Das „Schwarze Brett“ - Kolbenschmidt Pierburg AG
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<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />
Seite 13<br />
Die Waffe, mit der Rheinmetall den<br />
Neubeginn der wehrtechnischen Produktion<br />
starten sollte, war das Maschinengewehr<br />
42. Dieses war während des<br />
Zweiten Weltkrieges das Standard-MG<br />
der Deutschen Wehrmacht gewesen<br />
und konstruktiv die beste automatische<br />
Handfeuerwaffe weltweit. Mitte<br />
Oktober 1955 fiel seitens des Bundesamtes<br />
für Wehrtechnik und Beschaffung<br />
(BWB) die Entscheidung für die<br />
Einführung des MG 42. Der Bund verlangte<br />
eine Grundausstattung von<br />
10324 Stück, eine Bevorratung von<br />
6100 Stück und veranschlagte einen<br />
Nachholbedarf von 510 Stück pro Jahr.<br />
<strong>Das</strong> hieß, „das Werk muss so ausgerichtet<br />
sein, dass es jährlich 24 400<br />
Stück in einer Schicht liefern kann“.<br />
Bis zur Auslieferung der ersten MG<br />
wollte sich der Bund mit amerikanischen<br />
Handfeuerwaffen behelfen. Damit<br />
waren die deutschen Ausbilder und<br />
Rekruten allerdings nicht zufrieden. Am<br />
21. August 1956 schloss Rheinmetall<br />
den Vertrag mit der Bundesrepublik<br />
Deutschland zur Lieferung von 16 400<br />
MG 42 für Nato-Patronen 7,62 mm ein-<br />
schließlich Ersatzteilen. Damit war der<br />
Grundstein für die Ausstattung der Bundeswehr<br />
mit eigenem Gerät gelegt.<br />
In einem angemieteten Betrieb in<br />
Neuenburg (Baden) begann im Juli<br />
1956 der Umbau von alten MG 42 aus<br />
Weltkriegsbeständen, danach auch die<br />
Fertigung der neuen und verbesserten<br />
Geräte. Nach dem Wiederaufbau des<br />
Gebäudes 27 im Werk Düsseldorf-Derendorf,<br />
dem heutigen „Living Office“,<br />
wurde die MG-Fertigung im Juni 1957<br />
dorthin verlegt. Die ersten Maschinengewehre<br />
aus der Düsseldorfer Fertigung<br />
wurden im Dezember 1957 an die<br />
Truppe ausgeliefert, die Neukonstruk-<br />
n die MG-Fertigung<br />
tionen kamen 1959 – mit besserer Treffbildleistung<br />
und einer erleichterten Beseitigung<br />
von Hülsenfängern – als MG<br />
42/59 oder MG 1 erstmals zur Auslieferung.<br />
Bis dahin hatte es lange Verhandlungen<br />
mit dem BWB über die Fertigungsabläufe,<br />
den Materialeinsatz, die<br />
Qualität von Entwicklungs- und Zulieferfirmen,<br />
die Forderungen der Güteund<br />
Abnahmestellen, das Probeschießen,<br />
selbst über die Art der Verpackung<br />
und vieles andere gegeben. Und natür-<br />
Spezialist für die Waffe des Kampfpanzers Leopard 2<br />
Ein Standardpanzer<br />
für die Bundeswehr<br />
Düsseldorf. Während des zweiten<br />
Weltkrieges hatte die deutsche Wehrmacht<br />
ein Panzerwaffenpotenzial besessen,<br />
das, wie sich besonders bei<br />
den Panzerschlachten mit der Sowjetunion<br />
gezeigt hatte, dem ihrer Gegner<br />
in vielen Fällen weit überlegen gewesen<br />
war. Nach der Kapitulation und der<br />
völligen Entwaffnung der Wehrmacht<br />
durch die alliierten Streitkräfte gab es<br />
diese technologische Überlegenheit allerdings<br />
nicht mehr. So kam es, dass<br />
nach Gründung der Bundeswehr die<br />
neue Truppe unter dem Dach der Nato<br />
zunächst auf ausländisches Material<br />
zurückgreifen musste, und das galt<br />
auch für die Panzerfahrzeuge und deren<br />
Bewaffnung. Gleichwohl sah der<br />
Bund die deutschen Unternehmen der<br />
Wehrtechnik in der Pflicht, sich an einer<br />
