Controlling ... - ICS Integra Computing Services GmbH
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August/September 2010<br />
Anders als die von Technikern vielfach vertretene Auffassung, es handele<br />
sich um eine Wiedergabe des Standes der Technik, trennt der juristische<br />
Terminus scharf ab. Wesenszüge einer a.a.R.d.T. im Rechtssinne<br />
sind demnach deren theoretische Richtigkeit und Erprobung/<br />
Bewährung unter Praxisbedingungen<br />
Merke: Die a.a.R.d.T. beruhen auf der herrschenden Auffassung der<br />
Fachleute und markieren das Erlaubte und Gebotene.<br />
REGELUNGSBEREICHE: Bauordnungsrecht und Bauvertragsrecht:<br />
Die a.a.R.d.T. und deren Verankerung im Werkvertragsrecht<br />
Aufgrund des werkvertraglichen Charakters ihrer Leistungen haben<br />
Architekten und Ingenieure – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes<br />
vereinbart – grundsätzlich die a.a.R.d.T. einzuhalten.<br />
Entgegen der Empfehlung vieler Baurechtsexperten hat es die Bundesregierung<br />
im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung zum 01.01.2002 abgelehnt,<br />
die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik als<br />
Sachmangelkriterium in das neue Recht aufzunehmen. Die Begründung<br />
lautet: Es könne das Missverständnis entstehen, Sachmängelfreiheit liege<br />
schon deshalb vor, weil nur diese Regeln eingehalten seien, obwohl ein<br />
Mehr oder etwas anderes vereinbart sei; denn ob diese Regeln reichten,<br />
die vereinbarte Beschaffenheit zu bewirken, müsse in erster Linie der<br />
kundige Auftragnehmer (mithin also auch der Architekt) wissen.<br />
Damit ist es auch möglich, in gegenseitiger Übereinstimmung von den<br />
allgemein anerkannten Regeln der Technik abzuweichen, etwa einen<br />
minderen Standard wegen eines geringen Kostenbudgets der Auftraggeber<br />
zu vereinbaren. Fehlt es allerdings an einer solchen expliziten<br />
Vereinbarung oder kann kein Beweis darüber geführt werden, kann unter<br />
dem Gesichtspunkt der Üblichkeit bei Werken der gleichen Art ein<br />
Mangel an Bauwerk abgeleitet werden.<br />
Die Komplexität der Materie steigt vor allem auch in den besonders<br />
vernetzten Wechselbeziehungen zwischen Recht und Technik.<br />
Gerade im Bereich Brandschutz wird die Umsetzung der a.a.R.d.T. im<br />
baulichen Bereich mit den technischen Aggregaten nach dem Stand der<br />
Technik verknüpft.<br />
Im Brandschutz konkurrieren besondere Anforderungen auf der einen<br />
Seite mit Erleichterungen (in Form Freistellung-/Ausnahmegenehmigung)<br />
auf der anderen Seite. Letztere werden zumeist mit Kompensa-<br />
UNITA INFORMIERT BDB.NRW<br />
tionsmaßnahmen (z. B. technische Geräte) versehen, da eine Verletzung<br />
der übergeordneten Schutzziele nicht zulässig ist.<br />
Dementsprechend setzt die Rechtsprechung ganz erhebliche Anforderungen<br />
um die Verantwortung der Beratenden Ingenieure, welche die<br />
konkrete Risikolage im Einzelfall beurteilen müssen. Immerhin bereiten<br />
diese als Ersteller des Brandschutzkonzepts jeweils den Antrag des<br />
Bauherrn oder Investors auf Ausnahmen und/oder Befreiungen vor,<br />
welche ja letztendlich Abweichungen von zunächst zwingenden Vorschriften<br />
darstellen.<br />
Was den Investor bei Ausnahmen und Befreiungen von sicherheitsrelevanten<br />
Regelungen zum finanziellen Vorteil gereichen kann, dürfte<br />
bei Ihnen als Gutachter oder mithin auch dem Planer gelegentlich „kalte<br />
Füße“ auslösen, verbunden mit der Hoffnung, dass der Ernstfall nie<br />
eintreten möge. Selbst wenn sich eine Brandkatastrophe nicht verwirklicht,<br />
kann der Brandschutzgutachter Probleme dahin gehend bekommen,<br />
dass die Baubehörde eine ursprünglich erteilte Ausnahmegenehmigung<br />
gegebenenfalls nach Jahren (oder gar Jahrzehnten)<br />
rückgängig macht.<br />
Beratungs- und Hinweispflichten<br />
Egal aus welchen Gründen eine Abweichung von den a.a.R.d.T. vereinbart<br />
wird, den Auftragnehmer trifft eine Hinweispflicht. Aus dieser<br />
Pflicht ergeben sich folgende Notwendigkeiten:<br />
• Sich über die fortlaufenden Entwicklungen der a.a.R.d.T. zu<br />
informieren und entsprechende Kenntnisse an die Auftraggeber<br />
weiterzugeben,<br />
• die Äußerung konkreter Bedenken, ob z. B. bestehende<br />
DIN-Normen (noch) den a.a.R.d.T. entsprechen,<br />
• die Information des Auftraggebers über „bessere“<br />
Baumethoden/Baustoffe, die sich am Markt bereits durchgesetzt<br />
haben, aber von bestehenden (schriftlich fixierten) Normen<br />
abweichen,<br />
• eine Aufklärung über mögliche Risiken bei Anwendung/<br />
Verwendung „veralteter“ Baumethoden/-stoffe,<br />
• eine Aufklärung über mögliche Risiken bei Anwendung/<br />
Verwendung neuer Baumethoden/-stoffe.<br />
Zum Versicherungsschutz:<br />
Der Ruf nach dem Versicherer muss immer unter dem Vorbehalt der<br />
PFLICHTWIDRIGKEITSKLAUSEL gesehen werden.<br />
Nachfolgend einige Informationen, die deutlich machen, wie dieser<br />
brisante Ausschlusstatbestand in der Berufshaftpflicht zu bewerten ist:<br />
Ausgeschlossen sind demnach Schäden, die „durch ein bewusst-, gesetz-, vorschrifts-<br />
oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht wurden“.<br />
„Unter Gesetz“ sind alle im Gesetzgebungsverfahren zustande gekommenen<br />
Rechtssätze des<br />
privaten und öffentlichen Rechts zu verstehen (BGB, StGB, LBO u.a.).<br />
„Als Vorschrift“ im Sinne dieser Klausel gilt jede autonom gesetzte<br />
und schriftlich niedergelegte, für einen größeren Personenkreis verbindliche<br />
Anordnung, die nicht unter die Bezeichnung „Gesetz“ fallen.<br />
Darunter fallen z. B. technische Regelwerke/DIN-Normen, technische<br />
Baubestimmungen, aber auch Unfallverhütungsvorschriften usw.<br />
„Sonstige Pflichten“ erfassen solche verbindlichen Gebote, die sich z.<br />
B. aus Beratungs- und Aufklärungspflichten sowie aus Vereinbarungen<br />
mit Dritten ergeben.<br />
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