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LeiKom-Handbuch Prozess - Instrumente zur Entwicklung von - IfG

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Nachhaltige und innovative Produktion<br />

<strong>von</strong> Leichtbau-Komponenten<br />

<strong>LeiKom</strong>-<strong>Handbuch</strong> <strong>Prozess</strong><br />

<strong>Instrumente</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong><br />

Gießereien zu<br />

nachhaltigen Produzenten<br />

Partner im Projekt <strong>LeiKom</strong>:<br />

Eisenwerk Brühl GmbH, Brühl<br />

H-Faktor GmbH, Dortmund<br />

IG Metall Vorstand–Zweigbüro Düsseldorf<br />

<strong>IfG</strong> Institut für Gießereitechnik gGmbH, vorher Verein Deutscher Giessereifachleute e.V., Düsseldorf<br />

NEMAK Wernigerode GmbH, ehemals Rautenbach Aluminium Technologie GmbH<br />

RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V., Kompetenzzentrum<br />

, Eschborn<br />

Februar 2010


Dieses Verbundvorhaben wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung<br />

und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „Forschung für<br />

nachhaltiges Wirtschaften“ gefördert.<br />

Die Projektpartner und alle Beteiligten danken dem BMBF und dem Projektträger<br />

im DLR „Umweltforschung und -technik“ für die große Unterstützung.<br />

2


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1 Nachhaltiges Wirtschaften in Gießereien und in anderen Zulieferbetrieben ....................7<br />

1.1 Nachhaltiges Wirtschaften und das Projekt Leikom .................................................7<br />

1.2 Zweck dieses Leikom-<strong>Handbuch</strong>s „<strong>Prozess</strong>“..........................................................10<br />

2 Bedienungsanleitung......................................................................................................16<br />

3 Erfolgsfaktoren ...............................................................................................................17<br />

4 Informationsbeschaffung ................................................................................................19<br />

5 Optimierung der Wertschöpfungskette in Gießereien ....................................................27<br />

6 Planung einer zukunftsorientierten Gießerei ..................................................................43<br />

6.1 Planung einer kompletten Gießerei ............................................................................43<br />

6.2 Planung eines Schmelzbetriebs in einer Metallgießerei.............................................50<br />

6. 3 Planung <strong>von</strong> Maßnahmen <strong>zur</strong> Luftreinhaltung in Gießereien .....................................60<br />

7 Hohe <strong>Prozess</strong>fähigkeit als Voraussetzung für gegossene Leichtbau-Komponenten .....66<br />

7.1 Die Beherrschung <strong>von</strong> Streuungen als wichtigste Aufgabe der Gießereitechnik .......66<br />

7.2 <strong>Prozess</strong>datenanalyse und <strong>Prozess</strong>stabilität ...............................................................70<br />

7.3 Ansätze für weitere <strong>Entwicklung</strong>sarbeiten <strong>zur</strong> <strong>Prozess</strong>stabilität und<br />

Qualitätssicherung..................................................................................................................75<br />

7.4 Kennzeichnung <strong>von</strong> Bauteilen ....................................................................................77<br />

7.5 Gussfehlerdiagnose für höhere <strong>Prozess</strong>fähigkeit.......................................................86<br />

8 Hohe Maßgenauigkeit als Voraussetzung für gegossene Leichtbau-Komponenten......91<br />

8.1 Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gussstücken ........................................................91<br />

8.2 Vermeidung <strong>von</strong> Maßabweichungen bei Kernen........................................................93<br />

8.3 Verzug und andere Deformationen <strong>von</strong> plattenförmigen Gussteilen..........................95<br />

8.4 Deformation dünnwandiger Gussteile beim Strahlen .................................................96<br />

9 Gefährdungsanalyse in Gießereien................................................................................99<br />

10 Analyse <strong>von</strong> Unfallursachen und Unfallvermeidung in Gießereien ..........................102<br />

11 Energieeffiziente Gussproduktion.............................................................................108<br />

12 <strong>Prozess</strong>integrierter Umweltschutz ...........................................................................116<br />

13 Instandhaltung in Gießereien ...................................................................................121<br />

14 Literaturverzeichnis ..................................................................................................133<br />

3


Verzeichnis der Abbildungen<br />

Abbildung 1-1: Nachhaltigkeit und Innovation ..........................................................................9<br />

Abbildung 1-2: Ablaufdiagramm zum Nachhaltigen Wirtschaften ..........................................15<br />

Abbildung 4-1: Startseite der Datenbank VDGLIT www.vdglit.com .......................................21<br />

Abbildung 4-2: Suchmaske mit Suchfeldern ..........................................................................22<br />

Abbildung 4-3: Trefferanzeige ................................................................................................23<br />

Abbildung 5-1: <strong>Entwicklung</strong>sstufen des Outsourcing .............................................................32<br />

Abbildung 5-2: Zusammenhang zwischen Perfektionsgrad einer Fertigung und den Kosten<br />

...............................................................................................................................................33<br />

Abbildung 5-3: Kostenverlauf bei Überbelegung und Fremdbezug........................................34<br />

Abbildung 5-4: Zeigt die neu entwickelten Straßentransportbehälter mit der Möglichkeit <strong>zur</strong><br />

Einbringung eines Heizsystems zum Warmhalten der Schmelze – hier die<br />

widerstandsbeheizte Variante. ...............................................................................................35<br />

Abbildung 5-5: Wandel der strategischen Anforderungen in der Instandhaltung ...................42<br />

Abbildung 6-1: Symbolische Darstellung der Gießerei als Komplexmaschine aus drei<br />

Aggregaten.............................................................................................................................54<br />

Abbildung 6-2: Beispiel einer Zielhierarchie für das bestmögliche NE-Schmelzverfahren.....56<br />

Abbildung 6-3: Beispiel einer Matrix für die Nutzwertanalyse <strong>zur</strong> Planung eines NE-<br />

Schmelzbetriebes...................................................................................................................59<br />

Abbildung 7-1: Dateneingabe mit Feldern für verschiedene Arten <strong>von</strong> Formstoff-Kenndaten<br />

...............................................................................................................................................71<br />

Abbildung 7-2: Formstoffgrenzen für die relevanten Formstoffparameter, angegeben sind<br />

obere (OEG) und (UEG) Eingriffsgrenzen, die gießereispezifisch zu definieren sind............72<br />

Abbildung 7-3: Diagramm <strong>zur</strong> Darstellung der Ergebnisse <strong>von</strong> Ausgleichsrechnungen, in die<br />

drei Formstoffkenngrößen eingehen ......................................................................................73<br />

Abbildung 7-4: Maske <strong>zur</strong> Erfassung <strong>von</strong> Angaben <strong>zur</strong> Gussqualität bzw. zu<br />

formstoffbedingten Gussfehlern .............................................................................................74<br />

Abbildung 7-5: Hinterlegtes Expertenwissen zu formstoffbedingten Gussfehlern und ihren<br />

Ursachen................................................................................................................................75<br />

Abbildung 7-6:Schematische Darstellung eines durchgängigen Rückverfolgungskonzepts..78<br />

Abbildung 7-7: Gelaserter DMC und Klarschrift auf einer fertig bearbeiteten Kurbelwelle.....83<br />

Abbildung 7-8: Daten und ihre Verwendung im DMC ............................................................85<br />

Abbildung 7-9: Schematische Darstellung der Kennzeichnungs-/Einlesevorgänge...............85<br />

Abbildung 8-1: Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gusstücken .........98<br />

Abbildung 9-1: Anleitung für die Durchführung <strong>von</strong> Gefährdungsbeurteilungen in Gießereien<br />

...............................................................................................................................................99<br />

4


Abbildung 9-2: Arbeitsblatt für eine Gefährdungsanalyse – Beispiel: Sandaufbereitung und<br />

Aerosole ...............................................................................................................................100<br />

Abbildung 9-3: Arbeitsblatt für eine Gefährdungsanalyse – Beispiel: Sandaufbereitung und<br />

Maschinenteile .....................................................................................................................101<br />

Abbildung 10-1: Formular <strong>zur</strong> Datenerfassung <strong>zur</strong> Unfallstatistik ........................................104<br />

Abbildung 10-2: Vergleich der Unfallhäufigkeit nach Betriebsabteilungen...........................105<br />

Abbildung 10-3: Formular 2 <strong>zur</strong> Datenerfassung <strong>zur</strong> Unfallstatistik .....................................107<br />

Abbildung 11-1: Analyse der Energieströme in einer Gießerei ............................................110<br />

Abbildung 12-1: Minderung <strong>von</strong> Geruchsemissionen einer Eisengießerei durch neue<br />

Kernbindemittel ....................................................................................................................119<br />

Abbildung 12-2: Mehrdimensionale Bewertung <strong>von</strong> betrieblichen prozessintegrierten<br />

Maßnahmen .........................................................................................................................119<br />

Abbildung 12-3: Systematische Bewertung <strong>von</strong> ökologischen Größen bei prozessintegrierten<br />

Maßnahmen .........................................................................................................................120<br />

Abbildung 12-4: Beschreibung der Best Verfügbaren Techniken in Gießereien für eine<br />

umweltverträgliche Produktion [PIU 05] ...............................................................................120<br />

Abbildung 13-1: Die Aufgabengebiete der Instandhaltung...................................................121<br />

Abbildung 13-2: Instandhaltung <strong>zur</strong> Wiederherstellung des Soll-Zustandes........................122<br />

Abbildung 13-3: Aufgabenintegration bei Gruppenarbeit in der Produktion .........................123<br />

Abbildung 13-4: Unterbringung der Instandhaltung in der Firma .........................................124<br />

Abbildung 13-5: Anlässe für die Wahl zwischen Eigen- und Fremdinstandhaltung .............129<br />

Abbildung 13-6: Entscheidungsdiagramm <strong>zur</strong> Auswahl und Bildung <strong>von</strong> Kennzahlen ........130<br />

5


Verzeichnis der Tafeln<br />

Tafel 1-1: Beispiele zu den Vorteilen des Nachhaltigen Wirtschaftens für Unternehmen ......13<br />

Tafel 1-2: Nachhaltigkeitsbegriffe mit Beispielen aus der betrieblichen Praxis ......................14<br />

Tafel 5-1. Spezifische Merkmale der indirekten Beheizungsvarianten für<br />

Straßentransportbehälter .......................................................................................................36<br />

Tafel 5-2: Qualitativer Vergleich - Blockbelieferung vs. Flüssigmetallbelieferung..................36<br />

Tafel 5-3: Ofentypen und technische Daten...........................................................................38<br />

Tafel 7-1: Streuungen der mechanischen Eigenschaften, am Beispiel Gusseisen mit<br />

Kugelgraphit ...........................................................................................................................68<br />

Tafel 7-2: Streuungen der Masse <strong>von</strong> Gussteilen, am Beispiel Gusseisen mit<br />

Lamellengraphit......................................................................................................................69<br />

Tafel 7-3: Streuungen der Maße <strong>von</strong> Gussteilen, am Beispiel Gusseisen mit Lamellengraphit<br />

...............................................................................................................................................69<br />

Tafel 11-1: Energieverbräuche in Eisengießereien (rot: markante Werte)...........................109<br />

Tafel 12-1: Themen des BMBF-Programms „Integrierter Umweltschutz in der<br />

Gießereiindustrie“.................................................................................................................118<br />

Tafel 13-1: Instandhaltungsstrategien bei fünfzehn automatischen Formanlagen...............125<br />

Verzeichnis der Übersichten<br />

Übersicht 3-1: Erfolgsfaktoren für Gussproduktion und -fertigung .........................................17<br />

Übersicht 4-1: Deutsche und internationale Informations- und Datenquellen ........................20<br />

Übersicht 4-2: Wichtige deutsche und internationale Gießereifachzeitschriften ...................24<br />

Übersicht 6-1: Auswahl einiger wichtiger Bewertungskriterien für NE-Schmelzaggregate,<br />

insbesondere für den Aluminiumschmelzbetrieb....................................................................57<br />

Übersicht 7-1: Mit Data Engine beschriebene Zusammenhänge zwischen Kombinationen <strong>von</strong><br />

Gießerei-<strong>Prozess</strong>größen (WENN) und Gießerei-Qualitätsgrößen (DANN) ...........................76<br />

Übersicht 11-1: Handlungsanleitung <strong>zur</strong> Steigerung der Energieeffizienz ...........................110<br />

6


1 Nachhaltiges Wirtschaften in Gießereien und in anderen Zulieferbetrieben<br />

1.1 Nachhaltiges Wirtschaften und das Projekt Leikom<br />

In einer Informationsschrift des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft BMBF aus<br />

2004 heißt es:<br />

Nachhaltigkeit gilt als spröder Begriff. Aber sie hat klare und breit akzeptierte Ziele: Wir wollen<br />

mit dem Blick über eine Generation hinaus die natürlichen Ressourcen schützen, den<br />

sozialen Zusammenhalt erhalten und stärken und die wirtschaftliche Leistungskraft fordern,<br />

die auch für kommende Generationen Wohlstand sichert.<br />

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung unterstützt das BMBF zielgerichtet<br />

die Erforschung, <strong>Entwicklung</strong> und Vermittlung <strong>von</strong> Innovationen für das nachhaltige<br />

Wirtschaften. Wichtige Ansatzpunkte sind der effiziente Einsatz <strong>von</strong> Rohstoffen und Produktionstechnologien,<br />

Alternativen für umweltschädigende Einsatzstoffe, die Senkung <strong>von</strong><br />

Verbrauch und Emissionen, die <strong>Entwicklung</strong> umweltfreundlicher Produkte und die bessere<br />

Wiederverwendbarkeit <strong>von</strong> Waren und Materialien.<br />

Übergreifendes Ziel ist, den Standort und die Arbeitsplatze besonders der kleinen und mittelständischen<br />

Unternehmen zu sichern und auszubauen. Technologische Innovationen mit<br />

hohen Umweltentlastungspotenzialen benötigen das komplexe fachliche Know-how verschiedener<br />

Disziplinen, aber auch die Akzeptanz der Verbraucher. Wo Wissenschaft und<br />

Unternehmen gemeinsam und interdisziplinär forschen und entwickeln und die Gesellschaft<br />

frühzeitig einbinden, sind Praxisbezug, Zukunft und Nachhaltigkeit gesichert [BMB04].<br />

Die Gewichtsreduzierung bei vielen technischen Produkten, wie Fahrzeugen und Maschinen,<br />

und ihren Komponenten führt unmittelbar zu vielfältigen ökologischen und ökonomischen<br />

Vorteilen in der gesamten Wertschöpfungskette: weniger Rohstoffe, weniger Transport,<br />

energieeffizientere, energieeffizientere Verwendung, weniger <strong>Prozess</strong>rückstände, d.h. weniger<br />

Recycling oder Abfälle <strong>zur</strong> Entsorgung.<br />

Die Hersteller <strong>von</strong> Komponenten und Zulieferer der Endprodukthersteller Automobilindustrie,<br />

Maschinenbau etc. sind typische mittelständisch strukturierte Industriezweige, die sich außer<br />

in der Betriebsgröße auch hinsichtlich Technologie, Arbeitssystemen und Vorgehen bei Produktentwicklung,<br />

Beschäftigtenstruktur etc. ähnlich sind: Gießereiindustrie, Schmiedeindust-<br />

7


ie, Kunststoff-Spritzgießereien u. a. Als Zulieferer nehmen sie eine volkswirtschaftliche<br />

Schlüsselstellung ein.<br />

Im Vorhaben <strong>LeiKom</strong> sind in Gießereien leichtere Komponenten entwickelt worden und mit<br />

neuartigen Technologien realisiert werden. Dabei sind neben technologischen auch wirtschaftliche<br />

und soziale Verbesserungen verfolgt worden.<br />

Es sind dies zwei technologisch sehr fortschrittliche Unternehmen gewesen, die die für die<br />

Gussproduktion typische Verfahrens- und Werkstoffvielfalt widerspiegeln. In der Firma Eisenwerk<br />

Brühl GmbH sind im Sandgießverfahren neuartige Zylinderkurbelgehäuse aus<br />

Gusseisen und in der Firma Nemak Wernigerode GmbH, ehemals Rautenbach-Guss, sind<br />

Zylinderköpfe im Kokillengießverfahren aus Aluminiumguss entwickelt worden.<br />

Die Ergebnisse aus diesen Modellbetrieben und aus betriebsübergreifenden Arbeiten haben<br />

zu Methoden und <strong>Instrumente</strong>n geführt, die für Gießereien - und in entsprechender Nutzung<br />

auch für ähnliche Betriebe - hilfreich sind.<br />

Sie sollen den einzelnen Unternehmen ermöglichen, sich nachhaltig aufzustellen – hinsichtlich<br />

ihrer Erzeugnisse, hinsichtlich der Gestaltung ihrer Arbeitssysteme und ihrer Belegschaft<br />

– um auch für den internationalen Wettbewerb in Zukunft gerüstet zu sein.<br />

Ausgangsbasis für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> nachhaltigen <strong>Prozess</strong>en war im Projekt <strong>LeiKom</strong> ein<br />

Ansatz basierend auf drei gleichwertigen und sich gegenseitig beeinflussenden Schnittstellen:<br />

- Technik<br />

- Organisation<br />

- Mensch<br />

Innovationen sind als Dreiklang zwischen technischer, organisatorischer und humaner Innovation<br />

zu gestalten (Abbildung 1-1).<br />

8


Schnittstelle Technik - Organisation<br />

- ressourcenoptimierte <strong>Prozess</strong>e<br />

- stoffkreislaufoptimierte <strong>Prozess</strong>e<br />

- Flexibilität<br />

-Qualität<br />

- Kommunikation/ ... Wissen<br />

- …<br />

Organisation<br />

Technik<br />

Nachhaltigkeit<br />

und<br />

Innovation<br />

Schnittstelle Organisation - Mensch<br />

gesundheitsförderliche Arbeitsorganisation (AO), altersstabile AO<br />

qualifikationsförderliche AO, lernförderliche AO, wissensgenerierende AO<br />

Abbildung 1-1: Nachhaltigkeit und Innovation<br />

9<br />

Schnittstelle Mensch - Technik<br />

- gesundheitsförderliche Technikgestaltung<br />

- altersstabile Anforderungen<br />

- Qualifikationsförderliche Technikgestaltung<br />

- lernförderliche Technikgestaltung<br />

- wissensgenerierende Technikgestaltung<br />

Mensch<br />

Die in Leikom entwickelten <strong>Instrumente</strong>, die den Unternehmen helfen sollen, sich zukunftsfähig<br />

aufzustellen, decken die drei wesentlichen Bereiche Produkt, <strong>Prozess</strong> und Personal ab.<br />

Ausgegangen wird dabei <strong>von</strong> dem Gedanken, dass eine Gießerei – genauso wie ein anderes<br />

ähnliches Zulieferunternehmen - zunächst den zukünftigen Markt für seine Leichtbau-<br />

Produkte erkennen muss. Man muss die Anforderungen an die Art der Bauteile, ihre Qualität<br />

sowie die Konditionen, unter denen sie abgenommen werden, abschätzen. Man muss den<br />

Markt und die Nachfrage nach Leichtbaukomponenten prognostizieren. Für diese anspruchsvolle<br />

Aufgabe bietet der <strong>LeiKom</strong>-Band „<strong>Instrumente</strong> <strong>zur</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Gießereien<br />

zu nachhaltigen Produzenten“ vielfältige Hilfen.<br />

Liegt dann die Prognose für die zukünftige Nachfrage vor, so ist für jeden Betrieb, jede Gießerei,<br />

individuell die <strong>zur</strong> Produktion der zukünftig nachgefragten Bauteile notwendige Fertigungstechnik<br />

sowie der Personalbedarf zu entwickeln.<br />

Empfehlungen und Hilfen <strong>zur</strong> zukunftsgerechten Ausrichtung der Fertigungstechnik bietet<br />

der <strong>LeiKom</strong>-Band „<strong>Instrumente</strong> <strong>zur</strong> <strong>Entwicklung</strong> nachhaltiger Leichtbau-Komponenten“ an.<br />

Der <strong>LeiKom</strong>-Band „<strong>Instrumente</strong> <strong>zur</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Personalwesen und Ausbildung für<br />

nachhaltige Unternehmen“ bietet Hilfe an, bei der Schaffung eines zukunftsorientierten Personalwesens,<br />

beispielsweise hinsichtlich langfristig angelegter Altersstrukturen und der Qualifikationen<br />

der Beschäftigten. Darüber hinaus gibt der Band Empfehlungen zu einer Neugestaltung<br />

der Ausbildungsinhalte für den Beruf „Gießereimechaniker“.


Die drei Bände sind so gestaltet, dass sie unabhängig <strong>von</strong>einander genutzt werden können.<br />

Trotzdem decken sie nur gemeinsam das breite Arbeitsfeld für den ab, der sein Unternehmen<br />

und seine Belegschaft nachhaltig und zukunftssicher ausrichten möchte.<br />

1.2 Zweck dieses Leikom-<strong>Handbuch</strong>s „<strong>Prozess</strong>“<br />

Im Projekt <strong>LeiKom</strong> hat das RKW im Jahr 2007 eine qualitative Befragung <strong>zur</strong> Zukunftsentwicklung<br />

der Gießerei-Unternehmen in Deutschland durchgeführt [RKW08]. Um eine möglichst<br />

große Bandbreite <strong>von</strong> Fachwissen abzudecken, wurden Experten aus Unternehmen,<br />

Verbänden und Wissenschaft befragt. Zwölf Experten haben sich teilweise sehr ausführlich<br />

zu neun Fragebereichen mit einem Zeithorizont bis zum Jahr 2020 befragt. Die Auswertung<br />

der Fragebögen, zeigt eine Vielzahl <strong>von</strong> interessanten <strong>Entwicklung</strong>en und zu erwartende<br />

Trends auf. Die Ergebnisse sind eine wichtige Grundlage für die <strong>Entwicklung</strong> der Leikom-<br />

<strong>Instrumente</strong> „Produkt“, „<strong>Prozess</strong>“ und „Personal“ gewesen.<br />

Im Folgenden sind die <strong>Prozess</strong> bezogenen Ergebnisse dargstellt.<br />

Technologieentwicklung – Evolution, statt Revolution<br />

Zukünftig werden für die Gießereiverfahren und für die damit eng verbundenen Werkstoffe<br />

zwar vielfältige Weiterentwicklungen erwartet. Jedoch wird kein vollständiger Einsatz bestehender<br />

und keine <strong>Entwicklung</strong> gänzlich neuer Technologien in der Gießerei-Industrie stattfinden.<br />

Absehbar sind ein ansteigender Automatisierungsgrad und ein zunehmender Robotereinsatz.<br />

Die erwartete Spezialisierung und Konzentration auf höherwertige Produkte - da Standardprodukte<br />

zunehmend durch Importe aus Niedriglohnländern verdrängt werden - erfordert<br />

zukünftig weitere Investitionen in die Fertigungstechnologien. Eine weitere Optimierung der<br />

metallurgischen Eigenschaften der Werkstoffe sollte in Zusammenarbeit mit Zulieferern und<br />

Kunden sowie Hochschulen und Instituten vorangetrieben werden. Eine grundlegende Substitution<br />

der bisherigen Werkstoffe wird ausgeschlossen bzw. für wenig wahrscheinlich<br />

gehalten.<br />

10


Unternehmensstrategie – Kernkompetenzen und Fertigungstiefe<br />

Um strategisch richtig aufgestellt zu sein, müssen die Gießer einerseits die Fertigungstiefe<br />

und damit die Produktwertschöpfung durch die Erschließung vor- und nachgelagerter <strong>Prozess</strong>e<br />

deutlich erhöhen (wie zum Beispiel Bauteilentwicklung und Montage). Auf der anderen<br />

Seite müssen die Unternehmer ihre Kernkompetenzen stärker fokussieren, um wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben. Auch das Angebot <strong>von</strong> Dienstleistungen rund um die Produkte wurde angeregt<br />

(all inklusive– Angebote, Komplettlieferungen). Die strategische Ausrichtung ist natürlich<br />

stark abhängig <strong>von</strong> der Art des Unternehmens, zum Beispiel für Einzel- und Seriengießer<br />

oder Eisen- und Aluminiumgießer. Daher wird eine Differenzierung nach Unternehmenstypen<br />

erforderlich sein. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die Einzel- und Kleinserienfertigung vorwiegend<br />

für regionale Märkte und die Fertigung in großen Serien für den Weltmarkt weiterhin<br />

wettbewerbsfähig sein werden.<br />

Energie- und Rohstoffsicherheit<br />

Da die Energiekosten einen hohen Anteil der Produktionskosten darstellen, sind Maßnahmen<br />

<strong>zur</strong> Steigerung der Energieeffizienz zwingend notwendig und tragen somit entscheidend<br />

<strong>zur</strong> Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit bei. Investitionen in CO2-arme und<br />

energieeffiziente Technologien sowie Konzepte <strong>zur</strong> Reduzierung des gesamten Energieverbrauches<br />

sind unumgänglich.<br />

Die Preise für Stahl und NE- Metalle werden weiterhin auf hohem Niveau bleiben. Bei den<br />

Legierungsmetallen wie zum Beispiel Nickel, Chrom und Mangan sind sogar Beschaffungsengpässe<br />

möglich. Mittels langfristigen Lieferverträgen und Beteiligung an den vorgelagerten<br />

Wertschöpfungsstufen kann Problemen vorgebeugt werden. Potenziale in der Steigerung<br />

der Materialeffizienz müssen erkannt und genutzt werden.<br />

Übersicht der Handlungsempfehlungen der Experten:<br />

Produkte / Technologie<br />

• breite Produkt- und Verfahrenspalette anstreben<br />

• verstärkte Anstrengungen <strong>zur</strong> Akquisition hochkomplexer Teile<br />

• aktive Erweiterung der Wertschöpfungskette (Stärken-/ Schwächeprofil erarbeiten)<br />

• Kombination <strong>von</strong> Produktentwicklung und -fertigung im eigenen Hause<br />

• weiterhin hohes Qualitätsbewusstsein und Termintreue<br />

11


Nachdem das zu erarbeitende Instrument aus dem Leikom-Band „Produkt“ <strong>zur</strong> Anwendung<br />

gekommen ist – und damit die zukünftig herzustellenden Bauteile beschrieben sind – sollen<br />

die <strong>Instrumente</strong> aus dem Band „<strong>Prozess</strong>“ einem mittelständischen Bauteilhersteller ermöglichen,<br />

die Frage zu beantworten: „Wie muss die Produktion eines bauteilherstellenden Zulieferbetriebs<br />

hinsichtlich Technologie, Arbeitssystemen, Arbeitsorganisation, Qualifikation der<br />

Beschäftigten, Arbeits- und Umweltschutz etc. realisiert werden, damit dieser Betrieb die<br />

mittel- und langfristigen Vorgaben hinsichtlich seines Produktes erfüllen kann?“<br />

Das <strong>Handbuch</strong> enthält Hinweise auf Trends in Produktionstechnik, <strong>Prozess</strong>steuerung, Arbeitsgestaltung<br />

etc. und Hilfsmittel <strong>zur</strong> eigenen betrieblichen Ausrichtung.<br />

Die Gießereien sollen so ausgerichtet werden, dass sie nachhaltig wirtschaften können. Gießereien<br />

sind in der Mehrzahl kleine und mittelständische Unternehmen, für die Handlungsanleitungen<br />

mit möglichst direkt umsetzbaren <strong>Instrumente</strong>n <strong>von</strong> besonders großer Wichtigkeit<br />

sind.<br />

Die Handlungsanleitung im orientiert sich an dem Begriffsverständnis und an den generellen<br />

Empfehlungen in der Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure VDI 4070, Blatt 1, Februar<br />

2006 mit Titel „Nachhaltiges Wirtschaften in kleinen und mittelständischen Unternehmen;<br />

Anleitung zum Nachhaltigen Wirtschaften“ [NWK06].<br />

„Nachhaltiges Wirtschaften“ ist hier definiert als:<br />

„Nachhaltiges Wirtschaften verknüpft die Vorgehensweisen erfolgreichen Wirtschaftens mit<br />

Forderungen nach ökologischer Verträglichkeit und sozialer Gerechtigkeit und bringt sie in<br />

ein ausgeglichenes Verhältnis.<br />

Beispiele für die Vorteile Nachhaltigen Wirtschaftens zeigt Tafel 1-1.<br />

12


Tafel 1-1: Beispiele zu den Vorteilen des Nachhaltigen Wirtschaftens für Unternehmen<br />

Anspruchsgruppen<br />

Nutzen<br />

im<br />

Ökonomischen Bereich<br />

Kunden Kundenbindung durch<br />

gutes Preis-<br />

Leistungsverhältnis<br />

Mitarbeiter qualifizierte und motivierte<br />

Mitarbeiter<br />

13<br />

Ökologischen Bereich<br />

Umweltschutz in der<br />

Nutzungsphase<br />

geringe Einwirkungen<br />

am Arbeitsplatz<br />

Lieferanten verlässliche Ge- Integration <strong>von</strong> Umschäftspartner,Entweltaspekten<br />

in Prowicklunggemeinsamen<br />

Fachwissens<br />

dukte und Produktion<br />

Teilhaber/Aktionäre attraktive Anlage attraktive Anlage für<br />

öko-logisch bewusste<br />

Anleger<br />

Kreditgeber und Versicherun- günstige Konditionen Risikominderung<br />

gen<br />

durch Vorsorge<br />

Behörden (Genehmigung,<br />

Überwachung)<br />

Öffentlichkeit Image eines ertragsstarken,<br />

Arbeitsplätze<br />

erhaltenden Unternehmens<br />

Sozialen Bereich<br />

Kundenbindung durch<br />

gutes Image<br />

Mitarbeiterbindung<br />

durch Mitarbeiterzufriedenheit<br />

und gute<br />

Arbeitskonditionen<br />

Liefer- und Arbeitsplatzsicherheit<br />

durch<br />

Lieferantenbindung<br />

attraktive Anlage für<br />

ethisch bewusste<br />

Anleger<br />

Arbeitsplatzsicherung<br />

durch Risikominderung<br />

kurze Verfahren verringerte Auflagen gute Kommunikation<br />

und Koordination<br />

Image eines umweltbewusstenUnternehmens<br />

Image eines sozialen<br />

Unternehmens<br />

Zur Planung des Nachhaltigen Wirtschaftens in Unternehmen dient die Festlegung und Nutzung<br />

eines Systems <strong>von</strong> Kenngrößen.


