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Bauprojekt Pankower Potenziale 09 Pilotprojekt Schulsanierung am ...

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Heimatgeschichte<br />

Die kleine Treppe in der Mitte musste schon nach wenigen Jahren einem Durchgang zum später gebauten Haus 6 weichen.<br />

Zuflucht für alte Männer<br />

Nach dem Ende des deutsch-französischen<br />

Kriegs 1871 zog die in Folge<br />

französischer Reparationsleistungen<br />

in Gang gekommene Konjunktur der<br />

Gründerjahre tausende Menschen<br />

aus allen Teilen des Deutschen Reichs<br />

in dessen Hauptstadt. Der Bedarf an<br />

Sozialeinrichtungen wuchs enorm<br />

und Berlin hatte, begünstigt durch die<br />

steigenden Steuereinnahmen, auch<br />

das Geld, darin zu investieren. So<br />

beschloss die Stadtverordnetenvers<strong>am</strong>mlung<br />

<strong>am</strong> 10. September 1885,<br />

ein Städtisches Hospital und Siechenhaus<br />

an der Ausfallstraße gen Norden<br />

zu bauen. Das dafür ausgewählte<br />

Ackergrundstück, in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zum Gaswerk gelegen,<br />

soll die Grundbesitzerf<strong>am</strong>ilie Bötzow<br />

der Stadt geschenkt haben, andere<br />

Quellen sprechen davon, dass Berlin<br />

das Areal für 640.000 Reichsmark von<br />

der Nordbahngesellschaft gekauft<br />

habe. Mit dem Bau beauftragt wurde<br />

der »Herr des Klinkers«, Stadtbaurat<br />

Hermann Blankenstein, nach dessen<br />

Plänen die Häuser an der Prenzlauer<br />

Allee und Fröbelstraße zwischen1886<br />

und 1889 hochgezogen wurden.<br />

Erster Nutzer war das 1849 in der<br />

Friedrichshainer Palisadenstraße ge-<br />

©Museum Pankow<br />

Aus der Geschichte des Bezirks<strong>am</strong>tsgeländes in Prenzlauer Berg Von H. Seefeld<br />

gründete Friedrich-Wilhelm-Hospital.<br />

Der nach modernsten Erfordernissen<br />

organisierte Komplex bot im Hospitalbereich<br />

Platz für 500 altersschwache<br />

Männer und im Siechenhaus<br />

Unterkunft für 250 todkranke Männer<br />

und Frauen. Die Insassen erhielten<br />

freie Wohnung, Kost, Kleidung, ärztliche<br />

Behandlung sowie Arzneimittel.<br />

Zahlungskräftige Berliner wurden nur<br />

in Ausnahmefällen und gegen Entgelt<br />

aufgenommen.<br />

Eigene Leichenhalle<br />

Im kriegszerstörten Haus 1, heute ist<br />

dort ein Parkplatz, war die Verwaltung<br />

des Hospitals untergebracht. Hier<br />

wohnte der Direktor, gab es Arztpraxen,<br />

eine Apotheke und auch eine<br />

Bibliothek. Letztere wurde in den<br />

1930er Jahren zur Hauptbibliothek<br />

von Prenzlauer Berg. Die Häuser 2 und<br />

3 waren die Bettenhäuser des<br />

Hospitals. Das Haus 4, auffällig mit<br />

karminrotem Klinker verkleidet, war<br />

das Wirtschaftsgebäude, mit Großküche<br />

und Waschanstalt. Die durch<br />

einen Schwibbogen miteinander verbundenen<br />

Gebäude 5 und 7, in<br />

letzterem tagt heute die BVV Pankow,<br />

Vor Ort 04. 2 0 1 2 11<br />

wurden als Siechenhäuser genutzt.<br />

Erlag einer der Insassen von Siechenhaus<br />

oder Hospital seiner Krankheit<br />

oder dem Alter, wurde er in der<br />

Leichenhalle an der Prenzlauer Allee,<br />

dem heute bereits seit längerem leer<br />

stehenden Haus 8 aufgebahrt. Etwa<br />

ein Fünftel der Insassen der Anlage<br />

verstarb jährlich, manche bereits<br />

nach wenigen Wochen Aufenthalt.<br />

Besonders das Hospital stieß recht<br />

bald an seine Grenzen, weshalb die<br />

Stadtverordnetenverordnung 1895<br />

den Bau der Häuser 6 und 9<br />

beschloss, die um die Jahrhundertwende<br />

errichtet worden sind.<br />

1934 schlossen die Nazis das<br />

Friedrich-Wilhelm-Hospital und lagerten<br />

das Siechenhaus an den<br />

Berliner Stadtrand nach Buch aus. Auf<br />

dem von Anbeginn in kommunaler<br />

Hand befindlichen Gelände hielt nun<br />

die Bezirksverwaltung von Prenzlauer<br />

Berg Einzug. Die Rote Armee richtete<br />

zum Kriegsende im Mai 1945 in den<br />

Häusern 8 und 9 ihre Kommandantur<br />

ein. Die Keller des Hauses 3 wurden<br />

zum Untersuchungsgefängnis. Hier<br />

wurden Nazis aber auch andere<br />

Menschen, die einfach denunziert<br />

worden sind, vor ihrem Weitertransport<br />

in russische Gefangenenlager<br />

eingesperrt.<br />

Erst 1950 übernahmen die<br />

Deutschen wieder den ganzen Komplex.<br />

Dabei bemächtigte sich jedoch<br />

die Stasi eines wesentlichen Teils der<br />

Gebäude. Bis zu ihrem Umzug nach<br />

Friedrichsfelde 1985 residierte der für<br />

ganz Ost-Berlin zuständige Ableger<br />

der Mielke-Truppe in den Häusern 3,<br />

4, 7, 8, 9 sowie in Teilen des Hauses 6.<br />

In den letzten vier Jahren der DDR<br />

stand das Areal ausschließlich der<br />

Stadtbezirksverwaltung von Prenzlauer<br />

Berg zur Verfügung. Nach der<br />

Wende blieben hier die Büros des<br />

Bezirks<strong>am</strong>ts. Lediglich in kleinen<br />

Schritten wurde eine denkmalgerechte<br />

Sanierung in Angriff genommen.<br />

Straßen und Wege wurden<br />

gepflastert, Garagen und wilde Anbauten<br />

abgerissen und das Haus 4<br />

grundlegend erneuert. Auf elf Millionen<br />

EUR werden heute die Ges<strong>am</strong>tkosten<br />

der noch ausstehenden Sanierung<br />

geschätzt, offenbar zu viel für<br />

die öffentliche Hand, die sich nun,<br />

nach über 125 Jahren, von dem<br />

populären Standort trennen möchte.

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