PEP Nr. 4 2004 - Polarity-Verband Deutschland eV
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Dr. Stone – Präsenz und Kontakt<br />
von Dr. Richard Strozzi Heckler<br />
»Jedes Unternehmen erweist sich als ein stumpfes Instrument,<br />
wenn nicht der lebendige Geist dahinter aufscheint.«<br />
Albert Einstein<br />
Vor einigen Jahren hatte ich das Glück und Vergnügen unter<br />
Dr. Randolph Stone zu studieren. Von der Tatsache abgesehen,<br />
dass er Osteopath, Chiropraktiker und Naturheilarzt war,<br />
war Dr. Stone ein »großer Mann« und ein Heiler mit enormer<br />
Power. Er entwickelte ein großes und komplexes System um<br />
seine Arbeit herum, das er <strong>Polarity</strong> Therapie nannte.<br />
Er war ein runder liebenswerter<br />
Ball, aber er konnte auch scharf<br />
und durchdringend sein wie<br />
eine Rasierklinge, die leicht und<br />
schnell zum Herzen der Dinge<br />
hindurch schneidet. Er hatte einen<br />
endlosen Vorrat an Informationen<br />
und Techniken, die er<br />
großzügig mit all denen teilte,<br />
die offen genug waren um an<br />
seinem Fest der Fülle teilzuhaben.<br />
Das war nicht immer leicht,<br />
denn er war ein Mann mit einer<br />
überwältigenden Energie; selbst<br />
in seinen Achtzigern schien er<br />
noch unermüdlich in seinen Bemühungen,<br />
anderen zu helfen. Ich erinnere mich, wie entsetzt<br />
ich war, als er einmal schnell aus der Sicherheitszone, die durch<br />
eine Steinbegrenzung markiert war, hinaus in die offene See<br />
schwamm, und als er die Küste wieder erreicht hatte, begann<br />
er einen spontanen Vortrag über sein Lieblingsthema, die<br />
Energieströme, zu halten.<br />
Aber trotz seines enormen Wissens und seiner Fähigkeiten ist<br />
es vor allem seine Präsenz und die Art wie er Kontakt machte,<br />
die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließen. Er behandelte<br />
jeden gleich und doch auch anders. Er hatte ein echtes<br />
und natürliches Mitgefühl, das jedermann in seinen Augen<br />
gleich machte, und zugleich sah er jeden als den, der er war.<br />
Dr. Stone machte sich nicht wichtig, aber ich fühlte, dass fast<br />
alle seine Patienten, oder wenigstens die, die ich sah, beeindruckt<br />
waren von seiner kraftvollen Liebe und Fürsorge. Ich<br />
war es auf jeden Fall. Er hatte eine Präsenz, die die Leute berührte,<br />
und es war diese Präsenz und nicht die Technik, die die<br />
Basis seines Heilens war.<br />
Am Ende eines langen Tagesseminars, wo er viele Patienten<br />
behandelt hatte, fragte er immer nach den hoffnungslosesten,<br />
»unheilbaren« Fällen. Ein Kleinbus fuhr vor mit einem jungen<br />
Mann, der sich zwei Jahre vorher den Nacken gebrochen hatte,<br />
als er in ein flaches Schwimmbecken getaucht war. Er war vom<br />
Nacken abwärts gelähmt und nach zwei Jahren Inaktivität wog<br />
er nun über 115 Kilo. Er wurde mit einer großen Schlinge aus<br />
dem Auto gehievt, und vier von uns mussten diesen riesigen<br />
und schwerfälligen Körper über die Straße transportieren. Alles<br />
an ihm erschien grau und wie totenähnlich. Er war nicht leblos,<br />
aber das Leben, das von ihm ausging, war bitter und hart.<br />
Er sah nichts mehr als lebenswert an und war sehr wütend.<br />
Ich zog mich von ihm zurück und ich sah, dass die anderen<br />
es auch taten. Während wir ihn auf die Liege betteten, schie-<br />
dr. stone - präsenz and kontakt<br />
nen wir uns alle abzuwenden, wobei wir uns heimliche Blicke<br />
zuwarfen und der Raum schwelte von Schuldgefühlen und Verlegenheit.<br />
Endlich kam Dr. Stone aus dem anderen Raum und<br />
summte eine Melodie vor sich hin wie er es oft tat. Als er an<br />
die Liege trat, legte er seine großen Hände auf diesen Mann<br />
