Das „Schwarze Brett“ - Kolbenschmidt Pierburg AG
Das „Schwarze Brett“ - Kolbenschmidt Pierburg AG
Das „Schwarze Brett“ - Kolbenschmidt Pierburg AG
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Das</strong> Profil 3/2005 Rheinmetall – 50 Jahre Partner der Bundeswehr<br />
Seite 9<br />
ie Spaltung Deutschlands im Jahre 1949 und der ein Jahr später beginnende Korea-Krieg stehen<br />
am Anfang des rund vier Jahrzehnte andauernden Ost-West Konfliktes mit seiner dominierenden<br />
Wirkung auf die westliche Sicherheitspolitik. Die Bundesrepublik Deutschland wurde<br />
in das westliche Sicherheitsbündnis einbezogen, und folgerichtig wurden die Aufgaben<br />
und Ausrüstung der deutschen Bundeswehr bis Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts<br />
durch den Kalten Krieg geprägt. Die Sicherheitspolitik bestimmt die nationalen verteidigungs- und rüstungspolitischen<br />
Positionen und damit den Streitkräfte-Auftrag. Wesentliche Größen für die Ausrüstung<br />
der Streitkräfte sind der Streitkräfte-Auftrag, die Bedrohungslage, das verfügbare Budget, die vorhandenen<br />
industriellen Fähigkeiten und Technologien. Die sicherheitspolitischen Gegebenheiten blieben während<br />
des Kalten Krieges nahezu unverändert. Verteidigungspolitisch gab es Entwicklungen mit Ausprägungen<br />
wie Einsatz taktischer Nuklearwaffen im Rahmen der flexiblen Antworten (Flexible Response<br />
Implikationen für die Heeresrüstung von 1955 bis 2005<br />
Bundeswehr wandelte<br />
sich zur Einsatzarmee<br />
Düsseldorf. <strong>Das</strong> Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges war auch ein vorläufiges<br />
Ende der deutschen Rüstungsindustrie.<br />
Vorläufig, weil das westliche Sicherheitskonzept<br />
angesichts des Ost-<br />
West-Konfliktes bereits 1950 die Aufstellung<br />
deutscher Streitkräfte vorsah<br />
und, wie an anderer Stelle dieser Ausgabe<br />
ausführlicher berichtet, der personelle<br />
Aufbau der Bundeswehr seit<br />
Ende 1955 anlief.<br />
<strong>Das</strong> deutsche Heer erhielt zunächst<br />
schwere Waffen und Fahrzeuge ausländischer<br />
Hersteller. Bei den leichten Waffen<br />
griff man auf nationale Entwicklungen<br />
des Zweiten Weltkrieges zurück. Parallel<br />
zur Wiederaufrüstung mit Fremdgerätbegannen<br />
deutsche wehrtechnische Unternehmen<br />
mit eigenen Entwicklungen. Die<br />
Firma Rheinmetall und andere, überwiegend<br />
mittlerweile zum Rheinmetall-Konzern<br />
gehörende Unternehmen entwickelten<br />
Türme, Waffenanlagen, Munition und<br />
Fahrzeuge für die junge Bundeswehr, die<br />
nach und nach dem Heer zuliefen.<br />
er 12. November 1955 ist<br />
die offizielle Geburtsstunde<br />
der Bundeswehr. Denn<br />
an diesem Tag, dem 200.<br />
Geburtstag des preußischen<br />
Reformers Gerhard<br />
von Scharnhorst, nahmen<br />
die ersten 101 Freiwilligen ihre Ernennungsurkunden<br />
entgegen. Nachdem die<br />
Pläne zur Bildung einer „Europäischen<br />
Verteidigungsgemeinschaft“ gescheitert<br />
waren, wurde der Beitritt der Bundesrepublik<br />
Deutschland zur Nato vorbereitet<br />
und mit Inkrafttreten der „Pariser Verträge“<br />
am 5. Mai 1955 umgesetzt. Als logische<br />
Folge war damit die Aufstellung<br />
westdeutscher Streitkräfte verbunden.<br />