Tafel 1-2: Nachhaltigkeitsbegriffe mit Beispielen aus der betrieblichen Praxis<br />

Begriffe Beispiele<br />

Bereich • Ökonomie<br />

• Ökologie<br />

• Soziales<br />

Aspekt z.B. im Bereich<br />

Ökologie<br />

Teilaspekt z.B. im<br />

Aspekt Energiehaushalt<br />

Kenngröße z.B. im<br />

Teilaspekt Energieeffizienz<br />

Kennwert z.B. <strong>zur</strong><br />

Kenngröße „spezifischerEnergieeinsatz“<br />

Orientierungswert<br />

zum Kennwert „spezifischerEnergieeinsatz“<br />

• Luftreinhaltung<br />

• Wasserwirtschaft<br />

• Abfallwirtschaft<br />

• Energiehaushalt<br />

• u. a.<br />

• Energiemix<br />

• Energieeffizienz<br />

• u. a.<br />

• spezifischer Energieeinsatz<br />

in kWh<br />

pro Rohstoffeinsatz<br />

in kg<br />

• u. a.<br />

10 kWh/kg<br />

8kWh/kg<br />

Ziel Kennwert soll besser<br />

werden als der Orientierungswert.<br />

Dieser in VDI 4070 vorgeschlagenen generellen Systematik, Begrifflichkeit und Vorgehensweise<br />

wird im Leikom-<strong>Handbuch</strong> „<strong>Prozess</strong>“ - soweit zweckmäßig – gefolgt.<br />

Die in den folgenden Abschnitten dieser Ausarbeitung dargestellte Vorgehensweise, die zu<br />

einer zukunftsorientierten Ausrichtung und ggf. zum Ergreifen betrieblicher Maßnahmen<br />

führt, ist als kontinuierlicher Verbesserungsprozess angelegt: eine Überprüfung und ggf. Anpassung<br />

der betrieblichen Ausrichtung – beispielsweise an veränderte Rahmenbedingungen<br />

14


auf dem Markt - sollte in angemessenen Zeiträumen in den Gießereien oder in ähnlichen<br />

Unternehmen durchgeführt bzw. wiederholt werden (Abbildung 1-2).<br />

Check in<br />

regelmäßigen<br />

Zeitabständen<br />

durchführen<br />

Schema für<br />

Bewertung und<br />

Vergleich<br />

Check beginnen<br />

Einführung und Bedienungsanleitung<br />

lesen<br />

Zielgrößen <strong>zur</strong><br />

Bewertung <strong>von</strong><br />

Produktion und<br />

Beschäftigtenstruktur<br />

Informationen über <strong>Entwicklung</strong>en<br />

in Technik,<br />

Organisation und Beschäftigtenstruktur<br />

bzw. Qualifikation<br />

Bedarf hinsichtlich Technik, Organisation<br />

und Beschäftigtenstruktur bzw. Qualifikation<br />

prognostizieren<br />

Eigene Produktion und Beschäftigtenstruktur<br />

bewerten<br />

Bewertung gut<br />

Eigene Bewertung<br />

mit Prognose<br />

vergleichen<br />

Check ist beendet<br />

Abbildung 1-2: Ablaufdiagramm zum Nachhaltigen Wirtschaften<br />

15<br />

Liste <strong>von</strong> Zielgrößen<br />

Liste <strong>von</strong> Informations-<br />

und<br />

Datenquellen<br />

Schema für Erfassung<br />

und Auswertung<br />

<strong>von</strong> Informationen<br />

Bewertung<br />

schlecht


2 Bedienungsanleitung<br />

Diese Handlungsanleitung beinhaltet Angaben und Beschreibungen zu<br />

� dem jeweiligen Stand der Technik<br />

� erkennbaren Trends<br />

� Hinweise auf generelle Strategien für eine <strong>Entwicklung</strong> hin zu einer nachhaltigen<br />

Gussproduktion<br />

� <strong>Instrumente</strong> für die jeweilige betriebliche <strong>Entwicklung</strong> hin zu einer nachhaltigen<br />

Gussproduktion<br />

für die wichtigsten Bereiche der Produktion und Fertigung in einer Gießerei (siehe „Abschnitt<br />

3 Erfolgsfaktoren“).<br />

Beim Stand der Technik wird die IST-Situation in modernen Unternehmen der Gießereiindustrie<br />

dargestellt. Wegen der Internationalisierung des Gussmarktes berücksichtigt diese<br />

Darstellung die Situation im In- und Ausland.<br />

Bei der in <strong>LeiKom</strong> durchgeführten Expertenumfrage sind Trends ermittelt worden. Da man<br />

sich in der Umfrage gezielt an Experten auf verschiedenen Themengebieten gewandt hatte,<br />

ist <strong>von</strong> einer verhältnismäßig großen Sicherheit bei den erkannten und beschriebenen<br />

Trends auszugehen. Dies gilt im Besonderen, bei den sich deckenden Angaben <strong>von</strong> mehreren<br />

Experten.<br />

Aus den beschriebenen Trends können in vielen Fällen generelle Strategien für eine <strong>Entwicklung</strong><br />

hin zu einer nachhaltigen Gussproduktion abgeleitet werden. Um diese strategischen<br />

Vorstellungen auf betrieblicher Ebene und an die jeweiligen Verhältnisse eines speziellen<br />

Betriebes oder Unternehmens angepasst umsetzen zu können, bedarf es möglichst<br />

konkreter Hilfsmittel.<br />

Diese Hilfsmittel sind <strong>Instrumente</strong> – entwickelt für die jeweilige Thematik oder Teilaufgabe.<br />

Es handelt sich neben nützlichen Hinweisen, wie speziellen Informationsquellen, im Wesentlichen<br />

um Systeme <strong>zur</strong> Bewertung des Grades der Nachhaltigkeit der Produktion.<br />

Die Systeme beinhalten Kenngrößen, Kennwerte und Orientierungswerte.<br />

16


Die Bewertung des Grades der Nachhaltigkeit findet durch den Vergleich betrieblicher<br />

Kennwerte mit Orientierungswerten oder durch den Vergleich neuerer mit älteren Kennwerten<br />

statt.<br />

3 Erfolgsfaktoren<br />

Generelle Erfolgsfaktoren für die Gussproduktion sind in der Studie „Gießerei 2010 – Strategie<br />

für die deutsche Gießereiindustrie“ beschrieben worden. Diese Untersuchung ist <strong>von</strong><br />

einer Projektgruppe mit UNITY AG, Heinz Nixdorf Institut und Institut für Gießereitechnik<br />

GmbH im Auftrag des VDG Vereins Deutscher Giessereifachleute e. V. durchgeführt worden.<br />

Übersicht 3-1 enthält die Erfolgsfaktoren, die in direktem Zusammenhang mit der strategischen<br />

Ausrichtung der Produktion und Fertigung einer Gießerei stehen. Die Aufstellung<br />

stützt sich überwiegend auf die Ergebnisse der genannten Studie.<br />

Übersicht 3-1: Erfolgsfaktoren für Gussproduktion und -fertigung<br />

[BAE02]<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

� Kosten<br />

� Erweitere Wirtschaftlichkeitsrechnung<br />

Produktentwicklung<br />

� Problemlösungskompetenz<br />

� Zusammenarbeit mit Konstrukteur<br />

� <strong>Entwicklung</strong> marktgerechter Lösungen, wie Leichtbau oder Gebrauchswert gesteigerte<br />

Lösungen (Produktfunktionalität)<br />

Virtuelle Produktentwicklung<br />

� Simulation <strong>von</strong> Produkt-, Werkzeug – und Verfahrenseigenschaften<br />

� Simultaneous Engineering<br />

� Bauteileigenschaften, wie Toleranzen<br />

� Gefügeausbildung, wie Graphitausbildung<br />

� Dauerhaft sichere Guss-Qualität, Qualitätssicherungssystem (Zertifizierung)<br />

17


Verständnis des Kundengeschäfts<br />

� Verständnis der <strong>Prozess</strong>e und der Organisation des Kunden<br />

Generalunternehmerschaft<br />

� Qualifizierte Beschäftigte, um komplette Bauteile anbieten zu können<br />

Lieferzeit<br />

� Kurz und zuverlässig, Time-to-market<br />

Fähigkeit <strong>zur</strong> Werkstoffentwicklung<br />

Sichere Rohstoff- und Energieversorgung<br />

� Stahlschrott<br />

� Koks<br />

Beherrschen neuartiger und kommender Gieß-, Form- und Fertigungsverfahren<br />

Geschlossene Steuer- und Regelkonzept<br />

Nutzung <strong>von</strong> Skaleneffekten<br />

� Fähigkeit, Vorteile aus Losgröße zu ziehen<br />

<strong>Entwicklung</strong>stiefe; Fertigungstiefe; Wertschöpfungskette:<br />

� Eigene <strong>Entwicklung</strong> bzw. Konstruktion<br />

� Eigene Bearbeitung<br />

� Zulieferung <strong>von</strong> Kernen<br />

� Zulieferung <strong>von</strong> Schmelze<br />

� Externe Gussnachbehandlung<br />

Flexibilität<br />

� Reaktionsgeschwindigkeit und Agilität in der Produktion und bei Dienstleistungen<br />

Qualitätssicherung<br />

Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

� In der Produktion bzw. Fertigung und bei Dienstleistungen<br />

18


Mitarbeiterqualifikation<br />

� In der Produktion bzw. Fertigung und bei Dienstleistungen<br />

Altersstruktur<br />

� In der Produktion bzw. Fertigung und bei Dienstleistungen<br />

Soziale, sichere und umweltverträgliche Produktion<br />

� In der Produktion bzw. Fertigung<br />

� <strong>Prozess</strong>integrierte Maßnahmen<br />

Diese Erfolgsfaktoren stellen den Rahmen und geben Hinweise auf die Bereiche bzw. Aspekte<br />

[NWK06], für die Informationen und unterstützende <strong>Instrumente</strong> und Kenngrößen benötigt<br />

werden.<br />

Mit einer Expertenumfrage, die in <strong>LeiKom</strong> durchgeführt wurde, ist es möglich geworden,<br />

Schwerpunkte für eine inhaltliche Vertiefung auf dem weiten Gebiet der Gussproduktion zu<br />

definieren. Schwerpunkte werden bei den Themen gesetzt, bei denen auch seitens der befragten<br />

Experten Unklarheit über eine zukunftsfähige, nachhaltige Gussproduktion und -<br />

fertigung besteht.<br />

4 Informationsbeschaffung<br />

Die Beschaffung relevanter Informationen und deren Auswertung als Basis für die strategische<br />

<strong>Entwicklung</strong> einer Gießerei hin zu einer nachhaltigen Produktion ist ein Arbeitsschritt,<br />

der im Besonderen für kleine und mittelständische Unternehmen mit geringer Personaldecke<br />

ein Problem darstellen kann.<br />

Die Nutzung des Internets – die häufig zuerst gesehen wird - ist dabei nur bedingt hilfreich.<br />

Die Menge der dort <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Daten ist zwar sehr groß, aber es bedarf einer<br />

systematischen Recherche, um relevante Informationen zu gewinnen.<br />

Daneben gibt es glücklicherweise auf dem Gebiet des Gießereiwesens qualitativ hochwertige<br />

Hilfsmittel, die genutzt werden können.<br />

19


Übersicht 4-1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten <strong>von</strong> Informations- und Datenquellen.<br />

Übersicht 4-1: Deutsche und internationale Informations- und Datenquellen<br />

� Persönlicher Kontakt zu Kollegen und anderen Fachleuten, z. B. durch Mitgliedschaft<br />

in Gießereivereinigungen<br />

� Suchprofile für Internetrecherchen<br />

� Angaben zu Datenbanken, wie Literaturdatenbanken, Forschungsdatenbanken, Patentdatenbanken<br />

etc., mit Hinweisen zu Recherchen<br />

� Verfolgen <strong>von</strong> Informationsdienstleistungen der Gießerei-Vereinigungen oder anderer<br />

Institutionen<br />

� Verfolgen <strong>von</strong> einschlägigen Fachzeitschriften auf dem Gebiet der Gießereitechnik<br />

und anderer relevanter Fachrichtungen<br />

� Besuch <strong>von</strong> einschlägigen Messen, Tagungen, Seminaren oder anderen Veranstaltungen<br />

Die folgenden Seiten werden Hinweise auf Veranstaltungen, Datenbanken und andere<br />

Quellen <strong>von</strong> Informationen gegeben, die für die strategische Ausrichtung einer Gießerei auf<br />

Nachhaltiges Wirtschaftens nützlich sind.<br />

Online-Literaturdatenbank VDGLIT<br />

Die Online-Literaturdatenbank VDGLIT wird vom Verein Deutscher Giessereifachleute e.V.<br />

(VDG) erstellt, und unter der Adresse www.vdglit.com für Literaturrecherchen im Internet<br />

angeboten (Abbildung 4-1).<br />

Die Datenbank enthält mehr als 410.000 Literaturhinweise mit aussagekräftigen Inhaltsangaben<br />

über weltweite Veröffentlichungen zum Gießereiwesen sowie den angrenzenden<br />

Fachgebieten Stahl und Fügetechnik ab 1990. Zum Aufbau der Datenbank werden laufend<br />

rund 1.100 Fachzeitschriften, Bücher, Dissertationen, Forschungs- und Tagungsberichte<br />

überwacht, selektiert und ausgewertet. Der Datenbankinhalt wird monatlich aktualisiert.<br />

20


Abbildung 4-1: Startseite der Datenbank VDGLIT www.vdglit.com<br />

Die Datenbank bietet eine Suchmaske für die einfache Suche in einer einzigen Suchzeile.<br />

Bei komplexeren Fragestellungen sollte die Standard-Suchmaske mit der Suchmöglichkeit in<br />

vorgegebenen Datenbankfeldern ausgewählt werden (Abbildung 4-2).<br />

Die Suchbegriffe können dann sowohl innerhalb des jeweiligen Suchfeldes als auch zwischen<br />

den Feldern mit den Boolschen Operatoren (UND, ODER, NICHT) verknüpft werden,<br />

um die gewünschte Literatursuche auszuführen.<br />

21


Abbildung 4-2: Suchmaske mit Suchfeldern<br />

Wichtigstes Hilfsmittel bei der Recherche ist der zu jedem Suchfeld vorhandene Index. Er<br />

zeigt an, welche Begriffe überhaupt in der Datenbank bzw. in einem Suchfeld vorhanden<br />

sind, und ermöglicht darüber hinaus die Überprüfung der Schreibweise <strong>von</strong> Suchbegriffen<br />

vor dem Ausführen der Suche. Durch Anklicken eines Index-Begriffes wird dieser direkt an<br />

die richtige Stelle in der Suchmaske übernommen. Weitere Informationen zu den Recherchemöglichkeiten<br />

sind online über ein Hilfe-Menü abrufbar.<br />

Das Suchergebnis wird in Form einer Trefferliste auf der linken Seite des Bildschirms dargestellt,<br />

welche die ersten 20 Literaturhinweise anzeigt. Neben den Originaltiteln werden in<br />

dieser Trefferliste die Autoren und weitere Kurzinformationen aufgelistet. Ein Klick auf „Dokument<br />

ansehen“ bringt auf der rechten Bildschirmhälfte den vollständigen Literaturnachweis<br />

mit Inhaltszusammenfassung <strong>zur</strong> Anzeige (Abbildung 4-3).<br />

22


Abbildung 4-3: Trefferanzeige<br />

Die Literaturrecherchen sind nicht kostenpflichtig. Gebühren werden für die Lieferung <strong>von</strong><br />

Volltexten <strong>von</strong> ausgewählten Literaturhinweisen erhoben. Diese können über den integrierten<br />

Warenkorb direkt online bestellt werden. Nach Auflistung der anfallenden Kosten und<br />

endgültiger Bestätigung erfolgt die automatische Versendung einer E-Mail an den betreffenden<br />

Datenbankanbieter, der die Bearbeitung des Auftrages übernimmt. Die Volltextlieferungen<br />

erfolgen als Fotokopien per Post oder Fax an den Besteller. Bei der erstmaligen Nutzung<br />

des integrierten Warenkorb-Moduls ist eine Registrierung der Benutzerdaten erforderlich.<br />

Mit der Kombination aus Benutzerkennung und Passwort wird dann bei weiteren Bestellvorgängen<br />

direkt auf die in der Registrierung hinterlegten Benutzerdaten zugegriffen.<br />

Für individuelle Literaturrecherchen, die mit Literaturhinweisen ab 1990 nicht ausreichend zu<br />

beantworten sind oder <strong>von</strong> ihrer Fragestellung zu komplex sind, ist es empfehlenswert, die<br />

professionellen Rechercheangebote der jeweiligen Datenbankanbieter zu nutzen.<br />

Fachzeitschriften bieten die Möglichkeit, sowohl die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungsarbeiten<br />

als auch Kurzinformationen über neue Geräte, Maschinen oder andersartige<br />

Angebote, immer aktuell zugesandt zu bekommen.<br />

23


Eine Zusammenstellung der wichtigen deutschen und internationalen Gießereifachzeitschriften<br />

zeigt die Übersicht 4-2.<br />

Übersicht 4-2: Wichtige deutsche und internationale Gießereifachzeitschriften<br />

Deutschland<br />

• Casting Plant + Technology International CP + T<br />

• Giesserei-Verlag GmbH<br />

www.vdg.de<br />

• Druckguss-Praxis<br />

• Fachverlag Schiele & Schön GmbH<br />

www.druckguss-praxis.de<br />

• Giesserei<br />

• Giesserei-Verlag GmbH<br />

www.vdg.de<br />

• Giesserei-Erfahrungsaustausch<br />

• Giesserei-Verlag GmbH<br />

www.vdg.de<br />

• Giessereiforschung; International Foundry Research<br />

• Giesserei Verlag GmbH<br />

www.vdg.de<br />

• Giesserei-Literaturschau<br />

• Verein Deutscher Giessereifachleute e. V.,<br />

VDG-Informtionszentrum Giesserei,<br />

www.vdglit.com; www.vdg.de<br />

• Giesserei-Praxis<br />

• Fachverlag Schiele& Schön GmbH<br />

www.giesserei-praxis.de<br />

• konstruieren und gießen<br />

• Zentrale für Gussverwendung im DGV<br />

www.dgv.de<br />

24


Frankreich<br />

• Fonderie, Fondeur d’ aujourd’hui<br />

• Editions Techniques des Industries de la Fonderie<br />

www.ctif.com<br />

• Hommes et Fonderie<br />

• Association Technique de Fonderie<br />

www.atf.asso.fr<br />

Großbritannien<br />

• International Journal of Cast Metal Research<br />

• Maney Publishing<br />

www.maney.co.uk<br />

• Diecasting World Foundry Trade Jorunal/Foundryman<br />

• The Institute of Cast Metals Engineers - ICME -<br />

• National Metalforming Centre<br />

www.icme.org.uk; www.foundrytradejournal.com<br />

Indien<br />

Italien<br />

• Indian Foundry Journal<br />

• The Institute of Indian Foundrymen<br />

• IIF-Center<br />

www.indianfoundry.com<br />

• Metallurgical Science and Technology<br />

• Teksid Aluminium S.r.l.<br />

www.teksid.com/science.htm<br />

25


Österreich<br />

Polen<br />

USA<br />

• Giesserei-Rundschau<br />

• Verlag Lorenz<br />

www.verlag-lorenz.at<br />

• Metallurgy and Foundry Engineering<br />

• AGH University of Science and Technology<br />

http://galaxy.uci.agh.edu.pl/~mafe/<br />

• Die Casting Engineer<br />

• North American Die Casting Ass. (NADCA)<br />

• Publications Department<br />

www.diecasting.org/dce<br />

• Foundry Management & Technology<br />

• Penton Media, Inc.<br />

www.foundrymag.com<br />

• Incast<br />

• Investment Casting Institute<br />

www.investmentcasting.org<br />

• Modern Casting<br />

• American Foundry Society, Inc.<br />

www.moderncasting.com<br />

• Transactions of the American Foundrymen’s Scociety<br />

• American Foundry Society, Inc.<br />

www.afsinc.org<br />

26


5 Optimierung der Wertschöpfungskette in Gießereien<br />

Bei der Optimierung der Wertschöpfungskette in Gießereien ist die Frage zu beantworten<br />

„Was ist das zukünftig notwendige und erwartete Leistungsangebot einer Gießerei und welche<br />

Aktivitäten können <strong>von</strong> einem Dienstleister oder Zulieferer erbracht werden?“<br />

Wertschöpfung = Gesamtleistung – Vorleistungen<br />

Die Wertschöpfung ist direkt abhängig <strong>von</strong> der erbrachten Gesamtleistung und den Vorleistungen<br />

innerhalb eines Wertschöpfungssystems, wie z.B. einer Gießerei. Um die Gesamtleistung<br />

zu optimieren, ist es zwingend notwendig den Posten der arbeits-, verwaltungs- und<br />

kostenintensiven Vorleistungen zu optimieren. Dies kann durch Auslagerung <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>schritten<br />

geschehen, die nicht den Kernkompetenzen einer Gießerei zugeordnet werden<br />

können.<br />

Beim Beauftragen einer Spezialfirma kann die Deckung <strong>von</strong> Kapazitätsengpässen im Vordergrund<br />

stehen, aber auch eine systematische Auslagerung bestimmter <strong>Prozess</strong>schritte<br />

könnte in Betracht gezogen werden. Ein Spezialist kann es evtl. besser und preisgünstiger –<br />

aber geben wir hier nicht auch das Know-how für unsere Kernkompetenzen ab und degradieren<br />

zu einem reinen „Projektmanager“ mit minimaler Wertschöpfung, aber ganzer Lieferund<br />

Kostenverantwortung?<br />

Von der Automobilindustrie kennt man, dass man nicht jede Schraube selber herstellen<br />

muss, wenn man ein Auto bauen möchte. Dies bringt die Frage auf, ob wirklich jedes Modell<br />

oder Werkzeug in der eigenen Gießerei hergestellt wird oder ob es auch kompetente und<br />

preisgünstige Zulieferer im Umfeld der Gießerei gibt.<br />

Das gleiche gilt für die Herstellung <strong>von</strong> Prototypen und Mustern, für die Serienherstellung<br />

<strong>von</strong> Kernen oder der Auslagerung der Instandhaltung zu Serviceanbietern. Es gibt spezialisierte<br />

Zulieferer – mit eigenem Know-how und mit Professionalität.<br />

Die Gießereien werden in der Zukunft ganz eng in ein Produktionsnetzwerk eingebunden<br />

sein. Grundsätzlich wird es in Zukunft so sein, dass die Gießerei als Zulieferer mehr Aufgaben<br />

des Kunden übernimmt, aber gleichzeitig andere Bereiche innerhalb der Gießerei an<br />

Zulieferer oder Dienstleister abgibt.<br />

Es wird <strong>von</strong> Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein, was selbst und was extern gemacht<br />

werden wird. Die eigenen Teilprozesse werden <strong>von</strong> Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein –<br />

27


je nach Produkt, Marktsituation, Kundenstruktur und Finanzlage des Betriebes. Es ist auf<br />

jeden Fall nicht nur eine Frage <strong>von</strong> Betrieben in Hochlohnländern, die mit preiswerten<br />

Dienstleistungen aus Niedriglohnländern ihre Kosten minimieren möchten. Es ist auch eine<br />

Frage <strong>von</strong> Betrieben, die vor Investitionsentscheidungen stehen und sehr genau überlegen<br />

müssen, für welchen Teilprozess sie ihre Investitionsmittel am sinnvollsten einsetzen sollen,<br />

und was sie <strong>von</strong> Dienstleistern zukaufen können. Dies gilt in Zeiten des Wachstums genauso<br />

wie in Zeiten mit angespannter wirtschaftlicher Lage.<br />

Für Gießereien bedeutet dies auf der einen Seite eine große Chance <strong>zur</strong> Übernahme neuer<br />

Wertschöpfungsanteile, auf der anderen Seite aber auch ein Argument für die eigene Auslagerung<br />

bestimmter Tätigkeiten an Zulieferbetriebe, sei es aus Kosten- oder Kapazitätsgründen.<br />

Die Gießereien können daher die Frage nach der optimalen Wertschöpfung in erster<br />

Linie als Chance sehen.<br />

In einer Studie des Verbandes der deutschen Automobilindustrie [VDA04] wurde 2004 untersucht,<br />

wie sich die Automobilhersteller bezüglich ihrer Wertschöpfungsanteile verhalten<br />

werden. In dieser Studie wurde eindeutig festgestellt, dass die Automobilhersteller ihre eigenen<br />

Wertschöpfungsanteile weiter zugunsten der Zulieferer reduzieren werden. Dies gilt insbesondere<br />

für alle Teile und Funktionen, die nicht marktentypisch sind. Für Gießereien bedeutet<br />

dies auf der einen Seite eine große Chance <strong>zur</strong> Übernahme neuer Wertschöpfungsanteile,<br />

auf der anderen Seite aber auch ein Argument für die eigene Auslagerung bestimmter<br />

Tätigkeiten an Zulieferbetriebe, sei es aus Kosten- oder Kapazitätsgründen. Die Gießereien<br />

können daher die Frage nach der optimalen Wertschöpfung in erster Linie als Chance<br />

sehen.<br />

Outsourcing gezielt einsetzen - kein pauschalisieren möglich!<br />

Outsourcing lohnt sich nicht in jedem Fall. Je mehr Geschäftsprozesse Unternehmen outsourcen,<br />

desto geringer ist oft ihre Produktivität. Das ist das Ergebnis einer im Auftrag des<br />

Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), Düsseldorf, vom Fraunhofer Institut für System- und<br />

Innovationsforschung, Karlsruhe, erstellten Studie. Betriebe mit einer hohen Fertigungstiefe<br />

erreichen im Gegensatz zum Durchschnitt der Industrie eine höhere Produktivität <strong>von</strong> mehr<br />

als 8 %. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie durch Outsourcing nicht zwingend Kosten<br />

einsparen, so der VDI-Präsident Prof. Bruno O. Braun. Schlanker und schneller ist nicht automatisch<br />

besser. Transaktionskosten mit Zulieferern, Abhängigkeiten und Zulieferermargen<br />

sind häufig Punkte, die Unternehmen un<strong>zur</strong>eichend berücksichtigen, wobei die Betriebsgrö-<br />

28


ße keine Rolle spielt. Zurückhaltung beim Outsourcing oder, wo sinnvoll, aktives Insourcing<br />

steigert lt. Braun die Produktivität dagegen um teilweise mehr als 10 %. Gerade in Zeiten<br />

unausgelasteter Kapazitäten wie in der aktuellen Krise könnte damit das Insourcing eine<br />

strategische Option werden. Allein 2008 hatte das gesamte Outsourcing <strong>von</strong> Geschäftsprozessen<br />

in Deutschland ein geschätztes Volumen <strong>von</strong> 16 Mrd. Euro. Doch damit erhöhen<br />

Unternehmen nicht zwangsläufig ihre Wettbewerbsfähigkeit, meint Dr. Steffen Kinkel vom<br />

Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung. Als Vorteile für das Insourcing<br />

nennt der Wissenschaftler niedrigere Kosten durch verminderte Abstimmungsprozesse, eine<br />

erhöhte Flexibilität in Engpasssituationen, und dass sich die Kapazitäten dynamischer steuern<br />

lassen – eine „atmende“ Struktur wird möglich. Zudem bleiben Kernkompetenzen der<br />

Fertigung im Unternehmen. Gestützt werden diese Aussagen des Wissenschaftlers durch<br />

die Motive der Unternehmen, welche Fertigungskapazitäten wieder ingesourct haben. Denn<br />

da steht an erster Stelle eine Erhöhung der Flexibilität bei 57 % der Betriebe gleichauf mit<br />

einer Verbesserung der Qualität. Auch Kostenaspekte und die Erhöhung der Kompetenz<br />

spielen eine deutliche Rolle. Doch nicht nur durch die aktive Justierung der Fertigungstiefe<br />

kann die Produktivität gesteigert werden. Die Exportquote wirkt sich laut der Studie ebenfalls<br />

auf die Produktivität aus. Firmen, die einen großen Teil ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften,<br />

sind erheblich produktiver als Betriebe, die ihre Abnehmer überwiegend im Inland<br />

finden, so Kinkel. Die Konkurrenz auf den internationalen Märkten scheint Anreiz für die<br />

deutschen Betriebe zu sein, ihre Produktivitätsreserven systematisch auszuschöpfen<br />

[REN09].<br />

Es wird deutlich, dass in Gießereien lediglich die sehr zentralen Fertigungsbereiche „Gießen,<br />

Abkühlen, Ausleeren“ und „Formherstellung“ und in Eisen- und Stahlgießereien der<br />

„Schmelzbetrieb“ immer vorhanden sind.<br />

Die Optimierung der Wertschöpfungskette in den Gießereien führt zu vielfältigeren Formen<br />

als dies früher üblich war.<br />

Die folgenden Produktionsbereiche sind typisch in Gießereien vorhanden und stellen potentielle<br />

Möglichkeiten <strong>zur</strong> Optimierung der Wertschöpfungskette dar:<br />

29


Bauteil-Konstruktion<br />

Die Fähigkeit Bauteile zu entwickeln, ist nur mit erheblichem rechnergestützten und personellen<br />

Aufwand möglich. Für große Gießereien ist der Aufwand beträchtlich. Mittelständische<br />

Gießereien bieten diese Dienstleistung bisher nur in wenigen Fällen an.<br />

Es ist allerdings da<strong>von</strong> auszugehen, dass es zu den zukünftigen Kernkompetenzen einer<br />

Gießerei gehören wird, Gussteile funktionsgerecht auszulegen und berechnen zu können.<br />

Hierdurch wird die Gießerei zu einem langfristigen <strong>Entwicklung</strong>spartner, der nicht mehr beliebig<br />

austauschbar sein wird.<br />

Fachleute sind der Überzeugung, dass die zukünftig wettbewerbsfähige Gießerei ein Leistungsspektrum<br />

<strong>von</strong> der Bauteilkonstruktion bis hin zum fertig bearbeiteten Bauteil anbieten<br />

muss! Hierbei soll die <strong>Entwicklung</strong>skompetenz an erster Stelle stehen.<br />

Es ist erheblicher Aufwand nötig, um sich als <strong>Entwicklung</strong>spartner für seine Kunden zu qualifizieren.<br />

Hierzu ist es unabdingbar erforderlich, nicht nur das gießereispezifische Know-how<br />

zu beherrschen, sondern die Gießerei sollte auch systematisch das technische Know-how<br />

ihrer Kunden beherrschen, nur so können <strong>Entwicklung</strong>sleistungen bis hin <strong>zur</strong> eigenständigen<br />

Bauteilgestaltung und –berechnung übernommen werden. Eine gewaltige Herausforderung<br />

für viele Gießereien, die in der Regel ganz unterschiedliche Kunden beliefern. Hierbei ist<br />

schon in der Vielzahl der unterschiedlichen CAD-Systeme eine erhebliche Schwierigkeit zu<br />

erkennen.<br />

Gießereien sollten in der Lage sein, ein Gussteil zu optimieren. Funktion, Gestalt, Herstellprozess<br />

und Kosten können so optimal aufeinander abgestimmt werden.<br />

Die Ergebnisse der <strong>LeiKom</strong>-Projekte bezüglich der <strong>Entwicklung</strong>en leichterer Zylinderkurbelgehäuse<br />

bei Eisenwerk Brühl GmbH und NEMAK Rautenbach GmbH haben diese gezeigt -<br />

siehe <strong>LeiKom</strong>-Band „Produkt“.<br />

Gussteil- und Werkzeugkonstruktion<br />

Der Einsatz <strong>von</strong> Simulationssoftware <strong>zur</strong> Berechnung <strong>von</strong> Gießformfüllung und Abkühlungsvorgängen<br />

in einer Form sowie <strong>zur</strong> Simulation <strong>von</strong> Gussgefüge und Gusseigenschaften ist in<br />

zahlreichen Gießereien inzwischen typisch geworden, und wird sich noch weiter – auch bei<br />

30


kleineren Gießereien – verbreiten. Es werden immer kleinere Betriebe derartige Berechnungen<br />

<strong>von</strong> Spezialunternehmen anbieten.<br />

Eine vergleichbare <strong>Entwicklung</strong> ist auch bei der Simulation <strong>von</strong> gießereitechnischen <strong>Prozess</strong>en,<br />

wie der Kernfertigung, zu erwarten: zunächst statten sich lediglich die größten Gießereien<br />

und später auch vergleichsweise kleinere mit Rechner, Software und Fachpersonal<br />

aus.<br />

Prototypen-Herstellung<br />

Der Aufwand an Anlagentechnik und an Fachpersonal <strong>zur</strong> Fertigung mit so genannten Rapid-Prototyping-Verfahren<br />

ist erheblich. Außerdem ist die stetige <strong>Entwicklung</strong> neuer und die<br />