völligen Neubewaffnung der Truppe<br />
zu beteiligen. Diese verlangte nach einem<br />
Panzer, der die Erfordernisse des<br />
modernen Bewegungskrieges erfüllen<br />
musste. Ein besonderer Wunsch der<br />
noch ohne eigene Panzer dastehenden<br />
jungen Bundeswehr war es, die frühere<br />
technische Überlegenheit in einem einzelnen<br />
Fahrzeug zu bündeln.<br />
Sie forderte deshalb einen möglichst<br />
niedrigen „Standardpanzer mit einem<br />
Gefechtsgewicht von maximal 30 Tonnen<br />
und einem Leistungsgewicht von 30<br />
PS/t“. In einem Forderungskatalog vom<br />
November 1956 wurde aufgezählt:<br />
„Durchschlagsleistung der Waffe und Abstoßwirkung<br />
der Panzerung müssen sich<br />
gegenseitig so ergänzen, dass ein schwerer<br />
Feindpanzer (Stalin III) auf eine Entfernung<br />
vernichtet werden kann, die diesem<br />
noch keine vernichtende Wirkung gegen<br />
den eigenen mittleren Panzer ermöglicht.<br />
Ein solcher Panzer würde zugleich die<br />
Aufgaben des leichten Panzers im Rahmen<br />
der Panzer- und Panzergrenadierverbände,<br />
nämlich Gefechtsaufklärung und<br />
Sicherung, erfüllen können.“<br />
Ein beweglicher Standardpanzer, mit<br />
der entsprechenden Bewaffnung versehen,<br />
sollte auch die Aufgaben eines<br />
schweren Panzers übernehmen können.<br />
Die Höchstgeschwindigkeit des<br />
Panzers sollte 65 Kilometer pro Stunde<br />
betragen und die Hauptbewaffnung<br />
aus einer 105-mm-Kanone bestehen.<br />
Die Militärs erwarteten nicht nur eine<br />
„übereilte“ Überarbeitung des M 47<br />
oder M 48 der USA, sondern „eine echte<br />
Neu-Entwicklung“, und das möglichst<br />
schnell: Der Standardpanzer sollte<br />
bereits 1961 eingeführt werden.<br />
Während die Bundeswehr in den ersten<br />
Jahren mit dem Kampfpanzer Patton<br />
M 48 A2C ausgerüstet wurde, der jedoch<br />
nur etwa halb so schnell war wie es der<br />
Forderung an den Standardpanzer entsprach,<br />
und aus der Schweiz den Schützenpanzer<br />
HS 30 bekam, arbeiteten zwei<br />
deutsche Konsortien an der Entwicklung<br />
des Standardpanzers. Rheinmetall hatte<br />
durchgesetzt, auf jeden Fall an der Turmentwicklung<br />
beteiligt zu werden, unabhängig<br />
davon, wessen Entwurf schließlich<br />
ausgewählt wurde. Für die Bewaffnung<br />
des Panzers beschloss der Bund,<br />
eine britische 105-mm-Kanone einzuführen,<br />
die in der Nato bereits verwendet<br />
wurde und zur Standardisierung von<br />
Waffe und Munition beitragen sollte. En-<br />
de August 1958 schloss Rheinmetall mit<br />
dem Bundesverteidigungsministerium<br />
einen Vertrag über die Entwicklung eines<br />
Geschützturmes einschließlich der 105mm-Waffenanlage<br />
mit britischen Rohren.<br />
Nach gründlicher Erprobung der von<br />
den Arbeitsgruppen entwickelten Panzer<br />
entschied sich der Bund für einen<br />
Prototypen, der im Herbst 1962 dem<br />
Von 1966 bis 1979 fertigte Rheinmetall das Maschinengewehr MG 3. Die Waffe war eine<br />
Fortentwicklung des MG 42, mit dem die Produktion 1956 wieder begonnen hatte.<br />
lich, immer und immer wieder, über<br />
den Preis.<br />
In den nächsten Jahren wurde eine<br />
Reihe kleiner konstruktiver Verbesserungen<br />
am MG 42/59 durchgeführt,<br />
zum Beispiel mit Blick auf die Laufhärtung,<br />
das Verriegelungsstück, die Dreibeinlafette,<br />
den Drehkranz für das Aufsetzen<br />
auf Fahrzeuge und die Härtung<br />
der Gurtglieder im Patronengurt. Er-<br />