Am 1. April 1956 erhielten diese Streitkräfte<br />
offiziell den Namen „Bundeswehr“.<br />
Drei Monate später wurde durch<br />
das Wehrpflichtgesetz aus der Freiwilligen-<br />
eine Wehrpflichtarmee. Hiermit begann<br />
eine Erfolgsgeschichte: Millionen<br />
junger Männer – seit 1975 kamen Frauen<br />
hinzu (zuerst im Sanitätsdienst, inzwischen<br />
in allen Bereichen der Streitkräfte)<br />
– haben seither in der Bundeswehr<br />
ihren Beitrag zur Erhaltung des<br />
Friedens geleistet. Der 50. Jahrestag der<br />
Gründung der Bundeswehr ist damit<br />
gleichzeitig Sinnbild gewachsener Demokratie<br />
in der deutschen Nachkriegsgeschichte:<br />
Ohne die Verankerung einer<br />
demokratischen Gesinnung in der Truppe,<br />
politischer Neutralität und des Leitbildes<br />
vom „Staatsbürger in Uniform“<br />
hätte die Bundeswehr wohl niemals ein<br />
so positives Image in der Gesellschaft<br />
erlangen können; sie zählt laut Umfragen<br />
zu den Institutionen mit der höchsten<br />
Glaubwürdigkeit.<br />
Die Bundeswehr wurde kraft der Londoner<br />
und Pariser Abkommen von 1955<br />
als deutscher militärischer Beitrag zur<br />
gemeinsamen Verteidigung Westeuropas<br />
in der Atlantischen Allianz geschaffen<br />
und von vornherein als Bündnisarmee<br />
in den militärischen Integrationsrahmen<br />
der alliierten Streitkräfte Europas<br />
eingefügt. Dies war gewissermaßen<br />
die politische Geschäftsbasis für<br />
die Zulassung der Bundesrepublik<br />
Mit Konzepten der Bundeswehr und<br />
der Nato, die als „Kampf der verbundenen<br />
Waffen“ und „Air Land Battle“ bekannt<br />
wurden, konnten überlegene<br />
Streitkräftefähigkeiten hergestellt werden.<br />
Im Rahmen großer Manöver wurden<br />
die Fähigkeiten der Soldaten und<br />
der Führung ständig überprüft und die<br />
notwendigen Konsequenzen für Training<br />
und Ausrüstung abgeleitet.<br />
Ein wesentliches Merkmal der Heeresrüstung<br />
des Kalten Krieges war die<br />
technische Weiterentwicklung von<br />
Komponenten und Waffensystemen.<br />
<strong>Das</strong> war eine unmittelbare Folge aus<br />
dem Streitkräfte-Auftrag. Die Streitkräfte<br />
des Kalten Krieges mussten einen<br />
zahlenmäßig überlegenen Gegner<br />
schlagen können. Dieser Auftrag konnte<br />
nur durch überlegene Technik, überlegene<br />
Doktrin und besser ausgebildete<br />
Soldaten erfüllt werden.<br />
Die ständige Weiterentwicklung des<br />
vorhandenen Gerätes hat eine anhal-<br />
(Fortsetzung auf Seite 10)<br />
Deutschland zur Nato und die Freigabe<br />
der deutschen Souveränität durch die<br />
drei westlichen Siegermächte.<br />
Damit war die Bundeswehr von Anfang<br />
an Ausdruck und Mittel der Gleichberechtigung<br />
der Bundesrepublik im<br />
Bündnis und in Westeuropa.<br />
Dieser staats- und außenpolitische<br />
Charakter ist auch 1990 nach der Wiedervereinigung<br />
nicht verloren gegangen.<br />
Die Bundeswehr war also im Unterschied<br />
zu allen anderen europäischen<br />
Armeen stets eine internationale<br />
politische Größe, die nie zur alleinigen<br />
Disposition nationaler Entscheidung<br />
stand. Sie war von Anfang an integraler<br />
Bestandteil der Nato und zudem die<br />
einzige nationale Armee, deren Truppen<br />
– bis auf die der Territorialverteidigung<br />
