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Journal Dampf Heißluft

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Die VVB LOWA, Werdau und deren<br />

<strong>Dampf</strong>kraftfahrzeuge<br />

In der sowjetischen Besatzungszone hatte man zum 1. Juli<br />

1948 Betriebe in VEBs (Volkseigene Betriebe) umgewandelt<br />

und volkseigene Betriebe von zentraler Bedeutung für<br />

die gesamte sowjetische Besatzungszone branchenweise<br />

in sogenannte zentralgeleitete VVBs (Vereinigung Volkseigener<br />

Betriebe) zusammengefasst. Als Kern der neu zu<br />

schaffenden DDR-eigenen Fahrzeugindustrie – die alten<br />

Zentren des Fahrzeugbaus, ins besondere die der relevanten<br />

Zulieferer lagen alle im Westen – hatte man die<br />

VVB Industrieverband Fahrzeugbau (IFA) in Chemnitz geschaffen.<br />

Dort sollte die technische Entwicklung und Produktion<br />

von Straßenfahrzeugen in der jungen DDR zentral<br />

vorangetrieben werden. Die zum 1. Juli 1948 gegründete<br />

VVB LOWA (ab 1. Januar 1949 Sitz Werdau, Sachsen)<br />

sollte den Lokomotiv- und Waggonbau in der neugegründeten<br />

Republik verantworten.<br />

Mitarbeiter des nunmehrigen VEB <strong>Dampf</strong>kesselbau Dresden-Übigau<br />

(ehemalige <strong>Dampf</strong>kesselfabrik DAMAP), der<br />

ab 1. Juli 1949 zur VVB LOWA gehörte, wandten sich an<br />

die LOWA-Hauptverwaltung und fragten an, ob sie die<br />

Fertigung der <strong>Dampf</strong>zugmaschinen und <strong>Dampf</strong>schlepper<br />

der Gebr. Sachsenberg sowie deren Weiterentwicklungen<br />

aufnehmen könnten. Da Material aus der Betriebsauflösung<br />

von Sachsenberg und Fritsch für 3 Fahrzeuge in<br />

Uebigau bereits lagerte, wäre es zweckmäßig, die ersten<br />

drei Fahrzeuge in Uebigau zu erstellen. Der Antrag wurde<br />

geprüft. Interne Umstellungsprobleme auf die Planwirtschaft,<br />

Versorgungsengpässe und Schwierigkeiten mit<br />

anderen Reparationslieferungen ließen die Idee Straßendampffahrzeuge<br />

zu bauen in den Hintergrund treten.<br />

Erst Anfang Dezember 1949 griff der Direktor der LOWA,<br />

Hans Singhuber, die Anfrage erneut auf und ließ sich per<br />

gerichtlicher Anordnung sowohl vom Konkursverwalter<br />

der Firma Fritsch als auch von dem VEB Elbe-Werk Roßlau<br />

die Konstruktionsunterlagen der Fahrzeuge – soweit<br />

noch vorhanden – aushändigen. Auch die weiteren noch<br />

existenten Teile der Sachsenberger und der Fritschschen<br />

Produktion ließ er in Dresden sicherstellen. In der LOWA-<br />

Verwaltung unterstellte man Fritsch, er könne ja versuchen<br />

die Konstruktionsunterlagen zu entwenden. Die gleiche<br />

Unterstellung traf auch einen weiteren Ingenieur, der<br />

mit den <strong>Dampf</strong>wagen vertraut war, und noch 1951 einen<br />

Artikel in der westdeutschen Presse veröffentlichte, den<br />

Ing. A. Pomutz. Fritsch hatte ihn als kompetenten Nachfolger<br />

für seinen Betrieb gegenüber der sächsischen Landesregierung<br />

benannt. Direktor<br />

Singhuber schien davon ausgegangen<br />

zu sein, dass er im Besitz<br />

aller Fahrzeugteile und der kompletten<br />

Konstruktionsunterlagen<br />

wäre. Sein Bestreben war es, der<br />

jungen DDR möglichst schnell<br />

dringend benötigte Transportfahrzeuge<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Da weder die IFA noch die<br />

