Leidenschaft
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 03/2013
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 03/2013
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Fotos © Christian Hlade<br />
Global vernetzt und doch geerdet<br />
Christian Hlade kennt die schönsten Ziele auf<br />
der ganzen Welt. Mehrmals im Jahr geht er<br />
für sein Unternehmen Weltweitwandern auf<br />
Reisen.<br />
Die Firma legt er derweil in die Hände seiner<br />
Angestellten. Weltweitwandern bietet nicht<br />
nur alternatives und sanftes Reisen, das Unternehmen<br />
wurde auch vielfach für seine Mitarbeiterfreundlichkeit<br />
ausgezeichnet.<br />
Auch in seine Partner vor Ort investiert Hlade<br />
viel: Sie erhalten in Österreich Sprachkurse,<br />
lernen das Land und seine Werte kennen. Er<br />
organisiert zudem Austauschbesuche, der<br />
marokkanische Partner reist etwa in ein tibetisches<br />
Kloster und umgekehrt.<br />
Für die 20 wichtigsten Partner veranstaltet<br />
Hlade eine Akademie zur Fortbildung und<br />
zum interkulturellen Austausch. Davon profi -<br />
tieren laut Hlade alle Seiten. „Das ist unser<br />
USP.“<br />
Welche Folgen sind hier zu erwarten?<br />
Europa ist nicht mehr die große Nummer<br />
als Reiseveranstalter. Dann haben<br />
sich Länder wie Burma in Richtung<br />
Demokratie geöffnet, innerhalb kurzer<br />
Zeit hat sich die Touristenzahl verdreifacht.<br />
Dort boomt es, der Bau von<br />
Infra struktur explodiert, es ist eine<br />
rapide, ungesteuerte Entwicklung zu<br />
befürchten. Was sicher gefährlich für<br />
Naturschutz oder Kulturbewahrung<br />
ist. Aber es gibt in Burma bereits einen<br />
starken Wunsch, die Entwicklung zu<br />
bremsen, weil die ersten negativen<br />
Auswirkungen durch explodierende<br />
Grundstückspreise an den Stränden<br />
zu sehen sind.<br />
STATT VIELER<br />
STÄDTEREISEN<br />
LIEBER AB UND ZU<br />
EINE GROSSE REISE<br />
Und im Bereich der Reisemobilität?<br />
Der weltweite Flugverkehr wird gewaltig<br />
steigen, man kann aber den neuen<br />
Reisenden die für sie erst seit Kurzem<br />
leistbar gewordenen Flüge nicht verbieten.<br />
Vor allem wir Europäer kommen<br />
da in einen schweren Argumentationsnotstand.<br />
Aber es muss Ziel sein,<br />
den weltweiten Flugverkehr einzudämmen,<br />
das geht meiner Ansicht nach<br />
nur über das Einschränken der Verfügbarkeit.<br />
Wir von Weltweitwandern<br />
empfehlen, nicht mehrere kurze<br />
Städte reisen pro Jahr zu machen, sondern<br />
eher Nahurlaub und dazu einige<br />
Male im Leben eine richtige Reise, die<br />
den Horizont erweitert. Doch auch wir<br />
sind in die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
eingebunden. Wir hatten<br />
eine Bulgarienreise mit Bus und Zug<br />
im Programm, die niemand gebucht<br />
hat. Letztlich sehe ich eine Lösung auf<br />
der internationalen politischen Ebene<br />
und in Form einer gewaltigen Verteuerung<br />
des Rohstoffes Erdöl. Gerade das<br />
Thema Flugreisen muss auf globaler<br />
Ebene gelöst werden, „Global Warming“<br />
betrifft uns alle.<br />
Was macht die Sehnsucht nach den<br />
„großen“ Reisezielen aus?<br />
Sie sind schön. Wenn sie in Filmen<br />
und Büchern gut beschrieben sind,<br />
schürt das die Sehnsucht. Etwa nach<br />
Tibet: Obwohl wir wissen, dass die<br />
Tibeter fürchterlich unterdrückt sind,<br />
wollen wir dort ein Paradies sehen –<br />
das wir zwischendurch immer wieder<br />
finden. Es ist der Wunsch nach diesen<br />
Augenblicken. Bei der Hitparade der<br />
Reue sind nicht gemachte Reisen auf<br />
Platz 2. Platz eins besetzt die Liebe.<br />
IN NEPAL LEBEN<br />
DIE MENSCHEN<br />
VIEL MEHR<br />
IM AUGENBLICK<br />
Was bremst die <strong>Leidenschaft</strong> in unserer<br />
Gesellschaft?<br />
Ich denke, das hängt mit Achtsamkeit<br />
zusammen. In Nepal leben die Menschen<br />
viel mehr im Augenblick. Sie<br />
sehen etwas, das ihnen gefällt und<br />
rennen dort hin. Bei uns gibt es so<br />
etwas nicht. Menschen haben mehr<br />
Sorgen, Probleme, beschäftigen sich<br />
mit Zukunftsprojekten und Vergangenheitsreue.<br />
Ein Geheimnis vom<br />
Reisen, etwa nach Indien, ist, dass<br />
man an die eigenen Probleme nicht<br />
mehr denkt, weil die Probleme vor<br />
dem Auge so schreiend sind. Wenn<br />
ich von einer solchen Reise zurückkomme,<br />
sehe ich daheim alles wieder<br />
neu und lebe mehr im Augenblick. <br />
<strong>Leidenschaft</strong><br />
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