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Programmheft - Münchner Stadtmuseum

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Horst Buchholz: Verführer und Rebell<br />

Horst Buchholz<br />

58<br />

Im Film der Bundesrepublik gab es in den 1950er Jahren<br />

die »netten Jungs von nebenan« wie Hardy Krüger,<br />

Gunnar Möller oder Adrian Hoven, aber Männer mit<br />

erotischer Ausstrahlung, mit der Aura körperlicher Ver -<br />

suchung, fehlten komplett. Nachwuchs, wenn es ihn<br />

überhaupt gab, sollte freundlich und anständig sein,<br />

aber keinesfalls erotische Konkurrenz zu den Alten bedeuten.<br />

1956 wehte vorübergehend ein frischer Wind durch<br />

das deutsche Kino. Der Berliner Produzent Wenzel<br />

Lüdecke drehte mit Newcomern wie Will Tremper<br />

(Drehbuch), Georg Tressler (Regie), Martin Böttcher<br />

(Musik), einer unbekannten Hauptdarstellerin (Karin<br />

Baal) und einem Jungstar DIE HALBSTARKEN. Der<br />

Jungstar war Horst Buchholz – in engen Lederhosen,<br />

mit hochgestelltem Kragen, schlank, sexy, maßlos und<br />

unverschämt. Buchholz als Freddy verbreitete ein Fieber<br />

der Unruhe, voller Verachtung für die bescheidenen<br />

Träume der Elterngeneration. Freddy wollte und konnte<br />

nicht warten; er nahm sich, was er wollte: Das Drehbuch<br />

straft ihn dafür mit Träumen vom kleinbürgerlichen<br />

Glück, für die er bitter büßen muss.<br />

Buchholz wurde im Dezember 1933 geboren; wie viele<br />

Kinder seines Jahrgangs war er weitgehend ohne Vater<br />

aufgewachsen, hatte Krieg, Bombennächte, Hunger<br />

und Kälte erlebt und früh gelernt, selbstständig zu sein.<br />

Ein eher zufälliges Engagement auf einer Operettenbühne<br />

brachte ihn zum Theater, zum Radio und ins<br />

Synchronstudio. Dort lernte er Wenzel Lüdecke kennen,<br />

seinen ersten Lebenspartner, Freund und Mentor. Der<br />

französische Regisseur Julien Duvivier engagierte ihn<br />

1954 für die deutsche Version des Film MARIANNE<br />

(1955); darin spielt er – noch in kurzen Hosen – einen<br />

Jungen aus Argentinien, der dem Rätsel einer fremden,<br />

auf einer Burg gefangenen Schönheit verfällt. In Helmut<br />

Käutners HIMMEL OHNE STERNE (1956) gelingt es<br />

ihm, in der Rolle des sowjetischen Soldaten Mischa das<br />

Klischeebild des »bösen Russen« aufzubrechen. Für<br />

die Darstellung erhielt Buchholz seinen ersten Bundesfilmpreis.<br />

Der Film selbst, von Käutner listig als<br />

»unpolitisch« deklariert, versank in der aufgeheizten<br />

Atmosphäre des Kalten Krieges. Auf keinen Fall wollte<br />

Buchholz, der nach dem Erfolg der HALBSTARKEN<br />

schon als deutscher James Dean bezeichnet wurde,<br />

TIGER BAY

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