Verdrängung früherer Verfahren ein Grund, dass lediglich sehr große Gießereien eigenen<br />

Anlagen betreiben und die anderen Spezialfirmen beauftragen.<br />

Man geht da<strong>von</strong> aus, dass die Fertigung <strong>von</strong> Prototypen und Kleinstserien zunehmen wird,<br />

aber auch zukünftig bei Spezialfirmen bzw. spezialisierten Gießereien.<br />

Modell- und Werkzeugbau<br />

Der seit Jahren bestehende Trend, dass Gießereien Modelle und Werkzeuge bei Modellund<br />

Formenbauern fertigen lassen und lediglich Reparaturarbeiten an den Modellen und<br />

Formen selbst ausführen oder auch diese extern ausführen lassen, wird sich weiter fortsetzen.<br />

Kernmacherei<br />

Die Herstellung <strong>von</strong> Sandkernen ist und wird in den meisten Gießereien ein typischer Fertigungsbereich<br />

bleiben. Denn noch hat sich in der Vergangenheit ein Trend in Richtung teilweiser<br />

bis hin <strong>zur</strong> kompletten Auslagerung der gesamten Kernfertigung (nicht nur <strong>zur</strong> Abdeckung<br />

<strong>von</strong> Produktionsspitzen) angedeutet.<br />

Insbesondere die Automobilindustrie mit ihrer marktgesteuerten Innovationsgeschwindigkeit<br />

stellt sehr hohe Ansprüche an die Zulieferer – vor allem an die Kompetenz der Gießerei, wie<br />

z.B. bei der kernintensiven Produktion <strong>von</strong> Zylinderköpfen oder Motorblöcken. Aufgrund der<br />

unterschiedlich starken Belastungen durch das Gießmetall sind verschiedenartige Kerne<br />

notwendig, die sowohl vom Bindersystem als auch vom Formgrundstoff (Quarz-, Zirkon- und<br />

Chromerzsand) den Anforderungen entsprechen müssen. Die Forderung nach absoluter<br />

31


Fehlerfreiheit der Gussteile, verbunden mit größtmöglicher Reproduzierbarkeit, verlangt umfassende<br />

Kenntnisse über das Formstoffverhalten und den Bildungsmechanismen <strong>von</strong> Ungänzen<br />

im Gussteil.<br />

Mögliche Nutzung der strategischen Auslagerung der Kernfertigung:<br />

o Abdeckung <strong>von</strong> Spitzenkapazitäten<br />

o Kombination zwischen Eigenfertigung <strong>von</strong> wichtigen Kernsortimenten und<br />

Fremdbezug <strong>von</strong> Massenkernen<br />

o Vollkommene Trennung <strong>von</strong> der Eigenfertigung<br />

Abbildung 5-1 zeigt die unterschiedlichen <strong>Entwicklung</strong>sstufen einer Auslagerung der Kernproduktion<br />

in Abhängigkeit mit den betriebwirtschaftlichen Vorteilen auf.<br />

Abbildung 5-1: <strong>Entwicklung</strong>sstufen des Outsourcing<br />

[ELL00]<br />

Oftmals liegt es an der Philosophie einer Gießerei, ob man über eine Auslagerung der Kernkompetenz<br />

„Kernmacherei“ in Betracht zieht oder nicht. Bei dem heutigen Kostendruck und<br />

des immer stärker werdenden Wettbewerbs, kann es aber sinnvoll erscheinen, über eine<br />

Auslagerung der Kernfertigung kalkulatorisch nachzudenken. Abbildung 5-2 zeigt, dass die<br />

Kosten mit steigendem Perfektionsgrad (bei einem Perfektionsgrad <strong>von</strong> z.B. 100% wird jeder<br />

32


einzelne Arbeitsschritt hausintern geleistet) überproportional ansteigen – dies ist aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht nicht empfehlenswert.<br />

Abbildung 5-2: Zusammenhang zwischen Perfektionsgrad einer Fertigung<br />

und den Kosten<br />

[ELL00]<br />

Ein weiterer Kostenfaktor in der Kernfertigung ist die Abdeckung <strong>von</strong> Produktionsspitzen.<br />

Hier fallen neben den festen Fixkosten zusätzlich Kosten für erhöhten Verschleiß der Anlagen<br />

und erhöhte Personalkosten an. Abbildung 5-3 zeigt die Kernfertigungskosten in Bezug<br />

auf die Produktionsmenge. Im Normalbetrieb steigen die Kosten lediglich linear an, wobei die<br />

Kosten bei einer Produktion, die über die normalen Kapazitäten hinausgeht, überproportional<br />

ansteigen. Dies liegt an den gesteigerten variablen Kosten, wie z.B. für zu zahlende Überstundenzuschläge<br />

und einem höheren Reparaturaufwand. Aber auch an gesteigerten Fixkosten,<br />

wie z.B. für das Leitungspersonal, Gebühren für Genehmigungen, höheren Bereitschaftsgrad<br />

innerbetrieblicher Servicestellen.<br />

33


Abbildung 5-3: Kostenverlauf bei Überbelegung und Fremdbezug<br />

[ELL00]<br />

Bei Auslagerung der Kernfertigung kann die Kernfabrik als Kapazitätsreserve des Kunden<br />

fungieren, da der verstetigte Auslastungsgrad der Kernfertigungszentren eine Zusatzproduktion<br />

mit normalisierten Kosten ermöglicht [ELL00].<br />

Bei jeder strategischen Überlegung über eine teilweise bzw. komplette Auslagerung der<br />

Kernherstellung sollte stets in Betracht gezogen werden, dass der entsprechende Zulieferer<br />

sowohl absolute termintreue, aber auch den hohen Qualitätsanforderungen an das Produkt<br />

jeder Zeit garantieren kann.<br />

Schmelzbetrieb<br />

In Eisen-, Stahl- und Buntmetallgießereien ist der Schmelzbetrieb ein immer vorhandener<br />

Bereich. In Aluminiumgießereien wird die Schmelze vollständig erschmolzen oder teilweise<br />

als Flüssigmetall <strong>von</strong> einem Hüttenbetrieb bezogen. Die Anlieferung <strong>von</strong> Flüssigaluminium<br />

ist energieeffizient und wird in Gießereien mit günstigem Transportweg zu Recycler bzw.<br />

Aluminiumhütten zukünftig intensiver zu prüfen sein.<br />

34


Belieferung mit Flüssigaluminium<br />

Die Beliefermöglichkeit <strong>von</strong> Aluminiumgießereien mit Flüssigaluminium hat im Wesentlichen<br />

den Vorteil, dass die Gießerei im Vergleich zum Einsatz der üblichen Aluminiummasseln die<br />

Energie zum erneuten Schmelzen einspart. Dies spart nicht nur Energiekosten, sondern<br />

auch Investitionskosten in Schmelzöfen, reduziert die Kosten des Zustellens <strong>von</strong> Öfen, reduziert<br />

die ökologische Belastung durch CO2 und auch den Metallabbrand - Abkrätzen oder<br />

weitere Umfüllvorgänge werden reduziert.<br />

Das Einsatzgebiet für die Zulieferung <strong>von</strong> Flüssigaluminium kann <strong>von</strong> der Abdeckung <strong>von</strong><br />

Produktionsspitzen bis hin <strong>zur</strong> vollständigen Versorgung mit Aluminium reichen.<br />

Eine Weiterentwicklung des Transportbehälters ermöglicht nun auch das Warmhalten der<br />

Schmelze ohne weiteres Umfüllen in einen separaten Warmhalteofen. Die Integration <strong>von</strong><br />

passiven Heizsystemen (Tauchrohre) an das vorhandene Straßentransportsystem ermöglicht<br />

das Warmhalten der Aluminiumschmelze in der Gießerei. Es wird zwischen zwei Möglichkeiten<br />

der Beheizung unterschieden. Zum Einen ist es möglich, die Tauchrohre nach dem<br />

Widerstandsprinzip zu beheizen und zum Anderen durch einen indirekt wirkenden Erdgasbrenner.<br />

Der Lieferradius <strong>von</strong> Flüssigaluminium ist durch die Weiterentwickelung der Straßentransportbehälter<br />

in Richtung verbesserte Isolation nicht nur auf das direkte Umfeld einer Aluminiumhütte<br />

bzw. Recycler beschränkt. Moderne Straßentransportbehälter haben lediglich eine<br />

Abkühlrate <strong>von</strong> ca. 10°K/h. Dies ermöglicht auch einen Transport über mittlere Distanzen<br />

(Abbildung 5-4).<br />

Abbildung 5-4: Zeigt die neu entwickelten Straßentransportbehälter mit der Möglichkeit<br />

<strong>zur</strong> Einbringung eines Heizsystems zum Warmhalten der Schmelze – hier die widerstandsbeheizte<br />

Variante.<br />

35


Die technischen Daten der Heizelemente zeigt Tafel 5-1. Hier wird die widerstandsbeheizte<br />

Variante mit der erdgasbeheizten Variante anhand der Merkmale und der technischen Daten<br />

verglichen.<br />

Tafel 5-1. Spezifische Merkmale der indirekten Beheizungsvarianten für Straßentransportbehälter<br />

[KUO07]<br />

Der qualitative Vergleich zwischen der traditionellen Verarbeitung in Blockform und der Verarbeitung<br />

<strong>von</strong> Flüssigaluminium zeigt (Tafel 5-2).<br />

36


Tafel 5-2: Qualitativer Vergleich - Blockbelieferung vs. Flüssigmetallbelieferung<br />

[KUO07]<br />

> Eingesparte Schmelzenergie<br />

Die direkte Belieferung mit Flüssigaluminium und der damit verbundene Wegfall des Wiedereinschmelzens<br />

<strong>von</strong> Aluminium können Einsparungen <strong>von</strong> 700-1200 kWh/t ermöglichen. Bei<br />

Gaskosten <strong>von</strong> 0,04 €/kWh können so 28-48 €/t an Energiekosten eingespart werden.<br />

Tafel 5-3 zeigt einen Vergleich der technischen Daten <strong>von</strong> Ofentypen, die in einer typischen<br />

Aluminiumgießerei zu finden sind. Diese Daten dienen als Grundlage für das angeführte Berechnungsbeispiel.<br />

37


Tafel 5-3: Ofentypen und technische Daten<br />

> Eingesparte Metallverluste<br />

Ausgehend <strong>von</strong> einer direkten Belieferung des Flüssigaluminiums an den Gießtiegel tritt lediglich<br />

ein Metallverlust während des Umfüllvorganges auf, der sich auf ca. 0,2% beläuft.<br />

Dabei kommt es zu einem reinen Metallverlust <strong>von</strong> 2-5% d.h. 20-50 kg/t. Wenn man einen<br />

Metallpreis <strong>von</strong> 2100 €/t ansetzt, können Einsparungen <strong>von</strong> 42-105 €/t erzielt werden.<br />

> Sonstige Kostenersparnis<br />

Die sonstigen Kostenersparnisse müssen <strong>von</strong> Fall zu Fall betrachtet werden, wie z.B. ob<br />

durch den Einsatz <strong>von</strong> Flüssigaluminium auf eine Investition in einen neuen Ofen oder ähnliches<br />

verzichtet werden kann. Allgemein kann man jedoch sagen, dass das Einsparpotential<br />

in Bereichen wie Finanzierung, Umschlag, Lagerhaltung, Genehmigungsaufwand und die<br />

damit verbundene Zeitersparnis bei neuen Anlagen etc. mit einbezogen werden müssen.<br />

38


Ökologische Vorteile der Belieferung mit Flüssigaluminium<br />

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen der direkten Belieferung mit Flüssigaluminium kommen<br />

auch ökologische Vorteile hinzu [KU007].<br />

Bei einem spezifischen Energieverbrauch <strong>von</strong> 700 kWh/t Aluminium können demnach 141<br />

kg CO2/t Aluminium, bei 1200 kWh/t 242kg CO2/t Aluminium an Emissionen innerhalb einer<br />

Gießerei vermieden werden.<br />

Für den Metallverlust ist die CO2 Bilanzierung auf die gesamte <strong>Prozess</strong>kette - bis hin <strong>zur</strong> der<br />

Primäraluminiumgewinnung <strong>zur</strong>ückzuführen, da das oxidierte Aluminium unwiderruflich dem<br />

Wirtschaftskreislauf entzogen wird, und so durch Primäraluminium ersetzt werden muss.<br />

Vom Bauxitabbau bis zum Primäraluminium ergibt dies eine CO2-Fracht <strong>von</strong> 10634 kg/t Primäraluminium.<br />

Bei einem Metallverlust <strong>von</strong> 2% entspricht dies 212 kg CO2/t geschmolzener<br />

Masseln, 5% Metallverlust entspricht 532 kg CO2/t.<br />

Aus rein spezifischer Sicht der Aluminiumgießerei ergibt sich somit ein nachhaltiges CO2-<br />

Reduzierungspotential <strong>von</strong> 335-775 kg CO2/t.<br />

Aus Gründen der anhaltenden Debatten über die Nachhaltigkeit und den ökologischen Beitrag<br />

der energieintensiven Industrien (zu denen auch die Gießereiindustrie zählt) ist eine<br />

solche CO2-Bilanzierung nicht nur <strong>von</strong> ökologischem Wert, sondern führt auch zu einer Verbesserung<br />

des Gesamtimages einer Gießerei und somit auch der ganzen Branche [KUO07].<br />

Gießen, Abkühlen, Ausleeren der Form<br />

Das Gießen, Abkühlen und Entleeren der Form wird auch in Zukunft eine unablässige Kernkompetenz<br />

der Gießerei bleiben.<br />

Gussnachbearbeitung<br />

Die Gussnachbearbeitung, wie das Entgraten, wird <strong>von</strong> zahlreichen kleinen oder mittelständischen<br />

Gießereien wegen der Personalkosten zu erheblichem Anteil an Dienstleistungsunternehmen<br />

in Auftrag gegeben. Es ist zu erwarten, dass u. a. wegen der zukünftigen Fortschritte<br />

in der Automatisierungstechnik, derartige Arbeiten in den Gießereien ausgeführt<br />

werden – wie dies bei den großen Automobilzulieferern typisch ist. Ein solch hoher Automatisierungsgrad<br />

ist allerdings zunächst nur bei Gießereien mit Großserien zu erwarten.<br />

39


Ein weiterer Trend bei grenznahen Gießereien ist es, die Gussstücke in Niedriglohnländern<br />

zu transportieren und dort putzen zu lassen, um so eine Steigerung der Wertschöpfung zu<br />

erzielen.<br />

Endbearbeitung<br />

Die Endbearbeitung wird zunehmend Teil der Wertschöpfungsketten in Gießereien. Die Lieferung<br />

einbaufertiger Komponenten verstärkt die Bindung zwischen Gießerei und ihrem Abnehmer.<br />

Es erscheint unabdingbar, das Leistungsangebot der Gießerei auf fertig bearbeiteten Guss<br />

zu erweitern – eine andere Frage ist, ob die Gießerei hier selbst investieren muss oder ob<br />

gerade hier die Kooperation mit einem kompetenten Spezialisten angebracht ist. Dies hängt<br />

in erster Linie vom Produktspektrum der Gießerei ab. Beim Serienlieferant für die Automobilindustrie<br />

mit life-time-Verträgen ist diese Frage anders zu beantworten als bei einer mittelständischen<br />

Kundengießerei mit einer breiten Kundenpalette.<br />

Die Automobilindustrie hat sich in der Regel bereits auf ganz wenige Produktgruppen spezialisiert<br />

und bezieht über Jahre das gleiche Produkt. Mit dieser Investitionssicherheit können<br />

mit einer eigenen Bearbeitung die letzten Rationalisierungspotentiale ausgenutzt werden, der<br />

externe Ausschuss und Schnittstellenprobleme werden minimiert und der Informationsfluss<br />

deutlich verbessert – alles gute Gründe für eine eigene Bearbeitung.<br />

Aber auch eine Kundengießerei muss sich mit der Thematik beschäftigen. Auch sie muss die<br />

Bearbeitung für den Kunden übernehmen können und die Technologie beherrschen. Zumindest<br />

soweit, um als kompetenter Gesprächspartner für den Kunden aber auch für den Bearbeitungsdienstleister<br />

<strong>zur</strong> Verfügung zu stehen. Hier wird in Zukunft der Kunde mehr Wert<br />

darauf legen und neben den Teilekosten auch den Service der Gießerei bei seiner Lieferantenauswahl<br />

mit berücksichtigen. Viele Kunden der Gießereien haben heute weder einen<br />

Gießereispezialisten noch einen Bearbeitungsfachmann – dieses Know-how erwartet der<br />

Abnehmer aber <strong>von</strong> seinen Lieferanten, zumindest in Europa!<br />

Instandhaltung<br />

Die Instandhaltung ist ein Bereich, der in Gießereien typischerweise vorhanden ist. Verbreitung<br />

findet allerdings zunehmend die dauerhafte Beauftragung <strong>von</strong> Dienstleistungsunternehmen,<br />

die sich auf Instandhaltungsmaßnahmen spezialisiert haben.<br />

40


Ausgangssituation und <strong>Entwicklung</strong>strends <strong>zur</strong> Auslagerung der Instandhaltung<br />

Zunehmend verkettete und automatisierte Fertigungsprozesse, höhere Ansprüche an die<br />

Produktqualität sowie die Notwendigkeit höherer Verfügbarkeit <strong>von</strong> Maschinen und Anlagen<br />

haben in den letzen Jahren zu rasant steigenden Anforderungen an die Instandhaltung geführt.<br />

Gleichzeitig verlangt wachsender Kostendruck oft eine deutliche Reduzierung des<br />

Ressourceneinsatzes für erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen.<br />

> Erhöhung der Reaktionsfähigkeit<br />

Technische Probleme müssen kurzfristig und präzise diagnostiziert werden und Maßnahmen<br />

sind unmittelbar zu ergreifen. Das stellt besondere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit<br />

der Instandhaltung und macht den Faktor Zeit zu einer eigenständigen<br />

Zielgröße. Die spricht für eine eigene, interne Instandhaltung. Am Besten ist, wenn die<br />

Instandhaltung zu einem Teil in die Produktion integriert ist - wie die <strong>LeiKom</strong>-<br />

Ergebnisse aussagen.<br />

> Verbesserung der Ressourcennutzung<br />

Der immer weiter ansteigende Kostendruck durch den Wettbewerb erfordert in jeder<br />

Abteilung der Gießerei qualitativ hochwertige und effiziente Arbeitsmethoden – auch<br />

und gerade in der Instandhaltung.<br />

Hinsichtlich der Instandhaltung äußert sich die Forderung nach Ressourceneffizienz in<br />

wachsenden Qualitätsansprüchen, dem Abbau <strong>von</strong> Puffern bei Personal und technischer<br />

Infrastruktur sowie in wesentlich gesteigerten Anforderungen an die Leistungsmotivation<br />

(siehe auch Kapitel 14 „Instandhaltung in Gießereien“).<br />

> Steigerung der Innovationsfähigkeit durch Erschließung weiterer Aufgabenbereiche<br />

Die Kernkompetenz der Instandhaltung besteht in der Absicherung des Fertigungsprozesses.<br />

Die Instandhaltung hat tiefe Einblicke in die Leistungsfähigkeit und erkennt<br />

auch etwaige Schwachstellen innerhalb der technischen Infrastruktur, aber auch Überorganisation<br />

innerhalb des Fertigungsprozesses.<br />

In einem Wettbewerbsumfeld, in dem die kontinuierliche Verbesserung bestehender<br />

Strukturen, <strong>Prozess</strong>e und Technologien den Unternehmenserfolg bestimmt, gilt es,<br />

dieses Detailwissen zu nutzen, um Potentiale <strong>zur</strong> Effizienzsteigerung zu erkennen und<br />

zu erschließen. Somit erweitert sich der Aufgabenbereich der Instandhaltung über die<br />

traditionell technikzentrierte Fertigungsabsicherung hinaus zu einer ganzheitlichen Fertigungsbetreuung.<br />

Die Instandhaltung sollte sich somit nicht mehr als auftragsbezoge-<br />

41


nen-reaktiven Dienstleister sehen, sondern sollte vielmehr das Selbstverständnis zum<br />

impulsgebenden-initiativen Servicebereich begreifen lernen (Abbildung 5-5).<br />

Abbildung 5-5: Wandel der strategischen Anforderungen in der Instandhaltung<br />

[KOL05]<br />

Praxisbeispiel <strong>zur</strong> Auslagerung der Instandhaltung <strong>von</strong> Putz- und Schleifwerkzeugen:<br />

Eine Schweizer <strong>von</strong>Roll Casting-Gießerei konnteihre Schleifkosten durch ein neues Warenwirtschaftssystem<br />

und einen Vollservicevertrag für alle Gießereiwerkzeuge drastisch verringern.<br />

Bei früherer Vorgehensweise sind die eingesetzten Schleifenmaschinen und Meißelhämmer<br />

auf Crash gefahren worden. Für jedes Werkzeug hielt man deshalb immer wenigstens eines<br />

als Ersatz vor.<br />

Als später ein neues Warenwirtschaftssystem eingeführt wurde, nahmen Gießerei und<br />

Nachbearbeitung das Serviceangebot des Maschinenlieferatnen für eine gemeinsame Analyse<br />

der gesamten Werkzeugkosten und Instandhaltung an. Ein zeitlich befristeter Wartungsvertrag<br />

<strong>zur</strong> „Zustandsbezogenen Instandhaltung aller Materialbearbeitungswerkzeuge“ –<br />

gleich welcher Marke – abgeschlossen.<br />

In den Werksferien wurden binnen zwei Wochen die älteren Maschinen völlig zerlegt und<br />

generalüberholt, gekennzeichnet und alle ausgeführten Arbeiten in eine Servicedatenbank<br />

eingetragen, bevor sie <strong>zur</strong>ückgebracht wurden. Ein Vorgang der sich im Halbjahresrhythmus,<br />

jeweils in Betriebsferien wiederholt. Ergebnis nach dem Testjahr: man spart dabei, hat weniger<br />

Administration und eine höhere Werkzeugverfügbarkeit.<br />

Der Vollservice bietet Kostensicherheit, da alle Dienstleistungen zu Festpreisen abgewickelt<br />

werden.<br />

42


Durch den Umstieg bei Schruppschleifern <strong>von</strong> Hochfrequenz auf Druckluft und das Outsourcing<br />

der Werkzeuginstandhaltung seien allein die Reparaturkosten um 28% <strong>zur</strong>ückgegangen.<br />

Die Schleifproduktivität konnte gesteigert werden und dürfte - wie man in der Gießerei<br />

erwartet - tendenziell weiter zunehmen [STA06].<br />

6 Planung einer zukunftsorientierten Gießerei<br />

Gießereien müssen sich rasch und flexibel den veränderten Marktsituationen anpassen, um<br />

sich zukunftsorientiert darstellen zu können.<br />

Neben der Ausrichtung auf Nachhaltiges Wirtschaften zwingen zunehmender Wettbewerbsdruck,<br />

die Globalisierung der Märkte und die damit einhergehenden Veränderungen der<br />

Marktsituation die Gießereien zum Handeln. Die Abnehmer <strong>von</strong> Gießereiprodukten erwarten<br />

zunehmend .kundenspezifische und innovative Produkte zu günstigen Preisen, mit kurzen<br />

Lieferzeiten und hoher Termintreue. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssen die<br />

Gießereien die bisherigen Fertigungsstrukturen und Produktionsabläufe überdenken. Es gilt,<br />

die Planungsdauer und den Planungsaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Planungsqualität<br />

und Planungssicherheit zu erhöhen.<br />

6.1 Planung einer kompletten Gießerei<br />

Die folgende Empfehlung für eine systematische Planung einer Gießerei unter den Aspekten<br />

Nachhaltigen Wirtschaftens umfasst die Planungsphasen:<br />

>> Zielplanung<br />

>> <strong>Prozess</strong>planung<br />

>> Dimensionierung<br />

>> Strukturierung<br />

>> Ausführungsplanung<br />

43


Zielplanung<br />

+ Die Phase der Zielplanung dient <strong>zur</strong> Klärung der Fragen:<br />

o Welcher Weg führt <strong>zur</strong> Umsetzung der angestrebten Unternehmensstrategie?<br />

o Welche Zielkriterien haben höchste Priorität?<br />

+ Das Ziel dieser Planungsphase ist<br />

o die <strong>Entwicklung</strong> eines Zielkonzeptes und<br />

o die Formulierung einer Aufgabenstellung<br />

+ Das Ergebnis der Zielplanung ist<br />

o ein genehmigtes Zielkonzept<br />

<strong>Prozess</strong>planung<br />

+ Die Phase der <strong>Prozess</strong>planung dient <strong>zur</strong> Klärung der Fragen:<br />

o Welche Funktionen sind zu erfüllen?<br />

o Welche <strong>Prozess</strong>e laufen ab?<br />

+ Das Ziel der <strong>Prozess</strong>planung ist<br />

o die Bestimmung der Folge <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>schritten und<br />

o die Beschreibung der <strong>Prozess</strong>schritte<br />

+ Das Ergebnis der <strong>Prozess</strong>planung sind<br />

o detaillierte <strong>Prozess</strong>beschreibungen<br />

Dimensionierung<br />

+ Die Phase der Dimensionierung dient <strong>zur</strong> Klärung der Fragen:<br />

o Welche Ressourcen erfüllen die Funktionen bzw. <strong>Prozess</strong>schritte?<br />

o Wie viel Ressourcen werden <strong>zur</strong> Funktionserfüllung benötigt?<br />

+ Das Ziel der Dimensionierung ist<br />

o die Bestimmung der Art und Menge <strong>von</strong> Ressourcen unter technischen und<br />

wirtschaftlichen Aspekten<br />

44


+ Das Ergebnis der Dimensionierung sind detaillierte Angaben zu:<br />

o Art und Menge der Betriebsmittel<br />

o Art und Größe der Flächen sowie<br />

o Qualifikation und Anzahl des Personals<br />

Strukturierung<br />

+ Die Phase der Strukturierung dient <strong>zur</strong> Klärung der Fragen:<br />

o Welche Intensität und welche Richtung haben die Beziehungen zwischen den<br />

Elementen?<br />

o In welcher Struktur laufen die <strong>Prozess</strong>e ab?<br />

+ Das Ziel der Strukturierung ist<br />

o der Entwurf einer durch die <strong>Prozess</strong>e „induzierten“ räumlichen und zeitlichen<br />

Struktur.<br />

+ Das Ergebnis der Strukturierung ist<br />

o für die räumliche Struktur: ein Feinlayout in den Etappen Strukturtypentscheidung,<br />

Blocklayout. Feinlayout und<br />

o für die zeitliche Struktur: Ablaufpläne<br />

Ausführungsplanung<br />

+ Die Phase der Ausführungsplanung dient <strong>zur</strong> Klärung der Frage:<br />

o Wie und in welcher Reihenfolge werden die einzelnen Gewerke ausgeführt?<br />

+ Das Ziel der Ausführungsplanung ist<br />

o die Gewährleistung einer reibungslosen Realisierungsphase des Planungsvorhabens.<br />

+ Das Ergebnis der Ausführungsplanung ist<br />

o ein Projektplan, in dem alle Aufgaben und Termine sowie die jeweilige Verantwortlichkeit<br />

beschrieben werden.<br />

Die Umsetzung der Planung kann zielorientiert mit den im Folgenden beschriebenen Schritten<br />

realisiert werden.<br />

45


Die Projektvorbereitung:<br />

• Projektstruktur festlegen<br />

• Projektteams bilden und Verantwortlichkeit klären<br />

• Qualifizierung der Projekt- und Teilprojektleiter zu den Themen<br />

° Projektmanagement, Steuerung <strong>von</strong> Gruppenprozessen<br />

• Vorbereitung Kick-off Meeting<br />

° Führungskreis, Projektleiter, Teilprojektleiter<br />

° Belegschaft<br />

• Einbeziehung des Betriebsrates<br />

Aufgaben des Projektleiters:<br />

• Teilprojektleiter und Teams koordinieren<br />

• Projektplan und Lastenheft erstellen<br />

• Meilensteine fixieren<br />

• Abgleich der Ressourcen<br />

• Einberufen <strong>von</strong> Teamgesprächen<br />

• Bildung eines Kernteams<br />

Der Projektstart, Kick-off Meeting<br />

• Klare Definition der Projektinhalte<br />

• Vereinbaren <strong>von</strong> Spielregeln<br />

• Commitment auf Termine<br />

• Kapazitätsfreigabe <strong>von</strong> Projektmitarbeitern<br />

• Festlegung der Informationskaskade<br />

Spielregeln der Zusammenarbeit und Informationskaskade<br />

• Offene, ehrliche Kommunikation: kurz und prägnant<br />

• Jeder Projektmitarbeiter hat Bringpflicht für seine Aufgaben<br />

• Regelmäßige Meetings der Teams<br />

• Jedes Meeting wird <strong>von</strong> allen vorbereitet<br />

• Besprechungsdauer max. 2 Stunden mit max. 7 Mitarbeitern<br />

46


• Konflikte zuerst im Projektteam behandeln und lösen<br />

• 14-tägiger Bericht pro Hauptprojekt an Linie und Lenkungskreis<br />

• Regelmäßige Information an Linien- und Projektmitarbeiter<br />

• Lenkungskreis alle 8 Wochen<br />

Wie wird der Betriebsrat einbezogen?<br />

• Vorabinformation<br />

• Einladung <strong>zur</strong> Informationspräsentation<br />

• Einladung zum Workshop<br />

• Einladung <strong>zur</strong> Ergebnispräsentation<br />

• Kontinuierliche Information über den „Stand der Dinge“<br />

Arbeitsfähigkeit der Projektteams herstellen<br />

• alle Teammitarbeiter auf die gleiche Wissensbasis stellen<br />

• Unterziele für das Projektteam definieren<br />

o Minimierung <strong>von</strong> Schnittstellen um 20%<br />

o Reduzierung des Handlingsaufwandes<br />

o Behältersysteme auf 2 reduzieren<br />

o Flächenbedarf um 30% senken<br />

• Projektzeitplan entwickeln und abstimmen<br />

Ein Beispiel für eine Projektplanstruktur ist nachfolgend dargestellt.<br />

Zielplanung<br />

• Aufgabenbeschreibung<br />

• Zeitrahmen<br />

• Investitionsvolumen<br />

• Zielgrößen<br />

• Randbedingungen<br />

<strong>Prozess</strong>planung<br />

• Personalplanung Grob<br />

47


• <strong>Prozess</strong>beschreibung<br />

• Umzugsklasse definieren<br />

• Datenaufnahme Betriebsmittel<br />

• Maschinen-Fördertechnik-Lagerplanung<br />

Groblayoutplanung<br />

• Variantengenerierung<br />

• Variantenbewertung, mögliche Bewertungskriterien, wie<br />

> Erweiterbarkeit<br />

> Flussgrad<br />

> Materialflusslänge<br />

> Flexibilität<br />

> Flächennutzung<br />

> Handhabungsaufwand<br />

> kostengünstiger Umbau<br />

• Variantenauswahl<br />

Feinlayoutplanung<br />

• Variantengenerierung<br />

• Variantenbewertung<br />

• Variantenauswahl<br />

Bauplanung und Ausführung<br />

• IST-Datenaufnahme<br />

• Gebäudestruktur<br />

• Statik<br />

• Ausführungsplanung<br />

• Ausführung<br />

• Brandschutz<br />

• Brandschutzgutachten<br />

• Fluchtwegeplan<br />

• Brandschutzanlagenplanung<br />

• Festlegung der Meldepunkte<br />

• Dimensionierung/Auswahl Feuerlöscher<br />

• Installation Meldepunkte<br />

48


Medienversorgung- und Entsorgungsplanung<br />

Klima-/Lüftungstechnik<br />

Haustechnik<br />

Abwasserplanung<br />

Umzug<br />

Digitale Fabrik und Gießereien<br />

Die vorangehende Aufstellung <strong>von</strong> Arbeitsschritten ist angelehnt an eine Empfehlung des<br />