und sagte zu niemandem speziell: »Nun, was haben wir denn<br />
hier?«. Ich brach fast zusammen. Seine Entspanntheit und Präsenz<br />
waren so anders als die von uns allen, dass man denken<br />
konnte er käme von einem anderen Stern. Er stand ganz nah<br />
bei diesem großen verwundeten Mann und seine Hände ruhten<br />
auf dessen Brustkorb.<br />
Dr. Stone sah ihm intensiv in seine ärgerlichen Augen, aber<br />
er blieb nicht da wie wir es getan hatten. Es war, als sähe er<br />
durch all die Bitterkeit hindurch zu einem Teil in ihm, wo noch<br />
Licht und Inspiration war. Es war ein sehr kleiner Teil, so klein,<br />
dass alle außer Dr. Stone sich geweigert hatten, dorthin zu<br />
gehen. Und es war dieses winzige bisschen Leben, mit dem<br />
Dr. Stone nun zu kommunizieren begann. Es war so, als fachte<br />
er diesen kleinen Lebensfunken mit einem unausgesprochenen<br />
aber gigantischen »JA« an. Einige Minuten verstrichen und<br />
dann, mit einem Ausdruck plötzlicher Entschlossenheit, brach<br />
er das Schweigen. »Wir müssen die Energieströme bewegen«,<br />
und seine Hände machten eine große fegende Bewegung vom<br />
Kopf zu den Füßen.<br />
Während der nächsten Stunde setzte er seine Manipulationen<br />
fort und instruierte den Rest von uns, wie wir verschiedene<br />
zusätzliche Druckpunkte bearbeiten sollten. Und da waren wir<br />
nun und hantierten emsig wie Arbeitsbienen, die ihre Königin<br />
versorgen. Aber im Herzstück all dieser Aktivität war Dr. Stones<br />
gleichbleibende und lebensspendende Präsenz. Alles was er<br />
tat, seine Berührung, sein Blick, seine Bewegungen, seine Worte,<br />
alles drückte ein großes »JA« zum Lebens aus; während wir<br />
weiterhin eifrig damit beschäftigt waren, dies und das zu tun<br />
und seinen Anweisungen zu folgen. Auch wir waren berührt<br />
von der Energie, die im Raum entstanden war. Als Dr. Stone<br />
weiterhin sein unerschütterliches »JA« verströmte, fing sein junger<br />
Patient langsam und zuerst fast unmerklich an sich zu verändern.<br />
Er wurde weicher und fing an, auf Dr. Stones Blick<br />
und Ermutigungen zu antworten. Ich weiß nicht, was dieser<br />
Mann dachte oder fühlte, als er in Dr. Stones sanftes, weißglänzendes<br />
Gesicht und seine leuchtenden Augen sah, aber<br />
er machte den Eindruck eines Babys, das in das Gesicht seiner<br />
Mutter schaut. Er hatte sich mit etwas in Dr. Stone verbunden,<br />
das ihn nährte. Dann, sozusagen aus dem Nichts, kam<br />
Dr. Stones dröhnende Stimme, die sagte: »Heben Sie Ihre Arme!«<br />
Wir erstarrten. Dr. Stone, der niemals seinen Fokus aufgab,<br />
ermutigte uns weiter zu machen. Dann noch einmal: »Heben<br />
Sie Ihre Arme!« Die Luft im Raum war elektrisch. Das »JA«<br />
in uns allen schien zu einer großen positiven Affirmation des<br />
Lebens zu verschmelzen.<br />
Nun, der Mann bewegte seine Finger, seine Hand und dann<br />
bewegte er ein ganz kleines bißchen seinen Arm. Ich merkte,<br />
dass ich den Atem angehalten hatte und wir sahen uns mit<br />
Erstaunen an. Dann, eine Mischung aus Feststellung und<br />
Triumph, sagte Dr. Stone: »Ihr müsst über die Symptome hinaus<br />
gehen und in das Herz der Dinge gelangen.« Seine großen<br />
Hände machten wieder die gewohnten fegenden Bewegungen<br />
von oben nach unten.<br />
Meine Freunde aus der Wissenschaft schütteln immer ihre<br />
Köpfe bei dieser Geschichte, aber ich war dabei, zusammen<br />
mit den anderen, und ich habe gesehen wie es geschah. Ich<br />
habe mich immer sehr privilegiert gefühlt, ein Zeuge von etwas<br />
so Tiefem, Einfachen und Lebensspendendem gewesen zu sein.<br />
polarity energie post / <strong>2004</strong> 11