatte. Heute ist Linda 31 Jahrealt, das Skaten ist noch immer seine Leidenschaftund macht nach wie vor einen guten Teil seinerfilmerischen Arbeit aus: Linda verabredet sich mitein paar Kumpels am Elberadweg oder am Trinitatisplatzin Dresden-Johannstadt und lässt die Kameramitlaufen. Seine Clips, die zum Teil hier entstandensind, werden im Netz rasant geteilt. Manche wurdenauch bereits ausgezeichnet. Mit „The Revenge ofthe Beasts“ etwa gewann er 2014 den renommiertenDeutschen Webvideo-Preis. Die Bildsprache, dieLinda sich angeeignet hat, ist ziemlich eigen: AuthentischeSzenen im Doku-Stil wechseln sich ab mitinszenierten Ultra-Zeitlupen, bei denen die Kamerapositionbis auf den Millimeter perfektioniert ist,sodass jeder Sonnenstrahl im vorberechneten Winkelauf das Objektiv trifft. „Die Gegensätze, aber auchdie Übergänge zwischen Epik und Realismus auszuloten– das treibt mich an.“Bis heute filmt Linda viele seiner Aufnahmenvom Skateboard aus, „weil einem das einfach genialeMöglichkeiten bei der Kameraführung eröffnet“.Aber längst schon filmt er viel mehr als nur Skateboarder:Internationale Agenturen wurden aufseine Webvideos aufmerksam und buchen ihn inzwischengern für Werbeclips und Musikvideos,außerdem hat er zwei Dokumentarfilme gedreht –einen davon gerade in Sri Lanka, der „eine neueBetrachtung unserer Zeit auf Erden“ bieten soll.<strong>Das</strong> Reisen ist Sebastian Linda noch immer sehrwichtig: „Um auf neue Ideen zu kommen und michvisuell weiterzuentwickeln, muss ich einfach ab undzu mal raus.“ Inzwischen muss es aber nicht immergleich Asien sein: Im vergangenen Jahr hat Linda vorallem seine nähere Umgebung neu entdeckt –„Travel Where You Live“ heißt der Film, der bei dieserReise durch <strong>Sachsen</strong> entstanden ist. Linda plant, inDresden zu bleiben. „Ich möchte das ganze lokaleKnow-how nutzen und hier etwas aufbauen“, erzählter. Deshalb sei er auch gerade umgezogen, ineine größere Wohnung in der Dresdner Neustadt,mit viel Platz, um dort mit all den Leuten zusammenarbeitenzu können, die bei seinen Filmen undProjekten mitmachen. Und sicher auch, um sie abund zu bei sich zum Aben<strong>des</strong>sen einzuladen.13Fotos: Erik Gross, Robert MichaelSommer <strong>2015</strong>