IFF, Magdeburg.<br />

Ein innovatives Planungskonzept ist die „Digitale Fabrik".<br />

In der VDI-Richtlinie 4499 Blatt 1 „Grundlagen <strong>zur</strong> Digitalen Fabrik" wird ein Überblick über<br />

die Ziele, die Anwendungsgebiete und den Nutzen der „Digitalen .Fabrik" gegeben. Es werden<br />

die Modelle, Methoden und Werkzeuge erläutert. Gerade auch für mittelständische Unternehmen<br />

geben diese Handlungsempfehlungen und Entscheidungshilfen.<br />

Die „Digitale Fabrik" stellt eine ganzheitliche Planung. Realisierung, Steuerung und laufende<br />

Verbesserung aller Fabrikprozesse und -ressourcen in Verbindung mit dem herzustellenden<br />

Produkt dar und steht als Oberbegriff für ein umfassendes Netzwerk <strong>von</strong> digitalen<br />

Modellen, Methoden und Werkzeugen, u. a. der Simulation und 3-D-Visualisierung, die<br />

durch ein durchgängiges Datenmanagement integriert werden.<br />

Werden Soll/Ist-Vergleiche innerhalb einzelner Fertigungsbereiche in der Gießerei erstellt,<br />

gelangt man oftmals zu dem Ergebnis, dass zwischen deren installierten Kapazität und ihrer<br />

unter Betriebsbedingungen erreichten Leistung oftmals Diskrepanzen auftreten.<br />

Ein Grund für die Diskrepanzen ist die in Gießereien große Zahl der verschiedenartigen Fertigungsbereichen,<br />

die <strong>von</strong> einander abhängig sind. Wird jeder dieser Fertigungsbereiche mit<br />

einer eigenen optimalen Auslastung betrieben und nicht auf die anderen Bereiche abgestimmt,<br />

kann das Resultat eine suboptimale Gesamtleistung der Anlage sein. Es kann zu<br />

Engpässen oder nicht abgerufenen Teilen innerhalb der Teilprozesse kommen, da diese<br />

unterschiedlich schnell Material verbrauchen oder produzieren.<br />

Soll/Ist-Vergleiche innerhalb einzelner Fertigungsbereiche aufzuzeigen, um eventuelle<br />

Schwankungen aufzudecken, ist unter dem ständig steigenden internationalen Wettbewerbsdruck<br />

notwendig. Mit Hilfe der der <strong>Prozess</strong>optimierung, die sich durch die Digitale Fab-<br />

49


ik" erreichen lässt, kann die Effizienz der Unternehmen und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit<br />

langfristig gesteigert werden. Dabei hängt der Erfolg, der sich durch die „Digitale Fabrik"<br />

erreichen lässt, <strong>von</strong> der Gießereistruktur ab. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die Kapazitätsreserven<br />

innerhalb einer Gießerei umso größer sind, je komplexer ein Gießereibetrieb<br />

aufgebaut ist.<br />

Um den Aspekten eines ständig wechselnden Fertigungsprogramms, z. B. Einzel- oder<br />

Kleinserienfertigung, Rechnung zu tragen und die Gesamtheit der Fertigungsprozesse darstellen<br />

zu können bedarf es eines Softwaretool <strong>zur</strong> Simulation <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>abläufen.<br />

Damit werden folgende Aufgaben übernommen:<br />

• Soll/Ist-Vergleich des derzeitigen Fertigungsablaufes,<br />

• Optimierung der gesamtbetrieblichen Fertigungsorganisation und Logistik,<br />

• Bewertung der Notwendigkeit <strong>von</strong> Investitionen und deren Wirtschaftlichkeit.<br />

Die „Digitale Fabrik" hat sich in der Vergangenheit in der Automobilindustrie als Methodik<br />

und durchgängiges Werkzeug für die Anlagen-, und Produktionsprozessplanung sowie die<br />

virtuelle Inbetriebnahme etabliert.<br />

Durch die Digitalisierung <strong>von</strong> Fertigungsbereichen lassen sich komplexe Produktions- und<br />

Logistikprozesse am Computer planen, effizient modellieren und in kurzer Zeit simulieren,<br />

wodurch realitätsnahe Vorhersagen über die Funktionsfähigkeit <strong>von</strong> Fertigungsanlagen und<br />

Logistiksystemen ermöglicht werden. Durch die Simulation kann in einer Gießerei eine praxisnahe<br />

Prognose der Produktivität und der Leistungsfähigkeit der Fertigungs- und Logistikprozesse<br />

erstellt werden [GDF06].<br />

Detailplanungen einzelner Fertigungsbereiche oder Anlagen schließt an die Feinlayoutplanung<br />

unmittelbar an (Abschnitt 6.2 und 6.3).<br />

6.2 Planung eines Schmelzbetriebs in einer Metallgießerei<br />

Die Planung eines Schmelzbetriebs zeigt beispielhaft, wie im Rahmen einer Anlagenplanung<br />

– noch als Teil der Feinlayoutplanung oder als anschließende Planungsstufe - zielorientiert<br />

und unter nachhaltigen Aspekten innovative <strong>Prozess</strong>e, Anlagen und Arbeitssysteme in Gießereien<br />

eingerichtet werden können.<br />

50


Für die Planung einer speziellen Technik ist der technische Stand darzustellen und eine<br />

kompakte Bewertung als Entscheidungsgrundlage ist durchzuführen.<br />

>> Schmelzbetrieb und Gießerei<br />

Bei der Planung eines NE-Schmelzbetriebs ist zwischen folgenden Betriebsarten mit ihren<br />

unterschiedlichen Anforderungen an die Schmelzaggregate zu unterscheiden:<br />

Unterscheidung nach Gießverfahren:<br />

• Sandguss<br />

• Druckguss<br />

• Niederdruckguss<br />

• Kokillenguss<br />

Unterscheidung nach Fertigungskapazitäten:<br />

• Gießereien mit Großserienfertigung<br />

• Gießereien mit Kleinserienfertigung<br />

• Gießereien mit Einzelstückfertigungen<br />

• Mischbetriebe<br />

Die beschriebenen Betriebsarten erfordern unterschiedlich gestaltete Schmelzbetriebe. Bei<br />

Großserienfertigung, beispielsweise im Druckguss oder Sandguss <strong>von</strong> Aluminiumlegierungen<br />

auf Hochleistungs-Formanlagen, müssen vom Schmelzbetrieb ständig größere Mengen<br />

Schmelze bereitgestellt werden. In diesem Falle kann ein zentrales Schmelzen, beispielsweise<br />

im Schachtofen, oder die Anlieferung <strong>von</strong> Flüssigmetall sinnvoll sein.<br />

>> Einteilung der Schmelzöfen für NE-Gießereien<br />

Schmelzöfen für den NE-Schmelzbetrieb, insbesondere für Aluminium, lassen sich allgemein<br />

in 2 Hauptgruppen unterteilen:<br />

elektrisch beheizte Öfen:<br />

• Induktionsrinnenöfen<br />

• Induktionstiegelöfen<br />

• widerstandsbeheizte Tiegelöfen<br />

brennstoffbeheizte Öfen:<br />

• Herdöfen/Wannenöfen, in der Regel in Form <strong>von</strong> Schachtöfen<br />

51


• gasbeheizte Tiegelöfen<br />

• ölbeheizte Tiegelöfen<br />

Die Eigenschaften der verschiedenen Ofenarten ist hinsichtlich Vor- oder Nachteilen zu diskutieren.<br />

Wichtige Eigenschaften <strong>von</strong> Induktionsrinnenöfen:<br />

• Netzfrequenz<br />

• großes Fassungsvermögen<br />

• gute Energienutzung<br />

• geringe Badbewegung<br />

• gute Temperaturführung<br />

• geringe Emission<br />

• geringer Abbrand<br />

• keine Vorwärmmöglichkeit<br />

• gute metallurgische Eigenschaften<br />

• gute Betriebstechnik<br />

• komplexer Ofenaufbau<br />

• geringe Schmelzleistung<br />

• hohe Investitionskosten<br />

• Sumpffahrweise (geringe Legierungsflexibilität)<br />

• Behandlung im Ofen nur bedingt möglich<br />

• Temperaturgefälle im Metallbad<br />

Wichtige Eigenschaften <strong>von</strong> Induktionstiegelöfen:<br />

• einfacher Ofenbau<br />

• MF oder NF<br />

• hohe Schmelzleistung<br />

• gute Ankopplung an Feststoffeinsatz<br />

• kleine (MF) oder große (NF) Fassungsvermögen<br />

• hohe Schmelztemperatur<br />

• kein Temperaturgefälle<br />

• Behandlungen im Ofen möglich<br />

• geringe Emissionen<br />

• geringer Abbrand<br />

• sehr gute metallurgische Eigenschaften<br />

52


• gute Betriebstechnik (Temperaturführung)<br />

• sehr hohe Investitionskosten<br />

• hoher Anschlusswert<br />

• starke Badbewegung<br />

Wichtige Eigenschaften <strong>von</strong> widerstandsbeheizten Tiegelöfen:<br />

• sehr gute Energienutzung<br />

• gute Temperaturführung<br />

• niedrige Anschlusswerte<br />

• geringe Emissionen<br />

• rein Ohmsche Belastung<br />

• keine Badbewegung<br />

• gute metallurgische Eigenschaften<br />

• niedrige Investitionskosten<br />

• geringe Schmelzleistungen<br />

Wichtige Eigenschaften <strong>von</strong> Herd-/Wannenöfen bzw. Schachtöfen:<br />

• hoher thermischer Wirkungsgrad<br />

• gleichzeitiges Schmelzen und Warmhalten<br />

• Automatisches Chargieren<br />

• hohe Metallqualität<br />

• ölbehaftetes Einsatzmaterial möglich<br />

Wichtige Eigenschaften <strong>von</strong> öl- bzw. gasbeheizten Tiegelöfen:<br />

• mittlere bis hohe Schmelzleistung<br />

• kleiner bis mittlerer Investitionsaufwand<br />

• mäßiger thermischer Wirkungsgrad<br />

• hohe Schmelztemperaturen<br />

• ölbehaftetes Einsatzmaterial möglich<br />

• keine Badbewegung<br />

• metallurgische Probleme möglich<br />

• Temperaturregelung problematisch<br />

• Vorwärmmöglichkeit des Einsatzgutes<br />

• Emissionen höher als bei Elektroofen<br />

>> Einbindung des Schmelzbetriebs in den Gesamtbetrieb<br />

53


Bei der Planung eines Schmelzbetriebs ist nicht nur ein technisch-wirtschaftlicher Kostenvergleich<br />

für die Schmelzaggregate erforderlich, sondern auch die Verknüpfung mit dem gesamten<br />

Betriebssystem der Gießerei zu berücksichtigen.<br />

Die Gießerei kann als ein komplexes System aus drei Aggregaten (Kreisläufen) angesehen<br />

werden, (Abbildung 6-1). An der Stelle G treffen sich der Formen - und der Gießkreis. Bei<br />

der Planung des Schmelzbetriebs ist darauf zu achten, dass dem Bedarf an Formen eine<br />

analoge Menge an Flüssigmetall zu Verfügung steht. Eventuell sind Speicheröfen als Puffer<br />

zwischen Gieß- und Formenkreis vorzusehen. Werden ausschließlich Dauerformen verwendet,<br />

gibt es in (Abbildung 6-1) einen geschlossenen Formenkreis und keinen Formstoffkreis.<br />

Abbildung 6-1: Symbolische Darstellung der Gießerei als Komplexmaschine aus drei<br />

Aggregaten<br />

Neben der Abstimmung des Schmelzbetriebs auf die Formerei (bzw. die Kokillen- oder<br />

Druckgießformen) ist als weiterer Punkt bei der Planung eines Schmelzbetriebs die Materiallogistik<br />

der jeweiligen Gießerei zu beachten. So ist die Größe des Materiallagers, die Zahl<br />

und Anordnung der Lagerplätze sowie der Transport aus diesen Lagerplätzen zum Schmelzbetrieb<br />

<strong>von</strong> Bedeutung. Weiterhin ist der Transport des flüssigen Metalls - in der Regel mit<br />

ausgekleideten Pfannen - <strong>von</strong> den Schmelzöfen <strong>zur</strong> Abnahmestelle (Gießplatz bzw. Warmhalte-<br />

oder Gießöfen) ausschlaggebend.<br />

54


Bewertungsmethoden <strong>von</strong> Investitionsplanungen<br />

Die übliche Form der Bewertung geplanter Investitionen oder Verfahrenstechniken ist der<br />

Wirtschaftlichkeitsvergleich. Dies allein reicht aber für die Entscheidungsfindung nicht aus,<br />

weil viele subjektive oder unternehmensspezifische Kriterien nicht erfasst werden. Subjektive<br />

Kriterien sind z.B.:<br />

• Investitionshöhe: Entspricht die Investition den Vorstellungen der Unternehmensführung<br />

und ihrer Risikobereitschaft?<br />

• Flexibilität: Wie ist die Flexibilität des Schmelzverfahrens zu beurteilen?<br />

• Unternehmensspezifische Kriterien können teils subjektiv, teils objektiv sein:<br />

• Sind das Know How und das notwendige Personal vorhanden oder zu beschaffen?<br />

• Passt das Verfahren in den langfristigen Gesamtplan für Kapazitätserweiterung und Ausbau?<br />

• Wird das Verfahren auch in Zukunft die Qualitätsanforderungen an das Gussprogramm<br />

erfüllen?<br />

Die Antworten auf diese Fragen sind nur schwer zu quantifizieren; nicht zuletzt deshalb, weil<br />

diese Bewertung selbst bei gleichem Gussprogramm <strong>von</strong> Unternehmen zu Unternehmen<br />

unterschiedlich ausfallen muss.<br />

Als brauchbare Methoden, komplexe Entscheidungen zu finden, haben sich<br />

• Nutzwertanalysen<br />

• Entscheidungstabellen<br />

• Entscheidungsbaumverfahren<br />

gut bewährt. Von diesen drei Entscheidungsverfahren eignet sich für Investitionsplanungen<br />

und -entscheidungen die Nutzwertanalyse besonders gut. Zur Durchführung einer Nutzwertanalyse<br />

ist es wichtig, zunächst eine Zielhierarchie aufzustellen. Das Oberziel „Bestmögliches<br />

Schmelzverfahren“ gliedert sich in Knoten und Einzelziele. Eine solche Zielhierarchie<br />

könnte für einen NE-Schmelzbetrieb wie in Abbildung 6-2 aussehen:<br />

55


Abbildung 6-2: Beispiel einer Zielhierarchie für das bestmögliche NE-<br />

Schmelzverfahren<br />

Eine Auswahl detaillierter Bewertungskriterien für Einzelziele bei der Planung <strong>von</strong><br />

NE-Schmelzaggregaten zeigt Abbildung 6-1. Diese Bewertungskriterien sind <strong>von</strong> jeder Gießerei<br />

individuell entsprechend dem jeweiligen Bedarf und der Anforderungen an den<br />

Schmelzbetrieb zu definieren.<br />

56


Übersicht 6-1: Auswahl einiger wichtiger Bewertungskriterien für NE-<br />

Schmelzaggregate, insbesondere für den Aluminiumschmelzbetrieb<br />

Die Einzelziele ergeben sich aus den Knotenzielen. Aus diesen Einzelzielen, die so vollständig<br />

wie möglich definiert werden müssen, wird eine Zielwertmatrix entwickelt. Der nächste<br />

Schritt ist die Wichtung der Teilwünsche, die üblicherweise in Form <strong>von</strong> Prozentzahlen erfolgt.<br />

Diese Wichtung ist rein subjektiv und <strong>von</strong> Gießerei zu Gießerei unterschiedlich. Die<br />

Summe aller Wichtungen muss 100% ergeben. Die Bewertung der Alternativen kann nominal,<br />

ordinal oder kardinal erfolgen. Bei der nominalen Bewertung wird das Einzelziel lediglich<br />

57


mit "geeignet" oder "nicht geeignet" bewertet. Diese Methode ist ungenau und eignet sich nur<br />

für Vorentscheidungen. Bei der ordinalen Bewertung werden die Alternativen in Rangfolgen<br />

eingestuft unter der Annahme, dass die Abstände zwischen den Rängen gleich sind, was<br />

nicht immer zutreffen muss. Rangfolgen können z.B. sein: schlecht, mittel, gut - entsprechend<br />

z.B. 1,2,3.<br />

Nach erfolgter Wichtung und Bestimmung der Rangfolge wird die Wertsynthese erstellt.<br />

Hierbei werden die Prozentzahlen der Wichtung mit den Rangfolgeziffern multipliziert und die<br />

Ergebnisse addiert. In diesem Fall schneidet das Schmelzverfahren mit der höchsten Punktzahl<br />

am günstigsten ab. Ein Beispiel einer Zielwertmatrix für die ordinale Bewertung, die allerdings<br />

keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, ist in Abbildung 6-2 für die Planung<br />

eines Aluminiumschmelzbetriebs wiedergegeben. Die ordinale Methode ist genauer als die<br />

nominale, bedarf aber eines höheren Informations- und Zeitaufwandes. Bei sehr vielen Einzelzielen<br />

(> 10), deren Summe 100 % ergeben muss, wird die Wichtung kompliziert. Es empfiehlt<br />

sich dann, die Einzelziele in Kriterienbereiche aufzugliedern, deren Summe das Oberziel<br />

ausmacht. Die Wichtung der Knotenziele soll in der Summe 100 Prozent ergeben, desgleichen<br />

die Zusammenfassung der Knotenziele zum Oberziel.<br />

Einen noch höheren Aussagewert erhält die Nutzwertanalyse, wenn die Alternativen nicht<br />

nach Rangplätzen bewertet werden, sondern in Richtung und quantitativem Abstand definiert<br />

werden. Diese sogenannte kardinale Präferenzordnung setzt einen funktionalen Zusammenhang<br />

zwischen Nutzwert und einer Messgröße für die Eigenschaftsanforderungen voraus.<br />

Diese Funktion transformiert die Messgröße in ein für alle Eigenschaftsanforderungen gleiches<br />

Punkt- oder Prozentsystem. Die Punktzahlen der Alternativen werden wiederum mit der<br />

Wichtung multipliziert. Der Informationsaufwand für die kardinale Methode ist sehr hoch und<br />

kaum zu bewältigen. Diese Methode hat daher bisher in der Praxis keine Bedeutung erlangt.<br />

58


Abbildung 6-3: Beispiel einer Matrix für die Nutzwertanalyse <strong>zur</strong> Planung eines NE-<br />

Schmelzbetriebes<br />

59


6. 3 Planung <strong>von</strong> Maßnahmen <strong>zur</strong> Luftreinhaltung in Gießereien<br />

Die Planung <strong>von</strong> Umweltschutzanlagen zeigt beispielhaft, wie im Rahmen einer Anlagenplanung<br />

– noch als Teil der Feinlayoutplanung oder als anschließende Planungsstufe - zielorientiert<br />

und unter nachhaltigen Aspekten innovative <strong>Prozess</strong>e, Anlagen und Arbeitssysteme<br />

in Gießereien eingerichtet werden können.<br />

Für die Planung einer speziellen Technik ist der technische Stand darzustellen und eine<br />

kompakte Bewertung als Entscheidungsgrundlage ist durchzuführen.<br />

>> Maßnahmen <strong>zur</strong> Emissionsminderung<br />

Neben der Feststoffabscheidung (Mechanische Abscheider) werden bei der Reinigung <strong>von</strong><br />

luftfremden Stoffen verschiedene andere Verfahren eingesetzt, so z. B.<br />

• Thermische Reinigungsverfahren<br />

• Sorptionsverfahren<br />

• Biologische Abgasreinigungsverfahren<br />

Der heutige Stand der Abgasreinigungstechnik in Gießereien ist beschrieben in der EU-<br />

Ausarbeitung über die Best Verfügbaren Techniken (siehe Abschnitt „<strong>Prozess</strong>integrierter<br />

Umweltschutz“) [INT05]. Als gesetzgeberischen Bestimmungen sei im Besonderen verwiesen<br />

auf die in Deutschland gültige Technische Anleitung Luft TA Luft 2002 [BOL 04].<br />

>> Abscheidung <strong>von</strong> Feststoffen<br />

Die Staubabscheider lassen sich grundsätzlich in vier Hauptgruppen einteilen:<br />

• Massenkraftabscheider<br />

• Nassabscheider<br />

• Filternde Abscheider<br />

• Elektrische Abscheider<br />

Als Auswahlkriterien für den Einsatz dieser Staubabscheider gelten dabei unter anderem der<br />

Reingasstaubgehalt, die Betriebskosten sowie die Betriebssicherheit der Anlage.<br />

60


Filternde Abscheider<br />

Filternde Abscheider werden dadurch gekennzeichnet, dass das zu reinigende Staub-Gas-<br />

Gemisch durch die Filterelemente wie Gewebe, Filze, Schüttschichten, Keramik u. a. geleitet<br />

wird. Der Staub wird dabei aufgrund <strong>von</strong> Diffusions- und Trägheitseffekten auf der Filteroberfläche<br />

und/oder in den Poren des Filtermediums selbst abgeschieden. Die Gewebeart und<br />

das Filtermaterial selbst werden <strong>von</strong> verschiedenen Faktoren bestimmt, so z. B.:<br />

• Chemische Zusammensetzung des Trägergases<br />

• Gastemperatur<br />

• Gasfeuchtigkeit<br />

• Art des anfallenden Staubes<br />

• Korngrößenzusammensetzung des Staubes.<br />

Die einzusetzenden Filtermaterialien müssen eine hohe Form-, Temperatur- und chemische<br />

Beständigkeit besitzen. Neben Baumwoll- und Wollgeweben entwickelte man Gewebe und<br />

Filze aus synthetischen Fasern (Nomen). Mit diesen Geweben können gute Abscheideleistungen<br />

bei sehr unterschiedlichen Betriebsbedingungen (hohe Gastemperatur, Gasfeuchte,<br />

Säureanteile im Gas usw.) erzielt werden.<br />

Neuere <strong>Entwicklung</strong>en zielen daraufhin ab, Filtermaterialien bei hohen Temperaturen einzusetzen<br />

(Hochtemperaturgewebefilter).<br />

Die Einteilung der Gewebefilter kann nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgenommen<br />

werden. Man unterscheidet je nach Anordnung des Ventilators zwischen Saug- und Druckfiltern.<br />

Je nach Bauweise können die Filter weiterhin in Schlauch- und Flächenfilter unterteilt<br />

werden. Daneben unterscheidet man Reihen- und Rundfilter.<br />

In verschiedenen Kammern hängen <strong>von</strong> oben nach unten Gewebeschlauche in Stützkörben.<br />

Durch diese Gewebeschläuche wird das Gas-Staub-Gemisch in den meisten Fällen <strong>von</strong> innen<br />

nach außen hindurchgeleitet. Wenn sich ein entsprechender Filterkuchen gebildet hat,<br />

muss dieser <strong>von</strong> den Schläuchen entfernt werden, da sonst eine weitere Filtration nicht mehr<br />

möglich ist. Dieser Vorgang wird als Reinigungsvorgang des Gewebes bezeichnet. Bei der<br />

Abreinigung wird Spülluft im Gegenstrom in die zu reinigende Schlauchkammer geführt.<br />

Mit Hilfe <strong>von</strong> mechanischen und/oder strömungstechnischen Mitteln wird dabei der Filterkuchen<br />

zerstört und gelangt in den Staubsammelbehälter. Nach Beendigung der Abreinigung<br />

wird erneut der Beladevorgang der Kammer eingeleitet.<br />

61


Nassabscheider<br />

Aus der Sicht der abzuscheidenden Stoffe ergeben sich bei der Nassabscheidung zwei Möglichkeiten:<br />

• die Niederschlagung <strong>von</strong> Feststoffpartikeln<br />

• die als Sorption bezeichnete Abtrennung gasförmiger Schadstoffkomponenten<br />

Staubabscheidung und Schadstoffabsorption können prinzipiell gleichzeitig in einem Nassabscheider<br />

erfolgen.<br />

Man unterscheidet grundsätzlich vier Einzelvorgänge, die <strong>zur</strong> Abtrennung <strong>von</strong> Staubpartikeln<br />

aus Gasen durch Nassabscheidung erforderlich sind:<br />

• Verteilung der Waschflüssigkeit in dem zu reinigenden Gas<br />

• Zusammenführen der Staubteilchen mit dem Waschmedium<br />

• Anlagerung und Bindung der Feststoffpartikel an die Flüssigkeit<br />

• Entfernung des Staub-Flüssigkeits-Gemisches aus dem Gas.<br />

Problematisch und schwer überschaubar ist der Vorgang der Zusammenführung <strong>von</strong> Staubteilchen<br />

und Waschflüssigkeit im Reinigungsraum eines Abscheiders. Dabei lassen sich im<br />

Wesentlichen vier beteiligte Elemente nennen:<br />

• Diffusionseffekte<br />

• Elektrostatische Effekte<br />

• Kondensationseffekte<br />

• Massenkrafteffekte infolge Trägheitskraft und / oder Schwerkraft.<br />

Bekannte Nassabscheidesysteme kann man grundsätzlich zwei Gruppen zuordnen. Die erste<br />

Gruppe umfasst Nassabscheider, bei denen vor allem eine hohe Verweilzeit des Staub-<br />

Gas-Gemisches im Waschraum bei niedriger Relativgeschwindigkeit zwischen dem zu reinigenden<br />

Gas und der Waschflüssigkeit vorliegt. Zur zweiten Gruppe gehören alle Nassabscheider<br />

mit hoher Relativgeschwindigkeit, aber kleinerer Verweilzeit.<br />

Zur ersten Gruppe zählen die Wäscher und Wirbelwäscher. Insbesondere beim Wäscher ist<br />

die Verweilzeit des Staub-Gas-Gemisches im Abscheideraum groß. Infolge niedriger Relativgeschwindigkeit<br />

wird aber zumeist keine sehr weitgehende Staubabscheidung erzielt, so<br />

dass diese Nassreiniger oft nur als Vorabscheider oder Gaskühler verwendet werden.<br />

62


Bei Rotationswäschern, als deren charakteristischer Vertreter der Desintegrator angesehen<br />

werden kann, ist eine hohe Relativgeschwindigkeit, die <strong>von</strong> häufigem Richtungswechsel begleitet<br />

wird, zusammen mit der intensiven Waschflüssigkeitsverteilung, für eine gute Staubabscheidung<br />

verantwortlich.<br />

Die Zuführung des Rohgases bei einem Radialdesintegrator erfolgt axial durch den Gaseintrittsstutzen.<br />

Danach wird das Gas umgelenkt und strömt radial durch den Reinigungsraum<br />

nach außen.<br />

Die Waschflüssigkeit, zumeist Wasser, wird in direkter Nachbarschaft der Rotorwelle mittels<br />

eines so genannten Spritzkegels aufgegeben und in Tropfen zerteilt.<br />

Das gereinigte Gas verlässt den Waschraum zusammen mit der Feststoff beladenen Waschflüssigkeit<br />

durch den Gasaustrittstutzen an der Gehäuseunterseite.<br />

Es sind grundlegende Untersuchungen an Radialdesintegratoren vorgenommen worden.<br />

Hinsichtlich der vorteilhaften Eigenschaften lassen sich bei Radialintegratoren nennen:<br />

• hohe Betriebssicherheit<br />

• Weitergehende Wartungsfreiheit<br />

• Geringer Platzbedarf<br />

• Niedrige Anschaffungskosten.<br />

Elektrische Abscheider<br />

Die elektrischen Abscheider gehören, ähnlich wie die filternden Abscheider, zu den wirksamsten<br />

Gasreinigungsapparaten. Im Allgemeinen kann man da<strong>von</strong> ausgehen, dass in elektrischen<br />

Staubabscheidern feinste Korngrößen erfasst werden. Es werden Abscheidegra-<br />

de <strong>von</strong> η ≥ 99 % erreicht.<br />

Ein Elektrofilter besteht prinzipiell aus folgenden Hauptbestandteilen:<br />

• dem Elektrofilter, als eigentlichen Abscheideapparat<br />

• der Hochspannungsanlage.<br />

63


Der Elektrofilter besteht aus sogenannten Gassen, die durch Niederschlagselektroden begrenzt<br />

sind. In deren Mitte sind Sprühelektroden angeordnet, die unter eine negative Hochspannung<br />

gesetzt werden.<br />

Grundsätzlich kann man die elektrische Staubabscheiderwirksamkeit in vier Teilvorgänge<br />

untergliedern:<br />

a) Aufladung der Partikel im elektrischen Feld,<br />

b) Transport der Partikel <strong>zur</strong> Niederschlagselektrode,<br />

c) Auftreffen der Partikel an der Niederschlagselektrode,<br />

d) Abtrennen des Staubes und Transport in den Staubsammelbunker<br />

Die Abtrennung erfolgt beim Trockenelektrofilter über Klopfung der Elektroden, beim Nasselektrofilter<br />

durch Spülung.<br />

Die Wirksamkeit <strong>von</strong> Nasselektrofiltern ist in sehr vielen Falten größer, als die <strong>von</strong> Trockenelektrofiltern,<br />

da infolge der niedrigen Gastemperaturen und der hohen Gasfeuchtigkeit bei<br />

der Nassfiltration die elektrische Leitfähigkeit höher ist.<br />

Nachteilig ist, dass der Nasselektrofilter teurer ist als ein Trockenelektrofilter, da eine oft aufwendige<br />

Wasseraufbereitung durchgeführt werden muss.<br />

>> Vergleich der Verfahren <strong>zur</strong> Staubabscheidung<br />

Vergleicht man die unterschiedlichen Staubabscheide-Systeme, so kann man feststellen,<br />

dass der Wirkungsgrad verschiedener Abscheidetypen begrenzt ist. Diese werden dann als<br />

Vorabscheider in Kombination mit anderen Abscheidern eingesetzt.<br />

Im Gegensatz zu nassarbeitenden Abscheidern, deren Effektivität vom Energieaufwand abhängig<br />

ist, werden Weiterentwicklungen bei Elektrofiltern und bei filternden Abscheidern betrieben.<br />

Für filternde Abscheider lagen in den letzten Jahren die interessanten technologischen Aspekte<br />

darin, Filtermaterialien zu entwickeln, die möglichst langlebig sind und hohen Temperaturen<br />

standhalten.<br />

Neben dem Gesamtabscheidegrad ist die Feinstaubabscheidung <strong>von</strong> besonderem Interesse.<br />

Feinstaub kann bevorzugter Träger bestimmter anorganischer Spurenelemente sein. Zur<br />