Hauptabteilung Maschinenbau<br />

und Elektrotechnik des Ministeriums<br />

für Industrie an der <strong>Dampf</strong>fahrzeugentwicklung<br />

interessiert<br />

waren, wollte er dem eigenen Unternehmen dieses zukunftsträchtige<br />

Arbeitsfeld erschließen. Das <strong>Dampf</strong>zugmaschine-Projekt<br />

DS 65 wurde ohne einen Entwicklungsauftrag<br />

der zuständigen Hauptabteilung Maschinenbau<br />

gestartet. Die LOWA erhielt ihn jedoch später „nachgereicht“.<br />

Es sollte bis Mitte 1950 dauern, bevor alle noch<br />

greifbaren Konstruktionsunterlagen der LOWA zugänglich<br />

wurden. Man musste feststellen, dass die Pläne nicht ausreichend<br />

durchgearbeitet waren. Von den Vorfabrikaten<br />

waren Teile verschwunden oder aber der verschiedenen<br />

Versuchsanordnungen wegen so unterschiedlich, dass<br />

sie nicht ohne weiteres verwendet werden konnten. Der<br />

Bau der Prototypen der DS 65 wurde dem LOWA-Werk<br />

in Vetschau übergeben. Der Start des <strong>Dampf</strong>zugmaschinen-Projektes<br />

verzögerte sich allerdings. Erst im August<br />

1950 wurden vier sogenannte „Brigaden“ gebildet, die<br />

die im Betrieb anliegenden Projekte termingerecht und<br />

technisch einwandfrei bearbeiten sollten. Ein Projekt umfasste<br />

die serienreife Entwicklung des La Mont-Kessels<br />

und in einem parallelen Projekt sollte die <strong>Dampf</strong>straßenzugmaschine<br />

zur Serienreife gebracht werden. Die<br />

anderen Projekte betrafen den Bau einer Lokomotive<br />

mit Kohlenstaubfeuerung sowie den einer feuerlose Lokomotive.<br />

Zeitgleich beschloss man die Entwicklung der<br />

120-PS-<strong>Dampf</strong>straßenzugmaschine DS 120 für 1951 als<br />

Forschungs- und Entwicklungs-Auftrag beizubehalten, um<br />

mit einem wirklich qualifizierten Fabrikat die Fertigung 1952<br />

aufnehmen zu können. Die Entscheidung, in welchem Werk<br />

der Versuchsmusterbau, der Nullserienbau und später die<br />

serienmäßige Fabrikation durchgeführt werden sollte, blieb<br />

offen. Bei der LOWA beschäftigte man sich zu dieser Zeit<br />

intensiv mit Vorbereitungen zur Aufnahme der existentiell<br />

vorrangigen Omnibus- und Trolleybus-Fertigung. Im<br />

Januar 1951 begann man schließlich mit dem Bau einer<br />

Mustermaschine mit Teilen der ehemaligen Firma von W.<br />

Hans Fritsch. Im EKM <strong>Dampf</strong>kesselbau Meerane wurde ein<br />

Zweitrommel-Wasserrohrkessel (eine größere Obertrommel<br />

war bei dieser Konstruktion durch Siederohre mit einer<br />

kleineren Untertrommel verbunden) mit Röhrenüberhitzer<br />

und Rauchgasvorwärmer aus Sachsenbergbeständen<br />

überholt. Im Vergleich mit den <strong>Dampf</strong>zugmaschinen von der<br />

Gebr. Sachsenberg AG mit ihrem richtungsweisenden Design<br />

waren die Fahrzeuge der LOWA mit einer leicht veränderten,<br />

noch moderner anmutenden Karosserie ausgestattet.<br />

Am prinzipiellen inneren Aufbau wurde wenig verändert.<br />

Die Fahrzeuge besaßen die bekannte liegende, doppeltwirkende<br />

Zweizylindermaschine mit Ventilsteuerung. Der<br />

Abdampf wurde in einem Röhrenkondensator kondensiert.<br />

Bild 10: Technische Skizze der <strong>Dampf</strong>zugmaschine LOWA DS 65 (1951)<br />

<strong>Journal</strong> <strong>Dampf</strong> & Heißluft 4/2011 53

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