mit den Heimatschutzbrigaden –<br />
sämtlich schon im Frieden dem Nato-<br />
Oberbefehl unterstellt wurden.<br />
Eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Transformation spielt die Fähigkeit zu Network Enabled Capabilities (NEC): Sensoren,<br />
Effektoren sowie Führungs- und Unterstützungssysteme der verschiedenen Ebenen werden zu einem Netzwerk verbunden.<br />
Während des Ost-West-Konflikts war<br />
das Bedrohungspotenzial des Warschauer<br />
Pakts bestimmend für die<br />
Struktur der Bundeswehr. Nach dessen<br />
Ende war deshalb eine Grundreform<br />
notwendig geworden. Dabei mussten<br />
anfangs eine mögliche Restbedrohung<br />
aus dem osteuropäischen Raum und<br />
sich zunächst nur vage abzeichnende<br />
neue Aufgaben miteinander in Einklang<br />
gebracht werden.<br />
Auch die innenpolitische Diskussion<br />
in Deutschland, die sich unter anderem<br />
zwischen 1990 und 1994 in der so genannten<br />
„out of area“-Debatte niederschlug,<br />
stand einer schnellen und<br />
gründlichen Reform im Wege. Erst nach<br />
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 12. Juli 1994 über die Auslandseinsätze<br />
der Bundeswehr waren<br />
die Voraussetzungen gegeben, die Bundeswehr<br />
gezielt auf derartige Aufgaben<br />
auszurichten. Es blieb jedoch vornehmlich<br />
aus innenpolitischen Gründen zunächst<br />
bei Veränderungen in kleinen<br />
Schritten. Die Anschläge des 11. September<br />
2001 und der darauf beginnende<br />
militärische Kampf gegen den Terror<br />
haben weitere Veränderungen der Reformen<br />
erforderlich gemacht.<br />
Inzwischen ist die Erkenntnis erwachsen,<br />
dass es nicht mehr möglich ist, einen<br />
am Ende der Reform anzustrebenden<br />
dauerhaften Sollzustand zu definieren,<br />
wie es für frühere Bundeswehrreformen<br />
unter den statischen Bedingungen<br />
des Kalten Krieges typisch war. Die sich<br />
schnell verändernde Lage erfordert es<br />
vielmehr, dass sich die Bundeswehr zu<br />
einer lernenden Organisation entwickelt,<br />
die ihre Umwelt kontinuierlich<br />
analysiert und sich dem Wandel anpasst.<br />
Um künftigen Gefahren gemeinsam<br />
mit internationalen Partnern dort zu<br />
begegnen, wo sie entstehen, passt sich<br />
die Bundeswehr mit diesem Prozess der<br />
Transformation an die neuen sicherheitspolitischen<br />
Herausforderungen an.<br />
Ziel ist dabei die nachhaltige Verbesserung<br />
ihrer Fähigkeit in dem Einsatzspektrum,<br />
das in den Verteidigungspolitischen<br />
Richtlinien vorgegeben wird.<br />
Dieses sind vor allem multinationale<br />
Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung.<br />
Strukturen, Organisationsabläufe<br />
und Ausbildung werden<br />
hieran angepasst, Material- und Ausrüstungsplanung<br />
auf diesen Schwerpunkt<br />
konzentriert und an den finanziellen<br />
Möglichkeiten ausgerichtet. Daneben<br />
wird die grundsätzliche Befähigung<br />
zur herkömmlichen Landesverteidigung<br />
gegen einen Angriff mit konventionellen<br />
Kräften durch die allgemeine<br />
Wehrpflicht erreicht.<br />
Kern der Transformation ist die Schaffung<br />
von drei Kräftekategorien: Eingreifkräfte,<br />
Stabilisierungskräfte und<br />
Unterstützungskräfte. Diese werden für<br />
ihre jeweiligen Einsätze zielgerichtet<br />