Beurteilung der toxischen Wirkung <strong>von</strong> Feinstäuben sind eine Reihe <strong>von</strong> Parameter <strong>von</strong> Bedeutung,<br />

die Je nach Art der Einwirkung und physikalisch-chemischen Effekten unterschieden<br />

werden müssen.<br />

64


Vergleicht man die Fraktionsabscheidegrade verschiedener Abscheider in Abhängigkeit vom<br />

aerodynamischen Durchmesser, erkennt man, dass im Gegensatz zu Hochleistungsnassabscheidern<br />

Elektrofilter und filternde Entstauber hohe Fraktionsentstaubungsgrade aufweisen.<br />

Bei nass arbeitenden Abscheidern ist das nur der Fall, wenn der Energieverbrauch sehr<br />

stark gesteigert wird.<br />

>> Investitions- und Betriebskosten bei Enstaubungsanlagen<br />

Die erforderlichen Investitionen und Betriebskosten für Abluftreinigungsverfahren sind für<br />

den Produktionsprozess im Hinblick auf Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen <strong>von</strong> besonderer<br />

Bedeutung. Es ist daher in vielen Fällen erforderlich, eine Kostenanalyse für die Entstaubungs-<br />

und Gasreinigungsanlagen durchzuführen.<br />

Die Investitionskosten für eine Gasreinigungsanlage umfassen prinzipiell folgende Einzelpositionen:<br />

• Gasreinigungsanlage, dazu gehören u. a. Vorabscheider, Gaskonditionierung,<br />

Staubaustrag,<br />

• Wasserkreislauf, Rohrleitungen, Gebläse etc.<br />

Die Betriebskosten setzen sich zusammen aus:<br />

• Abschreibung und Zinsdienst<br />

• Instandhaltung und Wartung<br />

• Betriebsstoffe<br />

• elektrische Energie<br />

Die Gewährleistungen im Hinblick auf Grenzwerte, stationäre und instationäre Betriebsphasen<br />

etc. sind einzubeziehen.<br />

Die notwendigen Aufwendungen für ein Entstaubungssystem sind jeweils gesondert für den<br />

Einzelfall zu bestimmen; es existieren Normierungsmöglichkeiten, diese sind jedoch nicht<br />

allgemein anwendbar im Hinblick auf erhebliche Differenzen wie z. B. Wartungs- und Reparaturdiensten,<br />

Abschätzung der Standzeiten etc.<br />

65


Vergleicht man diie spezifischen Gasreinigungskosten in Abhängigkeit vom Gasvolumenstrom<br />

dargestellt, so ist ersichtlich, dass bei ansteigenden Abluftvolumenströmen die Betriebskosten<br />

bei einem Radialdesintegrator wesentlich teurer sind als bei anderen Abscheidern.<br />

Wesentlich höhere Kosten entstehen z. B. bei Verwendung <strong>von</strong> hochtemperaturbeständigen<br />

Filtermaterialien.<br />

>> Schlussbetrachtung<br />

Die Staubminderungstechnologien sind im Vergleich <strong>zur</strong> Gasreinigungstechnik in der Bundesrepublik<br />

Deutschland nicht mehr wesentlich verbesserungsfähig.<br />

Im Gießereibereich werden hauptsächlich filternde Abscheider, zum Teil jedoch auch nassarbeitende<br />

Abscheider eingesetzt. Je nach Abscheidebedingungen werden für beide Systeme<br />

Abscheidegrade <strong>von</strong> über 99 % erreicht.<br />

<strong>Entwicklung</strong>en <strong>zur</strong> Reinigung <strong>von</strong> Gießgasen laufen und werden voraussichtlich in wenigen<br />

Jahren - in den Biofiltern u. a. derzeitigen Maßnahmen, <strong>zur</strong> Verfügung stehen, beispielsweise<br />

Reinigungssysteme mit Niedertemperaturkatalysator.<br />

7 Hohe <strong>Prozess</strong>fähigkeit als Voraussetzung für gegossene Leichtbau-<br />

Komponenten<br />

7.1 Die Beherrschung <strong>von</strong> Streuungen als wichtigste Aufgabe der Gießereitechnik<br />

Höhere Maßgenauigkeit ermöglicht die Fertigung gegossener Leichtbauteile: Soweit es möglich<br />

ist, Maßungenauigkeiten oder Festigkeitsstreuungen dauerhaft sicher in einer Produktion<br />

auszuschließen oder zu begrenzen, soweit kann bei der Konstruktion gegossener Bauteile<br />

auf „Sicherheitszuschläge“ verzichtet werden. Die Bauteile können mit geringeren Wanddicken<br />

ihre Funktion sicher erfüllen.<br />

Bei jeder Gussteilfertigung gibt es Streuungen bei <strong>Prozess</strong>- und bei Qualitätskenngrößen.<br />

Die Bestimmung und Bewertung dieser Streuungen bilden die Grundlage für das Ergreifen<br />

<strong>von</strong> den <strong>Prozess</strong> verbessernden Maßnahmen.<br />

Das Messen und Bewerten <strong>von</strong> Streuungen bei Maßen oder bei mechanischen Eigenschaften<br />

stellt den ersten Schritt dar. Hierbei ist die Erstellung <strong>von</strong> Streuungskatalogen<br />

eine empfehlenswerte Methode.<br />

66


Es liegt auf der Hand, dass Streuungen umso ausgeprägter sind, je schlechter ein <strong>Prozess</strong><br />

unter Kontrolle zu bringen ist. Schnell ablaufende Vorgänge, komplizierte, unüberschaubar<br />

vielgliedrige Vernetzungen, weit außerhalb einer stabilen Gleichgewichtslage<br />

ablaufende <strong>Prozess</strong>e und "naturbelassene" Ausgangspositionen erfordern offensichtlich<br />

einen hohen Aufwand <strong>zur</strong> Einengung <strong>von</strong> Streuungen. Zur Fertigung dünnwandigerer<br />

Gussteile ist die Einengung der Streubereiche unbedingte Voraussetzung.<br />

Konkurrenzfähiger Leichtbau ist nur möglich, wenn man Streuungen bei den Maßen und<br />

mechanischen Eigenschaften, dazu aber auch bei der chemischen Zusammensetzung, den<br />

Formstoffeigenschaften und in der gesamten Verfahrenstechnik einengt. Nur so wird es<br />

möglich, die mittleren Wanddicken ohne Steigerung des Risikos, ohne Verringerung des Sicherheitsabstandes<br />

zu verringern, Gewicht und Energie einzusparen, konkurrenzfähig zu<br />

bleiben. Eine bloße Abschätzung der sich überhaupt bietenden Möglichkeiten ist ohne<br />

Kenntnis der Streuungen undenkbar. Erst recht erfordert eine Abschätzung des Verhältnisses<br />

<strong>von</strong> Aufwand (<strong>zur</strong> Streuungseinengung) und Einsparung (an Gewicht) eingehende<br />

Kenntnisse der beteiligten Streuungen.<br />

Bei den vielschichtigen Zusammenhängen zwischen allen die Gussteilqualität beeinflussenden<br />

Größen muss eine Untersuchung <strong>von</strong> Ursachen für Fehler oder der Folgen <strong>von</strong> Abweichungen<br />

unabdingbar die Streuungen berücksichtigen. Streuungsfortpflanzung (Gauß: "Fehlerfortpflanzung")<br />

und Streuungszerlegung (Varianzanalyse, Streufeldanalyse, Entmischung<br />

<strong>von</strong> Mischverteilungen) sind Schlagworte für das Handwerkszeug solcher Untersuchungen.<br />

Keinesfalls erbringen systematische Veränderungen <strong>von</strong> Einflussgrößen eine Einengung <strong>von</strong><br />

Streuungen, es sei denn, dass damit gleichzeitig eine Verschiebung in gegen die Streuungsfortpflanzung<br />

empfindliche Bereiche verbunden wäre. Auch das weithin übliche Ignorieren<br />

<strong>von</strong> Streuungen macht sie nicht kleiner!<br />

Schleichende Veränderungen in der Serienfertigung lassen sich nur frühzeitig erkennen,<br />

wenn man Streuungen kennt und weiß, was sie bedeuten. Solche Veränderungen können<br />

wegen der unter Umständen beträchtlichen Zeitverschiebung zwischen Verursachung und<br />

dem Sichtbarwerden der Folgen oft beträchtliche finanzielle Folgen haben. Ein Beispiel dafür<br />

ist ein sehr langsamer Anstieg des Cr-Gehaltes bei thermisch belastetem Gusseisen mit Lamellengraphit.<br />

Die Auswirkungen un<strong>zur</strong>eichender Haltbarkeit zeigten sich erst nach Monaten,<br />

und dann auch nicht mit einem Schlage, sondern ebenfalls langsam ansteigend. Eine<br />

Warnung durch die Reklamation selbst kommt um Monate zu spät. Die Kenntnis <strong>von</strong> der<br />

<strong>Entwicklung</strong> der Ausgangsstreuungen hätte großen Schaden verhüten können.<br />

67


Versuche, streuungsabhängige Größen ohne Statistik, also mit (bloßem) Ingenieurwissen "in<br />

den Griff zu bekommen“, müssen zwangsläufig fehlschlagen. Erst die Kenntnis <strong>von</strong> den<br />

Streuungen unserer Verfahren, Werkstoff- und Werkstückeigenschaften<br />

• macht Risiken berechenbar,<br />

• bringt eine reale Abschätzung <strong>von</strong> Grenzen und Möglichkeiten unserer <strong>Prozess</strong>e,<br />

erlaubt Aussagen über die Auswirkung auf abhängige Größen und auf Ursachen für<br />

Abweichungen und Fehler,<br />

• lässt sichere Aussagen über das Ausmaß <strong>von</strong> Toleranzüberschreitungen zu,<br />

ermöglicht Unterscheidungen zwischen zufälligen und systematischen Veränderungen,<br />

zeigt schleichende Veränderungen an und<br />

gibt auch Hinweise auf den notwendigen Prüfaufwand.<br />

Der beste Streuungskatalog für jeden Betrieb ist natürlich ein solcher mit betriebsinternen<br />

Daten. Die in Tafel 7-1 bis Tafel 7-3 dargestellten sollen demnach hauptsächlich als Anregung<br />

verstanden werden, Kataloge mit eigenen Daten zu erstellen.<br />

Tafel 7-1: Streuungen der mechanischen Eigenschaften, am Beispiel Gusseisen mit<br />

Kugelgraphit<br />

68


Tafel 7-2: Streuungen der Masse <strong>von</strong> Gussteilen, am Beispiel Gusseisen mit Lamellengraphit<br />

Tafel 7-3: Streuungen der Maße <strong>von</strong> Gussteilen, am Beispiel Gusseisen mit Lamellengraphit<br />

69


7.2 <strong>Prozess</strong>datenanalyse und <strong>Prozess</strong>stabilität<br />

Zusammenhänge zwischen Formstoffkenngrößen und Qualitätsmerkmalen der Gussteile<br />

quantitativ zu beschreiben, ist eine betriebsspezifische Aufgabe.<br />

Es bedarf einer Sammlung <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>- und Qualitätsdaten über einen längeren Zeitraum,<br />

um eine entsprechende Datenbasis für das Erkennen dieser Zusammenhänge möglich zumachen.<br />

Das entwickelte Rechnersystem „<strong>IfG</strong>-ProABS“ beinhaltet alle Leistungsmerkmale für eine<br />

Kontrolle und Korrektur eines Formstoffkreislaufs.<br />

Das System ist in mehreren Gießereien <strong>zur</strong> <strong>Entwicklung</strong> und Erprobung eingesetzt worden.<br />

Um auch längerfristige Trends in die Auswertung <strong>von</strong> Formstoffdaten einbeziehen zu können,<br />

sind aus den Gießereien verfügbare, teilweise mit der Datenbank EXCEL gespeicherte<br />

Daten, in <strong>IfG</strong>-ProABS übernommen worden.<br />

<strong>IfG</strong>-ProABS basiert auf der Software Labview und ist auf allen Rechnern unter dem Betriebssystem<br />

Microsoft Windows XP lauffähig.<br />

Im Bereich der Dateneingabe sind Felder für alle üblichen Arten <strong>von</strong> Formstoffkenngrößen<br />

eingerichtet. Abbildung 7-1 zeigt einen Ausschnitt aus dem weiten Feld der Dateneingabe.<br />

Bei jeder Dateneingabe werden zugehörige Kenndaten, wie Daten der Probenahme, Beginn<br />

und Ende der Formstoffprüfungen, Probenummer und anderes mit eingegeben.<br />

70


Abbildung 7-1: Dateneingabe mit Feldern für verschiedene Arten <strong>von</strong> Formstoff-<br />

Kenndaten<br />

Zusätzlich zu den an einer Formstoffprobe gemessenen Werten, können für jeden relevanten<br />

Parameter die obere (OEG) und die (UEG) Eingriffsgrenze eingegeben werden (Abbildung<br />

7-2). Diese Eingriffsgrenzen basieren auf dem jeweiligen Kenntnisstand des für die Formstoffqualität<br />

Verantwortlichen. Je ausgeprägter die Erfahrungen über die Zusammenhänge<br />

zwischen Formstoff- und Gussqualität sind, umso größer ist die Sicherheit, dass die, für die<br />

einzelnen Formstoff-Kenndaten definierten Toleranzbereiche, ausreichend genau sind und,<br />

eine gleich bleibende konstante, hohe Gussqualität sicherstellen.<br />

71


Abbildung 7-2: Formstoffgrenzen für die relevanten Formstoffparameter, angegeben<br />

sind obere (OEG) und (UEG) Eingriffsgrenzen, die gießereispezifisch zu definieren<br />

sind.<br />

<strong>IfG</strong>-ProABS enthält mehrere Module, die eine Auswertung der erfassten Daten ermöglichen.<br />

Für anspruchsvollere Auswertungen bietet <strong>IfG</strong>-ProABS Möglichkeiten der Ausgleichsrechnung<br />

(Fit-Methoden). Bei diesen Auswertungen werden Korrelationen zwischen drei verschiedenen<br />

Formstoffkenngrößen mathematisch beschrieben (Abbildung 7-3).<br />

72


Abbildung 7-3: Diagramm <strong>zur</strong> Darstellung der Ergebnisse <strong>von</strong> Ausgleichsrechnungen,<br />

in die drei Formstoffkenngrößen eingehen<br />

Ziel beim Einsatz <strong>von</strong> <strong>IfG</strong>-ProABS ist neben der Überwachung der Formstoffqualität, eine<br />

Analyse des Zusammenhangs zwischen Formstoffqualität und Formstoff beeinflusster Gussqualität<br />

zu ermöglichen. Hierfür bietet das System die Möglichkeit, Ergebnisse einer Bewertung<br />

der Gussqualität, wie sie beispielsweise täglich in Gießereien bei der so genannten<br />

„Ausschussbesprechung“ stattfindet, zu erfassen und mit Formstoff-Kennwerten zu korrelieren.<br />

Abbildung 7-4 zeigt die Erfassungsmaske, der ein Katalog <strong>von</strong> Fehlerarten mit Fehlerbeschreibungen,<br />

wie sie bei Gussteilen auftreten können, hinterlegt ist.<br />

73


Abbildung 7-4: Maske <strong>zur</strong> Erfassung <strong>von</strong> Angaben <strong>zur</strong> Gussqualität bzw. zu formstoffbedingten<br />

Gussfehlern<br />

Die Auswertung der Angaben <strong>zur</strong> Gussqualität werden unterstützt durch Fachinformationen,<br />

die im Hintergrund liegen und <strong>zur</strong> Unterstützung aufgerufen werden können (Abbildung<br />

7-5). Der hinterlegte Gussfehleratlas, der <strong>von</strong> <strong>IfG</strong> gGmbH und DK Roheisen GmbH erstellt<br />

worden ist, basiert auf Expertenwissen und gibt Hinweise auf Zusammenhänge zwischen<br />

Gussfehlern und ihren möglichen Ursachen.<br />

74


Abbildung 7-5: Hinterlegtes Expertenwissen zu formstoffbedingten Gussfehlern und<br />

ihren Ursachen<br />

[IFG09]<br />

7.3 Ansätze für weitere <strong>Entwicklung</strong>sarbeiten <strong>zur</strong> <strong>Prozess</strong>stabilität und Qualitätssicherung<br />

Die Verbesserung der <strong>Prozess</strong>fähigkeit ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess in der<br />

Gießereitechnik. Es gibt unter der Bezeichnung Data-Mining mathematische <strong>Instrumente</strong>,<br />

umgesetzt in Rechnerprogramme, die es vermutlich ermöglichen, noch komplexere Beziehung<br />

zwischen <strong>Prozess</strong>parametern und Qualitätsparametern erkennen und quantitativ beschreiben<br />

zu können.<br />

Es ist aus vielen Gießereien das Phänomen bekannt, dass Änderungen der Gussqualität<br />

auftreten, ohne dass <strong>Prozess</strong>parameter erkennbar in kritischen Bereichen gewesen sind.<br />

Anzunehmen ist, dass die gemeinsame Wirkung mehrerer <strong>Prozess</strong>parameter hierfür die Ursache<br />

ist. Bei diesen <strong>Prozess</strong>parametern handelt es sich um Formstoff-Kenndaten, Kenn-<br />

75


werte der Schmelze, anlagentechnische <strong>Prozess</strong>daten (wie Verdichtungsdruck der Formmaschine)<br />

– bis hin zu klimatischen Größen, wie Lufttemperatur oder relative Luftfeuchte.<br />

Die Auseinandersetzung mit derartigen Phänomenen sollte in Zukunft intensiv betrieben<br />

werden.<br />

Aus dem Data-Mining können für bestimmte Aufgabenstellungen gegebenenfalls auch Expertensysteme<br />

entwickelt werden. Hierbei ist wichtig, dass die Auswertungen <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>daten<br />

und Qualitätsdaten mittels Data-Mining nicht vorab durch Expertenwissen eingeengt<br />

wird.<br />

Im <strong>IfG</strong> wurden erste Erfahrungen mit der Software Data Engine gemacht (Übersicht 7-1).<br />

Dabei hat sich die Vermutung bestätigt, dass bei einer Beschreibung des Zusammenhangs<br />

<strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>- und Qualitätsparametern in einer Gießerei ein unmittelbarer Zusammenhang<br />

zwischen der Anzahl der verarbeiteten Arten <strong>von</strong> <strong>Prozess</strong>kenndaten und der erfassten Anzahl<br />

an Datensätzen besteht. Um Zusammenhänge zwischen ca. 20 <strong>Prozess</strong>daten und ca.<br />

10 Qualitätsmerkmalen rechnerisch ermitteln zu können, bedarf es einer langfristigen Ermittlung<br />

und Erfassung <strong>von</strong> Betriebsdaten.<br />

Übersicht 7-1: Mit Data Engine beschriebene Zusammenhänge zwischen Kombinationen<br />

<strong>von</strong> Gießerei-<strong>Prozess</strong>größen (WENN) und Gießerei-Qualitätsgrößen (DANN)<br />

>>> WENN Dichte_Schicht_4-9_Min < 0.3 DANN Ges.Einsch = Ges.Einsch:Tief; Stützung<br />

= 25.0000; Evidenz = 0.9600; Anzahl Fehler = 1.0000;<br />

>>> WENN Dichte_Schicht_4-9_Min > 0.3 UND TZ7_Min < 0.096518 UND Dichte_Schicht_1_Mittelwert<br />

< 0.354727 UND DLZ_Schicht_1_Mittelwert < 0.188841 DANN<br />

Ges.Einsch = Ges.Einsch:Mittel; Stützung = 3.0000; Evidenz = 1.0000; Anzahl Fehler =<br />

0.0000;<br />

>>> WENN Dichte_Schicht_4-9_Min > 0.3 UND TZ7_Max < 0.338446 UND TZ7_Min<br />

> 0.096518 UND Dichte_Schicht_1_Mittelwert < 0.354727 UND<br />

DLZ_Schicht_1_Mittelwert < 0.188841 DANN Ges.Einsch = Ges.Einsch:Hoch; Stützung =<br />

9.0000; Evidenz = 1.0000; Anzahl Fehler = 0.0000;<br />

>>> WENN Dichte_Schicht_4-9_Min > 0.3 UND Giesstemp_Mittelwert < 0.807404 UND<br />

TZ7_Max > 0.338446 UND TZ7_Min > 0.096518 UND Dichte_Schicht_1_Mittelwert <<br />

0.354727 UND DLZ_Schicht_1_Mittelwert < 0.188841 DANN Ges.Einsch =<br />

Ges.Einsch:Hoch; Stützung = 2.0000; Evidenz = 1.0000; Anzahl Fehler = 0.0000;<br />

76


Dabei ist eine zu bewältigende Aufgabe, die Bereitstellung eines betriebstauglichen, in Gießereien<br />

heißt das robusten, Systems <strong>zur</strong> Datenerfassung. Eine andere ist eine intensive<br />

Motivation und ein gründliches Training der Mitarbeiter, die für die Datenerhebung und -<br />

erfassung verantwortlich sind.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> eines noch höherwertigen Systems <strong>zur</strong> <strong>Prozess</strong>datenanalyse ist eine wichtige<br />

Aufgabe für die Zukunft – eine Aufgabe, die dazu führen soll, zukünftig noch dünnwandigere,<br />

leichtere Gussteile dauerhaft sicher fertigen zu können.<br />

Eine wichtige Voraussetzung, um <strong>Prozess</strong>daten einzelnen Qualitätsausprägungen <strong>von</strong><br />

Gusstücken individuell zuordnen zu können, ist die individuelle Markierung <strong>von</strong> Gussteilen.<br />

7.4 Kennzeichnung <strong>von</strong> Bauteilen<br />

Eine teilspezifische Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken ist die Grundlage einer optimierten<br />

<strong>Prozess</strong>steuerung bzw. <strong>Prozess</strong>reglung. Es wird dadurch möglich, einen Zusammenhang<br />

zwischen der Qualität des einzelnen Gussstücks und den relevanten Fertigungsparametern<br />

herzustellen. Dadurch wird die <strong>Prozess</strong>sicherheit in einem erheblichen Maße erhöht.<br />

Eines der Motive <strong>zur</strong> Kennzeichnung ist die Möglichkeit einer gezielten Rückverfolgung bestimmter<br />

Bauteile im Schadensfall, wie z.B. in der Automobilindustrie. Hierbei kann durch<br />

genaue Kennzeichnung der verbauten Teile auf groß angelegte Rückrufaktionen, <strong>von</strong> der<br />

unter Umständen mehrere Hunderttausend Fahrzeuge involviert, aber nur ein Bruchteil wirklich<br />

betroffen sind, verzichtet werden. Dies spart nicht nur Kosten, sondern verhindert auch<br />

eine Belastung des Images des jeweiligen Kunden.<br />

Motivation der Gießerei <strong>zur</strong> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken<br />

Ein wesentlicher Nutzen ist die <strong>Prozess</strong>sicherheit. Markierungsverfahren und Datenaufnahme<br />

sind der Schlüssel zu erhöhter <strong>Prozess</strong>sicherheit und für die Reduzierung <strong>von</strong> Ausschussquoten.<br />

Dabei geht es um die Fähigkeit, den <strong>Prozess</strong> umfassender zu analysieren, zu<br />

verstehen und ihn mit diesen neuen Kenntnissen zu verbessern. Ein umfassendes Konzept<br />

<strong>zur</strong> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken gewährleistet eine durchgängige Teile- und <strong>Prozess</strong>rückverfolgbarkeit<br />

und – steuerung, sowie die Sicherstellung einer wirtschaftlichen, systematischen<br />

Qualitätsanalyse.<br />

77


Das Ziel der Kennzeichnung ist ein durchgängiges Rückverfolgungskonzept, das schematisch<br />

in Abbildung 7-6 dargestellt wird. Beispielhafte Grundlage hierfür ist die Motorenproduktion<br />

der Volkswagen AG. In der Motorenproduktion wird die Strategie einer eindeutigen<br />

Teilekennzeichnung mit motorbezogener Datenzuordnung und -speicherung verfolgt und<br />

umgesetzt.<br />

Abbildung 7-6:Schematische Darstellung eines durchgängigen Rückverfolgungskonzepts<br />

Durchführung der Gussteilkennzeichnung<br />

Zur Durchführung der Gussteilkennzeichnung wurde bereits erstmalig in 1985 im VDG-<br />

Merkblatt P 701 „Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussteilen“ ein Standart formuliert [KGU 85].<br />

Es ist aber nicht nur die Markierung auf jedes Teil aufzubringen, sondern auch eine gigantische<br />

Datenorganisation zu bewerkstelligen. Riesige Datenmengen sind zu speichern, zu<br />

verwalten und auszuwerten. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, die Daten so auszuwerten,<br />

dass diese auf das Wesentliche reduziert werden, aber dennoch der Zusammenhang<br />

zwischen <strong>Prozess</strong>daten und einem „Gut-Stück“ und „Ausschuss“ deutlich macht.<br />

78


Für eine erfolgreiche Gussstückkennzeichnung sollten die folgenden Fragestellungen berücksichtigt<br />

werden:<br />

• Wie soll die Kennzeichnung der Gussbauteile durchgeführt werden?<br />

Diese ist möglich:<br />

• direkt durch Kennzeichnung des Bauteils oder<br />

• indirekt durch Kennzeichnung der Form<br />

durch:<br />

• Zahlen, Buchstaben, Symbole und Codes<br />

• Erhebungen oder Vertiefungen auf der Gussteiloberfläche.<br />

Die Kennzeichengröße sollte dem Gusstück angepasst sein und nach Möglichkeit 6 mm<br />

nicht unterschreiten. Wenn Größe und Form des Gussteils eine Kennzeichnung nicht zulassen,<br />

dürfen die Kennzeichen auf dem Behälter oder auf einem an dem Behälter sorgfältig<br />

befestigten Anhängeschild aufgebracht werden.<br />

Das Aufbringen einer Markierung kostet Zeit; ob Prägen oder Ritzen. Die Zeit die <strong>zur</strong> Verfügung<br />

steht um die Kennzeichnung anzubringen hängt <strong>von</strong> der jeweiligen Taktrate ab. Neben<br />

dem DataMatrix-Code (ein <strong>von</strong> Maschinen lesbarer Code ähnlich dem Strichcodeprinzip auf<br />

Verpackungen im Einzelhandel) sollte immer auch eine Kennzeichnung in einer für den<br />

Menschen lesbaren Form z.B. in Klartext angebracht werden. Der DataMatrix-Code (DMC)<br />

bietet eine sehr hohe Informationsdichte bei geringem Platzbedarf und integrierter Fehlerkorrektur.<br />

Diese Art der Markierung kann sowohl im Dauerformguss als auch im Sandguss angewandt<br />

werden.<br />

79


Verfahren und Geräte für das Markieren <strong>von</strong> Gussstücken<br />

> Chargen weises Markieren <strong>von</strong> Gussstücken mittels eingegossener Gießuhr<br />

Die eingegossene Gießuhr enthält Schicht und Datum an dem das Bauteil abgegossen wurde.<br />

Seriennummer oder Herstellerzeichen können ggf. hinzugefügt werden. Hierbei ist die<br />

Informationsdichte jedoch sehr gering, so dass die Technik der Kennzeichnung mittels Gießuhr<br />

für eine Einzelteilmarkierung ungeeignet ist.<br />

> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken mittels Lasermarkierung<br />

Die Lasermarkierung ist ein berührungsloses und permanentes Kennzeichnungsverfahren.<br />

Je nach Material und Eindringtiefe erfolgt die Werkstückkennzeichnung mit bis zu 100 Zeichen/Sekunde.<br />

Die Kennzeichnung mittels Laser kann zum einen direkt auf dem Gussstück<br />

erfolgen, wobei die Markierung <strong>von</strong> der Anlassverfärbung bis zu einer Tiefe <strong>von</strong> mehreren<br />

zehntel Millimetern reichen kann. Und zum anderen indirekt durch das Lasern <strong>von</strong> Kernen<br />

bzw. Form. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass der heraus getrennte Formstoff<br />

durch eine ausreichend dimensionierte Entstaubung möglichst nah am Entstehungsort abgesaugt<br />

wird. Andernfalls könnten Sandrückstände im Formhohlraum verbleiben, die sich wiederum<br />

negativ auf die Gussqualität auswirken.<br />

Die Laserbeschriftung bietet sich bei höheren Fertigungsstückzahlen, gehärteten<br />

Oberflächen und bei nicht zugelassener Krafteinwirkung auf das Werkstück an.<br />

Die Vorteile der Laserkennzeichnung sind die hohe Beschriftungsgeschwindigkeit, hoher<br />

Automatisierungsgrad, lange Lebensdauer sowie der Wegfall jeglicher Krafteinwirkung auf<br />

das Werkstück.<br />

Dem gegenüber stehen die hohen Anschaffungskosten <strong>von</strong> meist mehreren zehntausend<br />

Euro und die relative Empfindlichkeit gegen äußere Einwirkungen wie Staub und Schmutz.<br />

Zu dem bringt die Lasertechnik noch weitere Problemstellungen mit sich, wie z.B. das komplette<br />

Einhausen des Lasers, Bereitstellung <strong>von</strong> speziell ausgebildetem Personal für die Betriebssicherheit,<br />

etc.<br />

80


Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken mittels Nadelpräger<br />

Nadelpräger sind elektronisch gesteuerte „Prägeplotter“ zum vertieften Prägen variabler alphanumerischer<br />

Texte mit einer Geschwindigkeit <strong>von</strong> bis zu 3 Zeichen/Sekunde.<br />

Eine Prägenadel mit Diamant oder Hartmetallspitze wird durch eine Koordinateneinheit in<br />

Form der Schriftzeichen bewegt. Schriftgröße und Schriftlage sind dabei frei programmierbar.<br />

Beim Nadelprägen wird mit Hilfe eines in einer Führung oszillierenden spitzen Schlagkolbens<br />

ein Punktmuster auf die Oberfläche geprägt. Die Prägefrequenz liegt meistens im Bereich<br />

<strong>von</strong> ca. 250 bis 400 Hz.<br />

Durch die minimale Krafteinwirkung ist selbst das Prägen <strong>von</strong> fertig bearbeiteten Werkstücken<br />

und Hohlkörpern möglich.<br />

> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken mittels Ritzpräger<br />

Der Ritzpräger ist ähnlich aufgebaut wie der Nadelpräger – die Beschriftung erfolgt durch ein<br />

Diamant- oder Hartmetall-Ritzwerkzeug. Das Werkzeug ist mittels Motoren in Y oder X Koordinaten<br />

beweglich.<br />

Die häufigste Anwendung des Ritzprägers arbeitet mit einer Diamantnadel, die über einen<br />

Pneumatikzylinder auf das Werkstück gedrückt und dann verfahren wird. Innerhalb des Beschriftungsfeldes<br />

können beliebige Texte, Ziffern, Sonderzeichen und Logos aufgebracht<br />

werden.<br />

> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken mittels Fräsgravieren<br />

Beim Fräsgravieren wird die gewünschte Beschriftung direkt in die Oberfläche hineingefräst.<br />

Das Werkstück muss hierzu fixiert werden. Das Fräsgravieren ist eine sehr langsame und<br />

Zeitintensive Art des Markierens und ist damit in vielen Anwendungsfällen unwirtschaftlich.<br />

> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken mittels Tintenstrahldrucker<br />

