„Magna Charta“ der Erneuerung
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P O W / 49 - 11 - 03.12.2003<br />
Kichern bei Kipferln und Glasur<br />
Klosterbäckerin Schwester Lauda Greiml von den Barmherzigen Schwestern vom<br />
heiligen Kreuz versorgt Gemündener Einrichtungen mit Süßem – 350 Stollen und<br />
Striezel verlassen jährlich ihre Backstube – „Bei uns geht es lustig zu“<br />
Gemünden (POW) Lachen raubt ihr die Luft. Tränen kullern in Strömen über ihre Backen. Der Hauch<br />
eines Kichers – sofort wippen ihre Schultern erneut im Takt mit den an<strong>der</strong>en. Dazwischen ein<br />
Schwätzchen über frühere Zeiten, Aktuelles und Fachwissen. Dabei läuft die Arbeit wie am Fließband:<br />
abteilen, rollen, aufs Blech, abteilen, rollen, aufs Blech. So weit sie sich erinnern kann, steht Schwester<br />
Lauda Greiml (64) in <strong>der</strong> Backstube <strong>der</strong> Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz im Gemündener<br />
Kloster. Genau weiß sie es selbst nicht mehr. „Sagen wir, 42 Jahre – das kommt in etwa hin.“<br />
Ein Besuch bei ihr in <strong>der</strong> Backwerkstatt ist wie eine Zeitreise: große schwarze Bleche, eiserne,<br />
cremefarbene Knet- und Küchenmaschinen, eine schier antike Waage; ihr wichtigstes Gerät heißt<br />
„Matador“ und ist ein Ofen, <strong>der</strong> sicher so alt ist, wie Schwester Lauda <strong>der</strong> Klosterbäckerei vorsteht. Auf<br />
den Regalen ringsum drängen sich Gewürze in riesigen und winzigen Dosen, Schüsseln und Kästen:<br />
Zimt, Fruchtzucker, Kakao. Alle sind fein säuberlich beklebt und beschriftet mit Pflastern und Aufklebern.<br />
Charmant veraltet sind die Geräte, die Koch- und Backbücher stecken voller handgeschriebener Zettel<br />
und Rezepte.<br />
Wer Schwester Lauda sucht, geht am besten seiner Nase nach. Sobald <strong>der</strong> Summer des Türöffners den<br />
Eingang freigibt, kann man es riechen: <strong>der</strong> Duft verspricht Süßes für Leckermäulchen. Zwischen<br />
November und Weihnachten verströmt ihr Arbeitsplatz Plätzchenduft im ganzen Haus. Schwester Lauda<br />
ist dafür verantwortlich, dass alle hauseigenen Einrichtungen mit Backwerk versorgt sind. Ob Konvent,<br />
Kin<strong>der</strong>garten, Hort, Tagesstätte o<strong>der</strong> Internat: sie alle warten täglich auf Kuchen, Brot und Brötchen,<br />
Brezeln und Hörnchen. Beson<strong>der</strong>s viel zu tun hat die Bäckerin im Advent. Gleich nach den<br />
Martinsgänsen aus Hefe macht sie sich an die Arbeit. Rund 60 Kilogramm Butter, 75 Kilogramm Zucker<br />
und drei Zentner Mehl wollen zu 350 Stollen und Striezel gebacken werden. Zusätzlich nimmt sie sich<br />
jährlich rund 30 verschiedene Plätzchensorten vor. Ein- bis zweitausend mürbe Teilchen schiebt sie<br />
täglich in den Ofen.<br />
Schwester Laudas Hände sind überzogen mit einer Mehlkruste. Teigreste schrumpeln an ihren Hände.<br />
Die kleine ganz in weiß gewandete Frau ist es gewohnt, mit klebrigen Fingern zu arbeiten. Doch heute ist<br />
sie nicht die einzige. Gleich drei Helferinnen backen an ihrer Seite. Die Rieneckerin Christa Wischert ist<br />
ihre ständige Mitarbeiterin. Seit 18 Jahren sind die beiden ein eingeschworenes Team. Dass es bei so<br />
viel Nähe auch manchmal Ärger gibt, liegt auf <strong>der</strong> Hand. „Selten fliegen mal die Fetzen und die Türen<br />
o<strong>der</strong> wir reden kein Wort“, gibt Schwester Lauda zu. Doch meist gehe es ausgesprochen lustig zu, wird<br />
ebenso viel gealbert wie gearbeitet. „Wir üben in <strong>der</strong> Früh schon, ob wir lachen können – und abends<br />
klappt es immer noch.“<br />
Zusammen mit ihren drei Assistentinnen kauert sie auf Hockern im Keller. Der heutige Backplan sieht<br />
Vanillekipferl und Butterplätzchen vor. Jede kennt ihre Handgriffe genau: Schwester Lauda formt den<br />
Teig zu einer langen Rolle und schneidet sie in kleine Portionen. Gemeinsam mit Christa Wischert bildet<br />
sie daraus die kleinen Hörnchen und legt sie aufs Blech. Ein an<strong>der</strong>es Backduo ist zur Aushilfe dabei. Die<br />
Schwestern Walburgis Hellert und Brigitte Krones bestreuen und bestreichen „Ausgestochene“ mit<br />
bunten Zuckerstreuseln und Glasur. Sie helfen zwar gern, doch „auf Dauer wäre es meines nicht“,<br />
gesteht die Oberpfälzerin Brigitte.<br />
Freilich gibt es gerade in <strong>der</strong> kalten Jahreszeit Stress in <strong>der</strong> Backstube. Doch Hektik kommt bei<br />
Schwester Lauda niemals auf. Seelenruhig und gelassen macht sie ihren Job. Sie setzt auf Tradition,<br />
sowohl was die Rezepte, als auch die Zutaten angeht. Mo<strong>der</strong>ne Plätzchen probiert sie zwar aus, stellt<br />
aber immer wie<strong>der</strong> fest, dass die „manchmal an<strong>der</strong>e Formen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Namen haben, aber mehr<br />
nicht“. Ihre Rezepte hat sie über Jahre hinweg gesammelt und verfeinert. Christa bringt jährlich frische<br />
Ideen. Auch in diesem Jahr haben sich die beiden Bäckerinnen, die nach eigenem Bekunden zwar<br />
keinen Meistertitel haben, aber Meisterinnen sind, Neues ausgedacht. Mit Linzer und Lebkuchen werden<br />
sie die Leckermäuler im Kloster verwöhnen. Etwa 150 Angestellte, Freunde und 70 Mitschwestern wollen<br />
versorgt werden. Doch auf Altbewährtes muss keiner verzichten: Spritzgebäck, Neapolitaner,<br />
Spitzkuchen, Kulleraugen, Terrassen, Walnusstörtchen, Nussmakronen, Pfeffernüsse und Pfauenaugen<br />
sind auch heuer wie<strong>der</strong> auf den Tellern.<br />
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