ausgebildet und ausgerüstet. Die Entfaltung<br />
der Gesamtfähigkeit entsteht<br />
im streitkräftegemeinsamen Handeln<br />
von Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis<br />
und Zentralem Sanitätsdienst.<br />
Der beginnende Transformationsprozess<br />
findet Ausdruck in neuen Strukturen,<br />
einer angepassten Material- und<br />
Ausrüstungsplanung und einer bedarfsgerechten<br />
Stationierung. Die neu<br />
gestaltete Bundeswehr wird besser in<br />
der Lage sein, den Herausforderungen<br />
des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden<br />
und den Schutz der Bürgerinnen und<br />
Bürger sicherzustellen.<br />
Mit anderen Worten: Die Entwicklung<br />
der Bundeswehr gleicht – heute mehr<br />
denn je – einem permanenten Prozess<br />
des Wandels. Und auf diesem Weg hat<br />
Rheinmetall sie in den vergangenen<br />
Neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik<br />
Neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik: deutsche Soldaten in Kabul.<br />
Doktrin der Nato) oder die Verteidigung eines Angriffes des Warschauer Paktes durch Bekämpfung der<br />
nachrückenden Truppen (Follow on Forces Attack). Dies hatte rüstungstechnische Konsequenzen wie<br />
etwa die Aufstellung von konventionellen Mittelstreckenraketen. – Die rüstungsrelevanten Größen<br />
Politik, Streitkräfteauftrag, Industrie und Technologie haben sich in den neunziger Jahren drastisch<br />
verändert. Mit den im Mai 2003 erlassenen Verteidigungspolitischen Richtlinien hat der Bundesminister<br />
für Verteidigung den Streitkräfteauftrag der Bundeswehr mit der heute vorherrschenden sicherheitspolitischen<br />
Lage in Einklang gebracht. Im folgenden „Profil“-Beitrag betrachtet Dr. Burkhard Theile von<br />
der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> die Entwicklungen des politischen Umfeldes, den Streitkräfte-Auftrag und<br />
die Technologieentwicklung in 50 Jahren Bundeswehr. Dabei steht die Heeresrüstung im Vordergrund.<br />
<strong>Das</strong> hat nahe liegende Gründe: <strong>Das</strong> Heer hat einen überproportional hohen Anteil am derzeitigen<br />
Streitkräfteauftrag, und Rheinmetall Defence ist das größte europäische Unternehmen für Landsysteme.<br />
Foto: Michael Kappeler/ddp<br />
fünf Jahrzehnten als verlässlicher Partner<br />
auf dem Gebiet der Ausrüstung<br />
stets begleitet. Mit der Konsequenz,<br />
dass die veränderten Aufgaben und<br />
Rahmenbedingungen der Bundeswehr<br />
auch ihre Auswirkungen auf die Arbeitsgebiete<br />
und Strukturen Rheinmetalls<br />
hatten. In dieser „Profil“-Sonderausgabe<br />
wird dargestellt, wie sich die<br />
Aufgaben Rheinmetalls in den vergangenen<br />
fünf Jahrzehnten gewandelt haben.<br />
Angefangen bei herkömmlichen<br />
Infanterie- und Artillerie-Waffen für die<br />
Verteidigungsarmee im Rahmen des<br />
Nato-Bündnisses über die Turm- und<br />
Waffenentwicklung der Panzerfahrzeuge<br />
sowie deren Munition, ist Rheinmetall<br />
heute das führende europäische<br />
Systemhaus für Heerestechnik, das sowohl<br />
seinen Aufgaben beim Einsatz der<br />
Bundeswehr in internationalen Einsätzen<br />
als auch in der immer mehr an Bedeutung<br />
gewinnenden Homeland Security<br />
voll gerecht wird. dp<br />
Composing: frei-stil/Fotos: IMZBw-Bildarchiv