Der Drucker besteht aus einem Grundgerät und einem separaten Druckkopf. Im Druckkopf<br />

wird kontinuierlich ein Tintenstrahl erzeugt. Zum Erzeugen der Schrift werden einzelne Tropfen<br />

gezielt durch ein elektrisches Feld abgelenkt. Die nicht benutzte Tinte wird abgesaugt<br />

und fließt <strong>zur</strong>ück in den Vorratsbehälter.<br />

81


Das System arbeitet berührungslos und kann fast jede beliebige Stelle beschriften. Allerdings<br />

muss hierzu das Werkstück relativ zum Druckkopf bewegt werden. In Sonderfällen<br />

kann das System auch so angepasst werden, dass sich der Druckkopf relativ zum Gussstück<br />

bewegt.<br />

> Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussstücken durch Labeln bzw. Aufkleber<br />

Vorgefertigte Aufkleber werden per Laserdrucker bzw. Tintenstrahldrucker mit einem entsprechenden<br />

Code (DMC, Barcode oder auch Klartext) versehen und auf das Bauteil geklebt.<br />

Das Anspruchsvolle bei dieser Methode der Gussteilkennzeichnung ist es, einen Klebstoff<br />

auszuwählen, der genau auf die Bedarfsansprüche des jeweiligen Untergrundes bzw. möglichen<br />

Umwelteinflüssen, wie z.B. Lagerung bei tiefen Temperaturen außerhalb beheizter<br />

Räumlichkeiten oder erhöhter Feuchtigkeit zugeschnitten ist. Da in der Praxis nicht immer<br />

gewährleistet werden kann, dass Gussstücke unter Abschluss <strong>von</strong> UV-Licht (Sonnenlicht)<br />

gelagert werden können, ist unter anderem auch darauf zu achten, dass der Aufdruck auch<br />

unter Einfluss <strong>von</strong> UV-Licht beständig bleibt.<br />

Die Methode der Kennzeichnung durch Labeln schließt Behandlungen, wie Strahlen oder<br />

Waschen aus.<br />

> Kennzeichnung durch RFID-Transponder<br />

Diese Kennzeichnungsmethode befindet sich noch in der vorindustriellen Testphase und<br />

basiert auf dem Einsatz <strong>von</strong> passiven Transpondern, bei dem die Daten mittels Radiowellen<br />

übertragen werden. In dem vom Frauenhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte<br />

Materialforschung hergestellten Demonstrator wurde ein Transponder in eine speziell ausgearbeitet<br />

Tasche der Form im Aluminium-Druckgussverfahren vergossen.<br />

Die Herausforderung beim Einbinden <strong>von</strong> Transpondern in den Gießprozess, ist die entstehende<br />

Wärme durch das eingebrachte Metall, die dazu führt, dass der Transponder ausfällt<br />

bzw. zerstört wird. Um dieses Problem zu umgehen, wird der Transponder in ein spezielles<br />

Epoxidharz eingegossen, und führt zu einer wesentlichen Erhöhung der möglichen Temperaturbelastung.<br />

Der Einsatz <strong>von</strong> RFID-Transpondern ist z. Zt. noch nicht im industriellen Maßstab erprobt<br />

und aufgrund der hohen Stückkosten relativ kostspielig, doch bringt auch potentielle Vorteile<br />

mit sich. Zum einen wird das Ein- und Auslesen der Daten sehr erleichtert, da die Daten mittels<br />

Radiowellen übertragen werden, und kein direkter Sichtkontakt zum Gussstück notwen-<br />

82


dig ist. Zum anderen ist das Strahlen, Lackieren o. ä. denkbar und es ist theoretisch möglich<br />

ganze Chargen an Gussstücken (Palette oder Gitterbox) auszulesen.<br />

Abbildung 7-7 zeigt ein Beispiel für eine gekennzeichnete Kurbelwelle. Der gelaserte DMC<br />

ist in einer quadratischen Form auf der linken Seite erkennbar. Direkt daneben ist die Kennzeichnung<br />

im Klartext aufgebracht.<br />

Abbildung 7-7: Gelaserter DMC und Klarschrift auf einer fertig bearbeiteten Kurbelwelle<br />

Wo am Gussteil soll die Kennzeichnung angebracht werden?<br />

Aus Gründen der Rückverfolgbarkeit sollten die Identifikationsmerkmale dort angebracht<br />

werden, wo sie durch nachfolgend Bearbeitungsschritte nicht entfernt werden. Die Position<br />

der Kennzeichnung am Bauteil wird in der Zeichnung oder nach Vereinbarung mit dem Auftraggeber<br />

festgelegt.<br />

83


Wie erfolgt die Identifizierung, das Lesen der gekennzeichneten Gussteile?<br />

> Überwachung der Gussteilkennzeichnung<br />

Die Kennzeichnung <strong>von</strong> Bauteilen stellt ein Qualitätsmerkmal dar und bedarf ständiger<br />

Überwachungen. Wichtige Aspekte, die bei der Überwachung berücksichtigt werden müssen,<br />

sind:<br />

• Art und Lesbarkeit der Markierung<br />

• Überprüfung der korrekten Datenerfassung und -wiedergabe<br />

• Positionierung der Kennzeichnung.<br />

• Merkmale <strong>zur</strong> Identifizierung <strong>von</strong> Gussbauteilen<br />

> Zur Identifizierung <strong>von</strong> Gussbauteilen müssen nachfolgende Daten dauerhaft angebracht<br />

werden:<br />

• Herstellercode oder Zeichen<br />

• Positionsnummer<br />

• Fertigungszeitraum oder Charge<br />

> Das Aufbringen folgender Merkmale als Ergänzung kann vereinbart werden:<br />

• Kundennummer oder -zeichen<br />

• Zeichnungsnummer<br />

• Bauteilnummer (Modellnummer)<br />

• Werkstoff und<br />

• Hinweise <strong>zur</strong> Verarbeitung und/oder Verwendung<br />

Weitere Merkmale <strong>zur</strong> internen und/oder externen Abnahme, Rückverfolgbarkeit oder Eingrenzung<br />

bei Reklamationen können Markierungen sein, die einzelne Fertigungsschritte<br />

und/oder Prüfungen kennzeichnen, wie z. B.:<br />

• Prüferzeichen oder -nummer<br />

• Prüfgerätekennzeichnung<br />

Die Kennzeichnung kann grundsätzlich durch Codes verschlüsselt erfolgen.<br />

84


Abbildung 7-8 zeigt die Inhalte des eingesetzten DMC-Codes und dessen Nutzen für die<br />

Rückverfolgung und <strong>Prozess</strong>teuerung. Zum einen besteht dieser aus dem eindeutigen Zeitstempel,<br />

der das Bauteil unverwechselbar macht, und zum anderen aus spezifischen Daten,<br />

mit denen nachfolgende <strong>Prozess</strong>e gesteuert werden.<br />

Abbildung 7-8: Daten und ihre Verwendung im DMC<br />

Die Kennzeichnungs- und Einlesevorgänge in den durchlaufenen Produktionsabschnitten<br />

werden schematisch im Abbildung 7-9 am Beispiel der Motorenproduktion der Volkswagen<br />

AG dargestellt.<br />

Abbildung 7-9: Schematische Darstellung der Kennzeichnungs-/Einlesevorgänge<br />

85


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bauteil- und <strong>Prozess</strong>rückverfolgung als<br />

übergreifender <strong>Prozess</strong> zwischen Lieferant und Kunde ein einheitliches, effizientes System<br />

erfordert, das mit dem Rohteil in der Gießerei beginnt und über die mechanische Bearbeitung,<br />

die Montage bis zum Verbau hinaus wirkt. Damit steht ein Tool <strong>zur</strong> Verfügung, um<br />

Qualitätsstandards und Kundenzufriedenheit nachhaltig zu verbessern [BAE04].<br />

7.5 Gussfehlerdiagnose für höhere <strong>Prozess</strong>fähigkeit<br />

Nur selten ist die Ursache eines Gussfehlers <strong>von</strong> vorneherein offensichtlich, z.B. wenn man<br />

weiß, dass ein Speiser vergessen, oder dass eine Form mit Unterbrechung gegossen wurde.<br />

Häufig gestaltet sich die Diagnose schwieriger. Dann muss der gesamte Betrieb in die Betrachtung<br />

einbezogen werden.<br />

Dies ist <strong>von</strong> besonderer Wichtigkeit, wenn neuartige dünnwandigere Leichtbauteile in der<br />

Serienfertigung anlaufen.<br />

Die Diagnose selbst muss methodisch erfolgen, wenn sie kein Zufallsergebnis sein soll. Mit<br />

der der Reihe einzelner Arbeitsschritte wird deutlich gemacht, wo überall Schwierigkeiten<br />

und Schwachstellen in der Diagnosemethodik verborgen sein können.<br />

> Bereich, Gussfehler<br />

• Fehlersammlung und Statistik:<br />

Umschließt die Erfassung der gefundenen Fehler und deren Dokumentation für<br />

betriebliche und verwaltungsmäßige Zwecke.<br />

• Nur wenige Fehler?<br />

In diesem Fall sind keine Fehlerbekämpfungsmaßnahmen notwendig.<br />

• Günstigen Zustand dokumentieren:<br />

Es sind Niveau und Streuung der üblichen Prüfgrößen zu dokumentieren, für seltenere<br />

Untersuchungen sind Proben zu nehmen und in Auftrag zu geben, Werkstoff,<br />

Formstoffen und anderen Hilfsstoffen sind Proben für evtl. spätere Vergleichsuntersuchungen<br />

zu deponieren und zu registrieren (ggf. Austausch veralteter<br />

Proben gegen neue).<br />

• Offensichtliche Fehlerursache erkennbar?<br />

86


Die Ursache bei einer Reihe <strong>von</strong> Fehlern erkennt der Fachmann sehr schnell; z.B.<br />

Kern fehlt, Modellbeschädigungen, zerschlagene dünnwandige Teile u. a.<br />

In diesem Fall muss natürlich nicht ein langatmiger formalisierter Diagnosegang<br />

durchlaufen werden. Rasche AD HOC-Lösungen sind zweckmäßig.<br />

• AD HOC-Lösung?<br />

Falls bei Gussfehlern die Ursache offensichtlich erkennbar ist, muss entschieden<br />

werden, ob eine AD HOC-Lösung riskiert werden kann.<br />

Falls eine AD HOC-Lösung möglich ist, muss in den Bereich Stellgrößen des Regelkreises<br />

verzweigt werden.<br />

• Probeabguss?<br />

Treten an Probeabgüssen Fehler auf, so muss in jedem Fall eine Diagnose<br />

durchgeführt werden, auch wenn der Probeabguss für den Gesamtbetrieb<br />

nur <strong>von</strong> geringer wirtschaftlicher Bedeutung ist.<br />

• Schwerpunktanalyse.<br />

Sie dient dazu, wirtschaftlich bedeutsame <strong>von</strong> wirtschaftlich unbedeutenden Fehlern<br />

zu trennen.<br />

• Ausgeprägte Schwerpunkte?<br />

Falls das Ergebnis der Schwerpunktanalyse keinen eindeutigen Schwerpunkt<br />

ausweist, wird <strong>zur</strong> Begleitfehleranalyse übergeleitet.<br />

• Begleitfehleranalyse.<br />

Mit Hilfe <strong>von</strong> Begleitfehler-Listen und/oder statistischen Sonderuntersuchungen<br />

(Untersuchung verschiedener Fehlerarten am selben Stück) werden Begleitfehler<br />

gesucht.<br />

• Schwerpunkt jetzt erkennbar?<br />

Falls die Summe <strong>von</strong> Begleitfehlern zusammengelegt werden kann, ist möglicherweise<br />

ein Schwer punkt jetzt erkennbar.<br />

• Katastrophaler Fehlerbefall?<br />

Bei besonders starkem Fehlerbefall sind auch<br />

verstärkt diagnostische Maßnahmen erforderlich.<br />

87


• Alarmstufenplan, ggf. externe Hilfe anfordern.<br />

Sowohl bei schwer erkennbaren Schwerpunkten, als auch bei ungewöhnlich starkem<br />

Fehlerbefall sind die Maßnahmen <strong>zur</strong> Fehlerbekämpfung zu verstärken. Dies<br />

betrifft verstärkten Einsatz <strong>von</strong> qualifiziertem Personal, ggf. auch externe Hilfe.<br />

• Bedeutsamste Fehlerart auswählen;<br />

Diagnostische und therapeutische Maßnahmen sollen sich um die wirtschaftlich<br />

wichtigsten Fehler kümmern.<br />

• Stückbeteiligungsanalyse;<br />

Feststellung, welche Stücke <strong>zur</strong> Entstehung einer bestimmten Fehlerart beitragen.<br />

• Nur eine Stückart befallen?<br />

Es kann sich um jeweils nur einen einzelnen Stücktyp handeln oder ggf. auch um<br />

Teilefamilien (z.B. alle Pumpengehäuse).<br />

• Unterschiede zu anderen Stücken feststellen:<br />

Die Unterschiede zwischen befallenen Stücken und nicht befallenen Stücken<br />

erleichtern die Auswahl <strong>von</strong> in Frage kommenden Einflussgrößen auf die Fehlerentstehung.<br />

• Prüfgrößen zusammenstellen.<br />

Arten <strong>von</strong> Prüfgrößen:<br />

o Routinekontrollen (z.B. Laborwerte)<br />

o Sonderuntersuchungen<br />

o Sollwertvorgaben für Stellgrößen (z.B. 3 min. Mischzeit)<br />

• Weitere bedeutsame Fehler?<br />

o Fehler, die sich im Häufigkeitsspektrum <strong>von</strong> der Masse abheben<br />

o Begleitfehler<br />

o Fehler unabhängig <strong>von</strong> ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, wenn sie aus juristischen<br />

Gründen wichtig sind (z.B. Sicherheitsteile, Lieferverpflichtung oder garantierte<br />

Qualitätszusagen).<br />

88


Bereich, Prüfgroßen<br />

• Aktueller Wert der Prüfgröße bekannt?<br />

Aktualität ist nicht gewahrt, wenn<br />

1. zu selten geprüft wird,<br />

2. die zeitliche Zuordnung <strong>zur</strong> Fehlerentstehung nicht gesichert ist.<br />

• Anweisung für Prüfung bzw. Sonderuntersuchung:<br />

Aktualität kann hergestellt werden durch nachträgliche Untersuchung an gesichertem<br />

Material (z.B. Gussstück selbst, oder zufällig noch vorhandene Hilfsstoffe).<br />

• Soll-Ist - Vergleich der Prüfgröße.<br />

• Abweichende Prüfgröße merken:<br />

Prüfgrößen, die im Soll-Bereich liegen, werden übergangen.<br />

• Weitere Prüfgrößen vorhanden?<br />

Zusätzliche zu den üblich verwendeten?<br />

• Stellgrößen für abweichende Prüfgrößen zusammenstellen:<br />

> Bereich, Stellgrößen<br />

• Weicht die Stellgröße vom üblichen Bereich ab?<br />

Bewusst wurde hier nicht "Soll-Ist - Vergleich" geschrieben. Grund: Stellgrößen<br />

können in bestimmten Bereichen frei variieren. Dennoch gibt es Grenzen, die nicht<br />

plausibel sind.<br />

Beispiel: Ziel; bei Kupolofeneisen hoher Kohlenstoffgehalt. Stellgröße: je nach<br />

Marktlage "weicher" Gussbruch und 25 - 35 % Roheisen.<br />

Wenn <strong>zur</strong> Erreichung hohen Kohlenstoffgehaltes plötzlich oder allmählich 60%<br />

Roheisen erforderlich sind, hat sich etwas verändert, was über den ursprünglich üblichen<br />

Bereich hinausgeht.<br />

Es gibt sehr wohl Stellgrößen, die in ähnlich klarer Weise einen Soll-Ist - Vergleich<br />

ertragen, wie bestimmte Prüf großen (z.B. Mischzeit beim Kernsandmischen).<br />

89


• Von Stellgröße beeinflusste Prüfgrößen auflisten.<br />

• Von Stellgröße beeinflusste Gussfehler auflisten.<br />

• Unverträgliche Wirkung zu erwarten?<br />

Bisherige Ergebnisse lassen Bewertung zu, ob Stellgröße unerwünschte Wirkung<br />

haben kann.<br />

• Noch Stellgroßen vorhanden?<br />

Falls unverträgliche Wirkung zu erwarten, weitere Stellgrößen abfragen.<br />

• Ist Stellgröße zu verändern?<br />

Es muss geprüft werden, ob es ratsam oder überhaupt möglich ist, die Stellgröße<br />

zu verändern. Es gibt technische Gründe dagegen, z.B. keine andere Wahl wegen<br />

Rohstoffmarkt, oder Abweichung ist nur unbedeutend gegenüber den üblichen Einstellungen<br />

in der Vergangenheit.<br />

• Maßnahme dokumentieren.<br />

Jede Veränderung muss aktenkundig gemacht werden. Nur so können Kontrollen<br />

über Wirksamkeit später nachgewiesen werden.<br />

• Ggf. Prüffrequenz für beeinflusste Prüfgrößen erhöhen. Sofern die Routinekontrolle <strong>zur</strong><br />

Überwachung der Wirkung <strong>von</strong> Maßnahmen nicht ausreicht, müssen entsprechende<br />

Kontrollen zusätzlich veranlasst werden.<br />

• Fehlersammlung ggf. um spezifische Fehler erweitern:<br />

Sofern eine Veränderung einer Stellgröße Auswirkungen auf bestimmte Gussfehler<br />

erwarten lässt, kann die routinemäßige Gussfehlererfassung für die folgenden Tage<br />

in geeigneter Weise verändert werden: Anweisung <strong>zur</strong> Beobachtung <strong>von</strong> spezifisch<br />

beschriebenen Fehlererscheinungen.<br />

• Regelkreis mehrfach wirkungslos durchlaufen?<br />

Je nach Wirkungsweise der verschiedenen Stellgrößen müssen Wirkungen mehr<br />

oder weniger schnell auftreten (z.B. Verzögerungen bei allmählichen Anreicherungen<br />

oder Abmagerungen). Wenn eine angemessene Zahl <strong>von</strong> Regelkreisdurchläufen<br />

überschritten ist, muss die Wirkung <strong>von</strong> Maßnahmen erneut kritisiert werden.<br />

90


• Sonderuntersuchungen - ggf. mit externen Kräften.<br />

Wenn Regelkreis mehrfach wirkungslos durchlaufen oder wenn keine wirksame<br />

Stellgröße entdeckt werden konnte, sind gesonderte Maßnahmen erforderlich, vorrangig<br />

Begleitfehleranalyse.<br />

• Ggf. Qualitätsaudit.<br />

Sofern bisher alle Maßnahmen ergebnislos verlaufen sind, müssen grundsätzliche<br />

Überlegungen <strong>zur</strong> allgemeinen Qualitätsüberwachung angestellt werden.<br />

• Ggf. Korrektur des Diagnoseverfahrens.<br />

Ggf. sind Korrekturen des gesamten Diagnosesystems erforderlich (z.B. wenn sich<br />

die Theorie über eine Fehlerentstehung grundsätzlich geändert hat).<br />

8 Hohe Maßgenauigkeit als Voraussetzung für gegossene Leichtbau-<br />

Komponenten<br />

Die Verminderung <strong>von</strong> Wanddicken in Gießereien hängt da<strong>von</strong>, ob die Maßgenauigkeit<br />

in der Gussteilfertigung gesteigert werden kann:<br />

Bei der Gusskonstruktion wird berücksichtigt, ob Maßungenauigkeiten in einer<br />

Fertigung auftreten können. Die Höhe <strong>von</strong> Sicherheitszuschlägen hängt <strong>von</strong> der<br />

Streuung der Qualitätskennwerte ab. Je höher die Streuungen oder je größer<br />

auftretende Abweichungen <strong>von</strong> der angestrebten Geometrie eines gegossenen<br />

Bauteils sind, je größer werden in der Konstruktionsphase die Wanddicken definiert.<br />

Je stabiler der Fertigungsprozess in einer Gießerei ist, umso höher ist die Fähigkeit<br />

Gussteile mit noch geringeren Wanddicken fertigen zu können.<br />

Im Folgenden werden Strategien und Handlungshilfen für die Herstellung noch dünnwandigerer<br />

Gussteile empfohlen.<br />

8.1 Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gussstücken<br />

Abweichungen vom Sollmaß führen zu vermeidbar höherem Gewicht der Gussstücke.<br />

91


Außerdem zwingen die Kosten für spanende Bearbeitung, der Einsatz <strong>von</strong> NC-Maschinen,<br />

der Trend zu engeren Toleranzen sowie der Wettbewerb gegenüber der Schweißtechnik,<br />

die Maßhaltigkeit <strong>von</strong> Gussstücken zu verbessern.<br />

> Ursachen für Maßabweichungen am Gussstück<br />

Maßabweichungen am Gussstück werden verursacht durch:<br />

• Ungenaue Maße oder Verzug am Modell.<br />

• Ungenaue Maße oder Verzug am Kernkasten.<br />

• Zu kleine Kernmarken am Kern.<br />

• Verzogene Modellplatten und Aufstampfböden<br />

(auch maßgenaue Modelle verziehen sich hierdurch)<br />

Gemessen: 10 mm Verzug auf 1,5 m 2 Fläche!<br />

Bereits realisiert für Guss mit engen Toleranzen:<br />

0,2 mm Unebenheit auf 1 m 2 -Fläche.<br />

• Verzogene oder zu wenig steife Formkästen (verändern die Form im Hebezeug, beim<br />

Verklammern oder auf dem Gießbett).<br />

• Abgeriebene Kernmarken (sind oft ein Zeichen für Verzug <strong>von</strong> Modelleinrichtung oder<br />

Form).<br />

• Zu schlecht verdichtete Form (treibt).<br />

• Seitlich nachgiebige Formkästen (federn nach dem Entfernen des Modells <strong>zur</strong>ück und<br />

geben dem Gießdruck nach).<br />

• Zu wenig steife Scheren (6 mm Durchbiegung des Oberkastens beim Gießen auf 1,5 m<br />

Länge gemessen!).<br />

• Un<strong>zur</strong>eichende Verklammerung (führt zu Gratbildung und Übermaß durch Anheben<br />

des Ober-Kastens).<br />

• Zu schwaches Beschweren sowie un<strong>zur</strong>eichenden Kontakt zwischen Form und Beschwereisen<br />

• Hohles, nachgiebiges oder ungleichmäßig verdichtetes Gießbett(Durchbiegung der Form<br />

nach unten).<br />

Zweckmäßige, d.h. vor allem gleichmäßige Herstellungsbedingungen führen auch zu geringeren<br />

Streuungen der Stückgewichte. Deshalb unbedingt Gussstücke einzeln wiegen und<br />

Gewichte in Qualitätsregelkarten (früher: Kontrollkarten) registrieren. Abweichungen vom<br />

gewohnten Gewichtsniveau signalisieren nachgiebige Formen, noch oft, bevor sich unverkäuflicher<br />

Ausschuss einstellt.<br />

92


Ursachen un<strong>zur</strong>eichender Maßhaltigkeit sind gleichzeitig bedeutende Ursachen überhöhten<br />

Putzaufwandes (Grate, Metallauswüchse und Sandeinschlüsse).<br />

Eine Übersicht über die Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gussteilen<br />

zeigt Abbildung 8-1.<br />

8.2 Vermeidung <strong>von</strong> Maßabweichungen bei Kernen<br />

Veränderungen <strong>von</strong> Kernabmessungen können zu Unterschieden in der Gussstückwanddicke<br />

und zu Vergeudung <strong>von</strong> Rohmaterial führen. Dies kann bei kritischen Teilen Gussfehler<br />

oder Ausschuss verursachen.<br />

>> Ursachen für Veränderungen <strong>von</strong> Kernmaßen<br />

Die Kernabmessungen im ausgehärteten Zustand können sich aus folgenden Gründen verändern:<br />

• ungenaues oder unwirksames Verklammern der Kernkästen<br />

• unangemessene Überwachung der Fertigung<br />

• Änderungen des Kernbindemittel-Typs oder der Zusammensetzung<br />

• Unterschiede in der Verdichtung<br />

• Schwierigkeit beim Entkernen oder<br />

• Zusammensacken des Kernes nach dem Entkernen<br />

Außerdem können Verformungen entstehen, wenn sich die Form mit Gießmetall füllt.<br />

>> Empfehlung für sachgerechtes Arbeiten<br />

Verdichtung<br />

Kerne sind gleichmäßig und gut zu verdichten. Ein mangelhaft verdichteter Kern kann wegen<br />

zu geringer Festigkeit zerstört werden.<br />

• Versichern Sie sich bei der Handverdichtung, dass alle Stellen im Kernkasten sorgfältig<br />

verdichtet sind.<br />

• Versichern Sie sich bei geschossenen Kernen, dass die Einrichtung ordnungsgemäß<br />

instand gehalten ist, halten Sie den Schießdruck unter Kontrolle und stellen angemesse-<br />

93


ne Entlüftung sicher. Setzen Sie den Kernkasten nötigenfalls instand.<br />

Entkernen<br />

Kerne haben schlechten Oberflächenzustand und Maßabweichungen, wenn sie schwer aus<br />

dem Kernkasten zu entnehmen sind oder wenn der Kernkasten stark gerüttelt werden muss,<br />

um sie freizugeben. Nachstehende Maßnahmen sollen das Entkernen erleichtern.<br />

Halten Sie die Arbeitsfläche des Kernkastens in einem guten und sauberen Zustand.<br />

Verwenden Sie Gleitmittel nach der Empfehlung der Bindemittel-Lieferanten.<br />

Stellen Sie sicher, dass bei kalthärtenden Kernen der Kernkasten und der gemischte Sand<br />

auf gleichmäßiger Temperatur <strong>von</strong> 20 - 25°C sind.<br />

Kontrollieren Sie streng den Zeitpunkt für das Entkernen. Wenn die Zeit zu kurz ist, sind die<br />

Kerne nicht hinreichend gehärtet und Kernstoffreste können im Kernkasten hängen bleiben.<br />

Wenn die Zeit zu lang ist, können die Kerne Im Kernkasten festsitzen. Einmal festgelegt, sind<br />

die Zeiten für das Entkernen strikt unter Kontrolle zu halten.<br />

Maßliche Änderungen beim Härten<br />

Beim Aushärten schrumpfen chemisch gebundene Sande in der Größenordnung <strong>von</strong> 0,1 %<br />

linear. Diese Änderung ist nur klein, aber wenn der Entkernungszeitpunkt zu spät ist,<br />

schrumpft der Kern auf das Modell, das Entfernen wird schwierig. Unterschiedliche Binder<br />

haben unterschiedliche Schwindung.<br />

Durchbiegung beim Gießen<br />

Kerne können sich unter der kombinierten Wirkung <strong>von</strong> Hitze und ferrostatischen Druck<br />

verwerfen, wenn der Formhohlraum mit flüssigem Metall gefüllt wird.<br />

Folgende Maßnahmen vermindern die Durchbiegung <strong>von</strong> Kernen bei hoher Temperatur:<br />

• Stellen Sie sicher, dass die Kerne vollständig ausgehärtet sind.<br />

• Verwenden Sie Kerneisen oder Kernstützen, um Durchbiegen zu verhindern.<br />

• Stellen Sie sicher, dass die Kerne sachgerecht in die Form eingefügt<br />

sind.<br />

• Wenden Sie bei Maskenkernen größere Maskendicke an.<br />

94


8.3 Verzug und andere Deformationen <strong>von</strong> plattenförmigen Gussteilen<br />

Deformationen <strong>von</strong> Gussteilen sind auf vielfältige Ursachen <strong>zur</strong>ückzuführen, die in folgenden<br />

Bereichen liegen können:<br />

>> Modellbau und -zustand<br />

• unstabile Modelle oder unstabile Modellplatten<br />

• deformiertes Modell oder deformierte Modellplatte<br />

• Spalt in der Formteilung<br />

>> Formanlage, Formen<br />

• instabiler Pressholm<br />

• ungenügende Verdichtung<br />

• Modelldurchbiegung beim Formen<br />

• Spalte in der Form<br />

• Schwindungsbehinderung durch Kerne und Formballen<br />

>> Formkasten<br />

• zu geringe Steifigkeit des Formkastens<br />

• schwache Kastenschoren<br />

• nachgebende, durchgebogene Klammern und Zapfen<br />

>> Beschweren<br />

• ungenügendes Abfangen <strong>von</strong> Auftriebskräften<br />

• ungleichmäßiges Beschweren der Formen<br />

• beschweren der Form am Kastenrand<br />

• zu frühes Abheben <strong>von</strong> Beschwereisen<br />

>> Ausleeren<br />

• zu früh ausgeleert<br />

>> Putzen<br />

• zu hohe Strahlenergie bei dünnwandigen Gussstücken<br />

>> Metallurgie<br />

• ungünstige, zu großer Schwindung führende Metallzusammensetzung<br />

95


Bearbeitung<br />

• unsachgerechtes Spannen bei Bearbeitung<br />

• einseitige Überhitzung z.B. beim Schnellfräsen<br />

• zu geringe Wanddicke im Spannbereich<br />

>> Nachbehandlung<br />

• unsachgemäße Wärmbehandlung (zu schnelles Aufheizen bzw. Abkühlen<br />

Gefügeumwandlungen)<br />

• zu starke Aufheizung bei der Oberflächenbehandlung (Nitrieren oder Verzinken)<br />

• Spannungsaufbau durch Schweißen<br />

>> Gusskonstruktion<br />

• ungünstige, zu Spannungen führende Verrippung<br />

• sprunghafte Wanddickenunterschiede<br />

8.4 Deformation dünnwandiger Gussteile beim Strahlen<br />

Die Kaltverformung, <strong>von</strong> den Strahlmittel- und Strahlanlagen-Herstellern als "Verdichtung"<br />

der Gussoberfläche bezeichnet, ist in erster Linie <strong>von</strong> der Aufprallkraft des einzelnen Strahlkorns<br />

abhängig, d.h. <strong>von</strong> Korngröße und Strahlgeschwindigkeit. Der Einfluss der Strahlzeit<br />

spielt eine untergeordnete Rolle, weil die für das Putzen notwendige Strahlzeit fast immer<br />

wesentlich größer ausfällt als die relativ kurze Zeit für die Stauchung der Oberflächenzone.<br />

Die Gussoberfläche wird schon vor dem gänzlichen Abtragen der Verunreinigungen verformt:<br />

Die üblichen Strahlzeiten liegen zwischen 3 und 10 min; eine wesentliche Verformung erfolgt<br />

häufig schon nach 0,5 min.<br />

Der Putzbedarf, d.h. die zu beseitigenden Anhaftungen bestimmen die Strahlzeit, die andererseits<br />

<strong>von</strong> der Aufprallkraft des Strahlkorns abhängig ist.<br />

Um Verzug bei dünnwandigem Guss zu vermeiden, muss in den meisten Fällen die Aufprallkraft<br />

des einzelnen Korns soweit gesenkt werden, dass unabhängig <strong>von</strong> der Strahlzeit keine<br />

bedeutende Verfestigung und Verformung der Gussoberfläche stattfindet.<br />

Abhilfemaßnahmen gegen Verzug durch eine Kaltverfestigung bestehen im Herabsetzen der<br />

Strahlkorngröße und/oder der Strahlgeschwindigkeit:<br />

96


Ein kleineres Strahlkorn kann nur dann wirtschaftlich eingesetzt werden, wenn für die übrige<br />

Gusspalette die reduzierte Strahlleistung und die damit verbundenen längeren Strahlzeiten<br />

akzeptabel sind. In den meisten Fällen ist das Gegenteil, d.h. eine durch größeres Strahlkorn<br />

erhöhte Strahlleistung erstrebenswert. Der wahlfreie Einsatz unterschiedlicher, an das jeweilige<br />