schwerend wirkten sich dabei häufig<br />
die mangelnde Qualität eingekaufter<br />
Zulieferteile oder nicht eingehaltene<br />
Liefertermine durch die Unterlieferanten<br />
aus. Geradestehen gegenüber dem<br />
Bund musste letztlich Rheinmetall als<br />
Generalunternehmer.<br />
Problematisch waren auch die Verhandlungen<br />
über Anschlussaufträge.<br />
Im September 1959 lief der erste Liefer-<br />
Fotos (2): Rheinmetall<br />
auftrag aus, was zur Folge hatte, dass<br />
Arbeitskräfte entlassen werden mussten.<br />
Außerdem bestand bei Ausbleiben<br />
des Auftrages oder einer großen zeitlichen<br />
Lücke die Gefahr, dass Unterlieferanten<br />
absprangen, Maschinen verschrottet<br />
oder verkauft und später erneut<br />
teuer angeschafft werden mussten,<br />
oder dass Produktionsflächen<br />
brachlagen. 1959 schließlich erhielt<br />
Rheinmetall einen Anschlussauftrag<br />
auf weitere 5300 MG 42, 1963 erneut<br />
über 7300 Geräte. Dazu kam eine Reihe<br />
von Exportaufträgen: In enger Abstimmung<br />
mit dem Bundesverteidigungsministerium<br />
lieferte Rheinmetall das MG<br />
42 nach Dänemark, Norwegen, Indonesien<br />
(1960), Pakistan, Italien (1963),<br />
Sudan, Iran (1966) England, Burma<br />
oder Chile (1967).<br />
Mit technischen Verbesserungen<br />
vollzog sich die Entwicklung vom MG<br />
42/59 bzw. MG 1 zur Version MG 1 A6,<br />
das als MG 3 ab Juli 1966 an die Bundeswehr<br />
geliefert wurde. Danach verlor<br />
die MG-Fertigung für Rheinmetall<br />
an Bedeutung. Nach insgesamt<br />
139 000 gefertigten Maschinengewehren<br />
für den Bund und den Export lief<br />
die Fertigung schließlich 1979 aus.<br />
Alleiniger Lieferant für eine mittlerweile<br />
neue Generation von Maschinengewehren<br />
ist seitdem Heckler & Koch in<br />
Oberndorf am Neckar.<br />
Dr. Christian Leitzbach<br />
Modernster Kampfpanzer der Welt: Im März 2001 wurde der erste von 225 Leopard 2A6 an die Bundeswehr ausgeliefert.<br />
Panzerlehrbataillon 93 in Munster zur<br />
Verfügung gestellt wurde. „Der Versuch<br />
erhielt durch die Truppe schon damals<br />
den Decknamen ‚Leopard‘ – in der<br />
Hoffnung, dass dieser Name einstmals<br />
die nichtssagende Bezeichnung ‚Standardpanzer‘<br />
ablösen würde.“ Für die<br />
Null-Serienfertigung wurde am 17. Juli<br />
1963 die Münchner Krauss-Maffei als<br />
Generalunternehmer ausgewählt. Seit<br />
1964 entwickelte und fertigte Rheinmetall<br />
gemeinsam mit der Firma Wegmann<br />
aus Kassel die 105-mm-Waffen-<br />
So sah er als „Blaupause“ aus: der 1956 definierte „Standardpanzer mit einem Gefechtsgewicht<br />
von maximal 30 Tonnen und einem Leistungsgewicht von 30 PS/t“.<br />
anlage für diesen modernen Panzerprototypen.<br />
Im September 1965 übergab<br />
Krauss-Maffei den ersten Kampfpanzer<br />
„Leopard“ an die Bundeswehr.<br />
Er erfüllte in vollem Maße die Anforderungen,<br />
die zehn Jahre zuvor an den<br />
Standardpanzer der Bundeswehr gestellt<br />
worden waren. Insgesamt wurden<br />
bei Krauss-Maffei Wegmann als Generalunternehmer<br />
und der heutigen RLS<br />
sechs Lose gefertigt, von denen das<br />
letzte Los mit 250 Fahrzeugen Ende<br />
März 1976 ausgeliefert wurde.<br />
Die Kampfpanzerentwicklung hatte<br />
mit dem Leopard keineswegs ihr Ende<br />
erreicht. Kaum rollte dieser über die<br />
Truppenübungsplätze, dachte der<br />
Bund bereits über ein neues Projekt<br />
nach. Gemeinsam mit den USA sollte<br />
ein „Kampfpanzerprojekt der 70er Jahre“<br />
