„Magna Charta“ der Erneuerung
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P O W / 49 - 9 - 03.12.2003<br />
Reportage<br />
Krippe entzündete die Leidenschaft<br />
Dekan Franz Schmitt frönt im Winterhalbjahr dem Laubsägen – Über 100 eigene<br />
Motive verwirklicht – Wenn’s ganz schön ist, gibt’s auch Musik in <strong>der</strong> Werkstatt<br />
Untersteinbach/Ebern/Maidbronn (POW) Auf rauen Bodendielen sammelt sich eine hauchdünne<br />
Schicht Holzstaub. Das Knistern <strong>der</strong> Flammen im emaillierten Holzofen übertönt das leise Surren. Eine<br />
Laubsäge bahnt ihren Weg durch ein Stück Sperrholz. An <strong>der</strong> Werkbank, die offensichtlich schon lange in<br />
Betrieb ist, sitzt Dekan Franz Schmitt (48), Pfarrer <strong>der</strong> Pfarreiengemeinschaft Heilig Geist im Steigerwald.<br />
Hier in seiner Werkstatt, ein paar Schritte hinter dem Untersteinbacher Pfarrhaus, lässt er den Alltag<br />
hinter sich.<br />
„Die Laubsäge ist einfach ein Stück meiner Kindheit, das mich auch noch heute begleitet.“ Gerade in <strong>der</strong><br />
kalten Jahreszeit, wenn im ausgedehnten Pfarrgarten, dem er sich mit Hingabe widmet, die Arbeit ruht.<br />
Dann zieht es Schmitt in seinen Bastelkeller, <strong>der</strong> mit dem Kalkputz an den Wänden seinen eigenen<br />
rustikalen Charme ausstrahlt. Schon sein Großvater und sein Vater seien in seiner Heimat Maidbronn als<br />
eifrige Winterwerkler bekannt gewesen. Wenn die Landwirtschaft ruhte, hätten sie Besen gebunden o<strong>der</strong><br />
Schuhe repariert. Die erste Säge, erinnert sich <strong>der</strong> Eberner Dekan genau, hat er von seinem Vater<br />
bekommen. Und dann mit Feuereifer Vorlagen ausgesägt.<br />
Heute werkelt er nicht mehr einfach an irgendwelchen Mustern. Zumindest nicht an gekauften.<br />
„Irgendwann hat es mich einfach gejuckt, meine Vorlagen selbst zu entwerfen.“ Das war Ende <strong>der</strong><br />
Siebziger Jahre, im Würzburger Priesterseminar. Inspiriert von einem Kunstdruck, zeichnete er seine<br />
erste Kreation. „Man muss natürlich etwas vereinfachen und schauen, dass die ausgesägten Teile nicht<br />
zu filigran werden. Sonst bricht schnell etwas ab.“ Beim Erstlingswerk, einer Krippe, scheint er alles<br />
richtig gemacht zu haben. Sie steht auch nach all den Jahren im Advent auf <strong>der</strong> Fensterbank im<br />
Pfarrhaus. Auf <strong>der</strong> Rückseite ist sie mit farbigem Transparentpapier beklebt. „Damit lässt sich zusätzlich<br />
eine bestimmte Stimmung zum Ausdruck bringen.“<br />
Das große X erweist sich als knifflige Angelegenheit. Schmitt beisst ein wenig auf die Unterlippe und<br />
kneift die Augen zusammen. Fünf Minuten später hat er auch diese Aufgabe gemeistert. Der Davidstern,<br />
an dem er sägt, ist sein jüngster Entwurf. Wie <strong>der</strong> Stern in <strong>der</strong> Geburtsgrotte in Bethlehem hat er<br />
14 Zacken, im Innern bilden die Worte Schalom und Pax ein Kreuz. Die engen und feingliedrigen<br />
Buchstaben sind auch für einen Routinier eine Herausfor<strong>der</strong>ung. „Alles Handarbeit“, sagt er nicht ohne<br />
Stolz. Die kleine Kreissäge benutzt er nur, um die großen, zwei bis vier Millimeter starken Pappel-<br />
Sperrholzplatten grob auf Format zu schneiden. Ansonsten aber hat er nichts mit Maschinen am Hut.<br />
Wenn es gilt, das Sägeblatt durch das Sperrholz zu fädeln, nimmt Schmitt den kleinen Handbohrer. „Das<br />
Sägen selbst geht immer vielfach schneller als das Entwerfen.“<br />
Nicht jedes Motiv, das ihm gefällt, lässt sich einfach als Sperrholzarbeit umsetzen. Manchmal muss<br />
Schmitt auf Details verzichten, die zu filigran sind. So hat er nur einmal den Till Eulenspiegel ausgesägt.<br />
Viele Glöckchen, Bän<strong>der</strong> und die vielen Zipfel an <strong>der</strong> Mütze waren mehr als diffizil. „Den zu machen,<br />
traue ich mich nicht so schnell wie<strong>der</strong>.“ Manchmal än<strong>der</strong>t er die Darstellung auch aus rein ästhetischen<br />
Gründen. Die Herbergssuche zum Beispiel hat er als Linolschnitt gesehen. „Der Wirt und die Gasthaustür<br />
haben mir nicht gefallen. Da hab ich sie einfach weggelassen.“<br />
Vorsichtig glättet <strong>der</strong> Dekan mit Schmirgelpapier die Kanten <strong>der</strong> bereits vollendeten Herbergssuche.<br />
Schwer vorstellbar, dass er nach so viel Mühe sich von seinem Werk trennen kann. „Wenn ich weiß, ich<br />
mache das für jemanden, ist das kein Problem.“ Selbst, wenn es sich um ein Unikat handelt. Für so<br />
manches Hochzeitspaar, das er getraut hat, schuf er ein Erinnerungsstück. Namen, christliche Symbole<br />
wie Kreuz und Anker und das Datum <strong>der</strong> Hochzeit verschmolzen zu einem Gesamtkunstwerk – zum<br />
Beispiel in Herzform. Für einen Pfarrerskollegen hat er zum runden Geburtstag ein Schild in Form des<br />
Dekanats Ebern geschaffen, mit <strong>der</strong> Silhouette <strong>der</strong> Pfarrkirche und persönlichen Symbolen. Für sich<br />
selbst hat er, basierend auf dem Meditationsrad des heiligen Klaus von Flüe, ein Pfarrersemblem designt.<br />
Mit Symbolen aus <strong>der</strong> Zeit als Landvolkseelsorger, einem stilisierten Jakobusweg und <strong>der</strong> Taube als<br />
Symbol für die Pfarreiengemeinschaft Heilig Geist. Wie jedes seiner Werke hat er auch dieses im<br />
Musterbuch dokumentiert. So kann er die Vorlage bei Bedarf mit Kohlepapier leicht übertragen. Über 100<br />
Entwürfe füllen einen Aktenordner.<br />
Presse- und Informationsstelle des Bischöflichen Telefon 0931/386 287<br />
Ordinariats, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg Telefax 0931/386 419<br />
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