Gussstück angepasster Korngrößen, ist nur mit außerordentlichem Aufwand möglich.<br />

Das Herabsetzen der Strahlgeschwindigkeit für dünnwandige Gussstücke ist optimal, jedoch<br />

heute noch fast immer mit einem Umbau des Schleuderräder-Antriebs verbunden. Zu empfehlen<br />

ist eine variable, mittels Frequenzumwandler einstellbare Strahlgeschwindigkeit, was<br />

schon bei der Planung der Strahlanlage berücksichtigt werden sollte. Der Grund für un<strong>zur</strong>eichende<br />

Strahlleistungen vieler Strahlanlagen liegt im Fehlen einstellbarer Strahlgeschwindigkeiten.<br />

Man wählt bei der Anlagenplanung kleinere Korngrößen und kleinere Strahlgeschwindigkeiten,<br />

um auch empfindlichen Guss ohne Deformationen strahlen zu können.<br />

Dieser unnötige Kompromiss reduziert die optimale Strahlleistung für robusten Guss und<br />

schließt Deformationen empfindlichen Gusses nicht aus, weil die Aufprallkraft des Strahlkorns<br />

für empfindlichen Guss in den meisten Fällen immer noch zu groß ist. (Zu Umbaukosten<br />

des Schleuderrad-Antriebs und zum notwendigen Einstellbereich der Strahlgeschwindkeit.<br />

In einem Fall gelang es durch Wenden des Gussstücks in der Strahl-Halbzeit, größeren Verzug<br />

zu verhindern. Die Schleuderräder der Hängebahnanlage waren auf einer Seite der Anlage<br />

placiert, die gefährdete Stelle des Gussstücks war <strong>von</strong> beiden Seiten für das Strahlkorn<br />

gleichermaßen gut zugänglich, gestrahlt wurde im rotierendem Strahlkorb Dmr. 1300 mm.<br />

Durch diese Maßnahme konnte die Durchbiegung <strong>von</strong> 3,7 auf 0,5 mm reduziert werden, das<br />

Richten war nicht mehr notwendig.<br />

97


Maßabweichungen am Gusstück Maßabweichungen bei Kernen<br />

Verzogene Modellplatten<br />

und Aufstampfböden<br />

Verzogene bzw. zu wenig<br />

steife Formkästen<br />

Zu kleine Kernmarken am Kern<br />

Ungenaue Maße oder Verzug<br />

am Modell bzw. Kernkasten<br />

Ungleichmäßiges beschweren der Form<br />

Unstabile Modelle bzw. Modellplatten<br />

Modelldurchbiegung beim Formen<br />

Deformiertes Modell od. Platten<br />

Ungenügende Verdichtung<br />

Spalt in der Formteilung<br />

Instabiler Pressholm<br />

Verzug und andere Deformationen<br />

<strong>von</strong> plattenförmigen Bauteilen<br />

Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gussstücken<br />

Abgeriebene Kernmarken<br />

Schlecht verdichtete Form<br />

Zu wenig steife Scheren<br />

Un<strong>zur</strong>eichende Verklammerung<br />

Un<strong>zur</strong>eichende Beschwerung<br />

Spalte in der Form<br />

Schwindungsbehinderung<br />

durch Kerne und Formballen<br />

Zu geringe Steifigkeit des<br />

Formkastens<br />

Schwache Kastenschoren<br />

Durchgebogene Klammern<br />

Zu frühes Abheben <strong>von</strong><br />

Beschwereisen<br />

Inhomogene<br />

Verdichtung<br />

Schwierigkeiten<br />

beim Entkernen<br />

Zusammensack<br />

en des Kerns<br />

Deformation dünnwandiger<br />

Gussteile beim Strahlen<br />

Abbildung 8-1: Einflussgrößen auf die Maßhaltigkeit <strong>von</strong> handgeformten Gusstücken<br />

98<br />

Ungenaues bzw. unwirksames<br />

Verklammern <strong>von</strong> Kernkästen<br />

Unangemessene<br />

Überwachung der Fertigung<br />

Strahlkörner haben eine zu<br />

hohe Geschwindigkeit<br />

Zu lang gewählte Strahlzeit<br />

Zu hohe Strahlkorngröße<br />

Änderung des Kernbindemittels od.<br />

Zusammensetzung


9 Gefährdungsanalyse in Gießereien<br />

Bei der Durchführung <strong>von</strong> Gefährdungsanalysen in Arbeitsbereichen in Gießereien werden<br />

systematisch und umfassend alle potentiellen Gefährdungen ermittelt und Maßnahmen zum<br />

Gesundheits- und Arbeitsschutz werden definiert und umgesetzt.<br />

Die Durchführung <strong>von</strong> Gefährdungsanalysen ist im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben.<br />

Eine empfehlenswerte Anleitung für Eisen- und Stahlgießereien, die in weiten Bereichen<br />

auch unmittelbar für Nichteisenmetallgießereien nutzbar ist, hat die Vereinigung der Metall-<br />

Berufsgenossenschaften erstellt und herausgegeben (Abbildung 9-1).<br />

Abbildung 9-1: Anleitung für die Durchführung <strong>von</strong> Gefährdungsbeurteilungen in Gießereien<br />

Seitens des Instituts für Gießereitechnik gGmbH sind Hilfsmittel <strong>zur</strong> Anwendung der Handlungsanleitung<br />

der Metall-BGen entwickelt worden.<br />

Abbildung 9-2 und Abbildung 9-3 zeigen Arbeitsblätter, mit denen eine Gefährdungsbeurteilung<br />

in einer Gießerei in allen Arbeitsbereichen einer Gießerei und mit Einbeziehen aller<br />

Arbeitsplatzfaktoren und Gefährdungen durchgeführt werden kann.<br />

99


Gefährdungsbeurteilung - arbeitsbereichsbezogen<br />

Betriebsinterne Nr.: BBG-<br />

Unternehmen:<br />

Betriebsart: Gießerei<br />

Arbeitsbereich Sandaufbereitung<br />

Gefährdungs-/<br />

Belastungsschlüssel: 3.3<br />

Gefährdungs-/<br />

Belastungsfaktor: Aerosole<br />

Arbeitsplatz Sandaufbereitung<br />

Teilgefährdung/Teilbelastung: Staub<br />

Handlungsbedarf: Ja. Starke Staubbelastung im gesamten Bereich.<br />

………………………………………………………………………….<br />

Beratung: Nein<br />

Rang .<br />

Schutzziel normiert: .<br />

Schutzziel sonstiges: Insbesondere Langzeitschäden verhindern.<br />

Beschreibung des Schutzzieles: Lungenschädigung vermeiden.<br />

………………………………………………………………………….<br />

Maßnahme technisch: .<br />

Maßnahme organisatorisch: .<br />

Maßnahme personenbezogen: Ja<br />

Beschreibung der Maßnahme: P: PSA (Staubschutzmasken) <strong>zur</strong> Verfügung stellen. Regelmäßige<br />

Vorsorgeuntersuchungen. Regelmäßige Sicherheitsunterweisungen.<br />

……………………………………………………………………………<br />

Maßnahme abgearbeitet: .<br />

Zyklus der Maßnahme: .<br />

Prüfer für Wirkungskontrolle: .<br />

Termin der Wirkungskontrolle: .<br />

Wirkungskontrolle abgearbeitet: .<br />

Zyklus der Wirkungskontrolle: .<br />

Ist die Maßnahme wirksam?: .<br />

Sonstiges: .<br />

Erfasst durch: <strong>IfG</strong> gGmbH, Düsseldorf: Team Helber/Lindhauer<br />

Erfasst am: 12./13.11.2007<br />

Abbildung 9-2: Arbeitsblatt für eine Gefährdungsanalyse – Beispiel: Sandaufbereitung<br />

und Aerosole<br />

100


Gefährdungsbeurteilung - arbeitsbereichsbezogen<br />

Betriebsinterne Nr.: BBG-<br />

Unternehmen:<br />

Betriebsart: Gießerei<br />

Arbeitsbereich Sandaufbereitung<br />

Gefährdungs-/<br />

Belastungsschlüssel: 1.1<br />

Gefährdungs-/<br />

Belastungsfaktor: ungeschützt bewegte Maschinenteile<br />

Arbeitsplatz Sandaufbereitung<br />

Teilgefährdung/Teilbelastung: Insbes. Einziehen an den Bandenden<br />

Handlungsbedarf: Ja. Die meisten Bandenden sind ungeschützt.<br />

Beratung: Evtl. wegen Bauausführung<br />

Rang .<br />

Schutzziel normiert: .<br />

Schutzziel sonstiges: Verletzungsgefahr vermeiden<br />

Beschreibung des Schutzzieles:<br />

………………………………………………………………………….<br />

………………………………………………………………………….<br />

………………………………………………………………………….<br />

Maßnahme technisch: Ja.<br />

Maßnahme organisatorisch: .<br />

Maßnahme personenbezogen: .<br />

Beschreibung der Maßnahme: Abdeckungen aus Gitterblech o. ä. anbringen.<br />

Maßnahme abgearbeitet: Nein<br />

Zyklus der Maßnahme: .<br />

Prüfer für Wirkungskontrolle: .<br />

Termin der Wirkungskontrolle: .<br />

Wirkungskontrolle abgearbeitet: .<br />

Zyklus der Wirkungskontrolle: .<br />

Ist die Maßnahme wirksam?: .<br />

Sonstiges: .<br />

Erfasst durch: <strong>IfG</strong> gGmbH, Düsseldorf: Team Helber/Lindhauer<br />

Erfasst am: 12./13...2007<br />

Abbildung 9-3: Arbeitsblatt für eine Gefährdungsanalyse – Beispiel: Sandaufbereitung<br />

und Maschinenteile<br />

101


10 Analyse <strong>von</strong> Unfallursachen und Unfallvermeidung in Gießereien<br />

Im Vergleich mit anderen Industriezweigen ist die Unfallhäufigkeit in Gießereien vergleichsweise<br />

hoch. Statistischen Angaben hierzu werden <strong>von</strong> den Berufsgenossenschaften bereitgestellt.<br />

Für die Analyse <strong>von</strong> Unfallursachen und die Ergreifung <strong>von</strong> präventiven Maßnahmen <strong>zur</strong><br />

Unfallvermeidung liefern diese statistischen Daten wenig. Es bedarf einer systematischen<br />

Erfassung und Auswertung <strong>von</strong> Betriebsdaten einer Gießerei, um Unfallgefahren und Risikoschwerpunkte<br />

zu ermitteln. Anschließend können geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen definiert<br />

und umgesetzt werden.<br />

Unfallaufnahme und Untersuchungen<br />

Die Unfallaufnahme sollte möglichst unmittelbar nach Eintritt des Unfallereignisses<br />

durchgeführt werden.<br />

Betriebliche Unfalluntersuchungen sind als Grundlage für weitere Auswertungen mit großer<br />

Sorgfalt vorzunehmen. Sie dienen u. a. den Zwecken:<br />

• Ursachen und Umstände, die zu einem Unfallereignis führten, zu erkennen (Gefährdungsermittlung).<br />

• das Schutzziel neu festzulegen und die sich hieraus ergebenden Maßnahmen zu<br />

planen und durchzuführen.<br />

• der Datensammlung für betriebliche und überbetriebliche Unfallstatistiken <strong>zur</strong> Ermittlung<br />

und Analyse <strong>von</strong> Schwerpunkten. Die Unfalluntersuchung soll grundsätzlich<br />

durch den betrieblichen Vorgesetzten zusammen mit dem Sicherheitsbeauftragten<br />

(früher Unfallvertrauensmann) und dem Betriebsrat erfolgen.<br />

Statistische Darstellung <strong>von</strong> Unfallereignissen<br />

Die Statistik ist eine Hilfswissenschaft, die Methoden für die Sammlung, Aufbereitung, Analyse<br />

und Interpretation <strong>von</strong> Daten bereithält.<br />

Jede Unfallursachenstatistik soll gezielte Sicherheitsmaßnahmen auslösen. Eine Unfall-<br />

Folgenstatistik zeigt Maßnahmen auf, wie Schäden verhindert oder zumindest vermindert<br />

werden können. Schon die einfache Darstellung der Unfallhäufigkeit vermittelt erste Aufschlüsse<br />

über Arbeitssicherheitsmängel.<br />

102


Grundlagen und Datenerfassung<br />

Wird die Unfallzahl auf eine festliegende Größe bezogen, so ergibt sich bereits eine Unfallhäufigkeit.<br />

Größen, die das Unfallgeschehen und somit die Häufigkeit beeinflussen, sind:<br />

- Zeitraum (Monat, Jahr)<br />

- Belegschaftsstärke (1000-Mann-Quote pro Monat oder Jahr)<br />

- Geleistete Arbeitsstunden (1 Mio. Std. pro Monat oder Jahr)<br />

Für eine statistische Betrachtung führt die Einbeziehung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden<br />

zu einer besonders geeigneten Vergleichskenngröße.<br />

Zur Datenerfassung dient der Vordruck nach Abbildung 10-1. Darin sind die wichtigsten<br />

Gießereiabteilungen aufgeführt. Einzufügende Freizeilen erlauben weitere Differenzierungen.<br />

Ebenso können durch Eintragungen in Summenfelder oder mit Hilfe <strong>von</strong> Klammern Werte<br />

zusammengefasst werden.<br />

103


Abbildung 10-1: Formular <strong>zur</strong> Datenerfassung <strong>zur</strong> Unfallstatistik<br />

104


Unfallhäufigkeitsstatistik<br />

Abbildung 10-2 zeigt die Unfallstatistik für eine Anzahl Gießereien und macht den Schwerpunkt<br />

des Unfallgeschehens in den verschiedenen Betriebsabteilungen deutlich. Diese Darstellung<br />

weist Ansatzpunkte für eine Unfallursachenermittlung auf. Zudem besteht die Möglichkeit<br />

eines anonymen Vergleichs mittels Firmenschlüsselnummern zwischen verschiedenen<br />

Unternehmen.<br />

Es sind Konzepte in der <strong>Entwicklung</strong> zukünftig auch sogenannte Beinaheunfälle zu erfassen<br />

und für die <strong>Entwicklung</strong> präventiver Maßnahmen nutzbar zu machen.<br />

Abbildung 10-2: Vergleich der Unfallhäufigkeit nach Betriebsabteilungen<br />

>> Analyse der Unfallfolgen<br />

Die Unfallhäufigkeitsstatistik zeigt die Unterschiede bezogen auf die Zeiteinheit und/oder die<br />

verfahrenen Arbeitsstunden und ermöglicht, gezielte Fragen nach der Verletzungsart und<br />

dem verletzten Körperteil - also den Unfallfolgen - zu stellen.<br />

Statistiken über verletzte Körperteile (Kopf, Augen, Arm, Hand, Finger, Oberkörper, Unterkörper,<br />

Beine, Füße, Zehen) für ganze Unternehmen oder gar Branchen sind mehr oder weniger<br />

wertlos. Es ist vielmehr erforderlich, die verletzten Körperteile statistisch nach gleichartigen<br />

Arbeitsplätzen oder überschaubaren Betriebsbereichen zu betrachten. Hieraus ergeben<br />

sich Hinweise auf<br />

• Fehler an Anlagen, Maschinen und Einrichtungen,<br />

• fehlende, defekte oder unvollständige Schutzvorrichtungen,<br />

• Mängel bei der Arbeitsplatzgestaltung,<br />

105


• erforderliche bzw. zu verbessernde Körperschutzmaßnahmen etc.<br />

Die Analyse der verletzten Körperteile ist nur in Verbindung mit dem Wissen über die Verletzungsarten<br />

aussagefähig (Abbildung 10-3). Dazu gehören auch Angaben <strong>zur</strong> Dauer der<br />

Arbeitsunfähigkeit.<br />

106


Abbildung 10-3: Formular 2 <strong>zur</strong> Datenerfassung <strong>zur</strong> Unfallstatistik<br />

Hiernach sind Schutzziele zu bestimmen und die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten<br />

[UIG79].<br />

107


11 Energieeffiziente Gussproduktion<br />

Gießereien sind prozessbedingt (Schmelzen <strong>von</strong> Metall) vergleichsweise energieintensive<br />

Betriebe. Nach derzeitigen Erfahrungen gehen wir da<strong>von</strong> aus, dass ein großes Potential an<br />

technischen und organisatorischen Maßnahmen vorhanden, aber noch nicht erschlossen<br />

sind.<br />

Im Vergleich zu anderen Fertigungsverfahren, mit denen metallische Bauteile gefertigt werden,<br />

hat das Gießen allerdings auch deutliche Vorteile und Potentiale hinsichtlich des Materialeinsatzes<br />

und der Energieeffizienz:<br />

• Gussteile werden endkonturnah gefertigt - d. h. eine vergleichsweise geringe Bearbeitung<br />

und Abtragung <strong>von</strong> Material ist notwendig, um die Endkontur des Bauteiles<br />

zu erreichen.<br />

• Die hinsichtlich Werkstoffwahl und Design außerordentlich vielfältigen Möglichkeiten<br />

des Gießens erlauben es, Bauteile hinsichtlich Materialeinsatz und Energieeffizienz<br />

für jeden Anwendungsfall zu optimieren. Mit komplexen, teilweise nach bionischen<br />

Konstruktionsprinzipien gestalteten Bauteilen können diese in höchstem Maße anwendungs-<br />

und anforderungsgerecht als Leichtbaukonstruktionen gefertigt werden.<br />

Die Fertigung derartiger Leichtbaukonstruktionen ist aber sowohl bei der Fertigung<br />

der Bauteile als auch bei deren Verwendung – beispielsweise als Automobilbauteile –<br />

material- und energieökonomisch.<br />

• Die besonders hohe Gestaltungsfreiheit beim Bauteildesign ermöglicht es außerdem,<br />

nahezu jede noch so komplizierte Geometrie als Bauteil zu realisieren. Dies ermöglicht,<br />

neuartige gegossene Bauteile herzustellen, die mehrere Funktionen erfüllen und<br />

mehrere zuvor verwendete Bauteile ersetzen – dies trägt ebenfalls <strong>zur</strong> Erhöhung <strong>von</strong><br />

Material- und Energieeffizienz bei.<br />

Leichtbau- und funktionsintegrierte gegossene Bauteile ermöglichen Materialeinsparungen –<br />

d. h. weniger Material für die Herstellung eines Bauteils ist energieintensiv zu schmelzen und<br />

bei der Verwendung des Gussteils, beispielsweise im PKW, führt die Gewichtseinsparung zu<br />

einem geringerem Kraftstoffverbrauch eines PKW (oder anderen Fahrzeuges).<br />

Die Ansätze zu gegossenen Leichbaukonstruktionen liegen<br />

� im Guss-Design, beispielsweise nach bionischen Prinzipien,<br />

� in einer höheren <strong>Prozess</strong>fähigkeit beim Fertigungsverfahren Gießen, was ermöglicht,<br />

geringere Toleranzen und geringere Wanddicken, d. h. masseärmere, Gussteile prozesssicher<br />

zu fertigen,<br />

108


� in einer innovativen Werkstoffwahl, beispielsweise kann man Bauteile gießen, bei denen<br />

innerhalb eines Gusswerkstoffes verschiedenartige, den ortspezifischen Anforderungen<br />

angepasste Werkstoffeigenschaften erreicht werden (Gradientenguss).<br />

Ziel im Verbundvorhaben <strong>LeiKom</strong> ist es gewesen, diese Ansätze zu umsetzbaren betrieblichen<br />

Maßen zu entwickeln. Eine ausführliche Darstellung enthält der <strong>LeiKom</strong>-Band „Produkt“.<br />

Tafel 11-1 zeigt die Ergebnisse aus Erhebungen <strong>zur</strong> Energieeffizienz in mehreren Eisengießereien.<br />

Die unterschiedlichen Fertigungstechniken und unterschiedliche Grade der Energieeffizienz<br />

führen zu deutlich unterschiedlichen Energieverbräuchen.<br />

Tafel 11-1: Energieverbräuche in Eisengießereien (rot: markante Werte)<br />

Abbildung 11-1 zeigt eine Methode und Form der Darstellung, die sich bei Analysen in Gießereien<br />

<strong>zur</strong> Bewertung der Energieeffizienz und <strong>zur</strong> Erschließung <strong>von</strong> Potentialen <strong>zur</strong> Verbesserung<br />

der Energieeffizienz bewährt hat.<br />

109


Abbildung 11-1: Analyse der Energieströme in einer Gießerei<br />

Eine Handlungsanleitung <strong>zur</strong> systematischen Bewertung und Verbesserung der Energieeffizienz<br />

in einer Gießerei – mit einer Checkliste, mit einem Katalog mit Maßnahmen <strong>zur</strong> Erhöhung<br />

Energieeffizienz und mit Empfehlungen für ein Energiemanagement in einer Gießerei<br />

ist im Folgenden ausführlich dargestellt.<br />

Übersicht 11-1: Handlungsanleitung <strong>zur</strong> Steigerung der Energieeffizienz<br />

Allgemeine Überprüfung des Betriebes anhand einer Checkliste<br />

>> Allgemeines<br />

• Energieverbrauch erfassen und überwachen.<br />

• Leistungs-Maximum für elektrische Energie und Gas überwachen und steuern<br />

(Spitzen abschneiden).<br />

>> Nutzung der bezahlten Leistung:<br />

• Benutzungsstunden verbessern.<br />

• Strom- und Gasverträge überprüfen, mit anderen vergleichen; Starklastzeitenregelung<br />

nutzen.<br />

• Bei Gas leistungsfreien Bezug durch 'unterbrechbaren' Vertrag prüfen.<br />

110


• Spezifische Verbrauchsdaten erfassen und vergleichen (Verbrauchsunterschiede über<br />

mehrere Jahre überprüfen).<br />

• Energiebilanzen einzelner Anlagen und ganzer Produktionszweige erstellen, um daraus<br />

Energieverluste zu ermitteln bzw. Schwerpunkte für Sparmaßnahmen festzulegen.<br />

• An Wochenenden Funktion der Heizungsabsenkung und der Anordnungen zum Abschalten<br />

der Energieverbraucher überprüfen.<br />

• Energiekosten einschl. Druckluft und Wasser verbrauchsabhängig der verursachenden<br />

Betriebsabteilung berechnen.<br />

• Im Betrieb 'Energiebeauftragte' <strong>zur</strong> Verfolgung eines rationellen Energieverbrauchs<br />

einsetzen.<br />

>> Elektrische Energie<br />

• Nutzung <strong>von</strong> verbilligtem Wärme- und Nachtstrom (Schmelzen in der Nachtzeit,<br />

Warmhalten am Tage).<br />

• Blindstromkompensation möglichst beim Verbraucher.<br />

• Überdimensionierung <strong>von</strong> Elektroantrieben vermeiden.<br />

• Leerlaufverluste <strong>von</strong> Trafos vermeiden.<br />

• Installierte Lichtleistung prüfen bzw. anpassen.<br />

• Dämmerungsschalter einsetzen.<br />

• Beleuchtung in geeigneten Gruppen abschaltbar machen.<br />

• Wahl der wirtschaftlichsten Beleuchtungskörper (Leuchtstofflampen, Hochdruckdampflampen).<br />

• Fenster reinigen. Hallen und Anlagen lichtfreundlich streichen.<br />

• Antriebe in den Pausen möglichst abschalten (besonders bei Entstaubungen wegen<br />

gleichzeitigem Abzug geheizter Luft im Winter).<br />

• Notstromaggregate <strong>zur</strong> Leistungsspitzenregelung einsetzen<br />

• Automatische Abschaltuhren einbauen.<br />

>> Wärme<br />

• Temperaturregelung über Thermostat mit Nacht- und Wochenendabsenkung und<br />

Frostschutzsicherung, Thermostatventile in Büros.<br />

• Wahl der richtigen Kesselgröße und des Standortes (Teillastbetrieb vermeiden).<br />

111


• Regelmäßige Kesselreinigung und Brennerüberprüfung (Rußzahl, CO, Abgastemperatur,<br />

Kesselwirkungsgrad) verschmutzte Kesselflächen ergeben Minderleistung bis<br />

30 %. verschmutzte Brenner ergeben Minderleistung bis 20 %.<br />

• Gegebenenfalls Kessel und Brenner erneuern.<br />

• Einsatz bivalenter Brenner (Gas/Öl) <strong>zur</strong> Verbesserung der Benutzungsstunden - Vorsicht:<br />

Betriebssicherheit geht vor.<br />

• Spezifischen Wärmeverbrauch pro beheizte Fläche oder Raumvolumen ermitteln und<br />

vergleichen (Abhängigkeit <strong>von</strong> den Gradtagen, d.h. Tage x (20°C - effektive Tagesdurchschnittstemperatur)<br />

berücksichtigen).<br />

• Bei Dampfheizung Kondensat <strong>zur</strong>ückführen.<br />

• Einzelplatzheizung vor Hallenheizung.<br />

• Einsatz <strong>von</strong> Strahlungsheizung prüfen.<br />

• Kontrollierte Lüftung und Ersatz <strong>von</strong> abgesaugter Luft,<br />

• Einbau <strong>von</strong> Torschleusen.<br />

• Prüfung der Möglichkeit, gereinigte Abluft in Hallen <strong>zur</strong>ückzuführen.<br />

• Isolation <strong>von</strong> Leitungen und Gebäuden (mögliche Schwitzwasserbildung beachten).<br />

• Verbraucher mit niedrigerem Temperaturniveau getrennt versorgen.<br />

• Soweit möglich ganze Leitungsstränge abstellen und Einzelverbraucher im Sommer<br />

und in der Übergangszeit getrennt versorgen, um Leitungsverluste zu verringern.<br />

• Sozialräume und Verbraucher <strong>von</strong> Warmwasser an wenigen Stellen zusammenfassen<br />

und möglichst dicht an den Wärmeerzeuger legen (Sommerverbraucher mit kurzen<br />

Leitungen).<br />

>> Wasser<br />

• Trinkwassereinsatz in der Produktion vermeiden.<br />

• Trinkwasser nicht zum Kühlen <strong>von</strong> Getränken verwenden (Kühlschränke).<br />

• Abwassergebühr entfällt, wenn das verbrauchte Wasser nicht in den öffentlichen Kanal<br />

abgeleitet wird (Eingang in das Produkt und Verdampfung), zusätzlich Verhandlung<br />

mit Abwasserentsorger.<br />

• Kühlwasser im Kreislauf nutzen.<br />

• Wasserkühlung bei kleinen Anlagen durch Luftkühlung ersetzen.<br />

• Kühlung temperaturabhängig steuern und in Betriebspausen abstellen.<br />

• Mehrfachnutzung des Wassers prüfen (Werkskläranlage).<br />

112


Druckluft<br />

• Abgabemengen messen und verbrauchsbezogen die Abteilungen mit den Kosten belasten.<br />

• Erfassung und Beseitigung <strong>von</strong> Leckagen (Leckrate im Stillstand oder im laufenden<br />

Betrieb mit Ultraschall-Lecksuchgerät überprüfen).<br />

• Kompressoren nachts und am Wochenende abstellen (evtl. kleinen Kompressor vor<br />

Ort einsetzen).<br />

• Optimalen Betriebsdruck für bestimmte Arbeitsaufgaben festlegen und einstellen.<br />

• Für Blaspistolen Düsen hinsichtlich Druck und Lärm mit günstigstem Bohrungsdurchmesser<br />

wählen.<br />

• Richtige Dimensionierung der Kompressoren und Anpassung an schwankenden<br />

Verbrauch (mehrere Einheiten).<br />

• Einsatz <strong>von</strong> Druckluft soweit wie möglich vermeiden bzw. durch Hochfrequenz ersetzen<br />

oder Lüfter einsetzen.<br />

• Druckluft nicht zum Kühlen und Reinigen verwenden.<br />

• Verwendung der Abwärme aus Kompressoren prüfen.<br />

>> Gebäude<br />

• Flächen-Raum-Verhältnis optimieren.<br />

• Sozialräume, Büros etc. über Fertigungsstätten einrichten.<br />

• Hallenhöhe optimal auslegen und nutzen.<br />

• Tore mit Schleusen versehen.<br />

• Getrennte Personentüren einbauen (Servicetore).<br />

• Häufig befahrene Tore mit automatischer Steuerung ausrüsten.<br />

• Luftschleier nur dort, wo unvermeidbar und dann mit Kaltluft (wichtig ist richtige<br />

Auslegung).<br />

• Im Sommer geöffnete Hallenfenster und Oberlichter im Winter schließen.<br />

• Dächer und ggf. Wände isolieren.<br />

• Fenster mit Isolierverglasung, bei Industrieverglasung z.B. doppelschalige Acryl-<br />

Lichtplatten verwenden (sind gleichzeitig schlagfest).<br />

>> Fertigungseinrichtungen<br />

• Überprüfen der Verfahren hinsichtlich Energieträger und Verbrauch unter Berücksichtigung<br />

der Gesamtkosten und Qualität.<br />

• Entstaubungsanlagen nicht überdimensionieren.<br />

113


• Abzug der beheizten Raumluft mindern durch geeignete Absaughauben (Punktabsaugung)<br />

und bei Entstaubungen Teilstromrückführung in die Anlage als Trägerluft.<br />

• Bei Wärmebehandlungsöfen Ofenfüllung verbessern. Betriebspausen verringern.<br />

• Ofenisolierung optimal auslegen.<br />

• Verbrennungsluftvorwärmung oder Einsatz <strong>von</strong> Rekubrennern.<br />

• Abwärme aus Abgas und Kühlwasser nutzen.<br />

• Pfannenfeuer mit modernen Hochdruckbrennern ausrüsten (Verbrennungsluftvorwärmung<br />

oder Rekubrenner).<br />

• Pfannen abdecken (z. B. in Aluminiumgießereien bringt das Abdecken <strong>von</strong> Warmhalteöfen<br />

rd. 12 %, bei Schmelzöfen rd. 3 % Energieeinsparung).<br />

• Pfanneneinsatz optimieren und Stillstandzeiten vermeiden.<br />

• Pfannentrocknungs- und Vorwärmzeiten vorgeben.<br />

• Hilfsanlagen elektrisch mit der Hauptanlage verriegeln, um Weiterlaufen in Pausen<br />

zu verhindern.<br />

• Fertigungsfluss optimieren; Überstunden an wenigen Arbeitsplätzen vermeiden.<br />

• Materialeinsatz verbessern (Formkastenausnutzung und Ausbringen optimieren).<br />

• Hydraulikanlagen mit auf den jeweiligen Anwendungsbereich abgestimmten Druck-<br />

Systemen wählen und mit Regelpumpen ausrüsten; zu hohe Betriebsdrucke machen<br />

Investitionskosteneinsparungen durch höhere Energiekosten zunichte.<br />

• Heizeinrichtungen über Zeitschaltuhren und Thermostate schalten.<br />

• Gebläse für regelbaren Luftbedarf (z.B. Kupolofenwind) auch mit drehzahlgeregeltem<br />

Antrieb ausrüsten.<br />

• Fahrzeugeinsatz optimieren, Transportwege stets freihalten.<br />

• Bei Transportfahrzeugen Fahrzeiten über Stundenzähler überwachen (Nutzungsgrad<br />

prüfen).<br />

• Bei Dieselfahrzeugen kleinere Düsen einsetzen und Einstellung regelmäßig kontrollieren,<br />

