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„Magna Charta“ der Erneuerung

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P O W / 49 - 5 - 03.12.2003<br />

Im Gespräch<br />

Erwerb verantwortbar<br />

Diözesanadministrator und Dompropst Weihbischof Helmut Bauer zum Rückkauf<br />

des romanischen Löwenkopf-Türziehers – Mittel werden aus <strong>der</strong> Stiftung<br />

Kunstsammlung <strong>der</strong> Diözese in den kommenden Jahren finanziert<br />

Würzburg (POW) Der Rückkauf des romanischen Löwenkopf-Türziehers durch die Diözese Würzburg<br />

hat in den vergangenen Wochen zu kontroversen Diskussionen geführt. Im folgenden Interview nimmt<br />

Diözesanadministrator und Dompropst Weihbischof Helmut Bauer (70) zu Rückerwerb und Verwendung<br />

des romanischen Kunstwerks Stellung. Weiter äußert er sich zur Stiftung Kunstsammlung <strong>der</strong> Diözese,<br />

<strong>der</strong>en Vorsitzen<strong>der</strong> er ist.<br />

POW: Wie beurteilen Sie als <strong>der</strong>zeitiger Administrator <strong>der</strong> Diözese und Dompropst am Kiliansdom den<br />

Erwerb des romanischen Löwenkopf-Türziehers?<br />

Weihbischof Bauer: In Würzburg ist durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg so vieles verloren<br />

gegangen. Wir besitzen nur noch wenige Erinnerungsstücke aus <strong>der</strong> kirchlichen Tradition <strong>der</strong> Diözese<br />

Würzburg. Deshalb war die Rückgewinnung des romanischen Löwenkopf-Türziehers sicher ein<br />

Glücksfall. Ich habe unserem Bau- und Kunstreferenten Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen bei <strong>der</strong><br />

Ordinariatssitzung gedankt, dass er seit Jahren dieses bedeutsame Kunstwerk im Auge hatte. Bereits im<br />

November 2000 war uns <strong>der</strong> Löwenkopf-Türzieher des Marienportals aus <strong>der</strong> Renaissancezeit anonym<br />

zugetragen worden. Damals hatten wir auch erfahren, dass <strong>der</strong> weit wertvollere Löwenkopf-Türzieher aus<br />

dem 11. Jahrhun<strong>der</strong>t noch existiere. Vom Versteigerungshaus „Sotheby’s“ wurde sein Wert auf rund<br />

560.000 Euro geschätzt. Im April 2003 teilte uns das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kunst mit, dass <strong>der</strong> Löwenkopf-Türzieher in das Verzeichnis national wertvollen<br />

Kulturgutes eingetragen worden ist. Domkapitular Lenssen ist <strong>der</strong> Sache entschieden nachgegangen und<br />

konnte herausfinden, dass das Kunstwerk mittlerweile über den Kunstmarkt in Privatbesitz übergegangen<br />

war. Wir waren zunächst <strong>der</strong> Meinung, dass ein solch wertvolles Gut dem Eigentümer gehöre. Die<br />

juristischen Probleme um eine Rückgabe an den Eigentümer wurden erst nach und nach deutlich. Als es<br />

sich abzeichnete, dass ein langwieriger Prozess mit ungewissem Ausgang zu erwarten war, hat<br />

Kunstreferent Lenssen die Gelegenheit genutzt, dieses wertvolle Gut für die Diözese zu erwerben.<br />

POW: Sie sind auch Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stiftung Kunstsammlung <strong>der</strong> Diözese. Die Mittel stellte diese<br />

Stiftung bereit?<br />

Weihbischof Bauer: Die vor einem Jahrzehnt errichtete Stiftung kann mittlerweile jährlich eine bestimmte<br />

Summe auswerfen. So war vorauszusehen, dass die Stiftung diese schnell getroffene Entscheidung für<br />

den Rückkauf finanziell abdecken kann. Das hat die Stiftung dann auch getan. In den nächsten drei bis<br />

vier Jahren wird es keine weiteren Anschaffungen durch die Stiftung geben, da die Mittel für den<br />

Rückkauf des Löwenkopf-Türziehers verwendet werden. Alles an<strong>der</strong>e muss zurücktreten. Zweck <strong>der</strong><br />

Stiftung ist es, durch Zustiftungen von Mitteln o<strong>der</strong> Kunstwerken Anschaffungen zu tätigen, die durch<br />

Haushaltsmittel <strong>der</strong> Diözese nicht zu decken sind. Auf solche Zustiftungen werden wir künftig angesichts<br />

zurückgehen<strong>der</strong> Kirchensteuermittel verstärkt angewiesen sein.<br />

POW: Gibt es Beispiele für solche Zustiftungen?<br />

Weihbischof Bauer: Vor einigen Jahren überbrachte mir eine Frau aus Südbayern wenige Monate nach<br />

einer Domführung eine Spende in Höhe von 100.000 Mark für die Domausstattung. Damals haben wir<br />

dieses Geld verwendet, um den Deckel <strong>der</strong> Kanzel nachschnitzen zu lassen. Er war in <strong>der</strong> Bombennacht<br />

im März 1945 verbrannt. Durch <strong>der</strong>artige Zustiftungen können wir dem Kiliansdom wertvolle<br />

Ausstattungsstücke – wenn auch manchmal nur in Kopie – zurückgeben. Ich denke beson<strong>der</strong>s an das<br />

romanische Kreuz, die Madonna, den Kanzeldeckel o<strong>der</strong> die Menora am Eingang des Domes. Solche<br />

Anschaffungen wären nicht möglich, wenn wir in <strong>der</strong> Stiftung Kunstsammlung nicht Vorsorge getroffen<br />

hätten.<br />

POW: Zuweilen tauchte <strong>der</strong> Vorwurf auf, die Diözese würde hier Geld verschwenden.<br />

Weihbischof Bauer: Wegen <strong>der</strong> Bedeutung dieses international angesehenen Kunstwerks kann man<br />

sagen: Die Kirche muss solche historischen und bedeutsamen Kunstwerke bewahren, beschützen und –<br />

wenn es nötig ist und sie es finanziell verkraften kann – auch zurückerwerben. Ich verstehe die<br />

Presse- und Informationsstelle des Bischöflichen Telefon 0931/386 287<br />

Ordinariats, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg Telefax 0931/386 419<br />

e-mail POW@Bistum-Wuerzburg.de

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