er eine Vorgabe von 148 für das Rad.Ok, noch einmal tief durchatmen, etwasTempo rausnehmen und eine Gruppefinden, mit der er mitfahren konnte.Abb. 27: Laufen, Schw<strong>im</strong>men, Radfahren - be<strong>im</strong>Triathlon ist Vielseitigkeit gefragtDas dauerte zum Glück nicht all zu lange- und jetzt rollte der Zug. Bruno fühltesich gut. Er konnte den Wettkampf jetztsogar genießen.Regelmäßig trinken und dann die Gelsund Riegel, alles lief rund. Nach 5:13Stunden ereichte er erneut die Wechselzone,dieses Mal ohne Orientierungsverlust.Schuhwechsel, und dann seine Paradedisziplin:Der Marathon als Krönungseines ersten Ironman-Wettkampfes!Der Übergang ins Laufen funktioniertejetzt besser. Er fand ein gutes Tempo.Zwischendurch machten ihm die Endorphinemächtig zu schaffen, allerdings <strong>im</strong>positiven Sinne. Jetzt bloß nicht aufdrehen,schön nach Puls weiterlaufen! 155und keinen Schlag darüber.Die Kilometerangaben am Streckenrandflogen nur so vorbei. Jetzt war erschon insgesamt über acht Stunden unterwegsund das Ende kam in greifbareNähe - wobei jedoch der Gedanke aufzuhörenmanchmal noch näher lag, wennBrunos Motivation am Tiefpunkt war:„Warum nur tue ich mir das an?“ DieseFrage kreiste in seinem Kopf. Ein „Hänger“,absolut typisch und auch für Brunonichts Neues - und trotzdem fiel es unglaublichschwer, gegen den inneren Widerstandanzukämpfen. Erst allmählichgewann Brunos Willen wieder die Oberhand,und bald darauf kam dann auchendlich die Antwort auf das „Warum“.Das Ziel war jetzt schon fast in Sicht.Noch einmal kurz <strong>im</strong> Ort um die Eckeund dann diese unendlich lange Zielgerade.Einfach <strong>im</strong>mer weiterlaufen, keinEndspurt. Zehntausende standen ander Strecke, jubelten und applaudierten.Jetzt schoss ihm die Antwort durchden Kopf: Das war es!Dieses Gefühl war unbeschreiblich. EinZwiespalt tat sich in ihm auf: Langsamerwerden, um den Moment auszukosten,oder alles geben und nochmal lossprinten?Der Moment seiner Zielankunft mitstrahlenden Augen und hochgerissenenArmen prangt als Foto hinter seinemSchreibtisch. Das war die Antwort…Um 18:44 Uhr, also zehn Stunden vierzehnMinuten und 18 Sekunden, nachdemer heute Morgen ins 21 Grad kalteWasser gesprungen war, hatte er sie gefunden.Auch wenn er gehofft hatte, unterder zehn Stunden Marke bleiben zukönnen - das trübte sein Glücksgefühlund seinen Erfolg nicht <strong>im</strong> Mindesten.Bruno ist kein Mensch, der sich auf Lorbeerenausruht: Mit 30 Jahren war ersoweit, dass er sich für den Ironman aufHawaii qualifizierte - dem „Mekka derTriathleten“! Sein <strong>Training</strong> hatte Brunolängst perfektioniert, und so erfülltesich in Hawaii schließlich sein ganz großerTraum mit persönlicher Bestzeit von9 Stunden, 21 Minuten.Das ist nun einige Zeit her: Beruf und Familiegerieten in den Vordergrund, undirgendwann hatte er den Kontakt zumSport gänzlich verloren. Vier Jahre Pause- dann kam der alte Ehrgeiz wieder.Da war doch mal was!Der Ironman hatte ihn trotz seines ErfolgesRespekt gelehrt - aber ein Triathlonsollte für jemanden wie Bruno realistischesZiel bleiben.Zielstellung des <strong>Training</strong>sBruno hat für sein Triathlon-Comebackgenau ein Jahr Vorbereitung eingeplant -falls die Zeit nicht ausreicht, wird er denWettkampftermin verschieben.Aus Erfahrung weiß er, dass <strong>Training</strong>nicht <strong>im</strong>mer „planmäßig“ verläuft unddass durch Verletzungen oder auchKrankheit die gesetzten Ziele nicht <strong>im</strong>mereingehalten werden können.Er erinnert sich noch gut an die Vorbereitungzum Ironman. Damals war er wohlauch deshalb so erfolgreich mit seinem<strong>Training</strong> (kaum Erkältungen, keine Verletzungen),weil er regelmäßig eine Leistungsdiagnostikdurchführen ließ undsich exakt an deren Vorgaben hielt. Sowollte er es auch diesmal machen.Da Bruno schon konkrete Vorstellungenüber sein <strong>Training</strong> und seine <strong>Training</strong>smethodenhat (zu Beginn vorrangigGrundlagenausdauer und somit Opt<strong>im</strong>ierungdes Fettstoffwechsels), begibter sich zunächst zu einem sportmedizinischenInstitut.Das volle Programm wird durchlaufen:Ausdauer-Leistungsdiagnostik für Laufenund Radfahren, Herzfrequenz, Atemgase(Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe)sowie Laktatanalyse.Über die Laktatwerte können unterschiedliche<strong>Training</strong>sintensitäten definiertwerden, z.B. Grundlagenausdauertrainingbis 3 mmol/l, Wettkampfbereich3 - 5 mmol/l und Spitzenbereich oberhalb5 mmol/l Laktat.Diese Angaben sind allerdings grobeRichtwerte und unterscheiden sich jenach Sportart und Disziplin. Für jedeSportart ist eine eigene Diagnostik notwendig,da die jeweiligen Intensitätsbereicheder <strong>Training</strong>smethoden voneinanderabweichen.Da er <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>men vorrangig an seinerTechnik feilen und weniger intensitätsbezogentrainieren will, lässt er hierfürkeine Diagnostik durchführen.Die Leistungsdiagnostik <strong>im</strong> Laufen sowiebe<strong>im</strong> Radfahren absolviert er unter zweiAspekten: Zum einen möchte er seineaktuelle Leistungsfähigkeit testen, und- 34 -- 35 -