Erstellung <strong>von</strong> Energieanalysen und –bilanzen<br />

>> Zweck<br />

• Ermittlung <strong>von</strong> Schwerpunkten.<br />

• Schaffung <strong>von</strong> Unterlagen, anhand derer eine langfristige Überwachung <strong>von</strong><br />

Verbrauch und Kosten möglich ist, aber auch <strong>zur</strong> Kontrolle des Erfolgs <strong>von</strong> Maßnahmen.<br />

• Aufstellung eines Energiesparprogramms mit konkreten Zielvorgaben.<br />

114


Durchführung<br />

• Analyse des Ist-Zustandes.<br />

• Erfassung und Auswertung des Energieverbrauchs <strong>von</strong> Heizungsanlagen (als Beispiel<br />

siehe Beiblatt "Monatsbericht Heizenergie"), Produktionsanlagen, Fertigungsbereichen,<br />

Produktgruppen usw.<br />

• Erstellen <strong>von</strong> Energiebilanzen<br />

• Bewertung des Verbrauchs durch Vergleiche einzelner Monatswerte (z. B. Sommer/Winter)<br />

bzw. mit bekannten Werten aus anderen Fertigungen. Bei Vergleichen<br />

stets auf ähnliche Betriebszustände und gleiche Einzelkostenerfassung achten.<br />

• Energiebilanzen periodisch graphisch darstellen, um Trends beobachten zu können.<br />

• Erarbeitung <strong>von</strong> Einzelmaßnahmen mit Investitionskosten und Abschätzung der Einsparungen.<br />

Motivation der Belegschaft <strong>zur</strong> Vermeidung <strong>von</strong> Energievergeudung und <strong>zur</strong> Durchsetzung<br />

eines Sparprogramms<br />

>> Psychologische und organisatorische Grundlagen<br />

• Energiesparen bedeutet Verzicht, z.B. auf Gewohnheiten, Kornfort, Prestige usw.<br />

• Privates Sparverhalten ist im Betrieb oft vergessen (Trittbrettfahrerphänomen ist ein<br />

Hindernis zum Sparen im Betrieb),<br />

• Zwang in allen möglichen Formen lässt sich nicht vermeiden, wird aber akzeptiert,<br />

wenn nach entsprechender Aufklärung die Notwendigkeit erkannt wird; ein Zustand<br />

der Selbstverwirklichung muss erreicht werden.<br />

• Vorrangiges Ziel muss die Vermeidung unnötigen und unzweckmäßigen Energieverbrauchs<br />

und erst in zweiter Linie die Einführung sparsamerer Technologien sein.<br />

>> Mittel und Wege <strong>zur</strong> Motivation<br />

• Information über Verbrauch und Kosten möglichst mit Vergleichen zum besser verstandenen<br />

Privatbereich.<br />

• Information über Werkszeitschrift, Betriebsversammlung, Meister- und Vorarbeitergespräch.<br />

• Einsetzen <strong>von</strong> Betriebsbeauftragten für Energie.<br />

• Vorbildliches Energiesparen durch die Vorgesetzten.<br />

• Sonderaktion im Verbesserungsvorschlagswesen (ggf. mit Sonderprämien).<br />

• Information und Ansprache über Plakate und Aufkleber.<br />

115


• Vorgaben <strong>zur</strong> Energieeinsparung für einzelne Bereiche machen und über Ergebnis<br />

informieren.<br />

Erstellung und Durchführung eines Energiesparprogramms<br />

>> Chef des Unternehmens<br />

• setzt das Sparziel, gibt es bekannt und erklärt warum<br />

• nennt organisatorische und personelle Maßnahmen<br />

• zeigt laufend Interesse<br />

• bekommt laufend Berichte<br />

• gibt Ergebnisse bekannt - würdigt Erfolg<br />

• setzt die Befugnisse fest für den Chef des Programms<br />

>> Chef des Programms<br />

• schafft die Unterlagen <strong>zur</strong> Einführung des Programms in organisatorischer Sicht (Arbeitsplan,<br />

Zeitplan. Berichtswesen, Kontrollen)<br />

• in fachlicher Sicht (eigenes Fachpersonal, Berater, Ingenieurbüros)<br />

• in psychologischer Sicht (Motivierung, Anreize, Schulung)<br />

motiviert Mitarbeiter, lässt Mitarbeiter ausbilden,<br />

holt Vorschläge ein, lässt sie prüfen und bewerten,<br />

entscheidet über Ausführung, setzt Prioritäten,<br />

kontrolliert Erfolg [EEG85]<br />

12 <strong>Prozess</strong>integrierter Umweltschutz<br />

Mit dem Fertigungsverfahren „Gießen“ ist ein nahezu vollständiges Metall-Recycling möglich<br />

und als endkonturnahes Fertigungsverfahren ist es vergleichsweise energiesparend. Jedoch<br />

steigen die Anforderungen des Umweltschutzes stetig weiter: Nachbarschaft und Umfeld <strong>von</strong><br />

Gießereien erwarten eine weitere Reduzierung der Emissionen und die Verknappung <strong>von</strong><br />

Deponieraum fordert noch intensiveres Recycling.<br />

Als vor einiger Zeit deutlich geworden ist, dass „klassische“ Umweltschutzmaßnahmen, wie<br />

Abluftreinigung, die gestellten Anforderungen nicht mehr erfüllen können, ist der „Integrierte<br />

Umweltschutz“ <strong>zur</strong> Strategie geworden. Es sind Maßnahmen entwickelt und erprobt worden,<br />

die negative Umweltauswirkungen an der Quelle verhindern.<br />

116


Die Fertigungsprozesse und Einsatzstoffe müssen so gestaltet werden, dass Emissionen gar<br />

nicht entstehen oder möglichst minimiert werden. Umweltunverträgliche Stoffe sollten durch<br />

umweltverträgliche Stoffe substituiert werden. Durch effizientere Produktion sollten Energieund<br />

Materialverbrauch reduziert werden.<br />

Dabei sollte die Wirkung <strong>von</strong> Produkten auf die Umwelt in die Betrachtung als produktintegrierter<br />

Umweltschutz mit einbezogen werden. Der gesamte Lebenszyklus eines Produktes ist<br />

zu betrachten: Emissionen und Abfälle bei der Rohstoffgewinnung, der Herstellung, dem<br />

Gebrauch und der Entsorgung.<br />

Die Gießereiindustrie betrachtet den integrierten Umweltschutz als strategisches Ziel.<br />

Die strategische Richtung, Umweltschutz in den Fertigungsprozess oder in die Produkte/Gussteile<br />

zu integrieren, wurde dankenswerterweise vom Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung (BMBF) und dem Projektträger DLR „Umweltforschung und –technik“ mit<br />

dem Förderprogramm „Integrierter Umweltschutz in der Gießereiindustrie“ maßgeblich unterstützt.<br />

Die Titel der Verbundvorhaben sind in Tabelle 18 zusammengestellt. In diesen Verbundvorhaben<br />

sind modellhaft und für die Umweltaufgaben der Gießereien mit höchstem Handlungsbedarf<br />

betriebliche Maßnahmen erarbeitet worden.<br />

117


Tafel 12-1: Themen des BMBF-Programms „Integrierter Umweltschutz in der Gießereiindustrie“<br />

Die Ergebnisse aus dem Programm „Integrierter Umweltschutz in der Gießereiindustrie“, hier<br />

am Beispiel der Minderung <strong>von</strong> Geruchsemissionen durch neuartige verbesserte Kernbindemittel,<br />

sind auch in technische Standards, wie VDI-Richtlinie 4075, aufgenommen worden<br />

(Abbildung 12-1).<br />

118


Geruchseinheiten je m 3<br />

70000<br />

60000<br />

50000<br />

40000<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

Frühere Kernbindemittel<br />

Neuere Kernbindemittel<br />

5 30<br />

Zeit nach Abguss (min)<br />

60<br />

Abbildung 12-1: Minderung <strong>von</strong> Geruchsemissionen einer Eisengießerei durch neue<br />

Kernbindemittel<br />

Aus einzelnen modellhaft entwickelten prozessintegrierten Maßnahmen ist ein System <strong>zur</strong><br />

Bewertung (Abbildung 12-2 und Abbildung 12-3) und <strong>zur</strong> Vorgehensweise entwickelt worden.<br />

Abbildung 12-2: Mehrdimensionale Bewertung <strong>von</strong> betrieblichen prozessintegrierten<br />

Maßnahmen<br />

119


Abbildung 12-3: Systematische Bewertung <strong>von</strong> ökologischen Größen bei prozessintegrierten<br />

Maßnahmen<br />

Eine ausführliche Darstellung der prozessintegrierten und der nachgeschalteten Maßnahmen<br />

des betrieblichen Umweltschutzes in Gießereien mit Hinweisen auf technisch-wirtschaftliche<br />

Rahmenbedingungen gibt die umfassende Darstellung zu den Best Verfügbaren Techniken<br />

in Gießereien (Abbildung 12-4) mit einem Umfang <strong>von</strong> rund 400 Seiten und zahlreichen<br />

Quellen.<br />

Dieser Ausarbeitung zu Grunde liegen Arbeiten vieler europäischer Institute und Unternehmen.<br />

Abbildung 12-4: Beschreibung der Best Verfügbaren Techniken in Gießereien für eine<br />

umweltverträgliche Produktion [PIU 05]<br />

120


13 Instandhaltung in Gießereien<br />

Ziele und Aufgaben der Instandhaltung<br />

Die Instandhaltung umfasst die Gesamtheit der Maßnahmen, die <strong>zur</strong> Bewahrung und Wiederherstellung<br />

des Sollzustandes des Betriebsmittels sowie <strong>zur</strong> Festlegung und Beurteilung<br />

des Ist-Zustandes <strong>von</strong> technischen Mitteln eines Systems erforderlich sind (Abbildung<br />

13-1).<br />

Abbildung 13-1: Die Aufgabengebiete der Instandhaltung<br />

Unter Wartung sind alle Maßnahmen <strong>zur</strong> Bewahrung des Sollzustandes <strong>von</strong> technischen<br />

Mitteln eines Systems zu verstehen. Der Begriff der Inspektion vertritt alle Tätigkeiten, die<br />

<strong>zur</strong> Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes dienen. Die Instandsetzung schließlich<br />

beschäftigt sich geplant oder ausfallbedingt mit der Wiederherstellung des Sollzustandes <strong>von</strong><br />

technischen Mitteln (Abbildung 13-2).<br />

121


Abbildung 13-2: Instandhaltung <strong>zur</strong> Wiederherstellung des Soll-Zustandes<br />

Aufgabe und Ablauf der Instandhaltung<br />

Damit ist zu unterscheiden zwischen den eigentlichen Aufgaben der Instandhaltung und den<br />

Aufgaben, die betriebsabhängig meist zusätzlich wahrgenommen werden. Es lassen sich<br />

allgemeine Unterziele für die Instandhaltung ableiten:<br />

• Sicherstellen einer hohen Maschinen-, bzw. Anlagenverfügbarkeit<br />

• Verhinderung <strong>von</strong> Produktionsausfällen<br />

• Verlängerung der Lebensdauer<br />

• Frühes Erkennen <strong>von</strong> sich anbahnenden Schäden, damit Verhinderung <strong>von</strong> größeren<br />

Folgeschäden<br />

• Schwachstellenerkennung<br />

• Vermeidung <strong>von</strong> Unfallrisiken<br />

• Erhöhung der Arbeits- und Anlagensicherheit<br />

• Vermeidung <strong>von</strong> Umweltbelastungen oder Schäden.<br />

122


Heute sind in den Gießereien vorwiegend drei Organisationsformen anzutreffen:<br />

• Zentrale Organisationsstruktur: Hier sind die disziplinarische und fachliche Verantwortung<br />

aller Instandhaltungsaktivitäten in einer Hand.<br />

• Dezentrale Organisationsstruktur: In dieser Form heißt das, dass das Instandhaltungspersonal<br />

dem Anlagenbetreiber fachlich und disziplinarisch zugeordnet ist.<br />

• Integrierte Instandhaltung: Bei dieser Organisationsform nimmt das Instandhaltungspersonal<br />

sowohl instandhalterische wie auch produktive Aufgaben wahr.<br />

Weitere Mischformen als Kombination der drei Organisationsstrukturen sind<br />

gebräuchlich, aber sehr stark auf die jeweilige Anlagen- und Betriebssituation<br />

ausgerichtet. Die Tendenzen gehen im Sinn <strong>von</strong> „lean" eindeutig in Richtung auf die<br />

integrierten Organisationsformen, Wie später noch gezeigt wird, wird teilweise in<br />

Maschinenbaubetrieben schon die „absolute" Integration dadurch angestrebt, indem<br />

die Produktionsmitarbeiter mögliche Instandhaltungsarbeiten selbst ausführen.<br />

Abbildung 13-3 zeigt die zukünftig zu bewältigenden Aufgaben der Produktionsmitarbeiter:<br />

Abbildung 13-3: Aufgabenintegration bei Gruppenarbeit in der Produktion<br />

123


Physikalische Einordnung der „Instandhaltung" im Unternehmen<br />

Aus rein theoretischen Ansätzen ergeben sich grundsätzlich drei verschiedene Unterbringungsvarianten<br />

der Instandhaltung auf einem Firmengelände, die im Abbildung 13-4 dargestellt<br />

sind:<br />

Abbildung 13-4: Unterbringung der Instandhaltung in der Firma<br />

Mögliche Lagen <strong>von</strong> Instandhaltungsbetrieben<br />

Aus diesen Betrachtungen lassen sich eindeutig Vorteile zunächst für eine<br />

zentral liegende Instandhaltungswerkstatt ableiten. Die Vorteile liegen zunächst „nur"<br />

im Bereich der unproduktiven Wegezeiten der Instandhaltungsmitarbeiter. Diese<br />

Zeit- und Wegevorteile erhöhen sich weiter bei der Aufteilung der zentralen Einheit<br />

in mehrere kleinere dezentrale Instandhaltungsbereiche. Wie bereits erwähnt<br />

werden neuere „Lean-Überlegungen" auch aus anderen Gründen zu diesen kleinen<br />

Instandhaltungsgruppen „vor Ort" führen.<br />

124


Mögliche Instandhaltungsstrategien<br />

In der Praxis sind mehrere grundlegende Strategien der Instandhaltung anzutreffen. Sie beginnen<br />

beim „Nichtstun" (die Anlagen werden solange betrieben, bis ein Reparaturfall eintritt)<br />

und enden bei einer planmäßigen Wartung, planmäßiger Inspektion und planmäßiger Instandsetzung,<br />

so dass eine störungsbedingte Instandsetzung vermieden werden soll.<br />

Die in Gießereien anzutreffenden Strategien <strong>zur</strong> Instandhaltung sind in zehn <strong>von</strong> fünfzehn<br />

untersuchten Gießereien ausfallbedingt (Tafel 13-1). Weitere vier Gießereien betreiben Instandhaltung<br />

nach vorausberechneten Zeitintervallen. Nur eine der untersuchten fünfzehn<br />

betreibt vorbeugende Instandhaltung.<br />

Tafel 13-1: Instandhaltungsstrategien bei fünfzehn automatischen Formanlagen<br />

125


Generelle Instandhaltungsstrategie<br />

Durch zielgerichtete Auswahlkriterien gilt es, die optimale Strategie der Instandhaltungstaktik<br />

für jedes Unternehmen neu zu bestimmen im Hinblick auf eine optimale Nutzung der Betriebseinrichtungen.<br />

Nicht zuletzt, aber spätestens nach einer Entscheidung für eine bestimmte<br />

(höhere) Instandhaltungsstrategie muss die Frage nach der „geplanten Instandhaltung"<br />

oder nach der Arbeitsvorbereitung in der Instandhaltung aufgegriffen werden.<br />

Arbeitsvorbereitung in der Instandhaltung<br />

Der Dienstleister „Instandhaltung" soll <strong>von</strong> seiner Zielsetzung her so rationell wie möglich<br />

arbeiten. Die Aufgabenstellung und das Ziel einer Arbeitsvorbereitung ist es, mit Planung<br />

und Steuerung zu gewährleisten, dass wirtschaftliche und humane Arbeitsmethoden in der<br />

Instandhaltung angewendet und nicht notwendige Arbeiten vermieden werden. Dabei ist<br />

selbstverständlich die Arbeitssicherheit zu gewährleisten und Umweltbelastungen sind zu<br />

vermeiden. Es gibt Erkenntnisse, danach ist die Haupttätigkeit der Instandhalter in Betrieben<br />

nach einer Multimomentaufnahme nur ca. 51%. Die Effektivität dieser Instandhaltungsbetriebe<br />

wurde durch den Aufbau einer Arbeitsvorbereitung im Minimum auf ca. 65%, im Maximum<br />

auf ca. 71% Haupttätigkeiten verbessert.<br />

Die Effizienzsteigerung in der Instandhaltung hat, wie eingangs bereits aufgezeigt, enorme<br />

wirtschaftliche Bedeutung für ein Unternehmen. Durch Einführen <strong>von</strong> planmäßigem Handeln<br />

wird diese Effizienzsteigerung erkennbar durch:<br />

>> Erfolgskriterien:<br />

• Sicherstellen der Standzeiten <strong>von</strong> Maschinen und Anlagen, bzw. Erhöhen<br />

der Standzeiten<br />

• Minimieren der störungsbedingten Stillstandszeiten<br />

• verbesserte Qualität der Produktion<br />

• niedrigere Kosten<br />

• weniger Umweltbelastungen<br />

• geringere Unfallzahlen<br />

>> Erreicht werden kann dies durch:<br />

• technische Festlegung der Arbeit<br />

126


• Materialplanung und Disposition<br />

• Optimierung des Arbeitsablaufes<br />

• Information aller Beteiligten (<strong>von</strong> Produktion bis Einkauf)<br />

• Festlegen des entsprechenden Arbeitschutzes<br />

Neben einer funktionierenden Planung ist die anschließende Steuerung der<br />

Tätigkeiten in der Instandhaltung <strong>von</strong> hervorzuhebender Bedeutung. Der zu<br />

treibende Aufwand hängt naturgemäß <strong>von</strong> der Größe des Unternehmens ab. Mit der<br />

Steuerung sollen folgende Punkte erreicht werden:<br />

• Realisieren der vorgegebenen Solldaten<br />

• Einhalten der Termine<br />

• Auslasten der Kapazitäten<br />

• Senken der Kosten<br />

>> Als Hilfsmittel dienen dabei:<br />

• termingerechte Bereitstellung <strong>von</strong> Menschen, Betriebsmitteln, Material und<br />

allen sonstigen Eingaben (z. B. Informationen)<br />

• rechtzeitiges Veranlassen, Überwachen und Sichern der vorgeplanten Aufgaben.<br />

• Absprachen mit allen Beteiligten, insbesondere der Produktion<br />

Die systematische Planung der Aufgaben der Instandhaltung führt zum nächsten<br />

Untersuchungspunkt, der Entscheidung „Make or Buy".<br />

„Make or Buy" <strong>von</strong> Instandhaltungsleistungen<br />

Wichtig aber ist die exakte Vorgabe für den externen Dienstleister (Abbildung 13-5) die<br />

exakte Planung und Beschreibung der auszuführenden Tätigkeiten.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt liegt in einer zuverlässigen Kostenaussage über bestimmte,<br />

anfallende Tätigkeiten der eigenen Instandhalter. Nur auf der Basis der Kostentransparenz.<br />

bei exakt vorgegebenem Arbeitsinhalt lässt sich ein Kostenvergleich „intern- extern ermit-<br />

127


teln. Aber auch hier sind wir in der primären Aufgabenstellung einer Arbeitsvorbereitung in<br />

der Instandhaltung.<br />

Der letzte, aber nicht unwesentliche Aspekt, der bei Fremdvergabe <strong>von</strong> Instandhaltungsleistungen<br />

beachtet werden sollte, liegt in der terminlichen Durchführung der Arbeiten. Ist eine<br />

schnelle, pünktliche Erledigung der Arbeiten durch den Anbieter gewährleistet, so steht der<br />

Vergabe prinzipiell nichts mehr im Wege. Ein „Notdienst“ eigenen Instandhalter wird dennoch<br />

kaum zu umgehen sein.<br />

Doch Achtung, werden Teile der Instandhaltungsleistungen fremd vergeben, so tauchen<br />

auch schon die ersten juristischen Stolperfallen auf! Sobald ein eigener Mitarbeiter (Vorgesetzter)<br />

einem Mitarbeiter einer beauftragten Fremdfirma unmittelbar Weisungen erteilt, sei<br />

es auch noch so richtig, werden die Grenzen des Auftragsrechtes überschritten, und rein<br />

juristisch handelt es sich dann um Arbeitnehmerüberlassung mit allen Konsequenzen. Dies<br />

ist oftmals den Betroffenen gar nicht klar.<br />

128


Abbildung 13-5: Anlässe für die Wahl zwischen Eigen- und Fremdinstandhaltung<br />

Kostentreiber in der Instandhaltung - Ansätze <strong>zur</strong> Beseitigung<br />

Wenn <strong>von</strong> Kostentreibern die Rede ist, muss begonnen werden zunächst festzustellen, welches<br />

überhaupt die „normalen Kosten“ sind. Dazu bietet das VDI-Merkblatt [VDI06] „Bildung<br />

<strong>von</strong> Kennzahlen für die Instandhaltung“ direkte Hilfestellung. Neben den eigentlichen Definitionen<br />

der Kennzahlen wird ein methodischer Weg aufgezeigt, um zu diesen Kennzahlen zu<br />

gelangen, der im folgenden Flussdiagramm dargestellt ist (Abbildung 13-6).<br />

129


Abbildung 13-6: Entscheidungsdiagramm <strong>zur</strong> Auswahl und Bildung <strong>von</strong> Kennzahlen<br />

Mit diesen „herkömmlichen" Methoden des Vergleichens <strong>von</strong> Kennzahlen lassen sich sehr<br />

leicht zunächst Kostentrends aufzeigen oder eine Fremdvergabe steuern. Bedeutungsvoll<br />

ist aber das Sammeln <strong>von</strong> Daten, das auch bei anderer Vorgehensweise (in Richtung<br />

„lean") an Bedeutung gewinnt.<br />

130


Die eigentlichen Kostentreiber liegen jedoch verborgen „hinter" der Qualität der Instandhaltungsoperationen:<br />

angefacht durch das Denken in „Lean-<strong>Prozess</strong>en" zeigt sich auch in der<br />

Instandhaltung, dass sehr viel mehr erreicht werden kann, wenn die Menschen, die Instandhalter<br />

mit einbezogen werden in das, was sie tun sollen.<br />

Dann werden plötzlich<br />

• verkrustete Aufbauorganisationen<br />

• veraltete Arbeitsmethoden<br />

• mangelnde Produktivität des einzelnen Mitarbeiters<br />

• mangelnde Arbeitsplatzgestaltung<br />

• schleppende Auftragsabwicklung und<br />

• der fehlende Wille <strong>zur</strong> grundlegenden Veränderung aufgebrochen, und alle<br />

Mitarbeiter gehen gemeinsam einen neuen Weg.<br />

Die Integration <strong>von</strong> bisher externen Arbeitsaufgaben in Gruppen <strong>von</strong> Produktionsmitarbeitem,<br />

lässt auch die Überlegung zu, Instandhaltungsaufgaben in diesen Bereich <strong>zur</strong>ück zu<br />

delegieren. Der Vorteil im organisatorischen Bereich liegt auf der Hand; der Instandhalter<br />

braucht nicht gerufen zu werden, sondern ist vor Ort. Er kennt seine Anlage, weiß um die<br />

verschiedenen Gefahrenpunkte. Er kennt Zusammenhänge mit anderen Produktionsstätten<br />

und kann so die Folgen besser abschätzen. Es entsteht bei der Integration der Instandhaltungsaufgaben<br />

in das Produktionsteam eine Aufgabenanreicherung, die letztendlich weiter in<br />

Richtung Selbstkontrolle und Selbstorganisation der Gruppe führt. Doch ohne Vorbereitung<br />

fassen sich die Aufgaben nicht direkt übertragen.<br />

Zur Vorbereitung eines solchen Vorhabens müssen zunächst Daten erhoben und ausgewertet<br />

werden, mit dem Ziel die „übertragbaren Instandhaltungsaufgaben" aufzudecken. Eine<br />

wichtige Voraussetzung ist, dass Produktion und Instandhaltung kooperativ zusammenarbeiten.<br />

Das Fachwissen und das Problembewusstsein müssen zusammenfließen. Keiner darf<br />

dem anderen eine Falle stellen wollen, denn die gibt es genügend.<br />

Die Basis für alle Entscheidungen bildet eine Klassifizierung der Tätigkeiten, die bisher<br />

<strong>von</strong> der Instandhaltungsgruppe ausgeführt wurden. Dabei darf nicht nur nach den Tätigkeiten<br />

unterschieden werden, sondern die zu übertragenden Aufgaben sollten eine gewisse<br />

Wiederholungsfrequenz aufweisen, damit durch „dauernde Übung" auch das übertragene<br />

Wissen vertieft wird. In Diskussionsrunden wird im nächsten Schritt gemeinsam<br />

festgelegt, welche Tätigkeiten:<br />

131


• komplett übertragbar sind, d.h. direkt durch das Bedienpersonal ausgeführt werden<br />

können (nach entsprechender Anlernphase), zusammen (Instandhaltung und Produktion)<br />

durchgeführt werden können, mit dem Ziel, langfristig auch diese Arbeiten <strong>von</strong><br />

der Produktion zu übernehmen,<br />

• überhaupt nicht durch die Produktionsmitarbeiter ausgeführt werden<br />

können, da Spezialwissen erforderlich ist oder Vorschriften (z.B. der UW)<br />

dem entgegenstehen.<br />

In der Praxis gibt es noch Fälle, die eine Übernahme der Instandhaltungstätigkeiten<br />

durch die Produktion ermöglichen würden, wenn technische Änderungen an Anlagen<br />

oder Einrichtungen vorgenommen würden. Hier ist eine Kosten-Nutzen-Analyse über die<br />

entsprechenden Arbeiten auszuführen bevor eine endgültige Aussage über den Verbleib<br />

der Arbeiten getroffen werden kann.<br />

Bevor die Instandhaltung weitestgehend auf die Produktionsgruppen übertragen werden<br />

kann, muss sicherlich eine weitere Qualifizierung der Mitarbeiter in dieser Richtung erfolgen.<br />

Eine vollständige Übertragung aller Tätigkeiten der Instandhaltung wird wohl nicht<br />

stattfinden, wohl eine Personalkostenreduzierung.<br />

Sicher wird in den nächsten Jahren eine Veränderung im Bereich der Instandhaltung einsetzen,<br />

wie sie bereits im produktiven Bereich stattfindet. Auch die Instandhaltung wird sich<br />

„lean" ausrichten müssen. Wie diese <strong>Entwicklung</strong> aussieht, lässt sich nur aus Sicht des einzelnen<br />

Unternehmens sagen.<br />

132


14 Literaturverzeichnis<br />

[ANO02] Anonym: „Gussnachbearbeitung außer Haus“ aus Gießerei-<br />

Erfahrungsaustausch, 2002, Heft 7, S. 327-328<br />

[BAE02] Bätzel, D.; Gausemeier, J.; Grienitz, V.; Ketscher, N.; Wolf, G.: „Gießerei<br />

2010. Strategie für die deutsche Gießereiindustrie“; Düsseldorf (2002)<br />

[BAE04] Bähr, R.; Ernst, W.; Schütze, O.; Winter, J.: „Teilespezifische Kennzeichnung<br />

<strong>von</strong> Gussstücken“ aus „Gießerei“, Heft 6, 2004, S.40-42,44,46-48<br />

[BMB04] Nachhaltiges Wirtschaften, Innovationen aus der Umweltforschung.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Publikationen;<br />

Internetredaktion, Bonn, Berlin (2004)<br />

[BOL04] Bolwerk, R.; Kruber, H.; Terfort, W.; Winters, R.: „Die TA Luft 2002. <strong>Handbuch</strong><br />

für Genehmigungsverfahren, Überwachung und Betrieb <strong>von</strong> Anlagen in der<br />

Praxis“; 2004<br />

[EEG85] VDG-Merkblatt G 801 : „Energiekostensenkung und Energieeinsparung in<br />

Gießereien. Checkliste und Leitfaden für Energiesparprogramme. Mit Beiblatt:<br />

Monatsberichte Heizenergie“; 1985<br />

[ELL00] Ellinghaus, W.; Caspers, K.-H.: , „Outsourcing als Bestandteil der Unternehmensstrategie<br />

am Beispiel der Kernherstellung. Teil 2. Betriebwirtschaftliche<br />

Betrachtungen“ aus Giesserei, 2000, Heft 10, S. 30-33<br />

[GDF06] VDI-Richtlinie 4499 Blatt 1, „Grundlage <strong>zur</strong> digitalen Fabrik“, Düsseldorf (2006)<br />

[IFG09] http://www.ifg-proabs.de/ ; Produktionsdaten Austausch und Bewertungssystem<br />

[INT05] Reference Document on Best Available Techniques in the Smitheries and<br />

Foundries Industry. European Commission, May 2005.<br />

[KGU85] VDG-Merkblatt P 701 : „Kennzeichnung <strong>von</strong> Gussteilen“; VDG-Merkblatt P<br />

701/85.03, 1985<br />

[KOL05] Koll, M.: „Outsourcing der Instandhaltung. Strategische Anforderungen und<br />

Erfolgsfaktoren“ aus Gießerei, 2005, Heft 12, S. 56-59<br />

[KUO07] Kuom, M.; Urbach, R.: „Erweiterte Belieferungsmöglichkeiten <strong>von</strong> Aluminiumgießereien<br />

mit Flüssigaluminium“ aus Gießerei, 2007, Heft 6, S.162-171<br />

[NWK06] VDI 4070, Blatt 1, „Nachhaltiges Wirtschaften in kleinen und mittelständischen<br />

Unternehmen; Anleitung zum Nachhaltigen Wirtschaften“, Düsseldorf (2006)<br />

[PIU05] VDI-Richtlinie 4075 Blatt 1: „Produktionsintegrierter Umweltschutz -PIUS-.<br />

Grundlagen und Anwendungsbereich/Cleaner production -PIUS-. Basic principles<br />

and area of application“; VDI-Richtlinie 4075. Blatt 1. Stand: März 2005<br />

[REN09] Renkel, S.: „Outsourcing ist kein Königsweg“; Hannover/Düsseldorf (2009)<br />

133


[RKW08] Studie <strong>zur</strong> Zukunft der deutschen Gießereiindustrie. Ergebnisse einer Expertenumfrage.<br />

RKW Arbeitspapier. Eschborn, Juni 2008.<br />

[STA06] Stapel, A.: „Schleifkosten drastisch gesenkt“ aus Gießerei-<br />

Erfahrungsaustausch, 2006, Heft 3, S.4-6<br />

[UIG79] VDG-Merkblatt G 641 : „Unfallstatistik in Gießereien. Grundlagen und Ursachen-Analyse<br />

(mit Beiblatt: Datenerfassung)“; VDG-Merkblatt G 641/79.12;<br />

1979<br />

[VDA04] VDA, Verband der Automobilindustrie: Materialien <strong>zur</strong> Automobilindustrie, Bd.<br />

32: Future Automotive Industry Structure (FAST) 2015 - die neue Arbeitsteilung<br />

in der Automobilindustrie, 2004.<br />

[VDI06] VDI-Richtlinie 2893; Auswahl und Bildung <strong>von</strong> Kennzahlen für die Instandhaltung,<br />

Mai 2006.<br />

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