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Bauprojekt Pankower Potenziale 09 Pilotprojekt Schulsanierung am ...

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Spars<strong>am</strong>e Zeiten<br />

Tribüne<br />

Von Prof. Jens Becker, Sprecher des Aktionsbündnisses Berliner Künstler<br />

Die Tagung der BVV Pankow <strong>am</strong> 14.<br />

März hat den wochenlangen Streit<br />

um den Erhalt der kommunalen<br />

Kultureinrichtungen des Bezirks vorläufig<br />

beendet. Das Bezirks<strong>am</strong>t wollte<br />

sie schließen, um Sparauflagen des<br />

Senats zu erfüllen. Doch dank der<br />

lautstarken Proteste vieler Künstler<br />

und kulturverbundener Bürger wurden<br />

dann plötzlich Alternativen<br />

gefunden. Größter Zankapfel ist der<br />

Kulturstandort Ernst-Thälmann-Park.<br />

Ob die dafür von SPD und Grünen<br />

erdachte und von der BVV beschlossene<br />

Lösung machbar ist, wird sich<br />

zeigen, ist sie doch eine Gleichung<br />

mit drei Unbekannten, höhere Mathematik<br />

also.<br />

Die Unbekannte X ist die<br />

Gesellschaft für Stadtentwicklung<br />

(GSE gGmbH). Sie soll die treuhänderische<br />

Verwaltung des Areals<br />

»schnellstmöglich« übernehmen, hat<br />

aber noch nichts geprüft, so dass ein<br />

Vertrag frühestens in sechs Monaten<br />

unterschriftsreif sein dürfte. Und da<br />

sollte man dann das Kleingedruckte<br />

aufmerks<strong>am</strong> lesen. Die Unbekannte Y<br />

steht für den neuen Kulturstadtrat,<br />

der noch beweisen muss, ob er die<br />

kommunale Kultur wirklich stärken<br />

will. Und die Unbekannte Z sind das<br />

Abgeordnetenhaus und der Finanzsenator.<br />

Ob auch sie das Vorhaben<br />

gutheißen, werden sie uns ja sagen.<br />

Was hat uns nun wochenlang<br />

beschäftigt? Ich versuche, einen Sinn<br />

zu erkennen, und da sind mehrere<br />

Szenarien möglich. Szenarium A: Ein<br />

<strong>Pankower</strong> Bürgermeister lebt seine<br />

Hobbys aus: Tourismus fördern-ja<br />

doch! Wirtschaft fördern-na klar!<br />

Straßenbau-auch wichtig! Aber Kultur?-keine<br />

Pflicht und keine Neigung.<br />

Theaterstücke wie »Der Untertan«?<br />

Die WABE, wo Bands auftreten, die<br />

das Wort »bolschewistisch« im N<strong>am</strong>en<br />

führen? Ehren<strong>am</strong>tsbibliotheken,<br />

diese Wärmestuben? Und Werkstätten,<br />

wo Rentner mit Ton rummachen?<br />

Sollen die doch in die Seniorenfreizeitstätte<br />

Stille Straße gehen. Ach so,<br />

die haben wir ja weggespart! Aber wir<br />

fördern die Touristen. Die können sich<br />

den Bezirk Mitte angucken, wo es<br />

auch noch Klubs gibt. Szenarium B:<br />

Gespräche über Kultur führen schnell<br />

zu den Subthemen Geld und Immobilien.<br />

Aber sind das nicht sogar die<br />

Hauptthemen? Im Kern geht es doch<br />

um eine attraktive Fläche an der<br />

Danziger Straße mit teils denkmalgeschützten<br />

Häusern, einige in der<br />

Fröbelstraße, die anderen im Thälmann-Park.<br />

Da passt doch noch was<br />

hin, ein ganzes Stadtviertel sogar. Das<br />

»Unangenehme« an Immobiliengeschäften<br />

ist nur, dass man da so<br />

richtig verdienen kann. Doch darüber<br />

spricht man nicht gern. Szenarium C:<br />

Pankow hat ein Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizitsyndrom<br />

(ADS), das sich in einem<br />

Hang zu Schlagzeilen äußert - lieber<br />

negative als gar keine! Pankow regt<br />

sich auf, dass ihm die Landesmutter<br />

das Taschengeld kürzt und mehr<br />

Achts<strong>am</strong>keit im Umgang mit den<br />

Finanzen fordert. Und tatsächlich<br />

findet sich beim hektischen Suchen<br />

unterm Bett, hinterm Ofen oder im<br />

Strumpf sogar noch viel Geld. D<strong>am</strong>it<br />

das ADS-Kind aus all dem etwas lernt,<br />

nimmt ihm die Landesmutter nun ein<br />

Im Herbst 2013 soll die Galerie Pankow in der Breite Straße 8 in bezirkseigene Räume umziehen.<br />

Vor Ort 04. 2 0 1 2 6<br />

paar Häuser weg, verkauft sie oder<br />

gibt sie ins Leihhaus.<br />

Betrachten wir die Misere mal<br />

mit Abstand. Kein Mensch, der ein<br />

Haus besitzt, würde es doch wohl<br />

einem »Treuhändler« übergeben, um<br />

es danach zurück zu mieten. Die<br />

einen sprechen beim GSE-Modell von<br />

Rettung, die anderen aber von<br />

Ausverkauf. Und kann sich der Bezirk<br />

dann die Miete leisten? Die Galerie<br />

Pankow sitzt in einem Mietobjekt. Sie<br />

muss umziehen, weil der Bezirk die<br />

Miete zu teuer findet. Die Bezirkspolitiker<br />

erklären uns, Pankow müsse<br />

sparen, weil Berlin und ganz Deutschland<br />

sparen. Aber werden nicht<br />

Milliarden ausgegeben, um Banken<br />

zu retten? Und will Berlin nicht eine<br />

Landesbibliothek für sage und schreibe<br />

260 Millionen Euro bauen? Die<br />

Verarmung der öffentlichen Hand ist<br />

doch wohl ein strategischer Hebel zur<br />

Durchsetzung einer stetigen Privatisierungspolitik.<br />

Das Institut für Makroökonomie<br />

und Konjunkturforschung<br />

der Hans-Böckler-Stiftung hat<br />

errechnet, dass der öffentlichen Hand<br />

2011 Mehreinnahmen von 51 Milliarden<br />

Euro zur Verfügung gestanden<br />

hätten, wenn die Steuergesetze von<br />

1998 noch gültig wären. Doch warum<br />

hat man sie verändert? Das wurde<br />

ganz oben entschieden und erzeugt<br />

an der Basis zunehmenden Handlungsdruck.<br />

Deshalb müssen wir uns<br />

weiter einmischen.<br />

1<br />

©Hartmut Seefeld

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