zum anderen seine individuellen <strong>Training</strong>sbereichebest<strong>im</strong>men lassen.Bruno bekommt als Ergebnisse derLeistungsdiagnostik jeweils präzise Angabenüber die Geschwindigkeit (Lauf)oder Wattleistung (Rad) sowie die Herzfrequenzbereicheder verschiedenen<strong>Training</strong>smethoden. Außerdem sind dieLaktatwerte für ihn wieder ein wichtigesHilfsmittel - nicht gleich zu Beginn, wohlaber <strong>im</strong> weiteren Verlauf des <strong>Training</strong>s.In einem ausführlichen Gespräch werdendie Ergebnisse der Diagnostik analysiertund die zukünftige <strong>Training</strong>splanungunter Berücksichtigung von Brunosbegrenztem Zeitbudget abgest<strong>im</strong>mt.Im Laufe seiner zwölfmonatigen Vorbereitungist mindestens eine weitereleistungsdiagnostische Untersuchungnotwendig, uma) Brunos Entwicklung zu kontrollierenund zu prüfen, ob sein absolviertes <strong>Training</strong>erfolgreich war oder Anpassungenerforderlich sind, sowieb) seine individuellen <strong>Training</strong>sbereicheneu zu best<strong>im</strong>men, damit gewährleistetist, dass er weiterhin in seinen opt<strong>im</strong>alenIntensitätsbereichen trainiert.Bruno ist sich aber trotz seiner sehrprofessionellen Planung bewusst, dasssein Körper nicht <strong>im</strong>mer so reagiert wieer es sich vorstellt. Häufig entstehendurch ein zu schnell gesteigertes <strong>Training</strong>Verletzungen oder Probleme amBewegungsapparat, die durch Überlastunghervorgerufen werden.Abb. 29: Die „Winlactat“ von Mesics unterstützteine Vielzahl von Messgeräten und ErgometernAbb. 28: Beispielhafte <strong>Training</strong>splanung mit der„Opticare Professional“ Software von ErgolineEin ehrgeiziges Vorhaben - wenn Brunodie <strong>Training</strong>sabschnitte nach Plan absolviert,wird er rasch Fortschritte machen.Zu hohe <strong>Training</strong>sbelastungen könnenzudem infolge Übersäuerung zu einerSchwächung des Immunsystems führen,was besonders anfällig für Infektionskrankheitenmacht - das erklärt auch,warum sich bei einer Internet-Umfrageunter Triathleten ein Drittel über ständigeErkältungen beschwerte!Bruno n<strong>im</strong>mt sich daher vor, frühzeitigauf Signale des Körpers zu reagieren.Er wird sein <strong>Training</strong> deutlich reduzierenoder eine Pause einlegen, sobald er entsprechendeAnzeichen wahrn<strong>im</strong>mt. Nurso kann er sicherstellen, dass es ihnnicht irgendwann doch noch „erwischt“und zu weit <strong>im</strong> <strong>Training</strong> zurückwirft.Leistung perfekt <strong>im</strong> <strong>Griff</strong>Der Körper hat ein gutes Gedächtnis,und der Glanz aus Brunos ruhmreichenTagen zeigt sich zu Beginn des <strong>Training</strong>skaum getrübt (s.o.). Obwohl Bruno in denletzten Jahren 6 kg zugenommen hat,besitzt er verglichen mit einem „Normalsterblichen“noch <strong>im</strong>mer gute Voraussetzungenund eine Top-Kondition.Was er aber schon aus den Daten ablesenkann, ist (neben der natürlich starkreduzierten absoluten Leistungsfähigkeit)die deutliche Verschiebung desaktiven Fettstoffwechsels nach unten,in niedrigere Intensitätsbereiche. Hiernachzubessern wird also vorrangigesZiel seiner <strong>Training</strong>seinheiten sein.Durch ein sog. Grundlagenausdauertrainingverbessert Bruno gezielt seinenFettstoffwechsel, was für lang andauerndeAusdauerdisziplinen von großerBedeutung ist. Wie bereits in den physiologischenGrundlagen beschrieben,ist durch die L<strong>im</strong>itierung der Kohlenhydrat-bzw. Glykogenvorräte der Fettstoffwechselentscheidend an der Energiebereitstellungbeteiligt und somit auchein leistungsbest<strong>im</strong>mender Faktor be<strong>im</strong>Triathlon.Ziel ist es also, die Nutzung des körpereigenenEnergiespeichers „Fette“, derselbst bei schlanken Menschen einige10.000 kcal beträgt, bis in hohe Intensitätsbereichezu opt<strong>im</strong>ieren, damit dieKohlenhydratspeicher nicht so schnellgeleert werden.Bruno wird also zunächst sehr moderatins <strong>Training</strong> einsteigen: Einmal pro Wocheeine Stunde Laufen <strong>im</strong> opt<strong>im</strong>alenFettstoffwechselbereich mit einer max<strong>im</strong>alenHerzfrequenz von 129. Ebensoeine Stunde Schw<strong>im</strong>men (ohne Vorgabe,nur um wieder hineinzukommen)und 90 Minuten Radfahren bei einerHerzfrequenz von 120.- 36 -- 37 -