entwickelt werden, ein Panzer mit<br />
einer völlig neuartigen Waffenanlage<br />
und mit einem nie zuvor gebauten<br />
Rohrkaliber. Die Amerikaner, die von<br />
der Bewaffnung eine andere Vorstellung<br />
hatten als die Deutschen, stiegen<br />
bald aus dem Projekt aus, und der<br />
Bund betrieb das Projekt nun in eigener<br />
Regie unter dem Namen Leopard 2.<br />
War Rheinmetall beim Leopard 1 mit<br />
der eigenen 105-mm-Millimeter Kanone<br />
nicht zum Zuge gekommen, so änderte<br />
sich das bei der zukünftigen Bewaffnung<br />
des Leopard 2 grundlegend: Bereits<br />
im Jahr 1965 hatte unter der Federführung<br />
des späteren Rheinmetall-Geschäftsführers<br />
Dr.-Ing. Raimund Germershausen<br />
die Entwicklung der 120mm-Glattrohrkanone<br />
begonnen. <strong>Das</strong><br />
bisher übliche und nach dem damaligen<br />
Stand der Rohr-Technik nicht übertroffene<br />
Kaliber 105 mm sollte in puncto<br />
Panzerdurchschlagskraft und Treffgenauigkeit<br />
– unter möglichst weitgehender<br />
Einhaltung der Abmessungen und<br />
Gewichte der 105-mm-Waffe – leistungsgesteigert<br />
werden. Rheinmetall<br />
konnte nach zweijähriger Entwicklungsarbeit<br />
nachweisen, dass eine flügelstabilisierte<br />
Wuchtmunition aus glatten<br />
Rohren mit genügender Treffsicherheit<br />
verschossen werden konnte. Die Glattrohrkanone<br />
wurde 1975 bei einem trilateralen<br />
Vergleichsschießen gegen eine<br />
105-mm-US-Kanone mit gezogenem<br />
Rohr und eine englische 110-mm-Kanone,<br />
ebenfalls mit gezogenem Rohr, vorgestellt.<br />
Sie erwies sich gegenüber der<br />
Konkurrenz als überlegen. Eine weitere<br />
Erfolgsgeschichte aus dem Hause<br />
Rheinmetall nahm somit ihren Anfang.<br />
Seit Mitte der achtziger Jahre entwickelte<br />
sich der Leopard 2 zum Hauptprojekt<br />
der Fertigung bei Rheinmetall.<br />
Die Kampfwertsteigerung des Leopard<br />
1, die Serienfertigung der Rohre für die<br />
Panzerhaubitze M 109 A3 G oder die<br />
Entwicklung der fremdangetriebenen<br />
35-mm-Kanone Rh 503 nahmen wesentlich<br />
geringere Auftragsvolumina ein.<br />
<strong>Das</strong> hatte zur Folge, dass, als 1986 vom<br />
Bund nur ein kleines 6. Los von 150<br />
Fahrzeugen geordert wurde, Rheinmetall<br />
für 122 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragen<br />
musste. Die schlechte Auftragslage<br />
hatte besonders für den Standort<br />
Düsseldorf seine Folgen: Die arbeitsintensive<br />
Prototypenfertigung wurde<br />
1986 stillgelegt und nach Unterlüß verlagert.<br />
1991 folgte die Panzerturmfertigung,<br />
die 1992 nach Beendigung des 8.<br />
Loses schließlich eingestellt wurde.<br />
959 Serientürme waren bis dahin allein<br />
für die Bundeswehr hergestellt worden.<br />
In den Folgejahren beschäftigte sich<br />
Rheinmetall weitgehend mit der<br />
Kampfwertsteigerung der beiden Leopard-Panzer.<br />
<strong>Das</strong> bislang letzte dieser<br />
Modernisierungsprogramme für den<br />
Leopard 2, nun für die Version A 6, lief<br />
1995 an. Dazu wurde der Panzer mit einem<br />
neuartigen L/55-Rohr und der dazugehörigen<br />
LKE II-Munition, der weltweit<br />
stärksten Panzermunition, ausgestattet,<br />
deren Erprobung 1997 erfolgreich<br />
verlief. Im März 2001 konnte der<br />
erste der 225 Kampfpanzer Leopard<br />
2A6, der modernste Kampfpanzer der<br />
Welt, an die Bundeswehr ausgeliefert<br />
werden. Dr. Christian Leitzbach<br />
Fotos (2): Rheinmetall