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Nach dem Krieg bekam das kleine<br />
Friedrichsdorf viele neue Mitbürger.<br />
Unter Ihnen ein blinder<br />
Mann. Ich konnte mir nicht vorstellen,<br />
wie man mit einer Blindheit<br />
leben konnte. Und auf dem<br />
Rückweg von der Schule hatte<br />
ich einmal den Einfall, meine<br />
Augen zu schließen und einfach<br />
weiterzugehen. Weit kam ich<br />
nicht! Bernhörster, das große Gebäude<br />
mit einer Gaststätte an der<br />
Kreuzung im Dorf hatte neben<br />
seiner Eingangstür einen großen<br />
eisernen Briefkasten hängen.<br />
Prompt schlug ich mit dem Kopf<br />
dagegen, es blutete sehr und das<br />
Blut tropfte auf das Pflaster.<br />
Meine Schulkameraden kamen<br />
angelaufen und halfen mir. Diesen<br />
Versuch habe ich kein zweites<br />
Mal unternommen.<br />
Nein, unser Schulweg war nicht<br />
langweilig. Überall konnte man<br />
etwas erleben und sehen. Selbst<br />
beim Kränzeflechten hinten im<br />
Hof bei Stelbrink/Nolte. Tante<br />
Berta, wie Frau Nolte von vielen<br />
Friedrichsdorfern genannt wurde,<br />
war viele Jahre Küsterin in<br />
der ev. Kirche. Auch in der Polsterwerkstatt<br />
der Familie Hans<br />
Beller konnten wir ab und zu zusehen.<br />
Ich glaube, dies kann man<br />
nur in einem so kleinen Dorf, keinesfalls<br />
in einer größeren Stadt.<br />
Wir Friedrichsdorfer Kinder waren<br />
hier heimisch, Avenwedde,<br />
Ummeln und die Senne waren, so<br />
lange wir klein waren, schon<br />
Ausland!<br />
Dies galt nicht für die unmittelbar<br />
angrenzenden Häuser, z.B. am<br />
Südwestweg wo die Senne anfing.<br />
Die dort wohnenden Kinder<br />
mussten zwar zur Osthusschule<br />
nach Senne I, die Bewohner zum<br />
angrenzenden Teil Avenwedde<br />
kamen in die Schule nach Friedrichsdorf.<br />
Zur Kirche aber kamen<br />
alle, ob katholisch oder evangelisch,<br />
nach Friedrichsdorf. So<br />
entstand ein friedliches Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
.<br />
Wir gehören heute der EU an, ein<br />
Zusammenschluss fast aller europäischen<br />
Länder. Wir in Friedrichsdorf<br />
haben diesen Gedanken<br />
bereits vor über 65 Jahren im<br />
kleinen praktiziert.<br />
Das weiter entfernte „Ausland“<br />
mussten wir aber trotzdem des<br />
öfteren besuchen, Friedrichsdorf<br />
hatte damals weder eine Apotheke,<br />
noch einen Zahnarzt. Mit dem<br />
Fahrrad ging es dann zur Apotheke<br />
nach Isselhorst und zum<br />
Zahnarzt nach Verl.<br />
Ich könnte noch vieles erzählen,<br />
leider wird der Platz nicht reichen.<br />
Für mich war Friedrichsdorf<br />
zur Kindheit wie eine große<br />
Familie. Kaum ein Haus und deren<br />
Bewohner, die ich nicht namentlich<br />
kannte. Friedrichsdorf<br />
war ja das kleinste Dorf im Kreis.<br />
Noch heute sehe ich in Gedanken<br />
die fünf Ortseingangsschilder<br />
mit der Aufschrift: Friedrichsdorf,<br />
Kreis Wiedenbrück, Reg.<br />
Bez. Minden.<br />
Trotz des Krieges und der<br />
schwierigen Nachkriegszeit mit<br />
all seinen Entbehrungen haben<br />
wir in Friedrichsdorf eine zufriedenstellende<br />
wenn nicht schöne<br />
•Innenausbau<br />
•Trockenbau<br />
•Fenster- u. Rollladenbau<br />
•Markisen<br />
Kindheit verlebt. Die Flüchtlingskinder<br />
wurden in unsere Schulklassen<br />
aufgenommen. Sie hatten<br />
das schwerere Los zu tragen.<br />
Aber trotz vieler Entbehrungen<br />
erlaube ich mir zu behaupten,<br />
dass unsere Lehrkräfte, Fräulein<br />
Schopmeier von der katholischen<br />
Schule und später die Lehrer<br />
Berger und Remann von der<br />
evangelischen Schule alle Schüler<br />
zu tüchtigen, ordentlichen und<br />
fleißigen Menschen erzogen haben.<br />
Liebe Leser, haben Sie es bemerkt?<br />
Ich glaube, mein Bericht<br />
ist eine kleine Liebeserklärung<br />
an das alte Friedrichsdorf von vor<br />
über 65 Jahren und seine Bewohner<br />
geworden.<br />
Zum 225. Geburtstag Friedrichsdorfs<br />
meine herzlichen Glückwünsche.<br />
– Ende –<br />
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<strong>Bonewie</strong> · Juni 2011|43